Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 17. Gesetze.
zen und der besonderen Gestalt, welche sie in der Schule
von Bologna erhalten haben. Denn nur so waren sie
bekannt, als sich von jener Schule aus die Anerkennung
des Römischen Rechts als eines gemeinen Rechts für das
neuere Europa feststellte: und als vier Jahrhunderte spä-
ter zu jenen Quellen allmälig noch neue hinzugebracht
wurden, war die ausschließende Herrschaft der früheren
so lange und so allgemein anerkannt, ja sie waren so sehr
in den wirklichen Rechtszustand übergegangen, daß es ganz
unmöglich war, den neuen Entdeckungen einen andern als
blos gelehrten Gebrauch zuzuschreiben. Nur aus diesem
Grunde ist das vorjustinianische Recht von aller Anwen-
dung ausgeschlossen, und diese Ausschließung ist von allen
ohne Ausnahme anerkannt. Ganz inconsequent aber würde
es seyn, dasselbe Princip nicht auch auf die Gränzen des
Justinianischen Quellencanons anwenden zu wollen. Da-
her sind also ausgeschlossen die Griechischen Texte in den
Digesten, an deren Stelle die in Bologna angenommenen
Übersetzungen treten: ferner die wenig bedeutenden Resti-
tutionen in den Digesten, und die weit wichtigeren im
Codex. Eben so aber ist auch unter den Drey auf neuere
Zeiten gekommenen Sammlungen der Novellen (b) nur
diejenige anzuerkennen, welche wir als Authenticum
bezeichnen, und zwar in der Abkürzung, die sie in Bologna

Rechtsgeschichte an; hier ist blos
anzugeben, was davon als gel-
tendes Recht betrachtet werden
darf.
(b) Sammlung der 168, Ju-
lian, und liber Authenticorum.
Biener Geschichte der Novellen
Justinians. Berlin 1824. 8.
5*

§. 17. Geſetze.
zen und der beſonderen Geſtalt, welche ſie in der Schule
von Bologna erhalten haben. Denn nur ſo waren ſie
bekannt, als ſich von jener Schule aus die Anerkennung
des Römiſchen Rechts als eines gemeinen Rechts für das
neuere Europa feſtſtellte: und als vier Jahrhunderte ſpä-
ter zu jenen Quellen allmälig noch neue hinzugebracht
wurden, war die ausſchließende Herrſchaft der früheren
ſo lange und ſo allgemein anerkannt, ja ſie waren ſo ſehr
in den wirklichen Rechtszuſtand übergegangen, daß es ganz
unmöglich war, den neuen Entdeckungen einen andern als
blos gelehrten Gebrauch zuzuſchreiben. Nur aus dieſem
Grunde iſt das vorjuſtinianiſche Recht von aller Anwen-
dung ausgeſchloſſen, und dieſe Ausſchließung iſt von allen
ohne Ausnahme anerkannt. Ganz inconſequent aber würde
es ſeyn, daſſelbe Princip nicht auch auf die Gränzen des
Juſtinianiſchen Quellencanons anwenden zu wollen. Da-
her ſind alſo ausgeſchloſſen die Griechiſchen Texte in den
Digeſten, an deren Stelle die in Bologna angenommenen
Überſetzungen treten: ferner die wenig bedeutenden Reſti-
tutionen in den Digeſten, und die weit wichtigeren im
Codex. Eben ſo aber iſt auch unter den Drey auf neuere
Zeiten gekommenen Sammlungen der Novellen (b) nur
diejenige anzuerkennen, welche wir als Authenticum
bezeichnen, und zwar in der Abkürzung, die ſie in Bologna

Rechtsgeſchichte an; hier iſt blos
anzugeben, was davon als gel-
tendes Recht betrachtet werden
darf.
(b) Sammlung der 168, Ju-
lian, und liber Authenticorum.
Biener Geſchichte der Novellen
Juſtinians. Berlin 1824. 8.
5*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0123" n="67"/><fw place="top" type="header">§. 17. Ge&#x017F;etze.</fw><lb/>
zen und der be&#x017F;onderen Ge&#x017F;talt, welche &#x017F;ie in der Schule<lb/>
von Bologna erhalten haben. Denn nur &#x017F;o waren &#x017F;ie<lb/>
bekannt, als &#x017F;ich von jener Schule aus die Anerkennung<lb/>
des Römi&#x017F;chen Rechts als eines gemeinen Rechts für das<lb/>
neuere Europa fe&#x017F;t&#x017F;tellte: und als vier Jahrhunderte &#x017F;pä-<lb/>
ter zu jenen Quellen allmälig noch neue hinzugebracht<lb/>
wurden, war die aus&#x017F;chließende Herr&#x017F;chaft der früheren<lb/>
&#x017F;o lange und &#x017F;o allgemein anerkannt, ja &#x017F;ie waren &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
in den wirklichen Rechtszu&#x017F;tand übergegangen, daß es ganz<lb/>
unmöglich war, den neuen Entdeckungen einen andern als<lb/>
blos gelehrten Gebrauch zuzu&#x017F;chreiben. Nur aus die&#x017F;em<lb/>
Grunde i&#x017F;t das vorju&#x017F;tiniani&#x017F;che Recht von aller Anwen-<lb/>
dung ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und die&#x017F;e Aus&#x017F;chließung i&#x017F;t von allen<lb/>
ohne Ausnahme anerkannt. Ganz incon&#x017F;equent aber würde<lb/>
es &#x017F;eyn, da&#x017F;&#x017F;elbe Princip nicht auch auf die Gränzen des<lb/>
Ju&#x017F;tiniani&#x017F;chen Quellencanons anwenden zu wollen. Da-<lb/>
her &#x017F;ind al&#x017F;o ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en die Griechi&#x017F;chen Texte in den<lb/>
Dige&#x017F;ten, an deren Stelle die in Bologna angenommenen<lb/>
Über&#x017F;etzungen treten: ferner die wenig bedeutenden Re&#x017F;ti-<lb/>
tutionen in den Dige&#x017F;ten, und die weit wichtigeren im<lb/>
Codex. Eben &#x017F;o aber i&#x017F;t auch unter den Drey auf neuere<lb/>
Zeiten gekommenen Sammlungen der Novellen <note place="foot" n="(b)">Sammlung der 168, Ju-<lb/>
lian, und <hi rendition="#aq">liber Authenticorum.</hi><lb/><hi rendition="#g">Biener</hi> Ge&#x017F;chichte der Novellen<lb/>
Ju&#x017F;tinians. Berlin 1824. 8.</note> nur<lb/>
diejenige anzuerkennen, welche wir als <hi rendition="#g">Authenticum</hi><lb/>
bezeichnen, und zwar in der Abkürzung, die &#x017F;ie in Bologna<lb/><note xml:id="seg2pn_8_2" prev="#seg2pn_8_1" place="foot" n="(a)">Rechtsge&#x017F;chichte an; hier i&#x017F;t blos<lb/>
anzugeben, was davon als gel-<lb/>
tendes Recht betrachtet werden<lb/>
darf.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">5*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0123] §. 17. Geſetze. zen und der beſonderen Geſtalt, welche ſie in der Schule von Bologna erhalten haben. Denn nur ſo waren ſie bekannt, als ſich von jener Schule aus die Anerkennung des Römiſchen Rechts als eines gemeinen Rechts für das neuere Europa feſtſtellte: und als vier Jahrhunderte ſpä- ter zu jenen Quellen allmälig noch neue hinzugebracht wurden, war die ausſchließende Herrſchaft der früheren ſo lange und ſo allgemein anerkannt, ja ſie waren ſo ſehr in den wirklichen Rechtszuſtand übergegangen, daß es ganz unmöglich war, den neuen Entdeckungen einen andern als blos gelehrten Gebrauch zuzuſchreiben. Nur aus dieſem Grunde iſt das vorjuſtinianiſche Recht von aller Anwen- dung ausgeſchloſſen, und dieſe Ausſchließung iſt von allen ohne Ausnahme anerkannt. Ganz inconſequent aber würde es ſeyn, daſſelbe Princip nicht auch auf die Gränzen des Juſtinianiſchen Quellencanons anwenden zu wollen. Da- her ſind alſo ausgeſchloſſen die Griechiſchen Texte in den Digeſten, an deren Stelle die in Bologna angenommenen Überſetzungen treten: ferner die wenig bedeutenden Reſti- tutionen in den Digeſten, und die weit wichtigeren im Codex. Eben ſo aber iſt auch unter den Drey auf neuere Zeiten gekommenen Sammlungen der Novellen (b) nur diejenige anzuerkennen, welche wir als Authenticum bezeichnen, und zwar in der Abkürzung, die ſie in Bologna (a) (b) Sammlung der 168, Ju- lian, und liber Authenticorum. Biener Geſchichte der Novellen Juſtinians. Berlin 1824. 8. (a) Rechtsgeſchichte an; hier iſt blos anzugeben, was davon als gel- tendes Recht betrachtet werden darf. 5*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/123
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/123>, abgerufen am 08.05.2024.