Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 59. Abweichende Meynungen über die Klassification.
und privatum, sondern vielmehr die Stellung des Einzel-
nen in den zur Familie gehörenden Rechtsverhältnissen;
oder, nach dem Sprachgebrauch mancher Neueren, es be-
zieht sich nicht auf das objective, sondern auf das sub-
jective Recht (vgl. Beylage VI.).

Noch weit bestrittener aber ist der Inhalt des zweyten
und dritten Theils, de rebus und de actionibus (m).
Hier liegt der Grund des Zweifels darin, daß der Ab-
schnitt von den Obligationen nach Einigen den Anfang
des dritten Theils bildet, als Einleitung zu den Actionen,
weil diese aus den Obligationen entspringen: nach Ande-
ren das Ende des zweyten Theils, weil die Obligationen
unter die res gehören, als res incorporales (n). -- Für
die erste dieser Meynungen hat man besonders das Zeug-
niß des Theophilus geltend gemacht (o), der in der That

(m) Die Neueren bezeichnen
diese zwey Theile größtentheils
als Jus rerum und Jus actio-
num,
nach der Analogie von Jus
personarum.
Daß nun jene zwey
Zusammensetzungen bey den al-
ten Juristen nicht gefunden wer-
den, könnte an sich als zufällig
und gleichgültig angesehen wer-
den. Allein es entscheidet gegen
jenen Sprachgebrauch der Um-
stand, daß die erwähnte Analo-
gie nur einen täuschenden Schein
hat, indem der Ausdruck Jus
personarum
nicht einen Theil des
Systems, sondern ein besonderes
Rechtsverhältniß der Personen be-
zeichnet, von einem ähnlichen Ver-
hältniß aber unter mehreren res
oder mehreren actiones gewiß
nicht die Rede seyn kann.
(n) Wenigstens ist diese Gestalt
der zweyten Meynung gewiß dem
Sinn des Römischen Rechts an-
gemessener, als wenn man (so
wie der Code civil) die Obliga-
tionen dem Eigenthum deswegen
zuordnet, weil sie oft zur Erwer-
bung des Eigenthums Veranlas-
sung geben.
(o) Hugo civ. Magazin B. 4
S. 17. B. 5 S. 399, welcher über-
26

§. 59. Abweichende Meynungen über die Klaſſification.
und privatum, ſondern vielmehr die Stellung des Einzel-
nen in den zur Familie gehörenden Rechtsverhältniſſen;
oder, nach dem Sprachgebrauch mancher Neueren, es be-
zieht ſich nicht auf das objective, ſondern auf das ſub-
jective Recht (vgl. Beylage VI.).

Noch weit beſtrittener aber iſt der Inhalt des zweyten
und dritten Theils, de rebus und de actionibus (m).
Hier liegt der Grund des Zweifels darin, daß der Ab-
ſchnitt von den Obligationen nach Einigen den Anfang
des dritten Theils bildet, als Einleitung zu den Actionen,
weil dieſe aus den Obligationen entſpringen: nach Ande-
ren das Ende des zweyten Theils, weil die Obligationen
unter die res gehören, als res incorporales (n). — Für
die erſte dieſer Meynungen hat man beſonders das Zeug-
niß des Theophilus geltend gemacht (o), der in der That

(m) Die Neueren bezeichnen
dieſe zwey Theile größtentheils
als Jus rerum und Jus actio-
num,
nach der Analogie von Jus
personarum.
Daß nun jene zwey
Zuſammenſetzungen bey den al-
ten Juriſten nicht gefunden wer-
den, könnte an ſich als zufällig
und gleichgültig angeſehen wer-
den. Allein es entſcheidet gegen
jenen Sprachgebrauch der Um-
ſtand, daß die erwähnte Analo-
gie nur einen täuſchenden Schein
hat, indem der Ausdruck Jus
personarum
nicht einen Theil des
Syſtems, ſondern ein beſonderes
Rechtsverhältniß der Perſonen be-
zeichnet, von einem ähnlichen Ver-
hältniß aber unter mehreren res
oder mehreren actiones gewiß
nicht die Rede ſeyn kann.
(n) Wenigſtens iſt dieſe Geſtalt
der zweyten Meynung gewiß dem
Sinn des Römiſchen Rechts an-
gemeſſener, als wenn man (ſo
wie der Code civil) die Obliga-
tionen dem Eigenthum deswegen
zuordnet, weil ſie oft zur Erwer-
bung des Eigenthums Veranlaſ-
ſung geben.
(o) Hugo civ. Magazin B. 4
S. 17. B. 5 S. 399, welcher über-
26
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0457" n="401"/><fw place="top" type="header">§. 59. Abweichende Meynungen über die Kla&#x017F;&#x017F;ification.</fw><lb/>
und <hi rendition="#aq">privatum,</hi> &#x017F;ondern vielmehr die Stellung des Einzel-<lb/>
nen in den zur Familie gehörenden Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
oder, nach dem Sprachgebrauch mancher Neueren, es be-<lb/>
zieht &#x017F;ich nicht auf das objective, &#x017F;ondern auf das &#x017F;ub-<lb/>
jective Recht (vgl. Beylage <hi rendition="#aq">VI.</hi>).</p><lb/>
            <p>Noch weit be&#x017F;trittener aber i&#x017F;t der Inhalt des zweyten<lb/>
und dritten Theils, <hi rendition="#aq">de rebus</hi> und <hi rendition="#aq">de actionibus</hi> <note place="foot" n="(m)">Die Neueren bezeichnen<lb/>
die&#x017F;e zwey Theile größtentheils<lb/>
als <hi rendition="#aq">Jus rerum</hi> und <hi rendition="#aq">Jus actio-<lb/>
num,</hi> nach der Analogie von <hi rendition="#aq">Jus<lb/>
personarum.</hi> Daß nun jene zwey<lb/>
Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzungen bey den al-<lb/>
ten Juri&#x017F;ten nicht gefunden wer-<lb/>
den, könnte an &#x017F;ich als zufällig<lb/>
und gleichgültig ange&#x017F;ehen wer-<lb/>
den. Allein es ent&#x017F;cheidet gegen<lb/>
jenen Sprachgebrauch der Um-<lb/>
&#x017F;tand, daß die erwähnte Analo-<lb/>
gie nur einen täu&#x017F;chenden Schein<lb/>
hat, indem der Ausdruck <hi rendition="#aq">Jus<lb/>
personarum</hi> nicht einen Theil des<lb/>
Sy&#x017F;tems, &#x017F;ondern ein be&#x017F;onderes<lb/>
Rechtsverhältniß der Per&#x017F;onen be-<lb/>
zeichnet, von einem ähnlichen Ver-<lb/>
hältniß aber unter mehreren <hi rendition="#aq">res</hi><lb/>
oder mehreren <hi rendition="#aq">actiones</hi> gewiß<lb/>
nicht die Rede &#x017F;eyn kann.</note>.<lb/>
Hier liegt der Grund des Zweifels darin, daß der Ab-<lb/>
&#x017F;chnitt von den Obligationen nach Einigen den Anfang<lb/>
des dritten Theils bildet, als Einleitung zu den Actionen,<lb/>
weil die&#x017F;e aus den Obligationen ent&#x017F;pringen: nach Ande-<lb/>
ren das Ende des zweyten Theils, weil die Obligationen<lb/>
unter die <hi rendition="#aq">res</hi> gehören, als <hi rendition="#aq">res incorporales</hi> <note place="foot" n="(n)">Wenig&#x017F;tens i&#x017F;t die&#x017F;e Ge&#x017F;talt<lb/>
der zweyten Meynung gewiß dem<lb/>
Sinn des Römi&#x017F;chen Rechts an-<lb/>
geme&#x017F;&#x017F;ener, als wenn man (&#x017F;o<lb/>
wie der <hi rendition="#aq">Code civil</hi>) die Obliga-<lb/>
tionen dem Eigenthum deswegen<lb/>
zuordnet, weil &#x017F;ie oft zur Erwer-<lb/>
bung des Eigenthums Veranla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung geben.</note>. &#x2014; Für<lb/>
die er&#x017F;te die&#x017F;er Meynungen hat man be&#x017F;onders das Zeug-<lb/>
niß des Theophilus geltend gemacht <note xml:id="seg2pn_55_1" next="#seg2pn_55_2" place="foot" n="(o)"><hi rendition="#g">Hugo</hi> civ. Magazin B. 4<lb/>
S. 17. B. 5 S. 399, welcher über-</note>, der in der That<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">26</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[401/0457] §. 59. Abweichende Meynungen über die Klaſſification. und privatum, ſondern vielmehr die Stellung des Einzel- nen in den zur Familie gehörenden Rechtsverhältniſſen; oder, nach dem Sprachgebrauch mancher Neueren, es be- zieht ſich nicht auf das objective, ſondern auf das ſub- jective Recht (vgl. Beylage VI.). Noch weit beſtrittener aber iſt der Inhalt des zweyten und dritten Theils, de rebus und de actionibus (m). Hier liegt der Grund des Zweifels darin, daß der Ab- ſchnitt von den Obligationen nach Einigen den Anfang des dritten Theils bildet, als Einleitung zu den Actionen, weil dieſe aus den Obligationen entſpringen: nach Ande- ren das Ende des zweyten Theils, weil die Obligationen unter die res gehören, als res incorporales (n). — Für die erſte dieſer Meynungen hat man beſonders das Zeug- niß des Theophilus geltend gemacht (o), der in der That (m) Die Neueren bezeichnen dieſe zwey Theile größtentheils als Jus rerum und Jus actio- num, nach der Analogie von Jus personarum. Daß nun jene zwey Zuſammenſetzungen bey den al- ten Juriſten nicht gefunden wer- den, könnte an ſich als zufällig und gleichgültig angeſehen wer- den. Allein es entſcheidet gegen jenen Sprachgebrauch der Um- ſtand, daß die erwähnte Analo- gie nur einen täuſchenden Schein hat, indem der Ausdruck Jus personarum nicht einen Theil des Syſtems, ſondern ein beſonderes Rechtsverhältniß der Perſonen be- zeichnet, von einem ähnlichen Ver- hältniß aber unter mehreren res oder mehreren actiones gewiß nicht die Rede ſeyn kann. (n) Wenigſtens iſt dieſe Geſtalt der zweyten Meynung gewiß dem Sinn des Römiſchen Rechts an- gemeſſener, als wenn man (ſo wie der Code civil) die Obliga- tionen dem Eigenthum deswegen zuordnet, weil ſie oft zur Erwer- bung des Eigenthums Veranlaſ- ſung geben. (o) Hugo civ. Magazin B. 4 S. 17. B. 5 S. 399, welcher über- 26

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/457
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/457>, abgerufen am 03.05.2024.