Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 8. Volk. ihr unfehlbar die Fähigkeit der Rechtserzeugung mangeln,da mit dem Bedürfniß nicht zugleich die Kraft der Befrie- digung gegeben ist. In der That aber finden wir überall, wo Menschen zusammen leben, und so weit die Geschichte davon Kunde giebt, daß sie in einer geistigen Gemeinschaft stehen, die sich durch den Gebrauch derselben Sprache sowohl kund giebt, als befestigt und ausbildet. In diesem Naturganzen ist der Sitz der Rechtserzeugung, denn in dem gemeinsamen, die Einzelnen durchdringenden Volks- geist findet sich die Kraft, das oben anerkannte Bedürfniß zu befriedigen. Die Gränzen aber dieser Völkerindividuen sind aller- Allein auch da, wo die Einheit eines Volkes unzwei- 2*
§. 8. Volk. ihr unfehlbar die Fähigkeit der Rechtserzeugung mangeln,da mit dem Bedürfniß nicht zugleich die Kraft der Befrie- digung gegeben iſt. In der That aber finden wir überall, wo Menſchen zuſammen leben, und ſo weit die Geſchichte davon Kunde giebt, daß ſie in einer geiſtigen Gemeinſchaft ſtehen, die ſich durch den Gebrauch derſelben Sprache ſowohl kund giebt, als befeſtigt und ausbildet. In dieſem Naturganzen iſt der Sitz der Rechtserzeugung, denn in dem gemeinſamen, die Einzelnen durchdringenden Volks- geiſt findet ſich die Kraft, das oben anerkannte Bedürfniß zu befriedigen. Die Gränzen aber dieſer Völkerindividuen ſind aller- Allein auch da, wo die Einheit eines Volkes unzwei- 2*
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§. 8. Volk.
ihr unfehlbar die Fähigkeit der Rechtserzeugung mangeln,
da mit dem Bedürfniß nicht zugleich die Kraft der Befrie-
digung gegeben iſt. In der That aber finden wir überall,
wo Menſchen zuſammen leben, und ſo weit die Geſchichte
davon Kunde giebt, daß ſie in einer geiſtigen Gemeinſchaft
ſtehen, die ſich durch den Gebrauch derſelben Sprache
ſowohl kund giebt, als befeſtigt und ausbildet. In dieſem
Naturganzen iſt der Sitz der Rechtserzeugung, denn in
dem gemeinſamen, die Einzelnen durchdringenden Volks-
geiſt findet ſich die Kraft, das oben anerkannte Bedürfniß
zu befriedigen.
Die Gränzen aber dieſer Völkerindividuen ſind aller-
dings unbeſtimmt und ſchwankend, und dieſer zweifelhafte
Zuſtand offenbart ſich auch in der Einheit oder Verſchie-
denheit des in ihnen erzeugten Rechts. So kann es bei
verwandten Volksſtämmen ungewiß erſcheinen, ob ſie uns
als Ein Volk oder als mehrere gelten ſollen: gleicherweiſe
finden wir auch oft in ihrem Recht zwar nicht gänzliche
Übereinſtimmung, wohl aber Verwandtſchaft.
Allein auch da, wo die Einheit eines Volkes unzwei-
felhaft iſt, finden ſich innerhalb der Gränzen deſſelben oft
engere Kreiſe, die durch einen beſonderen Zuſammenhang,
noch neben dem allgemeinen des Volkes, vereinigt ſind,
wie Städte und Dörfer, Innungen, Corporationen aller
Art, welche insgeſammt volksmäßige Abtheilungen des
Ganzen bilden. Auch in dieſen wiederum kann eine eigen-
thümliche Rechtserzeugung ihren Sitz haben als parti-
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