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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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§. 70. Wirkungen der capitis deminutio. (Fortsetzung.)
Weise gar nicht ausgedrückt ist, so daß wir ihr Daseyn
unmittelbar und positiv erst aus Gajus nachweisen können.
Freylich schließen konnten wir dasselbe stets aus dem Ju-
stinianischen Recht, ja es war nicht consequent, die Resti-
tution aufzunehmen, und die alte Rechtsregel, wodurch
allein die Restitution zum Bedürfniß wurde, mit Still-
schweigen zu übergehen; allein es war dieses dasselbe Ver-
fahren, wie in so mancher anderen Lehre, indem man von
dem formellen Inhalt des früheren Rechts so wenig als
möglich untergehen lassen wollte. Man war zufrieden,
daß die in dem Titel de capite minutis aufgenommenen
Stellen der alten Juristen, ihrem letzten praktischen Re-
sultat nach, noch immer für wahr gelten konnten (was
allerdings der Fall ist), wenngleich sie in den Zusammen-
hang des übrigen Rechts, so wie sie ausgedrückt waren,
eigentlich nicht mehr paßten.

Eine ganz andere Einwirkung auf die Schulden hatte
die maxima und media c. d. Hier wurde der vorige
Schuldner für immer frey, dagegen gieng die Schuld
nicht unter, sondern sie fiel, wie durch Vererbung, auf
denjenigen, welcher das Vermögen bekam, welches ge-
wöhnlich der Fiscus war. Wurde später der Verurtheilte
begnadigt, und in die Civität wieder eingesetzt, so galt
dennoch keine Restitution für die alten Schuldklagen (y).

(y) L. 2 pr. L. 7 § 2. 3 de
cap. min.
(4. 5.). -- L. 30 de
O. et A.
(44. 7.). -- L. 47 pr.
de fidejuss.
(46. 1.). L. 19 de
duobus reis
(45. 2.). Vergl. zu
dieser letzten Stelle die notae in
Dig.
von Schulting.

§. 70. Wirkungen der capitis deminutio. (Fortſetzung.)
Weiſe gar nicht ausgedrückt iſt, ſo daß wir ihr Daſeyn
unmittelbar und poſitiv erſt aus Gajus nachweiſen koͤnnen.
Freylich ſchließen konnten wir daſſelbe ſtets aus dem Ju-
ſtinianiſchen Recht, ja es war nicht conſequent, die Reſti-
tution aufzunehmen, und die alte Rechtsregel, wodurch
allein die Reſtitution zum Bedürfniß wurde, mit Still-
ſchweigen zu übergehen; allein es war dieſes daſſelbe Ver-
fahren, wie in ſo mancher anderen Lehre, indem man von
dem formellen Inhalt des früheren Rechts ſo wenig als
moͤglich untergehen laſſen wollte. Man war zufrieden,
daß die in dem Titel de capite minutis aufgenommenen
Stellen der alten Juriſten, ihrem letzten praktiſchen Re-
ſultat nach, noch immer für wahr gelten konnten (was
allerdings der Fall iſt), wenngleich ſie in den Zuſammen-
hang des übrigen Rechts, ſo wie ſie ausgedrückt waren,
eigentlich nicht mehr paßten.

Eine ganz andere Einwirkung auf die Schulden hatte
die maxima und media c. d. Hier wurde der vorige
Schuldner für immer frey, dagegen gieng die Schuld
nicht unter, ſondern ſie fiel, wie durch Vererbung, auf
denjenigen, welcher das Vermögen bekam, welches ge-
woͤhnlich der Fiscus war. Wurde ſpäter der Verurtheilte
begnadigt, und in die Civität wieder eingeſetzt, ſo galt
dennoch keine Reſtitution für die alten Schuldklagen (y).

(y) L. 2 pr. L. 7 § 2. 3 de
cap. min.
(4. 5.). — L. 30 de
O. et A.
(44. 7.). — L. 47 pr.
de fidejuss.
(46. 1.). L. 19 de
duobus reis
(45. 2.). Vergl. zu
dieſer letzten Stelle die notae in
Dig.
von Schulting.
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[87/0101] §. 70. Wirkungen der capitis deminutio. (Fortſetzung.) Weiſe gar nicht ausgedrückt iſt, ſo daß wir ihr Daſeyn unmittelbar und poſitiv erſt aus Gajus nachweiſen koͤnnen. Freylich ſchließen konnten wir daſſelbe ſtets aus dem Ju- ſtinianiſchen Recht, ja es war nicht conſequent, die Reſti- tution aufzunehmen, und die alte Rechtsregel, wodurch allein die Reſtitution zum Bedürfniß wurde, mit Still- ſchweigen zu übergehen; allein es war dieſes daſſelbe Ver- fahren, wie in ſo mancher anderen Lehre, indem man von dem formellen Inhalt des früheren Rechts ſo wenig als moͤglich untergehen laſſen wollte. Man war zufrieden, daß die in dem Titel de capite minutis aufgenommenen Stellen der alten Juriſten, ihrem letzten praktiſchen Re- ſultat nach, noch immer für wahr gelten konnten (was allerdings der Fall iſt), wenngleich ſie in den Zuſammen- hang des übrigen Rechts, ſo wie ſie ausgedrückt waren, eigentlich nicht mehr paßten. Eine ganz andere Einwirkung auf die Schulden hatte die maxima und media c. d. Hier wurde der vorige Schuldner für immer frey, dagegen gieng die Schuld nicht unter, ſondern ſie fiel, wie durch Vererbung, auf denjenigen, welcher das Vermögen bekam, welches ge- woͤhnlich der Fiscus war. Wurde ſpäter der Verurtheilte begnadigt, und in die Civität wieder eingeſetzt, ſo galt dennoch keine Reſtitution für die alten Schuldklagen (y). (y) L. 2 pr. L. 7 § 2. 3 de cap. min. (4. 5.). — L. 30 de O. et A. (44. 7.). — L. 47 pr. de fidejuss. (46. 1.). L. 19 de duobus reis (45. 2.). Vergl. zu dieſer letzten Stelle die notae in Dig. von Schulting.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/101>, abgerufen am 03.05.2024.