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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Liebe der Feind.
seine Feind: dardurch wir nicht allein Kinder GOttes/ sondern auch
Blut-Zeugen CHristi gemacht werden; welches der heilige Gregorius al-
so gern bekennet: Ohne Eysen und Blutvergiessen können wir.Hom. 35.
in Evang.

Martyr seyn; wann wir die Gedult warhafftiglich in
unserm Hertzen bewahren: sterben durch Verfolgung/
ist eine öffentliche Martyr im Werck; ubertragen aber.
mit Gedult die Schmachreden/ und seine Feinde lieben/
dieses ist eine heimliche Marter in den Gedancken:
Die-Hom. 3.
de Davi-
de &
Saule.

sem fallet bey der güldene Chrysostomus/ wie folget: Dieses wird dir für
eine Marter gerechnet werden/ wann du dem jenigen/ so dir heimlich nach-
stellet/ unter deine wohl verdiente Freund zehlen/ und deinen GOTT un-
abläßlich wirst bitten/ daß er ihme wolle gnädig seyn. Dann gleich wie die
Vergiessung deß Bluts und deß Lebens alle Sünden/ so wohl der Straff
als auch der Schuld nach/ außtilget; also verursachet offtmahlen derglei-
chen Sünden-Ablaß die Liebe gegen die Feinde/ wie CHristus selbsten bezeu-
get mit folgendem Jnhalt: Wann ihr den Menschen ihre Sun-Matth. c.
6. v.
14.

den werdet verzeyhen haben; so wird euch ewer himmli-
scher Vatter ewere Sunden verzeyhen.
Siehe nun meine Christ-
liebende Seel/ wie dieses alles in der Warheit gegründet seye.

4. Zu einer Zeit hatte ein Soldat den Vatter eines andern SoldatenHistoria.
Discip.

umbs Leben gebracht; dahero der Sohn Gelegenheit suchte/ den Todt sei-
nes Vatters zu rechnen. Nun hat sich auff den H. Carfreytag zugetragen/
daß dieser Soldat ohne Gewehr vorbey gangen/ welchen der andere umb ge-
wünschte Rach zu finden/ alsbald verfolget und eingeholet; bey so gestalter
Gelegenheit wirfft sich der unbewährte Soldat zur Erden nieder/ und bittet
umb den Todt unseres Herrn Jesu CHristi/ den er am selbigen Tag für uns
hat außgestanden/ er wolle ihm doch vergeben/ daß er seinen Vatter getödtet
habe: auff diese so demüthige Bittschrifft/ wird der andere beweget/ und sagt
alsbald; umb den Todt unseres Seeligmachers willen verzeyhe ich dir;
nimbt ihn von der Erden auff/ und küsset ihn zum Zeichen der Versöhnung
gar freundlich. Was geschicht? eben zu selbiger Stunde wird die Seel
seines Vatters/ wie auch seines verstorbenen Bruders auß dem Feegfewer
erlöset/ und der himmlischen Freuden theilhafftig gemacht: der Soldat aber/
da er zur Kirchen kommet/ und mit anderen den geereutzigten JESUM
küsset; umbhälset ihn der Gecreutzigte/ und spricht: Weilen du dem Solda-
ten/ der deinen Vatter hat umbgebracht/ umb meinet willen verziehen hast/

derhal-
J 2

Von der Liebe der Feind.
ſeine Feind: dardurch wir nicht allein Kinder GOttes/ ſondern auch
Blut-Zeugen CHriſti gemacht werden; welches der heilige Gregorius al-
ſo gern bekennet: Ohne Eyſen und Blutvergieſſen koͤnnen wir.Hom. 35.
in Evang.

Martyr ſeyn; wann wir die Gedult warhafftiglich in
unſerm Hertzen bewahren: ſterben durch Verfolgung/
iſt eine oͤffentliche Martyr im Werck; ůbertragen aber.
mit Gedult die Schmachreden/ und ſeine Feinde lieben/
dieſes iſt eine heimliche Marter in den Gedancken:
Die-Hom. 3.
de Davi-
de &
Saule.

ſem fallet bey der guͤldene Chryſoſtomus/ wie folget: Dieſes wird dir fuͤr
eine Marter gerechnet werden/ wann du dem jenigen/ ſo dir heimlich nach-
ſtellet/ unter deine wohl verdiente Freund zehlen/ und deinen GOTT un-
ablaͤßlich wirſt bitten/ daß er ihme wolle gnaͤdig ſeyn. Dann gleich wie die
Vergieſſung deß Bluts und deß Lebens alle Suͤnden/ ſo wohl der Straff
als auch der Schuld nach/ außtilget; alſo verurſachet offtmahlen derglei-
chen Suͤnden-Ablaß die Liebe gegen die Feinde/ wie CHriſtus ſelbſten bezeu-
get mit folgendem Jnhalt: Wann ihr den Menſchen ihre Sůn-Matth. c.
6. v.
14.

den werdet verzeyhen haben; ſo wird euch ewer himmli-
ſcher Vatter ewere Sůnden verzeyhen.
Siehe nun meine Chriſt-
liebende Seel/ wie dieſes alles in der Warheit gegruͤndet ſeye.

4. Zu einer Zeit hatte ein Soldat den Vatter eines andern SoldatenHiſtoria.
Diſcip.

umbs Leben gebracht; dahero der Sohn Gelegenheit ſuchte/ den Todt ſei-
nes Vatters zu rechnen. Nun hat ſich auff den H. Carfreytag zugetragen/
daß dieſer Soldat ohne Gewehr vorbey gangen/ welchen der andere umb ge-
wuͤnſchte Rach zu finden/ alsbald verfolget und eingeholet; bey ſo geſtalter
Gelegenheit wirfft ſich der unbewaͤhrte Soldat zur Erden nieder/ und bittet
umb den Todt unſeres Herrn Jeſu CHriſti/ den er am ſelbigen Tag fuͤr uns
hat außgeſtanden/ er wolle ihm doch vergeben/ daß er ſeinen Vatter getoͤdtet
habe: auff dieſe ſo demuͤthige Bittſchrifft/ wird der andere beweget/ und ſagt
alsbald; umb den Todt unſeres Seeligmachers willen verzeyhe ich dir;
nimbt ihn von der Erden auff/ und kuͤſſet ihn zum Zeichen der Verſoͤhnung
gar freundlich. Was geſchicht? eben zu ſelbiger Stunde wird die Seel
ſeines Vatters/ wie auch ſeines verſtorbenen Bruders auß dem Feegfewer
erloͤſet/ und der himmliſchen Freuden theilhafftig gemacht: der Soldat aber/
da er zur Kirchen kommet/ und mit anderen den geereutzigten JESUM
kuͤſſet; umbhaͤlſet ihn der Gecreutzigte/ und ſpricht: Weilen du dem Solda-
ten/ der deinen Vatter hat umbgebracht/ umb meinet willen verziehen haſt/

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J 2
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[67/0095] Von der Liebe der Feind. ſeine Feind: dardurch wir nicht allein Kinder GOttes/ ſondern auch Blut-Zeugen CHriſti gemacht werden; welches der heilige Gregorius al- ſo gern bekennet: Ohne Eyſen und Blutvergieſſen koͤnnen wir. Martyr ſeyn; wann wir die Gedult warhafftiglich in unſerm Hertzen bewahren: ſterben durch Verfolgung/ iſt eine oͤffentliche Martyr im Werck; ůbertragen aber. mit Gedult die Schmachreden/ und ſeine Feinde lieben/ dieſes iſt eine heimliche Marter in den Gedancken: Die- ſem fallet bey der guͤldene Chryſoſtomus/ wie folget: Dieſes wird dir fuͤr eine Marter gerechnet werden/ wann du dem jenigen/ ſo dir heimlich nach- ſtellet/ unter deine wohl verdiente Freund zehlen/ und deinen GOTT un- ablaͤßlich wirſt bitten/ daß er ihme wolle gnaͤdig ſeyn. Dann gleich wie die Vergieſſung deß Bluts und deß Lebens alle Suͤnden/ ſo wohl der Straff als auch der Schuld nach/ außtilget; alſo verurſachet offtmahlen derglei- chen Suͤnden-Ablaß die Liebe gegen die Feinde/ wie CHriſtus ſelbſten bezeu- get mit folgendem Jnhalt: Wann ihr den Menſchen ihre Sůn- den werdet verzeyhen haben; ſo wird euch ewer himmli- ſcher Vatter ewere Sůnden verzeyhen. Siehe nun meine Chriſt- liebende Seel/ wie dieſes alles in der Warheit gegruͤndet ſeye. Hom. 35. in Evang. Hom. 3. de Davi- de & Saule. Matth. c. 6. v. 14. 4. Zu einer Zeit hatte ein Soldat den Vatter eines andern Soldaten umbs Leben gebracht; dahero der Sohn Gelegenheit ſuchte/ den Todt ſei- nes Vatters zu rechnen. Nun hat ſich auff den H. Carfreytag zugetragen/ daß dieſer Soldat ohne Gewehr vorbey gangen/ welchen der andere umb ge- wuͤnſchte Rach zu finden/ alsbald verfolget und eingeholet; bey ſo geſtalter Gelegenheit wirfft ſich der unbewaͤhrte Soldat zur Erden nieder/ und bittet umb den Todt unſeres Herrn Jeſu CHriſti/ den er am ſelbigen Tag fuͤr uns hat außgeſtanden/ er wolle ihm doch vergeben/ daß er ſeinen Vatter getoͤdtet habe: auff dieſe ſo demuͤthige Bittſchrifft/ wird der andere beweget/ und ſagt alsbald; umb den Todt unſeres Seeligmachers willen verzeyhe ich dir; nimbt ihn von der Erden auff/ und kuͤſſet ihn zum Zeichen der Verſoͤhnung gar freundlich. Was geſchicht? eben zu ſelbiger Stunde wird die Seel ſeines Vatters/ wie auch ſeines verſtorbenen Bruders auß dem Feegfewer erloͤſet/ und der himmliſchen Freuden theilhafftig gemacht: der Soldat aber/ da er zur Kirchen kommet/ und mit anderen den geereutzigten JESUM kuͤſſet; umbhaͤlſet ihn der Gecreutzigte/ und ſpricht: Weilen du dem Solda- ten/ der deinen Vatter hat umbgebracht/ umb meinet willen verziehen haſt/ derhal- Hiſtoria. Diſcip. J 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/95>, abgerufen am 25.04.2024.