Fleischliche Lüste werden Jebusiter genen- net, weil sie den Schweinen gleichen, die wie JEsus sagt, die hochedlen Perlen (das Leben des Sohnes GOttes in sich) mit den Füssen zertreten, gebe was vor geistliche und leibliche Wohlthaten, Vorbitten bey GOtt, treugemeinte Warnungen, Erinnerungen und dergleichen ans Hertz treffen. Das alles wird entweder grimmig oder unachtsam unter die Füsse geworfen und mit dem Mist des fleischlichen Sinnes vermen- get, also, daß der ohnedem verfinsterte Verstand und das vom Satan bezauberte Seelenauge keinen Glantz der ziehenden, warnenden und züchtigenden Güte, Geduld und Langmuth GOttes an diesen kostbaren Perlen mercken kann, sondern in der wilden Fleisches- wuth alles verachtet. Wenn gleich Himmel und Höl- le, Leben und Tod, GOtt und Teufel vor der See- le stünden: so suchte sie deß alles ohnerachtet, dennoch ihre wütende Lust zu büssen, und solte sie gleich dar- auf in den Rachen des Abgrunds fahren, ja sie ist in der Bitterkeit gegen alle Hinderer und Abmahner von solcher seelenverderblichen Fleischeslust so er- bost, daß sie selbige alle in Stücke zerreissen möchte, Matth. 7
§. 30.
Unkeuschheit ist der Besessene mit der Legi- on, der durch die Fessel der Gebote, und durch die Ketten der Erinnerungen, Abmahnungen, und War- nungen nur grimmiger wird, ja alles zerbricht und zer- schmettert. Das allerheiligste Gesetz des allerhöchsten Herrn selbst reitzet ihn leider oft, und veranlasset das schnöde Hertz selbst zu unkeuschen Gedancken, also daß die Lust vom Verbot nur erregt und wütiger wird, wie der Kalck und der Schmiede ihr Kohlfeuer vom Wasser nur siedender wird- und desto mehr spritzelt und Funcken von sich wirft. Die klare Himmels- sonne selbst verursachet einen aufsteigenden Gestanck von unkeuschen Seelen, die ihre Lust in den Grä- bern der unflätigen Historien und wüsten Geschichte finden, von Leuten, die ehmals todt waren in Sünden
und
(II. Th.) Theologiſche Betrachtung
§. 29.
Fleiſchliche Luͤſte werden Jebuſiter genen- net, weil ſie den Schweinen gleichen, die wie JEſus ſagt, die hochedlen Perlen (das Leben des Sohnes GOttes in ſich) mit den Fuͤſſen zertreten, gebe was vor geiſtliche und leibliche Wohlthaten, Vorbitten bey GOtt, treugemeinte Warnungen, Erinnerungen und dergleichen ans Hertz treffen. Das alles wird entweder grimmig oder unachtſam unter die Fuͤſſe geworfen und mit dem Miſt des fleiſchlichen Sinnes vermen- get, alſo, daß der ohnedem verfinſterte Verſtand und das vom Satan bezauberte Seelenauge keinen Glantz der ziehenden, warnenden und zuͤchtigenden Guͤte, Geduld und Langmuth GOttes an dieſen koſtbaren Perlen mercken kann, ſondern in der wilden Fleiſches- wuth alles verachtet. Wenn gleich Himmel und Hoͤl- le, Leben und Tod, GOtt und Teufel vor der See- le ſtuͤnden: ſo ſuchte ſie deß alles ohnerachtet, dennoch ihre wuͤtende Luſt zu buͤſſen, und ſolte ſie gleich dar- auf in den Rachen des Abgrunds fahren, ja ſie iſt in der Bitterkeit gegen alle Hinderer und Abmahner von ſolcher ſeelenverderblichen Fleiſchesluſt ſo er- boſt, daß ſie ſelbige alle in Stuͤcke zerreiſſen moͤchte, Matth. 7
§. 30.
Unkeuſchheit iſt der Beſeſſene mit der Legi- on, der durch die Feſſel der Gebote, und durch die Ketten der Erinnerungen, Abmahnungen, und War- nungen nur grimmiger wird, ja alles zerbricht und zer- ſchmettert. Das allerheiligſte Geſetz des allerhoͤchſten Herrn ſelbſt reitzet ihn leider oft, und veranlaſſet das ſchnoͤde Hertz ſelbſt zu unkeuſchen Gedancken, alſo daß die Luſt vom Verbot nur erregt und wuͤtiger wird, wie der Kalck und der Schmiede ihr Kohlfeuer vom Waſſer nur ſiedender wird- und deſto mehr ſpritzelt und Funcken von ſich wirft. Die klare Himmels- ſonne ſelbſt verurſachet einen aufſteigenden Geſtanck von unkeuſchen Seelen, die ihre Luſt in den Graͤ- bern der unflaͤtigen Hiſtorien und wuͤſten Geſchichte finden, von Leuten, die ehmals todt waren in Suͤnden
und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0338"n="318"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">II.</hi> Th.) <hirendition="#b">Theologiſche Betrachtung</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 29.</head><p>Fleiſchliche Luͤſte werden Jebuſiter genen-<lb/>
net, weil ſie den Schweinen gleichen, die wie JEſus<lb/>ſagt, die hochedlen Perlen (das Leben des Sohnes<lb/>
GOttes in ſich) mit den Fuͤſſen zertreten, gebe was<lb/>
vor geiſtliche und leibliche Wohlthaten, Vorbitten bey<lb/>
GOtt, treugemeinte Warnungen, Erinnerungen und<lb/>
dergleichen ans Hertz treffen. Das alles wird entweder<lb/>
grimmig oder unachtſam unter die Fuͤſſe geworfen<lb/>
und mit dem Miſt des fleiſchlichen Sinnes vermen-<lb/>
get, alſo, daß der ohnedem verfinſterte Verſtand und<lb/>
das vom Satan bezauberte Seelenauge keinen Glantz<lb/>
der ziehenden, warnenden und zuͤchtigenden Guͤte,<lb/>
Geduld und Langmuth GOttes an dieſen koſtbaren<lb/>
Perlen mercken kann, ſondern in der wilden Fleiſches-<lb/>
wuth alles verachtet. Wenn gleich Himmel und Hoͤl-<lb/>
le, Leben und Tod, GOtt und Teufel vor der See-<lb/>
le ſtuͤnden: ſo ſuchte ſie deß alles ohnerachtet, dennoch<lb/>
ihre wuͤtende Luſt zu buͤſſen, und ſolte ſie gleich dar-<lb/>
auf in den Rachen des Abgrunds fahren, ja ſie iſt<lb/>
in der Bitterkeit gegen alle Hinderer und Abmahner<lb/>
von ſolcher ſeelenverderblichen Fleiſchesluſt ſo er-<lb/>
boſt, daß ſie ſelbige alle in Stuͤcke zerreiſſen moͤchte,<lb/>
Matth. 7</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 30.</head><p>Unkeuſchheit iſt der Beſeſſene mit der Legi-<lb/>
on, der durch die Feſſel der Gebote, und durch die<lb/>
Ketten der Erinnerungen, Abmahnungen, und War-<lb/>
nungen nur grimmiger wird, ja alles zerbricht und zer-<lb/>ſchmettert. Das allerheiligſte Geſetz des allerhoͤchſten<lb/>
Herrn ſelbſt reitzet ihn leider oft, und veranlaſſet das<lb/>ſchnoͤde Hertz ſelbſt zu unkeuſchen Gedancken, alſo daß<lb/>
die Luſt vom Verbot nur erregt und wuͤtiger wird,<lb/>
wie der Kalck und der Schmiede ihr Kohlfeuer vom<lb/>
Waſſer nur ſiedender wird- und deſto mehr ſpritzelt<lb/>
und Funcken von ſich wirft. Die klare Himmels-<lb/>ſonne ſelbſt verurſachet einen aufſteigenden Geſtanck<lb/>
von unkeuſchen Seelen, die ihre Luſt in den Graͤ-<lb/>
bern der unflaͤtigen Hiſtorien und wuͤſten Geſchichte<lb/>
finden, von Leuten, die ehmals todt waren in Suͤnden<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[318/0338]
(II. Th.) Theologiſche Betrachtung
§. 29.Fleiſchliche Luͤſte werden Jebuſiter genen-
net, weil ſie den Schweinen gleichen, die wie JEſus
ſagt, die hochedlen Perlen (das Leben des Sohnes
GOttes in ſich) mit den Fuͤſſen zertreten, gebe was
vor geiſtliche und leibliche Wohlthaten, Vorbitten bey
GOtt, treugemeinte Warnungen, Erinnerungen und
dergleichen ans Hertz treffen. Das alles wird entweder
grimmig oder unachtſam unter die Fuͤſſe geworfen
und mit dem Miſt des fleiſchlichen Sinnes vermen-
get, alſo, daß der ohnedem verfinſterte Verſtand und
das vom Satan bezauberte Seelenauge keinen Glantz
der ziehenden, warnenden und zuͤchtigenden Guͤte,
Geduld und Langmuth GOttes an dieſen koſtbaren
Perlen mercken kann, ſondern in der wilden Fleiſches-
wuth alles verachtet. Wenn gleich Himmel und Hoͤl-
le, Leben und Tod, GOtt und Teufel vor der See-
le ſtuͤnden: ſo ſuchte ſie deß alles ohnerachtet, dennoch
ihre wuͤtende Luſt zu buͤſſen, und ſolte ſie gleich dar-
auf in den Rachen des Abgrunds fahren, ja ſie iſt
in der Bitterkeit gegen alle Hinderer und Abmahner
von ſolcher ſeelenverderblichen Fleiſchesluſt ſo er-
boſt, daß ſie ſelbige alle in Stuͤcke zerreiſſen moͤchte,
Matth. 7
§. 30.Unkeuſchheit iſt der Beſeſſene mit der Legi-
on, der durch die Feſſel der Gebote, und durch die
Ketten der Erinnerungen, Abmahnungen, und War-
nungen nur grimmiger wird, ja alles zerbricht und zer-
ſchmettert. Das allerheiligſte Geſetz des allerhoͤchſten
Herrn ſelbſt reitzet ihn leider oft, und veranlaſſet das
ſchnoͤde Hertz ſelbſt zu unkeuſchen Gedancken, alſo daß
die Luſt vom Verbot nur erregt und wuͤtiger wird,
wie der Kalck und der Schmiede ihr Kohlfeuer vom
Waſſer nur ſiedender wird- und deſto mehr ſpritzelt
und Funcken von ſich wirft. Die klare Himmels-
ſonne ſelbſt verurſachet einen aufſteigenden Geſtanck
von unkeuſchen Seelen, die ihre Luſt in den Graͤ-
bern der unflaͤtigen Hiſtorien und wuͤſten Geſchichte
finden, von Leuten, die ehmals todt waren in Suͤnden
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/338>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.