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Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680.

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Mercks Wienn.
hinaus hangten/ wie die verblandirte Haar-Zirathen gezeit
wurden/ und weil die Todten-Cörper durch besondere Leut/
welche man die Siehknecht nennte/ musten aus den Kam-
mern gezogen werden/ also hat gar offt solches gewissenlose Lu-
der-Gesind alle gegenwärtige kostbare Kleidungen entzuckt/
und ist die Seiden schon so gemein worden/ daß mancher sol-
cher Troßbub die Chatarrische Nasen an den Taffet gewischt.
Es ist zwar nicht zu laugnen/ daß nicht solche tödtliche Seuch
ohne allen Unterscheid habe grassirt/ so hat doch aber meh-
risten Theil dieses Ubel das Weibliche Geschlecht verfolgt/
aus Ursachen/ weil selbiges der Forcht und übermässigen Ein-
bildungen mehr unterworffen/ dann ja keinem verborgen ist/
was Wundersachen die grosse Einbildungen ausbrüten. Der
Heil. Damaseenus bezeuget/ daß zu seiner Zeit eine Frau seye
glücklich genesen und Kindes-Mutter worden/ das Kind
aber ware am gantzen Leib gantz haaricht und zottet/ als ha-
be ihm der Esau sein rauche Haut geliehen/ ist aber solches
von nichts anders herkommen/ als daß die Mutter die Bild-
nus deß Heil. Joannis mit einer Cameelhaut bekleidter in der
Schlaff-Kammer gehabt/ dessen öffteres Anschauen ihr solche
Einbildung verursachet.

Sebast. Münsterus lib. 3. suae Cosinogr. schreibt/ als
unweit von der Churfürstlichen Stadt Maintz einsmals zwey
Weiber auf der Gassen miteinander redeten/ und weiß nicht
was für Kuchl-Discurs und Pfannen-Rathschläg führeten/
ein andere Muthwillige unvermerckt hinzu geschlichen/ und
deren beede Köpff zusammen gestossen/ weil nun eine aus
diesen groß Leibs ware/ und nicht lang hernach niederkom-
men/ hat sie zwey Mägdlein geboren/ deren beede Köpffe
bis auf die Nasen aneinander gewachsen/ und haben solche
in das zehende Jahr gelebt/ was nicht der Schröcken thut!
Cornel. Gemma. lib. 1. Cosmog. betheuret/ wie daß in
Niederland sich habe ein Frau bey einer Gesellschafft eingefun-
den/ und als die Red gangen von ihren groß-schwangern
Leib/ habe sie gemeldt/ wie daß ihre Rechnung aus seye
auf das Fest der Heiligen drey König/ welches alle bewegt/
daß sie überlaut gewuntschen/ sie möchte mit drey König
erfreuet werden/ darauf sie mit lachendem Mund wider-
setzt: Ey GOTT gebs! und weil ihr nachgehends diese
Wort ziemlich in der Gedächtnus haffteten/ und sie zu be-

nannter

Mercks Wienn.
hinaus hangten/ wie die verblandirte Haar-Zirathen gezeit
wurden/ und weil die Todten-Coͤrper durch beſondere Leut/
welche man die Siehknecht nennte/ muſten aus den Kam-
mern gezogen werden/ alſo hat gar offt ſolches gewiſſenloſe Lu-
der-Geſind alle gegenwaͤrtige koſtbare Kleidungen entzuckt/
und iſt die Seiden ſchon ſo gemein worden/ daß mancher ſol-
cher Troßbub die Chatarriſche Naſen an den Taffet gewiſcht.
Es iſt zwar nicht zu laugnen/ daß nicht ſolche toͤdtliche Seuch
ohne allen Unterſcheid habe graſſirt/ ſo hat doch aber meh-
riſten Theil dieſes Ubel das Weibliche Geſchlecht verfolgt/
aus Urſachen/ weil ſelbiges der Forcht und uͤbermaͤſſigen Ein-
bildungen mehr unterworffen/ dann ja keinem verborgen iſt/
was Wunderſachen die groſſe Einbildungen ausbruͤten. Der
Heil. Damaſeenus bezeuget/ daß zu ſeiner Zeit eine Frau ſeye
gluͤcklich geneſen und Kindes-Mutter worden/ das Kind
aber ware am gantzen Leib gantz haaricht und zottet/ als ha-
be ihm der Eſau ſein rauche Haut geliehen/ iſt aber ſolches
von nichts anders herkommen/ als daß die Mutter die Bild-
nus deß Heil. Joannis mit einer Cameelhaut bekleidter in der
Schlaff-Kammer gehabt/ deſſen oͤffteres Anſchauen ihr ſolche
Einbildung verurſachet.

Sebaſt. Münſterus lib. 3. ſuæ Coſinogr. ſchreibt/ als
unweit von der Churfuͤrſtlichen Stadt Maintz einsmals zwey
Weiber auf der Gaſſen miteinander redeten/ und weiß nicht
was fuͤr Kuchl-Discurs und Pfannen-Rathſchlaͤg fuͤhreten/
ein andere Muthwillige unvermerckt hinzu geſchlichen/ und
deren beede Koͤpff zuſammen geſtoſſen/ weil nun eine aus
dieſen groß Leibs ware/ und nicht lang hernach niederkom-
men/ hat ſie zwey Maͤgdlein geboren/ deren beede Koͤpffe
bis auf die Naſen aneinander gewachſen/ und haben ſolche
in das zehende Jahr gelebt/ was nicht der Schroͤcken thut!
Cornel. Gemma. lib. 1. Coſmog. betheuret/ wie daß in
Niederland ſich habe ein Frau bey einer Geſellſchafft eingefun-
den/ und als die Red gangen von ihren groß-ſchwangern
Leib/ habe ſie gemeldt/ wie daß ihre Rechnung aus ſeye
auf das Feſt der Heiligen drey Koͤnig/ welches alle bewegt/
daß ſie uͤberlaut gewuntſchen/ ſie moͤchte mit drey Koͤnig
erfreuet werden/ darauf ſie mit lachendem Mund wider-
ſetzt: Ey GOTT gebs! und weil ihr nachgehends dieſe
Wort ziemlich in der Gedaͤchtnus haffteten/ und ſie zu be-

nannter
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[54/0064] Mercks Wienn. hinaus hangten/ wie die verblandirte Haar-Zirathen gezeit wurden/ und weil die Todten-Coͤrper durch beſondere Leut/ welche man die Siehknecht nennte/ muſten aus den Kam- mern gezogen werden/ alſo hat gar offt ſolches gewiſſenloſe Lu- der-Geſind alle gegenwaͤrtige koſtbare Kleidungen entzuckt/ und iſt die Seiden ſchon ſo gemein worden/ daß mancher ſol- cher Troßbub die Chatarriſche Naſen an den Taffet gewiſcht. Es iſt zwar nicht zu laugnen/ daß nicht ſolche toͤdtliche Seuch ohne allen Unterſcheid habe graſſirt/ ſo hat doch aber meh- riſten Theil dieſes Ubel das Weibliche Geſchlecht verfolgt/ aus Urſachen/ weil ſelbiges der Forcht und uͤbermaͤſſigen Ein- bildungen mehr unterworffen/ dann ja keinem verborgen iſt/ was Wunderſachen die groſſe Einbildungen ausbruͤten. Der Heil. Damaſeenus bezeuget/ daß zu ſeiner Zeit eine Frau ſeye gluͤcklich geneſen und Kindes-Mutter worden/ das Kind aber ware am gantzen Leib gantz haaricht und zottet/ als ha- be ihm der Eſau ſein rauche Haut geliehen/ iſt aber ſolches von nichts anders herkommen/ als daß die Mutter die Bild- nus deß Heil. Joannis mit einer Cameelhaut bekleidter in der Schlaff-Kammer gehabt/ deſſen oͤffteres Anſchauen ihr ſolche Einbildung verurſachet. Sebaſt. Münſterus lib. 3. ſuæ Coſinogr. ſchreibt/ als unweit von der Churfuͤrſtlichen Stadt Maintz einsmals zwey Weiber auf der Gaſſen miteinander redeten/ und weiß nicht was fuͤr Kuchl-Discurs und Pfannen-Rathſchlaͤg fuͤhreten/ ein andere Muthwillige unvermerckt hinzu geſchlichen/ und deren beede Koͤpff zuſammen geſtoſſen/ weil nun eine aus dieſen groß Leibs ware/ und nicht lang hernach niederkom- men/ hat ſie zwey Maͤgdlein geboren/ deren beede Koͤpffe bis auf die Naſen aneinander gewachſen/ und haben ſolche in das zehende Jahr gelebt/ was nicht der Schroͤcken thut! Cornel. Gemma. lib. 1. Coſmog. betheuret/ wie daß in Niederland ſich habe ein Frau bey einer Geſellſchafft eingefun- den/ und als die Red gangen von ihren groß-ſchwangern Leib/ habe ſie gemeldt/ wie daß ihre Rechnung aus ſeye auf das Feſt der Heiligen drey Koͤnig/ welches alle bewegt/ daß ſie uͤberlaut gewuntſchen/ ſie moͤchte mit drey Koͤnig erfreuet werden/ darauf ſie mit lachendem Mund wider- ſetzt: Ey GOTT gebs! und weil ihr nachgehends dieſe Wort ziemlich in der Gedaͤchtnus haffteten/ und ſie zu be- nannter

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/64>, abgerufen am 22.11.2024.