himmlische Süßigkeiten empfinden, und in die Klarheit des Paradieses entzückt werden, ja JEsu Schönheit im Glauben erblicken solte; könte sie auch auf die allerlieblichste Weise in die ewige Einigkeit der selbstständigen Weisheit hinein gelocket werden, und bey so seligen Augenblicken eben nichts von der Flei- scheslust fühlen, sondern wol, aus Begierde GOttes Eigenthum und Braut zu seyn in viel heisse Thränen zerschmeltzen: so finckt sie dennoch wieder in ihre vo- rige Pfützen, wofern die Unkeuschheit bey diesem allem nicht gäntzlich mit Stumpf und Stiel ausgerottet wird. Wie eine Ente wol etwa hoch flieget, aber bald darauf wieder ins Wasser fället: so kann ein Unkeuscher wol auch hochsinnige Betrachtungen über geistliche Sachen anstellen: Aber Unkeuschheit kann dennoch sein anziehen- des Element nach wie vor verbleiben.
§. 26.
So lang die Unsauberkeit und Wust der Bosheit nicht ausgeworfen wird, so lang kan auch kein seligmachendes Wort der Wahrheit tief wurtzeln, Jac. 1, 21. noch weniger Frucht ins Himmelreich tra- gen, Marc 4, 19. An den himmlischen Wandel im Licht, und steten Umgang mit GOtt im Gebet, ist da gar nicht zu gedencken; denn der heilige Geist will ei- ne ledige und aufgeräumte Stätte haben, da wenigstens der Wille von aller Unkeuschheit abgewandt sey, und bey allen Bestürmungen redlich streite, um nicht dem Fleisch, sondern dem heiligen Geiste Beyfall zu geben. Wo das nicht ist, da fliehet der heilige Geist von einer solchen verrätherischen, wiederspenstigen, und die stinckende Unkeuschheit nicht hinaus werfenden Seele; er wohnet auch nicht in einem Leibe, der dieser Sünde unterworfen ist. Unkeusche Gedancken vertreiben die- sen höchsten Hort der Seelen, den erbarmendgnädi- gen Tröster, den Schatz des Himmelreichs, die eini- ge Wonne und gläntzende Crone aller seligen und hei- ligen Engel.
§. 27.
GOtt hat ein Himmelreich auf Erden, darinnen ist JEsus ein heiliger König, eine ewige Ge-
rech-
(II. Th.) Theologiſche Betrachtung
himmliſche Suͤßigkeiten empfinden, und in die Klarheit des Paradieſes entzuͤckt werden, ja JEſu Schoͤnheit im Glauben erblicken ſolte; koͤnte ſie auch auf die allerlieblichſte Weiſe in die ewige Einigkeit der ſelbſtſtaͤndigen Weisheit hinein gelocket werden, und bey ſo ſeligen Augenblicken eben nichts von der Flei- ſchesluſt fuͤhlen, ſondern wol, aus Begierde GOttes Eigenthum und Braut zu ſeyn in viel heiſſe Thraͤnen zerſchmeltzen: ſo finckt ſie dennoch wieder in ihre vo- rige Pfuͤtzen, wofern die Unkeuſchheit bey dieſem allem nicht gaͤntzlich mit Stumpf und Stiel ausgerottet wird. Wie eine Ente wol etwa hoch flieget, aber bald darauf wieder ins Waſſer faͤllet: ſo kann ein Unkeuſcher wol auch hochſinnige Betrachtungen uͤber geiſtliche Sachen anſtellen: Aber Unkeuſchheit kann dennoch ſein anziehen- des Element nach wie vor verbleiben.
§. 26.
So lang die Unſauberkeit und Wuſt der Bosheit nicht ausgeworfen wird, ſo lang kan auch kein ſeligmachendes Wort der Wahrheit tief wurtzeln, Jac. 1, 21. noch weniger Frucht ins Himmelreich tra- gen, Marc 4, 19. An den himmliſchen Wandel im Licht, und ſteten Umgang mit GOtt im Gebet, iſt da gar nicht zu gedencken; denn der heilige Geiſt will ei- ne ledige und aufgeraͤumte Staͤtte haben, da wenigſtens der Wille von aller Unkeuſchheit abgewandt ſey, und bey allen Beſtuͤrmungen redlich ſtreite, um nicht dem Fleiſch, ſondern dem heiligen Geiſte Beyfall zu geben. Wo das nicht iſt, da fliehet der heilige Geiſt von einer ſolchen verraͤtheriſchen, wiederſpenſtigen, und die ſtinckende Unkeuſchheit nicht hinaus werfenden Seele; er wohnet auch nicht in einem Leibe, der dieſer Suͤnde unterworfen iſt. Unkeuſche Gedancken vertreiben die- ſen hoͤchſten Hort der Seelen, den erbarmendgnaͤdi- gen Troͤſter, den Schatz des Himmelreichs, die eini- ge Wonne und glaͤntzende Crone aller ſeligen und hei- ligen Engel.
§. 27.
GOtt hat ein Himmelreich auf Erden, darinnen iſt JEſus ein heiliger Koͤnig, eine ewige Ge-
rech-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0334"n="314"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">II.</hi> Th.) <hirendition="#b">Theologiſche Betrachtung</hi></fw><lb/>
himmliſche Suͤßigkeiten empfinden, und in die<lb/>
Klarheit des Paradieſes entzuͤckt werden, ja JEſu<lb/>
Schoͤnheit im Glauben erblicken ſolte; koͤnte ſie auch<lb/>
auf die allerlieblichſte Weiſe in die ewige Einigkeit der<lb/>ſelbſtſtaͤndigen Weisheit hinein gelocket werden, und<lb/>
bey ſo ſeligen Augenblicken eben nichts von der Flei-<lb/>ſchesluſt fuͤhlen, ſondern wol, aus Begierde GOttes<lb/>
Eigenthum und Braut zu ſeyn in viel heiſſe Thraͤnen<lb/>
zerſchmeltzen: ſo finckt ſie dennoch wieder in ihre vo-<lb/>
rige Pfuͤtzen, wofern die Unkeuſchheit bey dieſem allem<lb/>
nicht gaͤntzlich mit Stumpf und Stiel ausgerottet wird.<lb/>
Wie eine Ente wol etwa hoch flieget, aber bald darauf<lb/>
wieder ins Waſſer faͤllet: ſo kann ein Unkeuſcher wol<lb/>
auch hochſinnige Betrachtungen uͤber geiſtliche Sachen<lb/>
anſtellen: Aber Unkeuſchheit kann dennoch ſein anziehen-<lb/>
des Element nach wie vor verbleiben.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 26.</head><p>So lang die Unſauberkeit und Wuſt<lb/>
der Bosheit nicht ausgeworfen wird, ſo lang kan auch<lb/>
kein ſeligmachendes Wort der Wahrheit tief wurtzeln,<lb/>
Jac. 1, 21. noch weniger Frucht ins Himmelreich tra-<lb/>
gen, Marc 4, 19. An den himmliſchen Wandel im<lb/>
Licht, und ſteten Umgang mit GOtt im Gebet, iſt da<lb/>
gar nicht zu gedencken; denn der heilige Geiſt will ei-<lb/>
ne ledige und aufgeraͤumte Staͤtte haben, da wenigſtens<lb/>
der Wille von aller Unkeuſchheit abgewandt ſey, und bey<lb/>
allen Beſtuͤrmungen redlich ſtreite, um nicht dem Fleiſch,<lb/>ſondern dem heiligen Geiſte Beyfall zu geben. Wo<lb/>
das nicht iſt, da fliehet der heilige Geiſt von einer<lb/>ſolchen verraͤtheriſchen, wiederſpenſtigen, und die<lb/>ſtinckende Unkeuſchheit nicht hinaus werfenden Seele;<lb/>
er wohnet auch nicht in einem Leibe, der dieſer Suͤnde<lb/>
unterworfen iſt. Unkeuſche Gedancken vertreiben die-<lb/>ſen hoͤchſten Hort der Seelen, den erbarmendgnaͤdi-<lb/>
gen Troͤſter, den Schatz des Himmelreichs, die eini-<lb/>
ge Wonne und glaͤntzende Crone aller ſeligen und hei-<lb/>
ligen Engel.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 27.</head><p>GOtt hat ein Himmelreich auf Erden,<lb/>
darinnen iſt JEſus ein heiliger Koͤnig, eine ewige Ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">rech-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[314/0334]
(II. Th.) Theologiſche Betrachtung
himmliſche Suͤßigkeiten empfinden, und in die
Klarheit des Paradieſes entzuͤckt werden, ja JEſu
Schoͤnheit im Glauben erblicken ſolte; koͤnte ſie auch
auf die allerlieblichſte Weiſe in die ewige Einigkeit der
ſelbſtſtaͤndigen Weisheit hinein gelocket werden, und
bey ſo ſeligen Augenblicken eben nichts von der Flei-
ſchesluſt fuͤhlen, ſondern wol, aus Begierde GOttes
Eigenthum und Braut zu ſeyn in viel heiſſe Thraͤnen
zerſchmeltzen: ſo finckt ſie dennoch wieder in ihre vo-
rige Pfuͤtzen, wofern die Unkeuſchheit bey dieſem allem
nicht gaͤntzlich mit Stumpf und Stiel ausgerottet wird.
Wie eine Ente wol etwa hoch flieget, aber bald darauf
wieder ins Waſſer faͤllet: ſo kann ein Unkeuſcher wol
auch hochſinnige Betrachtungen uͤber geiſtliche Sachen
anſtellen: Aber Unkeuſchheit kann dennoch ſein anziehen-
des Element nach wie vor verbleiben.
§. 26.So lang die Unſauberkeit und Wuſt
der Bosheit nicht ausgeworfen wird, ſo lang kan auch
kein ſeligmachendes Wort der Wahrheit tief wurtzeln,
Jac. 1, 21. noch weniger Frucht ins Himmelreich tra-
gen, Marc 4, 19. An den himmliſchen Wandel im
Licht, und ſteten Umgang mit GOtt im Gebet, iſt da
gar nicht zu gedencken; denn der heilige Geiſt will ei-
ne ledige und aufgeraͤumte Staͤtte haben, da wenigſtens
der Wille von aller Unkeuſchheit abgewandt ſey, und bey
allen Beſtuͤrmungen redlich ſtreite, um nicht dem Fleiſch,
ſondern dem heiligen Geiſte Beyfall zu geben. Wo
das nicht iſt, da fliehet der heilige Geiſt von einer
ſolchen verraͤtheriſchen, wiederſpenſtigen, und die
ſtinckende Unkeuſchheit nicht hinaus werfenden Seele;
er wohnet auch nicht in einem Leibe, der dieſer Suͤnde
unterworfen iſt. Unkeuſche Gedancken vertreiben die-
ſen hoͤchſten Hort der Seelen, den erbarmendgnaͤdi-
gen Troͤſter, den Schatz des Himmelreichs, die eini-
ge Wonne und glaͤntzende Crone aller ſeligen und hei-
ligen Engel.
§. 27.GOtt hat ein Himmelreich auf Erden,
darinnen iſt JEſus ein heiliger Koͤnig, eine ewige Ge-
rech-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/334>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.