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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
die Kaiser der Fortbildung des Rechts durch ihre Re-
scripte entsagen; vielmehr war hier an solche Rescripte
gedacht, worin die Kaiser durch unwahre Darstellung
verleitet seyn möchten, wider ihren Willen die bestehenden
Rechtsregeln zu verletzen. -- Erwägt man diese mit der
Gesetzeskraft der Rescripte verbundenen Gefahren, so hätte
man es allerdings für zweckmäßiger halten mögen, wenig-
stens an die Parteyen gar keine Rescripte in Rechtssachen
zu erlassen, wie es auch in der That Trajan gehalten
haben soll: auch ist durch diese Betrachtung Justinian zu-
letzt bewogen worden, den Richtern die Beachtung der
Privatrescripte zu untersagen, mithin die Gesetzeskraft der-
selben gänzlich aufzuheben (q).

Dagegen wurde den Rescripten die Gesetzeskraft für
andere Fälle, als den, wofür sie erlassen waren, wieder-
holt und auf das Bestimmteste abgesprochen. Dieses ge-
schah in besonderer Anwendung auf die durch consultatio-
nes
der Richter veranlaßte Rescripte (r), bey welchen eine

de div. rescr. (1. 2.), L. 6 C.
si contra jus
(1. 22.), L. 3. 7.
C. de precibus (1. 19.), Nov. 82.
C.
13.
(q) Capitolini Macrinus C.
13 "quum Trajanus nunquam
libellis responderit."
Er wollte
also nur an die Obrigkeiten Re-
scripte erlassen, nicht an Par-
teyen. Mehrere Rescripte von
Trajan sind zusammengestellt von
Schulting diss. pro rescriptis
§ 15. -- Justinian hat die Beach-
tung der Privatrescripte verbo-
ten in der Nov. 113 C. 1 vom
J. 541.
(r) L. 11 (sonst 9) C. Th.
de div. rescr.
(1. 2.), L. 2 C.
de leg.
(1. 14.) "Quae ex re-
lationibus ... vel consultatione
... statuimus ... nec generalia
jura sint, sed leges faciant his
duntaxat negotiis atque perso-
nis, pro quibus fuerint pro-
mulgata." L. 13 C. de sentent.
et interloc.
(7. 45) "Nemo ju-
dex vel arbiter existimet, ne-
que consultationes, quas non

Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
die Kaiſer der Fortbildung des Rechts durch ihre Re-
ſcripte entſagen; vielmehr war hier an ſolche Reſcripte
gedacht, worin die Kaiſer durch unwahre Darſtellung
verleitet ſeyn möchten, wider ihren Willen die beſtehenden
Rechtsregeln zu verletzen. — Erwägt man dieſe mit der
Geſetzeskraft der Reſcripte verbundenen Gefahren, ſo hätte
man es allerdings für zweckmäßiger halten mögen, wenig-
ſtens an die Parteyen gar keine Reſcripte in Rechtsſachen
zu erlaſſen, wie es auch in der That Trajan gehalten
haben ſoll: auch iſt durch dieſe Betrachtung Juſtinian zu-
letzt bewogen worden, den Richtern die Beachtung der
Privatreſcripte zu unterſagen, mithin die Geſetzeskraft der-
ſelben gänzlich aufzuheben (q).

Dagegen wurde den Reſcripten die Geſetzeskraft für
andere Fälle, als den, wofür ſie erlaſſen waren, wieder-
holt und auf das Beſtimmteſte abgeſprochen. Dieſes ge-
ſchah in beſonderer Anwendung auf die durch consultatio-
nes
der Richter veranlaßte Reſcripte (r), bey welchen eine

de div. rescr. (1. 2.), L. 6 C.
si contra jus
(1. 22.), L. 3. 7.
C. de precibus (1. 19.), Nov. 82.
C.
13.
(q) Capitolini Macrinus C.
13 „quum Trajanus nunquam
libellis responderit.”
Er wollte
alſo nur an die Obrigkeiten Re-
ſcripte erlaſſen, nicht an Par-
teyen. Mehrere Reſcripte von
Trajan ſind zuſammengeſtellt von
Schulting diss. pro rescriptis
§ 15. — Juſtinian hat die Beach-
tung der Privatreſcripte verbo-
ten in der Nov. 113 C. 1 vom
J. 541.
(r) L. 11 (ſonſt 9) C. Th.
de div. rescr.
(1. 2.), L. 2 C.
de leg.
(1. 14.) „Quae ex re-
lationibus … vel consultatione
… statuimus … nec generalia
jura sint, sed leges faciant his
duntaxat negotiis atque perso-
nis, pro quibus fuerint pro-
mulgata.” L. 13 C. de sentent.
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que consultationes, quas non
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[136/0192] Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. die Kaiſer der Fortbildung des Rechts durch ihre Re- ſcripte entſagen; vielmehr war hier an ſolche Reſcripte gedacht, worin die Kaiſer durch unwahre Darſtellung verleitet ſeyn möchten, wider ihren Willen die beſtehenden Rechtsregeln zu verletzen. — Erwägt man dieſe mit der Geſetzeskraft der Reſcripte verbundenen Gefahren, ſo hätte man es allerdings für zweckmäßiger halten mögen, wenig- ſtens an die Parteyen gar keine Reſcripte in Rechtsſachen zu erlaſſen, wie es auch in der That Trajan gehalten haben ſoll: auch iſt durch dieſe Betrachtung Juſtinian zu- letzt bewogen worden, den Richtern die Beachtung der Privatreſcripte zu unterſagen, mithin die Geſetzeskraft der- ſelben gänzlich aufzuheben (q). Dagegen wurde den Reſcripten die Geſetzeskraft für andere Fälle, als den, wofür ſie erlaſſen waren, wieder- holt und auf das Beſtimmteſte abgeſprochen. Dieſes ge- ſchah in beſonderer Anwendung auf die durch consultatio- nes der Richter veranlaßte Reſcripte (r), bey welchen eine (p) (q) Capitolini Macrinus C. 13 „quum Trajanus nunquam libellis responderit.” Er wollte alſo nur an die Obrigkeiten Re- ſcripte erlaſſen, nicht an Par- teyen. Mehrere Reſcripte von Trajan ſind zuſammengeſtellt von Schulting diss. pro rescriptis § 15. — Juſtinian hat die Beach- tung der Privatreſcripte verbo- ten in der Nov. 113 C. 1 vom J. 541. (r) L. 11 (ſonſt 9) C. Th. de div. rescr. (1. 2.), L. 2 C. de leg. (1. 14.) „Quae ex re- lationibus … vel consultatione … statuimus … nec generalia jura sint, sed leges faciant his duntaxat negotiis atque perso- nis, pro quibus fuerint pro- mulgata.” L. 13 C. de sentent. et interloc. (7. 45) „Nemo ju- dex vel arbiter existimet, ne- que consultationes, quas non (p) de div. rescr. (1. 2.), L. 6 C. si contra jus (1. 22.), L. 3. 7. C. de precibus (1. 19.), Nov. 82. C. 13.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/192>, abgerufen am 03.05.2024.