Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen. tio nennt, und dann im Einzelnen als die Entfernung vonallen Ehren und Auszeichnungen darstellt (a). -- Damit stimmt überein das von Modestin angeführte Rescript des K. Severus, nach welchem die Entsetzung aus dem Senat nicht als capitis minutio angesehen werden soll (b). Die- ser Ausdruck kann nur gebraucht seyn in der Absicht, den bloßen Verlust der Senatorenwürde von der in der In- famie liegenden Unfähigkeit zu allen Würden überhaupt, scharf zu unterscheiden, und der Kaiser will also eigentlich sagen: die Absetzung eines Senators infamirt nicht; da er nun diesen Sinn durch die Verneinung der capitis mi- nutio ausdrückt, so wird dadurch deren Identität mit der Infamie gleichfalls anerkannt. (a) Tertullianus de Specta- culis C. 22. "Quadrigarios, sce- nicos ... manifeste damnant ignominia et capitis minutio- ne, arcentes curia, rostris, se- natu, equite, ceterisque hono- ribus." Dürfte man bey diesem Schriftsteller jeden einzelnen Aus- druck ganz genau nehmen, so könnte das rostris neben den an- deren verlornen Rechten nur noch bedeuten die Erscheinung vor den rostris, also die Theilnahme an der Volksversammlung; dann läge in dieser Stelle wieder ein un- mittelbares Zeugniß dafür, daß der Infame Ärarier wurde. (b) L. 3 de senator. (1. 9.).
"Senatorem remotum senatu ca- pite non minui, sed morari Ro- mae, D Severus et Antoninus permiserunt." Daß hier eigent- lich die Infamie verneint werden sollte, zeigt besonders der Zusatz sed morari Romae, welcher auf- fallend ist, da ja sonst selbst die wirklich eintretende capitis demi- nutio den Aufenthalt in Rom nicht verhindert. Dieser Zusatz bezieht sich darauf, daß die schimpf- lich entlassenen Soldaten (die wirklich infam waren) Rom und jeden anderen Aufenthalt des Kai- sers meiden mußten (L. 2 § 4 de his qui not. L. 3 C. de re mil.). Das Rescript will also sa- gen, man solle sich nicht durch diese scheinbare Analogie verleiten lassen zu glauben, der abgesetzte Senator werde (gleich jenen Sol- daten) infam, oder müsse gar Rom verlassen. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. tio nennt, und dann im Einzelnen als die Entfernung vonallen Ehren und Auszeichnungen darſtellt (a). — Damit ſtimmt überein das von Modeſtin angeführte Reſcript des K. Severus, nach welchem die Entſetzung aus dem Senat nicht als capitis minutio angeſehen werden ſoll (b). Die- ſer Ausdruck kann nur gebraucht ſeyn in der Abſicht, den bloßen Verluſt der Senatorenwürde von der in der In- famie liegenden Unfähigkeit zu allen Würden überhaupt, ſcharf zu unterſcheiden, und der Kaiſer will alſo eigentlich ſagen: die Abſetzung eines Senators infamirt nicht; da er nun dieſen Sinn durch die Verneinung der capitis mi- nutio ausdrückt, ſo wird dadurch deren Identität mit der Infamie gleichfalls anerkannt. (a) Tertullianus de Specta- culis C. 22. „Quadrigarios, sce- nicos … manifeste damnant ignominia et capitis minutio- ne, arcentes curia, rostris, se- natu, equite, ceterisque hono- ribus.” Dürfte man bey dieſem Schriftſteller jeden einzelnen Aus- druck ganz genau nehmen, ſo könnte das rostris neben den an- deren verlornen Rechten nur noch bedeuten die Erſcheinung vor den rostris, alſo die Theilnahme an der Volksverſammlung; dann läge in dieſer Stelle wieder ein un- mittelbares Zeugniß dafür, daß der Infame Ärarier wurde. (b) L. 3 de senator. (1. 9.).
„Senatorem remotum senatu ca- pite non minui, sed morari Ro- mae, D Severus et Antoninus permiserunt.” Daß hier eigent- lich die Infamie verneint werden ſollte, zeigt beſonders der Zuſatz sed morari Romae, welcher auf- fallend iſt, da ja ſonſt ſelbſt die wirklich eintretende capitis demi- nutio den Aufenthalt in Rom nicht verhindert. Dieſer Zuſatz bezieht ſich darauf, daß die ſchimpf- lich entlaſſenen Soldaten (die wirklich infam waren) Rom und jeden anderen Aufenthalt des Kai- ſers meiden mußten (L. 2 § 4 de his qui not. L. 3 C. de re mil.). Das Reſcript will alſo ſa- gen, man ſolle ſich nicht durch dieſe ſcheinbare Analogie verleiten laſſen zu glauben, der abgeſetzte Senator werde (gleich jenen Sol- daten) infam, oder müſſe gar Rom verlaſſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0224" n="210"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/><hi rendition="#aq">tio</hi> nennt, und dann im Einzelnen als die Entfernung von<lb/> allen Ehren und Auszeichnungen darſtellt <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Tertullianus</hi> de Specta-<lb/> culis C. 22. „Quadrigarios, sce-<lb/> nicos … manifeste damnant<lb/><hi rendition="#i">ignominia et capitis minutio-<lb/> ne,</hi> arcentes curia, rostris, se-<lb/> natu, equite, ceterisque hono-<lb/> ribus.”</hi> Dürfte man bey dieſem<lb/> Schriftſteller jeden einzelnen Aus-<lb/> druck ganz genau nehmen, ſo<lb/> könnte das <hi rendition="#aq">rostris</hi> neben den an-<lb/> deren verlornen Rechten nur noch<lb/> bedeuten die Erſcheinung <hi rendition="#g">vor</hi> den<lb/><hi rendition="#aq">rostris,</hi> alſo die Theilnahme an<lb/> der Volksverſammlung; dann läge<lb/> in dieſer Stelle wieder ein un-<lb/> mittelbares Zeugniß dafür, daß<lb/> der Infame Ärarier wurde.</note>. — Damit<lb/> ſtimmt überein das von Modeſtin angeführte Reſcript des<lb/> K. Severus, nach welchem die Entſetzung aus dem Senat<lb/> nicht als <hi rendition="#aq">capitis minutio</hi> angeſehen werden ſoll <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">de senator.</hi> (1. 9.).<lb/> „Senatorem remotum senatu <hi rendition="#i">ca-<lb/> pite non minui,</hi> sed morari Ro-<lb/> mae, D Severus et Antoninus<lb/> permiserunt.”</hi> Daß hier eigent-<lb/> lich die Infamie verneint werden<lb/> ſollte, zeigt beſonders der Zuſatz<lb/><hi rendition="#aq">sed morari Romae,</hi> welcher auf-<lb/> fallend iſt, da ja ſonſt ſelbſt die<lb/> wirklich eintretende <hi rendition="#aq">capitis demi-<lb/> nutio</hi> den Aufenthalt in Rom<lb/> nicht verhindert. Dieſer Zuſatz<lb/> bezieht ſich darauf, daß die ſchimpf-<lb/> lich entlaſſenen Soldaten (die<lb/> wirklich infam waren) Rom und<lb/> jeden anderen Aufenthalt des Kai-<lb/> ſers meiden mußten (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 § 4<lb/><hi rendition="#i">de his qui not. L.</hi> 3 <hi rendition="#i">C. de re<lb/> mil.</hi></hi>). Das Reſcript will alſo ſa-<lb/> gen, man ſolle ſich nicht durch<lb/> dieſe ſcheinbare Analogie verleiten<lb/> laſſen zu glauben, der abgeſetzte<lb/> Senator werde (gleich jenen Sol-<lb/> daten) infam, oder müſſe gar<lb/> Rom verlaſſen.</note>. Die-<lb/> ſer Ausdruck kann nur gebraucht ſeyn in der Abſicht, den<lb/> bloßen Verluſt der Senatorenwürde von der in der In-<lb/> famie liegenden Unfähigkeit zu allen Würden überhaupt,<lb/> ſcharf zu unterſcheiden, und der Kaiſer will alſo eigentlich<lb/> ſagen: die Abſetzung eines Senators infamirt nicht; da er<lb/> nun dieſen Sinn durch die Verneinung der <hi rendition="#aq">capitis mi-<lb/> nutio</hi> ausdrückt, ſo wird dadurch deren Identität mit der<lb/> Infamie gleichfalls anerkannt.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0224]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
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allen Ehren und Auszeichnungen darſtellt (a). — Damit
ſtimmt überein das von Modeſtin angeführte Reſcript des
K. Severus, nach welchem die Entſetzung aus dem Senat
nicht als capitis minutio angeſehen werden ſoll (b). Die-
ſer Ausdruck kann nur gebraucht ſeyn in der Abſicht, den
bloßen Verluſt der Senatorenwürde von der in der In-
famie liegenden Unfähigkeit zu allen Würden überhaupt,
ſcharf zu unterſcheiden, und der Kaiſer will alſo eigentlich
ſagen: die Abſetzung eines Senators infamirt nicht; da er
nun dieſen Sinn durch die Verneinung der capitis mi-
nutio ausdrückt, ſo wird dadurch deren Identität mit der
Infamie gleichfalls anerkannt.
(a) Tertullianus de Specta-
culis C. 22. „Quadrigarios, sce-
nicos … manifeste damnant
ignominia et capitis minutio-
ne, arcentes curia, rostris, se-
natu, equite, ceterisque hono-
ribus.” Dürfte man bey dieſem
Schriftſteller jeden einzelnen Aus-
druck ganz genau nehmen, ſo
könnte das rostris neben den an-
deren verlornen Rechten nur noch
bedeuten die Erſcheinung vor den
rostris, alſo die Theilnahme an
der Volksverſammlung; dann läge
in dieſer Stelle wieder ein un-
mittelbares Zeugniß dafür, daß
der Infame Ärarier wurde.
(b) L. 3 de senator. (1. 9.).
„Senatorem remotum senatu ca-
pite non minui, sed morari Ro-
mae, D Severus et Antoninus
permiserunt.” Daß hier eigent-
lich die Infamie verneint werden
ſollte, zeigt beſonders der Zuſatz
sed morari Romae, welcher auf-
fallend iſt, da ja ſonſt ſelbſt die
wirklich eintretende capitis demi-
nutio den Aufenthalt in Rom
nicht verhindert. Dieſer Zuſatz
bezieht ſich darauf, daß die ſchimpf-
lich entlaſſenen Soldaten (die
wirklich infam waren) Rom und
jeden anderen Aufenthalt des Kai-
ſers meiden mußten (L. 2 § 4
de his qui not. L. 3 C. de re
mil.). Das Reſcript will alſo ſa-
gen, man ſolle ſich nicht durch
dieſe ſcheinbare Analogie verleiten
laſſen zu glauben, der abgeſetzte
Senator werde (gleich jenen Sol-
daten) infam, oder müſſe gar
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/224>, abgerufen am 23.07.2024. |