Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.§. 82. Infamie. Nebenwirkungen. chen, wenn der ihnen vorgezogene Erbe eine infame Per-son ist. Allein die Bestimmung des Gesetzes ist eine ganz andere. Die Querel wird abhängig gemacht von dem Umstand, daß der Vorzug des eingesetzten Erben, wegen dessen persönlicher Eigenschaften, etwas besonders Ver- letzendes habe. Als Beyspiele solcher, den Vorzug zur Kränkung für den Ausgeschlossenen machender Eigenschaf- ten, werden genannt: die Infamie, schlechter Ruf (wenn- gleich in geringerem Grade), und Libertinität, mit Aus- nahme solcher Freygelassenen, die sich besondere Verdienste um den Verstorbenen erworben hatten (n). Offenbar ist also auch hier Alles der freyen Beurtheilung des Richters überlassen, und der Rechtsbegriff der Infamie mit seinen scharf bestimmten Gränzen ist dabey nicht das entschei- dende Moment. (n) L. 27 C. de inoff. test.
(3. 28.) "si scripti heredes in- famiae, vel turpitudinis, vel le- vis notae macula adspergantur: vel liberti qui perperam et non bene merentes ... instituti sunt." Die Grundlage dieser Constitu- tion sind zwey Stellen des Theo- dosischen Codex. L. 1. 3 C. Th. de inoff. (2. 19.). Vergl. über diese Frage Marezoll S. 246, dessen Ansichten von den hier auf- gestellten zum Theil verschieden sind. §. 82. Infamie. Nebenwirkungen. chen, wenn der ihnen vorgezogene Erbe eine infame Per-ſon iſt. Allein die Beſtimmung des Geſetzes iſt eine ganz andere. Die Querel wird abhängig gemacht von dem Umſtand, daß der Vorzug des eingeſetzten Erben, wegen deſſen perſönlicher Eigenſchaften, etwas beſonders Ver- letzendes habe. Als Beyſpiele ſolcher, den Vorzug zur Kränkung für den Ausgeſchloſſenen machender Eigenſchaf- ten, werden genannt: die Infamie, ſchlechter Ruf (wenn- gleich in geringerem Grade), und Libertinität, mit Aus- nahme ſolcher Freygelaſſenen, die ſich beſondere Verdienſte um den Verſtorbenen erworben hatten (n). Offenbar iſt alſo auch hier Alles der freyen Beurtheilung des Richters überlaſſen, und der Rechtsbegriff der Infamie mit ſeinen ſcharf beſtimmten Gränzen iſt dabey nicht das entſchei- dende Moment. (n) L. 27 C. de inoff. test.
(3. 28.) „si scripti heredes in- famiae, vel turpitudinis, vel le- vis notae macula adspergantur: vel liberti qui perperam et non bene merentes … instituti sunt.” Die Grundlage dieſer Conſtitu- tion ſind zwey Stellen des Theo- doſiſchen Codex. L. 1. 3 C. Th. de inoff. (2. 19.). Vergl. über dieſe Frage Marezoll S. 246, deſſen Anſichten von den hier auf- geſtellten zum Theil verſchieden ſind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0237" n="223"/><fw place="top" type="header">§. 82. Infamie. Nebenwirkungen.</fw><lb/> chen, wenn der ihnen vorgezogene Erbe eine infame Per-<lb/> ſon iſt. Allein die Beſtimmung des Geſetzes iſt eine ganz<lb/> andere. Die Querel wird abhängig gemacht von dem<lb/> Umſtand, daß der Vorzug des eingeſetzten Erben, wegen<lb/> deſſen perſönlicher Eigenſchaften, etwas beſonders Ver-<lb/> letzendes habe. Als Beyſpiele ſolcher, den Vorzug zur<lb/> Kränkung für den Ausgeſchloſſenen machender Eigenſchaf-<lb/> ten, werden genannt: die Infamie, ſchlechter Ruf (wenn-<lb/> gleich in geringerem Grade), und Libertinität, mit Aus-<lb/> nahme ſolcher Freygelaſſenen, die ſich beſondere Verdienſte<lb/> um den Verſtorbenen erworben hatten <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi>. 27 <hi rendition="#i">C. de inoff. test.</hi><lb/> (3. 28.) „si scripti heredes in-<lb/> famiae, vel turpitudinis, vel le-<lb/> vis notae macula adspergantur:<lb/> vel liberti qui perperam et non<lb/> bene merentes … instituti sunt.”</hi><lb/> Die Grundlage dieſer Conſtitu-<lb/> tion ſind zwey Stellen des Theo-<lb/> doſiſchen Codex. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi>. 1. 3 <hi rendition="#i">C. Th.<lb/> de inoff.</hi></hi> (2. 19.). Vergl. über<lb/> dieſe Frage <hi rendition="#g">Marezoll</hi> S. 246,<lb/> deſſen Anſichten von den hier auf-<lb/> geſtellten zum Theil verſchieden<lb/> ſind.</note>. Offenbar iſt<lb/> alſo auch hier Alles der freyen Beurtheilung des Richters<lb/> überlaſſen, und der Rechtsbegriff der Infamie mit ſeinen<lb/> ſcharf beſtimmten Gränzen iſt dabey nicht das entſchei-<lb/> dende Moment.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [223/0237]
§. 82. Infamie. Nebenwirkungen.
chen, wenn der ihnen vorgezogene Erbe eine infame Per-
ſon iſt. Allein die Beſtimmung des Geſetzes iſt eine ganz
andere. Die Querel wird abhängig gemacht von dem
Umſtand, daß der Vorzug des eingeſetzten Erben, wegen
deſſen perſönlicher Eigenſchaften, etwas beſonders Ver-
letzendes habe. Als Beyſpiele ſolcher, den Vorzug zur
Kränkung für den Ausgeſchloſſenen machender Eigenſchaf-
ten, werden genannt: die Infamie, ſchlechter Ruf (wenn-
gleich in geringerem Grade), und Libertinität, mit Aus-
nahme ſolcher Freygelaſſenen, die ſich beſondere Verdienſte
um den Verſtorbenen erworben hatten (n). Offenbar iſt
alſo auch hier Alles der freyen Beurtheilung des Richters
überlaſſen, und der Rechtsbegriff der Infamie mit ſeinen
ſcharf beſtimmten Gränzen iſt dabey nicht das entſchei-
dende Moment.
(n) L. 27 C. de inoff. test.
(3. 28.) „si scripti heredes in-
famiae, vel turpitudinis, vel le-
vis notae macula adspergantur:
vel liberti qui perperam et non
bene merentes … instituti sunt.”
Die Grundlage dieſer Conſtitu-
tion ſind zwey Stellen des Theo-
doſiſchen Codex. L. 1. 3 C. Th.
de inoff. (2. 19.). Vergl. über
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deſſen Anſichten von den hier auf-
geſtellten zum Theil verſchieden
ſind.
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/237>, abgerufen am 23.07.2024. |