der capitis deminutio inconsequenterweise beybehalten wurde. Hätte man von jeher die habitatio als usus oder usus- fructus aedium angesehen, so wäre ja durchaus kein Grund denkbar gewesen, weswegen sie weniger juristisch als jeder andere Usus oder Ususfructus hätte seyn sollen.
Eine ähnliche Bewandniß hatte es mit den operae, das heißt dem Recht durch einen bestimmten Sklaven Dienste zu erhalten. Auch dieser Vortheil konnte verschafft werden durch Eigenthum oder Ususfructus an dem Skla- ven, welches streng juristische Verhältnisse waren: es konnte aber auch geschehen als naturalis praestatio, ähnlich der habitatio. Freylich ist es hier weniger möglich einen Un- terschied vom Usus an einem Sklaven aufzufinden; auch gehört die Bedienung nicht so wie die Wohnung zu den strengen Lebensbedürfnissen, also den Alimenten. Dennoch war bey den Römern irgend eine Sklavenbedienung für jeden Freyen so sehr zum hergebrachten Bedürfniß gewor- den, daß man ohne Zweifel aus denselben Gründen, wie bey der habitatio, auch bey den operae den Untergang durch capitis deminutio ausschloß (o). Daß man auch hier späterhin das Recht so weit ausdehnte wie den Usus- fructus, ja daß man es endlich auf den Erben übergehen ließ, gehört zu den Umbildungen, deren Gründe wir nicht kennen (p). -- Beide Rechte, worauf sich diese Eigen-
(o)L. 2 de op. serv. (7. 7.).
(p)L. 2 de usu leg. (33. 2.). Es scheint übrigens dieses das einzige unter den hier zusammen- gestellten Rechten zu seyn, welches auf die Erben übergeht: aber freylich auch nur nach seiner neu- eren Umbildung, nicht nach dem
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
der capitis deminutio inconſequenterweiſe beybehalten wurde. Hätte man von jeher die habitatio als usus oder usus- fructus aedium angeſehen, ſo wäre ja durchaus kein Grund denkbar geweſen, weswegen ſie weniger juriſtiſch als jeder andere Uſus oder Uſusfructus hätte ſeyn ſollen.
Eine ähnliche Bewandniß hatte es mit den operae, das heißt dem Recht durch einen beſtimmten Sklaven Dienſte zu erhalten. Auch dieſer Vortheil konnte verſchafft werden durch Eigenthum oder Uſusfructus an dem Skla- ven, welches ſtreng juriſtiſche Verhältniſſe waren: es konnte aber auch geſchehen als naturalis praestatio, ähnlich der habitatio. Freylich iſt es hier weniger möglich einen Un- terſchied vom Uſus an einem Sklaven aufzufinden; auch gehört die Bedienung nicht ſo wie die Wohnung zu den ſtrengen Lebensbedürfniſſen, alſo den Alimenten. Dennoch war bey den Römern irgend eine Sklavenbedienung für jeden Freyen ſo ſehr zum hergebrachten Bedürfniß gewor- den, daß man ohne Zweifel aus denſelben Gründen, wie bey der habitatio, auch bey den operae den Untergang durch capitis deminutio ausſchloß (o). Daß man auch hier ſpäterhin das Recht ſo weit ausdehnte wie den Uſus- fructus, ja daß man es endlich auf den Erben übergehen ließ, gehoͤrt zu den Umbildungen, deren Gründe wir nicht kennen (p). — Beide Rechte, worauf ſich dieſe Eigen-
(o)L. 2 de op. serv. (7. 7.).
(p)L. 2 de usu leg. (33. 2.). Es ſcheint übrigens dieſes das einzige unter den hier zuſammen- geſtellten Rechten zu ſeyn, welches auf die Erben übergeht: aber freylich auch nur nach ſeiner neu- eren Umbildung, nicht nach dem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0126"n="112"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hirendition="#aq">II.</hi> Perſonen.</fw><lb/>
der <hirendition="#aq">capitis deminutio</hi> inconſequenterweiſe beybehalten wurde.<lb/>
Hätte man von jeher die <hirendition="#aq">habitatio</hi> als <hirendition="#aq">usus</hi> oder <hirendition="#aq">usus-<lb/>
fructus aedium</hi> angeſehen, ſo wäre ja durchaus kein Grund<lb/>
denkbar geweſen, weswegen ſie weniger juriſtiſch als jeder<lb/>
andere Uſus oder Uſusfructus hätte ſeyn ſollen.</p><lb/><p>Eine ähnliche Bewandniß hatte es mit den <hirendition="#aq">operae</hi>,<lb/>
das heißt dem Recht durch einen beſtimmten Sklaven<lb/>
Dienſte zu erhalten. Auch dieſer Vortheil konnte verſchafft<lb/>
werden durch Eigenthum oder Uſusfructus an dem Skla-<lb/>
ven, welches ſtreng juriſtiſche Verhältniſſe waren: es konnte<lb/>
aber auch geſchehen als <hirendition="#aq">naturalis praestatio</hi>, ähnlich der<lb/><hirendition="#aq">habitatio.</hi> Freylich iſt es hier weniger möglich einen Un-<lb/>
terſchied vom Uſus an einem Sklaven aufzufinden; auch<lb/>
gehört die Bedienung nicht ſo wie die Wohnung zu den<lb/>ſtrengen Lebensbedürfniſſen, alſo den Alimenten. Dennoch<lb/>
war bey den Römern irgend eine Sklavenbedienung für<lb/>
jeden Freyen ſo ſehr zum hergebrachten Bedürfniß gewor-<lb/>
den, daß man ohne Zweifel aus denſelben Gründen, wie<lb/>
bey der <hirendition="#aq">habitatio</hi>, auch bey den <hirendition="#aq">operae</hi> den Untergang<lb/>
durch <hirendition="#aq">capitis deminutio</hi> ausſchloß <noteplace="foot"n="(o)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 2 <hirendition="#i">de op. serv.</hi></hi> (7. 7.).</note>. Daß man auch<lb/>
hier ſpäterhin das Recht ſo weit ausdehnte wie den Uſus-<lb/>
fructus, ja daß man es endlich auf den Erben übergehen<lb/>
ließ, gehoͤrt zu den Umbildungen, deren Gründe wir nicht<lb/>
kennen <notexml:id="seg2pn_23_1"next="#seg2pn_23_2"place="foot"n="(p)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 2 <hirendition="#i">de usu leg.</hi></hi> (33. 2.).<lb/>
Es ſcheint übrigens dieſes das<lb/>
einzige unter den hier zuſammen-<lb/>
geſtellten Rechten zu ſeyn, welches<lb/>
auf die Erben übergeht: aber<lb/>
freylich auch nur nach ſeiner neu-<lb/>
eren Umbildung, nicht nach dem</note>. — Beide Rechte, worauf ſich dieſe Eigen-<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[112/0126]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
der capitis deminutio inconſequenterweiſe beybehalten wurde.
Hätte man von jeher die habitatio als usus oder usus-
fructus aedium angeſehen, ſo wäre ja durchaus kein Grund
denkbar geweſen, weswegen ſie weniger juriſtiſch als jeder
andere Uſus oder Uſusfructus hätte ſeyn ſollen.
Eine ähnliche Bewandniß hatte es mit den operae,
das heißt dem Recht durch einen beſtimmten Sklaven
Dienſte zu erhalten. Auch dieſer Vortheil konnte verſchafft
werden durch Eigenthum oder Uſusfructus an dem Skla-
ven, welches ſtreng juriſtiſche Verhältniſſe waren: es konnte
aber auch geſchehen als naturalis praestatio, ähnlich der
habitatio. Freylich iſt es hier weniger möglich einen Un-
terſchied vom Uſus an einem Sklaven aufzufinden; auch
gehört die Bedienung nicht ſo wie die Wohnung zu den
ſtrengen Lebensbedürfniſſen, alſo den Alimenten. Dennoch
war bey den Römern irgend eine Sklavenbedienung für
jeden Freyen ſo ſehr zum hergebrachten Bedürfniß gewor-
den, daß man ohne Zweifel aus denſelben Gründen, wie
bey der habitatio, auch bey den operae den Untergang
durch capitis deminutio ausſchloß (o). Daß man auch
hier ſpäterhin das Recht ſo weit ausdehnte wie den Uſus-
fructus, ja daß man es endlich auf den Erben übergehen
ließ, gehoͤrt zu den Umbildungen, deren Gründe wir nicht
kennen (p). — Beide Rechte, worauf ſich dieſe Eigen-
(o) L. 2 de op. serv. (7. 7.).
(p) L. 2 de usu leg. (33. 2.).
Es ſcheint übrigens dieſes das
einzige unter den hier zuſammen-
geſtellten Rechten zu ſeyn, welches
auf die Erben übergeht: aber
freylich auch nur nach ſeiner neu-
eren Umbildung, nicht nach dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/126>, abgerufen am 04.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.