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Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.

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rium, der sogenannte Papian, und die Rechtsbücher
von Justinian. Schwerlich hätten sich Bücher über
Römisches Recht erhalten, wenn nicht diese Gesetzbü-
cher gewesen wären, und schwerlich hätte Römisches
Recht im neueren Europa Eingang gefunden, wären
nicht unter diesen Gesetzbüchern die von Justinian
gewesen, in welchen unter jenen allein der Geist des
Römischen Rechts erkennbar ist. Der Gedanke zu
diesen Gesetzbüchern aber ist augenscheinlich nur durch
den äußersten Verfall des Rechts herbeygeführt
worden.

Ueber den materiellen Werth des Römischen
Rechts können die Meynungen sehr verschieden seyn,
aber über die hier dargestellte Meisterschaft in der
juristischen Methode sind ohne Zweifel alle einig,
welche hierin eine Stimme haben. Eine solche Stim-
me aber kann offenbar nur denjenigen zukommen,
welche unbefangen und mit literarischem Sinn die
Quellen des Römischen Rechts lesen. Die es blos
aus Compendien oder Vorlesungen kennen, also von
Hörensagen, selbst wenn sie einzelne Beweisstellen
nachgeschlagen haben mögen, haben keine Stimme:
für sie ist jegliche Ansicht möglich, unter andern die
eines trefflichen Französischen Redners. Dieser be-
hauptet, das Römische Recht habe zur Zeit der alten
Juristen aus einer unzählbaren Menge einzelner Ent-
scheidungen und Regeln bestanden, die ein Menschen-
leben nicht habe erfassen können: unter Justinian

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rium, der ſogenannte Papian, und die Rechtsbücher
von Juſtinian. Schwerlich hätten ſich Bücher über
Römiſches Recht erhalten, wenn nicht dieſe Geſetzbü-
cher geweſen wären, und ſchwerlich hätte Römiſches
Recht im neueren Europa Eingang gefunden, wären
nicht unter dieſen Geſetzbüchern die von Juſtinian
geweſen, in welchen unter jenen allein der Geiſt des
Römiſchen Rechts erkennbar iſt. Der Gedanke zu
dieſen Geſetzbüchern aber iſt augenſcheinlich nur durch
den äußerſten Verfall des Rechts herbeygeführt
worden.

Ueber den materiellen Werth des Römiſchen
Rechts können die Meynungen ſehr verſchieden ſeyn,
aber über die hier dargeſtellte Meiſterſchaft in der
juriſtiſchen Methode ſind ohne Zweifel alle einig,
welche hierin eine Stimme haben. Eine ſolche Stim-
me aber kann offenbar nur denjenigen zukommen,
welche unbefangen und mit literariſchem Sinn die
Quellen des Römiſchen Rechts leſen. Die es blos
aus Compendien oder Vorleſungen kennen, alſo von
Hörenſagen, ſelbſt wenn ſie einzelne Beweisſtellen
nachgeſchlagen haben mögen, haben keine Stimme:
für ſie iſt jegliche Anſicht möglich, unter andern die
eines trefflichen Franzöſiſchen Redners. Dieſer be-
hauptet, das Römiſche Recht habe zur Zeit der alten
Juriſten aus einer unzählbaren Menge einzelner Ent-
ſcheidungen und Regeln beſtanden, die ein Menſchen-
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[35/0045] rium, der ſogenannte Papian, und die Rechtsbücher von Juſtinian. Schwerlich hätten ſich Bücher über Römiſches Recht erhalten, wenn nicht dieſe Geſetzbü- cher geweſen wären, und ſchwerlich hätte Römiſches Recht im neueren Europa Eingang gefunden, wären nicht unter dieſen Geſetzbüchern die von Juſtinian geweſen, in welchen unter jenen allein der Geiſt des Römiſchen Rechts erkennbar iſt. Der Gedanke zu dieſen Geſetzbüchern aber iſt augenſcheinlich nur durch den äußerſten Verfall des Rechts herbeygeführt worden. Ueber den materiellen Werth des Römiſchen Rechts können die Meynungen ſehr verſchieden ſeyn, aber über die hier dargeſtellte Meiſterſchaft in der juriſtiſchen Methode ſind ohne Zweifel alle einig, welche hierin eine Stimme haben. Eine ſolche Stim- me aber kann offenbar nur denjenigen zukommen, welche unbefangen und mit literariſchem Sinn die Quellen des Römiſchen Rechts leſen. Die es blos aus Compendien oder Vorleſungen kennen, alſo von Hörenſagen, ſelbſt wenn ſie einzelne Beweisſtellen nachgeſchlagen haben mögen, haben keine Stimme: für ſie iſt jegliche Anſicht möglich, unter andern die eines trefflichen Franzöſiſchen Redners. Dieſer be- hauptet, das Römiſche Recht habe zur Zeit der alten Juriſten aus einer unzählbaren Menge einzelner Ent- ſcheidungen und Regeln beſtanden, die ein Menſchen- leben nicht habe erfaſſen können: unter Juſtinian C 2

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/45>, abgerufen am 05.12.2024.