Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. entstehen, darauf war die große Ausführlichkeit des Ge-setzbuchs, und selbst dessen lehrender Ton eingerichtet. Der negative Theil dieser Erwartung ist unmittelbar in Erfüllung gegangen, denn der Zusammenhang mit der früheren Rechtswissenschaft hat größtentheils aufgehört. Eine neue Rechtswissenschaft aber schien beynahe Vierzig Jahre lang auch nicht entstehen zu wollen. Erst seit Kur- zem hat sich hierin eine bedeutende Regsamkeit entwickelt, welche zu den günstigsten Erwartungen berechtigt. -- In- wieferne der eigentliche Zweck der neuen Gesetzgebung, die Praxis ausschließend und vollständig zu beherrschen und dadurch gleichförmig zu machen, erreicht worden ist, das würde sich nur durch Vergleichung der in den einzel- nen Gerichten herrschenden Ansichten beurtheilen lassen, wozu es jedoch an literarischem Material lange gefehlt hat. Indessen ist auch zur Förderung dieses Zwecks nun- mehr ein trefflicher Anfang gemacht worden (i). Fast Alles war anders in Frankreich (§ 21). Nicht (i) Simon und Strampff Rechtssprüche preußischer Gerichts-
höfe. Berlin 1828. fg. 8. Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. entſtehen, darauf war die große Ausführlichkeit des Ge-ſetzbuchs, und ſelbſt deſſen lehrender Ton eingerichtet. Der negative Theil dieſer Erwartung iſt unmittelbar in Erfüllung gegangen, denn der Zuſammenhang mit der früheren Rechtswiſſenſchaft hat größtentheils aufgehört. Eine neue Rechtswiſſenſchaft aber ſchien beynahe Vierzig Jahre lang auch nicht entſtehen zu wollen. Erſt ſeit Kur- zem hat ſich hierin eine bedeutende Regſamkeit entwickelt, welche zu den günſtigſten Erwartungen berechtigt. — In- wieferne der eigentliche Zweck der neuen Geſetzgebung, die Praxis ausſchließend und vollſtändig zu beherrſchen und dadurch gleichförmig zu machen, erreicht worden iſt, das würde ſich nur durch Vergleichung der in den einzel- nen Gerichten herrſchenden Anſichten beurtheilen laſſen, wozu es jedoch an literariſchem Material lange gefehlt hat. Indeſſen iſt auch zur Förderung dieſes Zwecks nun- mehr ein trefflicher Anfang gemacht worden (i). Faſt Alles war anders in Frankreich (§ 21). Nicht (i) Simon und Strampff Rechtsſprüche preußiſcher Gerichts-
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Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
entſtehen, darauf war die große Ausführlichkeit des Ge-
ſetzbuchs, und ſelbſt deſſen lehrender Ton eingerichtet.
Der negative Theil dieſer Erwartung iſt unmittelbar in
Erfüllung gegangen, denn der Zuſammenhang mit der
früheren Rechtswiſſenſchaft hat größtentheils aufgehört.
Eine neue Rechtswiſſenſchaft aber ſchien beynahe Vierzig
Jahre lang auch nicht entſtehen zu wollen. Erſt ſeit Kur-
zem hat ſich hierin eine bedeutende Regſamkeit entwickelt,
welche zu den günſtigſten Erwartungen berechtigt. — In-
wieferne der eigentliche Zweck der neuen Geſetzgebung,
die Praxis ausſchließend und vollſtändig zu beherrſchen
und dadurch gleichförmig zu machen, erreicht worden iſt,
das würde ſich nur durch Vergleichung der in den einzel-
nen Gerichten herrſchenden Anſichten beurtheilen laſſen,
wozu es jedoch an literariſchem Material lange gefehlt
hat. Indeſſen iſt auch zur Förderung dieſes Zwecks nun-
mehr ein trefflicher Anfang gemacht worden (i).
Faſt Alles war anders in Frankreich (§ 21). Nicht
daß man den Zuſtand des Rechts ſchlecht, oder gar uner-
träglich gefunden hätte, war hier die Urſache der neuen
Geſetzgebung, ſondern dieſe gehörte zur natürlichen Ent-
wicklung der Revolution. Das Streben derſelben war
vorzüglich auf die Zerſtörung der hiſtoriſchen Verhältniſſe,
beſonders auch der Verſchiedenheit der Provinzen, gerich-
tet, und dieſe gleichſtellende Auflöſung alles örtlich Ver-
(i) Simon und Strampff Rechtsſprüche preußiſcher Gerichts-
höfe. Berlin 1828. fg. 8.
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