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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
worin der Code auch schon jetzt auf Ortsgewohnheiten
verweist.

Das Österreichische Gesetzbuch enthält die Auf-
hebung des gemeinen Rechts, und namentlich auch der
Gewohnheiten, im Einführungspatent von 1811. Im
Gesetzbuch selbst wird über die Gesetzgebung Nichts be-
stimmt, wie es sich denn überhaupt auf das Privatrecht
beschränkt. Gewohnheiten sollen nur bey den Gegenstän-
den gelten, wobey ein Gesetz auf dieselben verweist. Von
richterlichen Urtheilen wird nur gesagt, daß sie nie die
Kraft eines Gesetzes haben, und daß sie auf andere Fälle
oder andere Personen nicht ausgedehnt werden können (h).

Unter allen diesen Bestimmungen sind minder wichtig
die, welche die Gesetzgebung betreffen, indem, was hierin
wichtig ist, doch anderwärts, und nicht in dem allgemeinen
Gesetzbuch, seine Erledigung findet: eben so was das Ge-
wohnheitsrecht angeht, indem ohnehin diese Art der Rechts-
bildung, insofern sie als rein volksmäßig, und von dem
wissenschaftlichen Recht unabhängig gedacht wird, in neue-
ren Zeiten weniger vorkommt. Wichtig dagegen ist das
Verhältniß, in welches in jedem dieser Staaten das Par-
tikularrecht zu dem allgemeinen Recht gestellt ist: dieses
jedoch liegt außer dem Kreise unsrer Betrachtung. Das
allerwichtigste aber ist das Verhältniß der Gesetzbücher
zu dem wissenschaftlichen Recht, das heißt einestheils der
fortwährende Einfluß der Literatur und des Gerichtsge-

(h) Österreichisches Gesetzbuch § 10. 12.

Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
worin der Code auch ſchon jetzt auf Ortsgewohnheiten
verweiſt.

Das Öſterreichiſche Geſetzbuch enthält die Auf-
hebung des gemeinen Rechts, und namentlich auch der
Gewohnheiten, im Einführungspatent von 1811. Im
Geſetzbuch ſelbſt wird über die Geſetzgebung Nichts be-
ſtimmt, wie es ſich denn überhaupt auf das Privatrecht
beſchränkt. Gewohnheiten ſollen nur bey den Gegenſtän-
den gelten, wobey ein Geſetz auf dieſelben verweiſt. Von
richterlichen Urtheilen wird nur geſagt, daß ſie nie die
Kraft eines Geſetzes haben, und daß ſie auf andere Fälle
oder andere Perſonen nicht ausgedehnt werden können (h).

Unter allen dieſen Beſtimmungen ſind minder wichtig
die, welche die Geſetzgebung betreffen, indem, was hierin
wichtig iſt, doch anderwärts, und nicht in dem allgemeinen
Geſetzbuch, ſeine Erledigung findet: eben ſo was das Ge-
wohnheitsrecht angeht, indem ohnehin dieſe Art der Rechts-
bildung, inſofern ſie als rein volksmäßig, und von dem
wiſſenſchaftlichen Recht unabhängig gedacht wird, in neue-
ren Zeiten weniger vorkommt. Wichtig dagegen iſt das
Verhältniß, in welches in jedem dieſer Staaten das Par-
tikularrecht zu dem allgemeinen Recht geſtellt iſt: dieſes
jedoch liegt außer dem Kreiſe unſrer Betrachtung. Das
allerwichtigſte aber iſt das Verhältniß der Geſetzbücher
zu dem wiſſenſchaftlichen Recht, das heißt einestheils der
fortwährende Einfluß der Literatur und des Gerichtsge-

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[200/0256] Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. worin der Code auch ſchon jetzt auf Ortsgewohnheiten verweiſt. Das Öſterreichiſche Geſetzbuch enthält die Auf- hebung des gemeinen Rechts, und namentlich auch der Gewohnheiten, im Einführungspatent von 1811. Im Geſetzbuch ſelbſt wird über die Geſetzgebung Nichts be- ſtimmt, wie es ſich denn überhaupt auf das Privatrecht beſchränkt. Gewohnheiten ſollen nur bey den Gegenſtän- den gelten, wobey ein Geſetz auf dieſelben verweiſt. Von richterlichen Urtheilen wird nur geſagt, daß ſie nie die Kraft eines Geſetzes haben, und daß ſie auf andere Fälle oder andere Perſonen nicht ausgedehnt werden können (h). Unter allen dieſen Beſtimmungen ſind minder wichtig die, welche die Geſetzgebung betreffen, indem, was hierin wichtig iſt, doch anderwärts, und nicht in dem allgemeinen Geſetzbuch, ſeine Erledigung findet: eben ſo was das Ge- wohnheitsrecht angeht, indem ohnehin dieſe Art der Rechts- bildung, inſofern ſie als rein volksmäßig, und von dem wiſſenſchaftlichen Recht unabhängig gedacht wird, in neue- ren Zeiten weniger vorkommt. Wichtig dagegen iſt das Verhältniß, in welches in jedem dieſer Staaten das Par- tikularrecht zu dem allgemeinen Recht geſtellt iſt: dieſes jedoch liegt außer dem Kreiſe unſrer Betrachtung. Das allerwichtigſte aber iſt das Verhältniß der Geſetzbücher zu dem wiſſenſchaftlichen Recht, das heißt einestheils der fortwährende Einfluß der Literatur und des Gerichtsge- (h) Öſterreichiſches Geſetzbuch § 10. 12.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/256>, abgerufen am 23.11.2024.