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Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.

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men entsprach. Selbst die bedeutendste Stimme, wel-
che sich gleichzeitig dagegen erhoben hat 1), beweist
mehr für als wider diese Behauptung. Ich verkenne
nicht, wie viel treffliches in Schlossers Ansichten
und Urtheilen enthalten ist, allein das beste darin
betrifft den allgemeinen politischen Character unsrer
Zeiten, und mit den eigenthümlichen Bedürfnissen des
bürgerlichen Rechts war er selbst keinesweges im reinen.
Dieses erhellt theils aus der von ihm entworfenen
Einleitung eines Gesetzbuchs 2), theils und noch weit
mehr aus seinem Plan, das corpus juris auf ein
caput mortuum eigentlicher Gesetze von weniger als
zehn Bogen zu reduciren 3). Daß es ihm an Sinn
für das rechte nicht fehlte, zeigt sein geistreicher und
durchaus vortrefflicher Aufsatz über das Studium des
reinen Römischen Rechts 4).

Ein vollständiges Urtheil über das technische des
Landrechts würde erst dann möglich seyn, wenn die
oben erwähnten Materialien verarbeitet und zur all-

1) Schlossers Briefe über die Gesetzgebung etc. Frankfurt
1789, und: Fünfter Brief etc. Frankfurt 1790. 8.
2) Briefe S. 246.
3) Schlossers Vorschlag und Versuch einer Verbesserung des
Deutschen bürgerlichen Rechts etc. Leipzig 1777. 8. -- Schlossers
Briefe S. 46. 342. in welcher letzten Stelle er sogar Westphals
Schriften als sehr brauchbar für diesen Zweck rühmt.
4) In Hugos civilist. Magazin B. 1. N. 6. (1790).

men entſprach. Selbſt die bedeutendſte Stimme, wel-
che ſich gleichzeitig dagegen erhoben hat 1), beweiſt
mehr für als wider dieſe Behauptung. Ich verkenne
nicht, wie viel treffliches in Schloſſers Anſichten
und Urtheilen enthalten iſt, allein das beſte darin
betrifft den allgemeinen politiſchen Character unſrer
Zeiten, und mit den eigenthümlichen Bedürfniſſen des
bürgerlichen Rechts war er ſelbſt keinesweges im reinen.
Dieſes erhellt theils aus der von ihm entworfenen
Einleitung eines Geſetzbuchs 2), theils und noch weit
mehr aus ſeinem Plan, das corpus juris auf ein
caput mortuum eigentlicher Geſetze von weniger als
zehn Bogen zu reduciren 3). Daß es ihm an Sinn
für das rechte nicht fehlte, zeigt ſein geiſtreicher und
durchaus vortrefflicher Aufſatz über das Studium des
reinen Römiſchen Rechts 4).

Ein vollſtändiges Urtheil über das techniſche des
Landrechts würde erſt dann möglich ſeyn, wenn die
oben erwähnten Materialien verarbeitet und zur all-

1) Schloſſers Briefe über die Geſetzgebung ꝛc. Frankfurt
1789, und: Fünfter Brief ꝛc. Frankfurt 1790. 8.
2) Briefe S. 246.
3) Schloſſers Vorſchlag und Verſuch einer Verbeſſerung des
Deutſchen bürgerlichen Rechts ꝛc. Leipzig 1777. 8. — Schloſſers
Briefe S. 46. 342. in welcher letzten Stelle er ſogar Weſtphals
Schriften als ſehr brauchbar für dieſen Zweck rühmt.
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[93/0103] men entſprach. Selbſt die bedeutendſte Stimme, wel- che ſich gleichzeitig dagegen erhoben hat 1), beweiſt mehr für als wider dieſe Behauptung. Ich verkenne nicht, wie viel treffliches in Schloſſers Anſichten und Urtheilen enthalten iſt, allein das beſte darin betrifft den allgemeinen politiſchen Character unſrer Zeiten, und mit den eigenthümlichen Bedürfniſſen des bürgerlichen Rechts war er ſelbſt keinesweges im reinen. Dieſes erhellt theils aus der von ihm entworfenen Einleitung eines Geſetzbuchs 2), theils und noch weit mehr aus ſeinem Plan, das corpus juris auf ein caput mortuum eigentlicher Geſetze von weniger als zehn Bogen zu reduciren 3). Daß es ihm an Sinn für das rechte nicht fehlte, zeigt ſein geiſtreicher und durchaus vortrefflicher Aufſatz über das Studium des reinen Römiſchen Rechts 4). Ein vollſtändiges Urtheil über das techniſche des Landrechts würde erſt dann möglich ſeyn, wenn die oben erwähnten Materialien verarbeitet und zur all- 1) Schloſſers Briefe über die Geſetzgebung ꝛc. Frankfurt 1789, und: Fünfter Brief ꝛc. Frankfurt 1790. 8. 2) Briefe S. 246. 3) Schloſſers Vorſchlag und Verſuch einer Verbeſſerung des Deutſchen bürgerlichen Rechts ꝛc. Leipzig 1777. 8. — Schloſſers Briefe S. 46. 342. in welcher letzten Stelle er ſogar Weſtphals Schriften als ſehr brauchbar für dieſen Zweck rühmt. 4) In Hugos civiliſt. Magazin B. 1. N. 6. (1790).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/103>, abgerufen am 03.05.2024.