nem Wesen nach eine Machterweiterung (§ 53), also Si- cherung und Erhöhung der freyen Thätigkeit. Dieses Ver- hältniß nun läßt sich eben so gut auf die juristische Per- son, wie auf den einzelnen Menschen anwenden: ihre Zwecke (worauf das ganze Bedürfniß ihrer Annahme be- ruht) können eben so durch Vermögen gefördert werden, wie die Zwecke des einzelnen Menschen. Was aber die künstlichen Erweiterungen der Familie betrifft, so sind diese von zweyerley Art (§ 55. 57): einige sind an rein mensch- liche Zustände angeknüpft, die dadurch ausgebildet oder geschützt werden sollen, und diese werden auf die juristi- schen Personen keine Anwendung finden können: andere sind auf Vermögensverhältnisse gegründet, und sind daher, so wie diese, allerdings bey juristischen Personen an- wendbar.
Hieraus ergiebt sich, daß bey den juristischen Perso- nen folgende Rechtsverhältnisse vorkommen können: Eigen- thum und jura in re, Obligationen, Erwerb durch Erb- schaft: ferner Gewalt über Sklaven und Patronat: im neueren Recht auch Colonat. Dagegen sind auf sie nicht anwendbar: Ehe, väterliche Gewalt, Verwandtschaft: fer- ner manus, mancipii causa und Vormundschaft. Und nun- mehr können wir den Begriff der juristischen Person noch näher dahin bestimmen: sie ist ein des Vermögens fä- higes künstlich angenommenes Subject. -- Indem nun hier das Wesen der juristischen Personen ausschließend in die privatrechtliche Eigenschaft der Vermögensfähigkeit ge-
§. 85. Juriſtiſche Perſonen. Begriff.
nem Weſen nach eine Machterweiterung (§ 53), alſo Si- cherung und Erhoͤhung der freyen Thätigkeit. Dieſes Ver- hältniß nun läßt ſich eben ſo gut auf die juriſtiſche Per- ſon, wie auf den einzelnen Menſchen anwenden: ihre Zwecke (worauf das ganze Bedürfniß ihrer Annahme be- ruht) können eben ſo durch Vermögen gefördert werden, wie die Zwecke des einzelnen Menſchen. Was aber die künſtlichen Erweiterungen der Familie betrifft, ſo ſind dieſe von zweyerley Art (§ 55. 57): einige ſind an rein menſch- liche Zuſtände angeknüpft, die dadurch ausgebildet oder geſchützt werden ſollen, und dieſe werden auf die juriſti- ſchen Perſonen keine Anwendung finden können: andere ſind auf Vermögensverhältniſſe gegründet, und ſind daher, ſo wie dieſe, allerdings bey juriſtiſchen Perſonen an- wendbar.
Hieraus ergiebt ſich, daß bey den juriſtiſchen Perſo- nen folgende Rechtsverhältniſſe vorkommen können: Eigen- thum und jura in re, Obligationen, Erwerb durch Erb- ſchaft: ferner Gewalt über Sklaven und Patronat: im neueren Recht auch Colonat. Dagegen ſind auf ſie nicht anwendbar: Ehe, väterliche Gewalt, Verwandtſchaft: fer- ner manus, mancipii causa und Vormundſchaft. Und nun- mehr koͤnnen wir den Begriff der juriſtiſchen Perſon noch näher dahin beſtimmen: ſie iſt ein des Vermögens fä- higes künſtlich angenommenes Subject. — Indem nun hier das Weſen der juriſtiſchen Perſonen ausſchließend in die privatrechtliche Eigenſchaft der Vermögensfähigkeit ge-
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§. 85. Juriſtiſche Perſonen. Begriff.
nem Weſen nach eine Machterweiterung (§ 53), alſo Si-
cherung und Erhoͤhung der freyen Thätigkeit. Dieſes Ver-
hältniß nun läßt ſich eben ſo gut auf die juriſtiſche Per-
ſon, wie auf den einzelnen Menſchen anwenden: ihre
Zwecke (worauf das ganze Bedürfniß ihrer Annahme be-
ruht) können eben ſo durch Vermögen gefördert werden,
wie die Zwecke des einzelnen Menſchen. Was aber die
künſtlichen Erweiterungen der Familie betrifft, ſo ſind dieſe
von zweyerley Art (§ 55. 57): einige ſind an rein menſch-
liche Zuſtände angeknüpft, die dadurch ausgebildet oder
geſchützt werden ſollen, und dieſe werden auf die juriſti-
ſchen Perſonen keine Anwendung finden können: andere
ſind auf Vermögensverhältniſſe gegründet, und ſind daher,
ſo wie dieſe, allerdings bey juriſtiſchen Perſonen an-
wendbar.
Hieraus ergiebt ſich, daß bey den juriſtiſchen Perſo-
nen folgende Rechtsverhältniſſe vorkommen können: Eigen-
thum und jura in re, Obligationen, Erwerb durch Erb-
ſchaft: ferner Gewalt über Sklaven und Patronat: im
neueren Recht auch Colonat. Dagegen ſind auf ſie nicht
anwendbar: Ehe, väterliche Gewalt, Verwandtſchaft: fer-
ner manus, mancipii causa und Vormundſchaft. Und nun-
mehr koͤnnen wir den Begriff der juriſtiſchen Perſon noch
näher dahin beſtimmen: ſie iſt ein des Vermögens fä-
higes künſtlich angenommenes Subject. — Indem nun
hier das Weſen der juriſtiſchen Perſonen ausſchließend in
die privatrechtliche Eigenſchaft der Vermögensfähigkeit ge-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/253>, abgerufen am 16.07.2024.
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