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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Vorrede.
setzung eines verwandten fremden Gebietes; aber ein
Irrthum ist es dennoch, und dieser Irrthum wird un-
fehlbar nur demjenigen Nachtheil bringen, der ihn hegt
und übt, nicht dem Gegner, welchem durch solche Herab-
setzung Abbruch gethan werden soll.

Aus dem oben dargelegten Plan dieses Werks geht
hervor, daß es vorzugsweise einen kritischen Character
haben wird. Manche werden damit wenig zufrieden
seyn, indem sie überall nur positive, zu unmittelbarer
Anwendung brauchbare, Wahrheit verlangen, unbeküm-
mert um die Art ihrer Erwerbung, und um die mögli-
chen Gegensätze derselben. Unser geistiges Leben wäre
leicht und bequem, wenn wir lediglich die klare, einfache
Wahrheit ausschließend auf uns einwirken lassen und
so zu immer neuer Erkenntniß ungestört fortschreiten
könnten. Allein uns umgiebt und hemmt von allen
Seiten der Schutt falscher oder halbwahrer Begriffe
und Meynungen, durch die wir uns Bahn machen müs-
sen. Wollen wir mit dem Schicksal darum rechten, daß
es uns solche unnütze Mühe aufgebürdet hat? Schon
als in eine nothwendige Bedingung unsres geistigen Da-
seyns müßten wir uns darein fügen, allein es fehlt auch
nicht an reicher Frucht, die als Lohn unsrer Arbeit aus
dieser Nothwendigkeit erwächst. Unsere geistige Kraft

Vorrede.
ſetzung eines verwandten fremden Gebietes; aber ein
Irrthum iſt es dennoch, und dieſer Irrthum wird un-
fehlbar nur demjenigen Nachtheil bringen, der ihn hegt
und übt, nicht dem Gegner, welchem durch ſolche Herab-
ſetzung Abbruch gethan werden ſoll.

Aus dem oben dargelegten Plan dieſes Werks geht
hervor, daß es vorzugsweiſe einen kritiſchen Character
haben wird. Manche werden damit wenig zufrieden
ſeyn, indem ſie überall nur poſitive, zu unmittelbarer
Anwendung brauchbare, Wahrheit verlangen, unbeküm-
mert um die Art ihrer Erwerbung, und um die mögli-
chen Gegenſätze derſelben. Unſer geiſtiges Leben wäre
leicht und bequem, wenn wir lediglich die klare, einfache
Wahrheit ausſchließend auf uns einwirken laſſen und
ſo zu immer neuer Erkenntniß ungeſtört fortſchreiten
könnten. Allein uns umgiebt und hemmt von allen
Seiten der Schutt falſcher oder halbwahrer Begriffe
und Meynungen, durch die wir uns Bahn machen müſ-
ſen. Wollen wir mit dem Schickſal darum rechten, daß
es uns ſolche unnütze Mühe aufgebürdet hat? Schon
als in eine nothwendige Bedingung unſres geiſtigen Da-
ſeyns müßten wir uns darein fügen, allein es fehlt auch
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[XXXII/0038] Vorrede. ſetzung eines verwandten fremden Gebietes; aber ein Irrthum iſt es dennoch, und dieſer Irrthum wird un- fehlbar nur demjenigen Nachtheil bringen, der ihn hegt und übt, nicht dem Gegner, welchem durch ſolche Herab- ſetzung Abbruch gethan werden ſoll. Aus dem oben dargelegten Plan dieſes Werks geht hervor, daß es vorzugsweiſe einen kritiſchen Character haben wird. Manche werden damit wenig zufrieden ſeyn, indem ſie überall nur poſitive, zu unmittelbarer Anwendung brauchbare, Wahrheit verlangen, unbeküm- mert um die Art ihrer Erwerbung, und um die mögli- chen Gegenſätze derſelben. Unſer geiſtiges Leben wäre leicht und bequem, wenn wir lediglich die klare, einfache Wahrheit ausſchließend auf uns einwirken laſſen und ſo zu immer neuer Erkenntniß ungeſtört fortſchreiten könnten. Allein uns umgiebt und hemmt von allen Seiten der Schutt falſcher oder halbwahrer Begriffe und Meynungen, durch die wir uns Bahn machen müſ- ſen. Wollen wir mit dem Schickſal darum rechten, daß es uns ſolche unnütze Mühe aufgebürdet hat? Schon als in eine nothwendige Bedingung unſres geiſtigen Da- ſeyns müßten wir uns darein fügen, allein es fehlt auch nicht an reicher Frucht, die als Lohn unſrer Arbeit aus dieſer Nothwendigkeit erwächſt. Unſere geiſtige Kraft

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. XXXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/38>, abgerufen am 29.03.2024.