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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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(II. Th.) Theologische Betrachtung
§. 29.

Fleischliche Lüste werden Jebusiter genen-
net, weil sie den Schweinen gleichen, die wie JEsus
sagt, die hochedlen Perlen (das Leben des Sohnes
GOttes in sich) mit den Füssen zertreten, gebe was
vor geistliche und leibliche Wohlthaten, Vorbitten bey
GOtt, treugemeinte Warnungen, Erinnerungen und
dergleichen ans Hertz treffen. Das alles wird entweder
grimmig oder unachtsam unter die Füsse geworfen
und mit dem Mist des fleischlichen Sinnes vermen-
get, also, daß der ohnedem verfinsterte Verstand und
das vom Satan bezauberte Seelenauge keinen Glantz
der ziehenden, warnenden und züchtigenden Güte,
Geduld und Langmuth GOttes an diesen kostbaren
Perlen mercken kann, sondern in der wilden Fleisches-
wuth alles verachtet. Wenn gleich Himmel und Höl-
le, Leben und Tod, GOtt und Teufel vor der See-
le stünden: so suchte sie deß alles ohnerachtet, dennoch
ihre wütende Lust zu büssen, und solte sie gleich dar-
auf in den Rachen des Abgrunds fahren, ja sie ist
in der Bitterkeit gegen alle Hinderer und Abmahner
von solcher seelenverderblichen Fleischeslust so er-
bost, daß sie selbige alle in Stücke zerreissen möchte,
Matth. 7

§. 30.

Unkeuschheit ist der Besessene mit der Legi-
on, der durch die Fessel der Gebote, und durch die
Ketten der Erinnerungen, Abmahnungen, und War-
nungen nur grimmiger wird, ja alles zerbricht und zer-
schmettert. Das allerheiligste Gesetz des allerhöchsten
Herrn selbst reitzet ihn leider oft, und veranlasset das
schnöde Hertz selbst zu unkeuschen Gedancken, also daß
die Lust vom Verbot nur erregt und wütiger wird,
wie der Kalck und der Schmiede ihr Kohlfeuer vom
Wasser nur siedender wird- und desto mehr spritzelt
und Funcken von sich wirft. Die klare Himmels-
sonne selbst verursachet einen aufsteigenden Gestanck
von unkeuschen Seelen, die ihre Lust in den Grä-
bern der unflätigen Historien und wüsten Geschichte
finden, von Leuten, die ehmals todt waren in Sünden

und
(II. Th.) Theologiſche Betrachtung
§. 29.

Fleiſchliche Luͤſte werden Jebuſiter genen-
net, weil ſie den Schweinen gleichen, die wie JEſus
ſagt, die hochedlen Perlen (das Leben des Sohnes
GOttes in ſich) mit den Fuͤſſen zertreten, gebe was
vor geiſtliche und leibliche Wohlthaten, Vorbitten bey
GOtt, treugemeinte Warnungen, Erinnerungen und
dergleichen ans Hertz treffen. Das alles wird entweder
grimmig oder unachtſam unter die Fuͤſſe geworfen
und mit dem Miſt des fleiſchlichen Sinnes vermen-
get, alſo, daß der ohnedem verfinſterte Verſtand und
das vom Satan bezauberte Seelenauge keinen Glantz
der ziehenden, warnenden und zuͤchtigenden Guͤte,
Geduld und Langmuth GOttes an dieſen koſtbaren
Perlen mercken kann, ſondern in der wilden Fleiſches-
wuth alles verachtet. Wenn gleich Himmel und Hoͤl-
le, Leben und Tod, GOtt und Teufel vor der See-
le ſtuͤnden: ſo ſuchte ſie deß alles ohnerachtet, dennoch
ihre wuͤtende Luſt zu buͤſſen, und ſolte ſie gleich dar-
auf in den Rachen des Abgrunds fahren, ja ſie iſt
in der Bitterkeit gegen alle Hinderer und Abmahner
von ſolcher ſeelenverderblichen Fleiſchesluſt ſo er-
boſt, daß ſie ſelbige alle in Stuͤcke zerreiſſen moͤchte,
Matth. 7

§. 30.

Unkeuſchheit iſt der Beſeſſene mit der Legi-
on, der durch die Feſſel der Gebote, und durch die
Ketten der Erinnerungen, Abmahnungen, und War-
nungen nur grimmiger wird, ja alles zerbricht und zer-
ſchmettert. Das allerheiligſte Geſetz des allerhoͤchſten
Herrn ſelbſt reitzet ihn leider oft, und veranlaſſet das
ſchnoͤde Hertz ſelbſt zu unkeuſchen Gedancken, alſo daß
die Luſt vom Verbot nur erregt und wuͤtiger wird,
wie der Kalck und der Schmiede ihr Kohlfeuer vom
Waſſer nur ſiedender wird- und deſto mehr ſpritzelt
und Funcken von ſich wirft. Die klare Himmels-
ſonne ſelbſt verurſachet einen aufſteigenden Geſtanck
von unkeuſchen Seelen, die ihre Luſt in den Graͤ-
bern der unflaͤtigen Hiſtorien und wuͤſten Geſchichte
finden, von Leuten, die ehmals todt waren in Suͤnden

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[318/0338] (II. Th.) Theologiſche Betrachtung §. 29.Fleiſchliche Luͤſte werden Jebuſiter genen- net, weil ſie den Schweinen gleichen, die wie JEſus ſagt, die hochedlen Perlen (das Leben des Sohnes GOttes in ſich) mit den Fuͤſſen zertreten, gebe was vor geiſtliche und leibliche Wohlthaten, Vorbitten bey GOtt, treugemeinte Warnungen, Erinnerungen und dergleichen ans Hertz treffen. Das alles wird entweder grimmig oder unachtſam unter die Fuͤſſe geworfen und mit dem Miſt des fleiſchlichen Sinnes vermen- get, alſo, daß der ohnedem verfinſterte Verſtand und das vom Satan bezauberte Seelenauge keinen Glantz der ziehenden, warnenden und zuͤchtigenden Guͤte, Geduld und Langmuth GOttes an dieſen koſtbaren Perlen mercken kann, ſondern in der wilden Fleiſches- wuth alles verachtet. Wenn gleich Himmel und Hoͤl- le, Leben und Tod, GOtt und Teufel vor der See- le ſtuͤnden: ſo ſuchte ſie deß alles ohnerachtet, dennoch ihre wuͤtende Luſt zu buͤſſen, und ſolte ſie gleich dar- auf in den Rachen des Abgrunds fahren, ja ſie iſt in der Bitterkeit gegen alle Hinderer und Abmahner von ſolcher ſeelenverderblichen Fleiſchesluſt ſo er- boſt, daß ſie ſelbige alle in Stuͤcke zerreiſſen moͤchte, Matth. 7 §. 30.Unkeuſchheit iſt der Beſeſſene mit der Legi- on, der durch die Feſſel der Gebote, und durch die Ketten der Erinnerungen, Abmahnungen, und War- nungen nur grimmiger wird, ja alles zerbricht und zer- ſchmettert. Das allerheiligſte Geſetz des allerhoͤchſten Herrn ſelbſt reitzet ihn leider oft, und veranlaſſet das ſchnoͤde Hertz ſelbſt zu unkeuſchen Gedancken, alſo daß die Luſt vom Verbot nur erregt und wuͤtiger wird, wie der Kalck und der Schmiede ihr Kohlfeuer vom Waſſer nur ſiedender wird- und deſto mehr ſpritzelt und Funcken von ſich wirft. Die klare Himmels- ſonne ſelbſt verurſachet einen aufſteigenden Geſtanck von unkeuſchen Seelen, die ihre Luſt in den Graͤ- bern der unflaͤtigen Hiſtorien und wuͤſten Geſchichte finden, von Leuten, die ehmals todt waren in Suͤnden und

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/338>, abgerufen am 18.05.2024.