Lichtesglantz: anderseits zupfte ihn die unver- schämte stinckende Geilheit, blinckete mit hurischen Blicken, und lächelte ihn an in ihrer bezaubernden Schmincke; sie brachte ihm die eingeschluckte fleischliche Ergötzungen wider ins Gedächtniß, und fragte ihn gleichsam, ob er sich wohl getraue, sie vor ein und allemal aufgeben zu können, und sich kein einigesmal mehr ihrer Aufwartung zu be- dienen? Sie begehrte nur ein Jahr, einen Monat oder wenigstens nur eine Wochefrist, ehe er sie völ- lig beurlaubte; sie wolte ihn denn und denn zu- frieden lassen; die Zeit zur Busse sey ja noch nicht zum Ende; ihre unflätige Betastungen übertref- fen ja alle andere Vergnügungen; sie wisse, er werde es nicht aushalten können derselben zu ent- behren; es seyen viele vornehme und gemeine, die von keinem andern Vergnügen wissen etc. Auf die- se weise wurde seine Seele geschleudert und zer- martert, und er lernete aus eigener Erfahrung, wie wenig frey der Wille seye, und daß GOttes Sohn allein den Willen des Menschen von der Sünde zum Willen GOttes wenden und frey ma- chen könne etc. Er ward mithin zu einer rechten Don- nerkeule in Christi Hand, die pelagianische Ketze- rey niederzuschlagen.
Er warf sich auf die Erde, er bat, er weinete und heulete um Erlösung von der Unkeuschkeit. Der Mund sagte: gerade jetzt, ja, heute! das Hertz aber besorgte, JEsus möchte ihn beym Wort neh- men, und wiedersprach dem Gebet; wünschete, daß die Erlösung eben nicht so bald geschehe. Dis ja und nein währete so lange biß eine Stimme aus dem Himmel zu ihm kam und sprach: tolle, lege,hebe auf und lis! er hub das Testament, so neben ihm auf dem Boden lag auf, und beym aufschlagen
leuch-
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C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit.
Lichtesglantz: anderſeits zupfte ihn die unver- ſchaͤmte ſtinckende Geilheit, blinckete mit huriſchen Blicken, und laͤchelte ihn an in ihrer bezaubernden Schmincke; ſie brachte ihm die eingeſchluckte fleiſchliche Ergoͤtzungen wider ins Gedaͤchtniß, und fragte ihn gleichſam, ob er ſich wohl getraue, ſie vor ein und allemal aufgeben zu koͤnnen, und ſich kein einigesmal mehr ihrer Aufwartung zu be- dienen? Sie begehrte nur ein Jahr, einen Monat oder wenigſtens nur eine Wochefriſt, ehe er ſie voͤl- lig beurlaubte; ſie wolte ihn denn und denn zu- frieden laſſen; die Zeit zur Buſſe ſey ja noch nicht zum Ende; ihre unflaͤtige Betaſtungen uͤbertref- fen ja alle andere Vergnuͤgungen; ſie wiſſe, er werde es nicht aushalten koͤnnen derſelben zu ent- behren; es ſeyen viele vornehme und gemeine, die von keinem andern Vergnuͤgen wiſſen ꝛc. Auf die- ſe weiſe wurde ſeine Seele geſchleudert und zer- martert, und er lernete aus eigener Erfahrung, wie wenig frey der Wille ſeye, und daß GOttes Sohn allein den Willen des Menſchen von der Suͤnde zum Willen GOttes wenden und frey ma- chen koͤnne ꝛc. Er ward mithin zu einer rechten Don- nerkeule in Chriſti Hand, die pelagianiſche Ketze- rey niederzuſchlagen.
Er warf ſich auf die Erde, er bat, er weinete und heulete um Erloͤſung von der Unkeuſchkeit. Der Mund ſagte: gerade jetzt, ja, heute! das Hertz aber beſorgte, JEſus moͤchte ihn beym Wort neh- men, und wiederſprach dem Gebet; wuͤnſchete, daß die Erloͤſung eben nicht ſo bald geſchehe. Dis ja und nein waͤhrete ſo lange biß eine Stimme aus dem Himmel zu ihm kam und ſprach: tolle, lege,hebe auf und lis! er hub das Teſtament, ſo neben ihm auf dem Boden lag auf, und beym aufſchlagen
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C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit.
Lichtesglantz: anderſeits zupfte ihn die unver-
ſchaͤmte ſtinckende Geilheit, blinckete mit huriſchen
Blicken, und laͤchelte ihn an in ihrer bezaubernden
Schmincke; ſie brachte ihm die eingeſchluckte
fleiſchliche Ergoͤtzungen wider ins Gedaͤchtniß,
und fragte ihn gleichſam, ob er ſich wohl getraue,
ſie vor ein und allemal aufgeben zu koͤnnen, und
ſich kein einigesmal mehr ihrer Aufwartung zu be-
dienen? Sie begehrte nur ein Jahr, einen Monat
oder wenigſtens nur eine Wochefriſt, ehe er ſie voͤl-
lig beurlaubte; ſie wolte ihn denn und denn zu-
frieden laſſen; die Zeit zur Buſſe ſey ja noch nicht
zum Ende; ihre unflaͤtige Betaſtungen uͤbertref-
fen ja alle andere Vergnuͤgungen; ſie wiſſe, er
werde es nicht aushalten koͤnnen derſelben zu ent-
behren; es ſeyen viele vornehme und gemeine, die
von keinem andern Vergnuͤgen wiſſen ꝛc. Auf die-
ſe weiſe wurde ſeine Seele geſchleudert und zer-
martert, und er lernete aus eigener Erfahrung,
wie wenig frey der Wille ſeye, und daß GOttes
Sohn allein den Willen des Menſchen von der
Suͤnde zum Willen GOttes wenden und frey ma-
chen koͤnne ꝛc. Er ward mithin zu einer rechten Don-
nerkeule in Chriſti Hand, die pelagianiſche Ketze-
rey niederzuſchlagen.
Er warf ſich auf die Erde, er bat, er weinete
und heulete um Erloͤſung von der Unkeuſchkeit.
Der Mund ſagte: gerade jetzt, ja, heute! das Hertz
aber beſorgte, JEſus moͤchte ihn beym Wort neh-
men, und wiederſprach dem Gebet; wuͤnſchete, daß
die Erloͤſung eben nicht ſo bald geſchehe. Dis ja und
nein waͤhrete ſo lange biß eine Stimme aus dem
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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 707. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/727>, abgerufen am 22.11.2024.
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