Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der wenigen Zahl der Außerwählten. teuser Prioren/ und einer Römischen Wittwe. Diese Persohnen hat er allemit ihren Nahmen genennet; und hat man im Nachforschen befunden/ daß selbige in eben der Stunde gestorben seynd. Gleicher Gestalt leset man von einem Parisiensischen Doctorn/ daß er den zweyten Tag nach seinem TodtDiscip. Historia dem Bischoff erschienen/ und habe gesagt/ daß er ewiglich verdambt seye. Selbigen hat der Bischoff gefragt/ ob er seine vorige Wissenschafft noch habe: deme er also geantwortet: Jch weiß nichts/ als diese drey Dinge; daß ich ewiglich verdambt bin; daß ein unwiderruffliches Urtheil über mich ergan- gen ist; und daß ich wegen der leiblichen Wollusten und weltlichen Ehren der Anschauung GOttes in alle Ewigkeit beraubt bin. Nach diesem hat er den Bischoff hinwiderumb gefragt/ ob die Welt noch würcklich stehe? und da ihn der Bischoff gefragt hat/ warumb er dieses zu wissen verlange; hat er geantwortet/ und gesagt: Es seynd von der Zeit meines Absterben so viele Seelen in die Höll gefahren/ daß ich schwärlich glauben könne/ daß so viel Menschen in der Welt hätten seyn können. Mit solcher antwort hat er auch einen grausamen Gestanck hinterlassen/ und ist verschwunden. Selbiger Schribent meldet auch von einem Cantzler zu Pariß/ welcher beyHistoria. allen Menschen so beliebt/ und ein so wohlredender Mann gewesen ist; daß/ wann er von geistlichen Dingen geredet/ auch die Prediger/ Geistliche und andere gelehrte Männer zu seinen Ermahnungen häuffig kommen seynd. Da er nun zum sterben gelangt ist/ hat ihn der Bischoff der Stadt in die- sen seinen letzten Nöthen fleissig besucht/ und unter andern diese Wort ge- sagt: Wann ich dir zu befehlen hab/ so gebiete ich dir in Krafft deß Gehor- sambs/ daß du innerhalb dreyssig Tagen mir erscheinest/ und mich über deinen Zustand berichtest. Der Cantzler ist bald hernach gestorben/ und dem gegebenen Befelch gemäß/ am dreyssigsten Tag dem Bischoff/ da er in seinem Zimmer allein gesessen/ erschienen; ist aber mit einer schwartzen Cappen gekleidet/ und mit einem grausamen Gestanck heran kommen/ und hat gesagt: Jch stelle mich dir allhier gegenwärtig/ wie du mir befohlen hast. Hierüber hat sich der Bischoff anfänglich entsetzet/ und nachmahlen gefragt; zu welchem Ort er verurtheilt seye. Jch bin armseelig/ hat der Geist ge- antwortet/ und ewiglich verdambt/ dieweilen ich meine gehabte Ehr und Wissenschafft/ nicht GOtt/ sondern mir selbst zugemessen hab/ und wann ich die Mutter GOttes mit herrlichen Lob-Sprüchen erhebt; hab ich eitele Ehr gefischet: Neben diesem hab ich nach fleischlichen Wollüsten getrachtet/ derhalben bin ich auß gerechtem Urtheil GOttes in alle Ewigkeit verdambt. Nach erwehntem diesem seinem Zustand hat er gefragt; wie viel Jahren von P p p p 2
Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten. teuſer Prioren/ und einer Roͤmiſchen Wittwe. Dieſe Perſohnen hat er allemit ihren Nahmen genennet; und hat man im Nachforſchen befunden/ daß ſelbige in eben der Stunde geſtorben ſeynd. Gleicher Geſtalt leſet man von einem Pariſienſiſchen Doctorn/ daß er den zweyten Tag nach ſeinem TodtDiſcip. Hiſtoria dem Biſchoff erſchienen/ und habe geſagt/ daß er ewiglich verdambt ſeye. Selbigen hat der Biſchoff gefragt/ ob er ſeine vorige Wiſſenſchafft noch habe: deme er alſo geantwortet: Jch weiß nichts/ als dieſe drey Dinge; daß ich ewiglich verdambt bin; daß ein unwiderruffliches Urtheil uͤber mich ergan- gen iſt; und daß ich wegen der leiblichen Wolluſten und weltlichen Ehren der Anſchauung GOttes in alle Ewigkeit beraubt bin. Nach dieſem hat er den Biſchoff hinwiderumb gefragt/ ob die Welt noch wuͤrcklich ſtehe? und da ihn der Biſchoff gefragt hat/ warumb er dieſes zu wiſſen verlange; hat er geantwortet/ und geſagt: Es ſeynd von der Zeit meines Abſterben ſo viele Seelen in die Hoͤll gefahren/ daß ich ſchwaͤrlich glauben koͤnne/ daß ſo viel Menſchen in der Welt haͤtten ſeyn koͤnnen. Mit ſolcher antwort hat er auch einen grauſamen Geſtanck hinterlaſſen/ und iſt verſchwunden. Selbiger Schribent meldet auch von einem Cantzler zu Pariß/ welcher beyHiſtoria. allen Menſchen ſo beliebt/ und ein ſo wohlredender Mann geweſen iſt; daß/ wann er von geiſtlichen Dingen geredet/ auch die Prediger/ Geiſtliche und andere gelehrte Maͤnner zu ſeinen Ermahnungen haͤuffig kommen ſeynd. Da er nun zum ſterben gelangt iſt/ hat ihn der Biſchoff der Stadt in die- ſen ſeinen letzten Noͤthen fleiſſig beſucht/ und unter andern dieſe Wort ge- ſagt: Wann ich dir zu befehlen hab/ ſo gebiete ich dir in Krafft deß Gehor- ſambs/ daß du innerhalb dreyſſig Tagen mir erſcheineſt/ und mich uͤber deinen Zuſtand berichteſt. Der Cantzler iſt bald hernach geſtorben/ und dem gegebenen Befelch gemaͤß/ am dreyſſigſten Tag dem Biſchoff/ da er in ſeinem Zimmer allein geſeſſen/ erſchienen; iſt aber mit einer ſchwartzen Cappen gekleidet/ und mit einem grauſamen Geſtanck heran kommen/ und hat geſagt: Jch ſtelle mich dir allhier gegenwaͤrtig/ wie du mir befohlen haſt. Hieruͤber hat ſich der Biſchoff anfaͤnglich entſetzet/ und nachmahlen gefragt; zu welchem Ort er verurtheilt ſeye. Jch bin armſeelig/ hat der Geiſt ge- antwortet/ und ewiglich verdambt/ dieweilen ich meine gehabte Ehr und Wiſſenſchafft/ nicht GOtt/ ſondern mir ſelbſt zugemeſſen hab/ und wann ich die Mutter GOttes mit herrlichen Lob-Spruͤchen erhebt; hab ich eitele Ehr gefiſchet: Neben dieſem hab ich nach fleiſchlichen Wolluͤſten getrachtet/ derhalben bin ich auß gerechtem Urtheil GOttes in alle Ewigkeit verdambt. Nach erwehntem dieſem ſeinem Zuſtand hat er gefragt; wie viel Jahren von P p p p 2
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Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten.
teuſer Prioren/ und einer Roͤmiſchen Wittwe. Dieſe Perſohnen hat er alle
mit ihren Nahmen genennet; und hat man im Nachforſchen befunden/ daß
ſelbige in eben der Stunde geſtorben ſeynd. Gleicher Geſtalt leſet man von
einem Pariſienſiſchen Doctorn/ daß er den zweyten Tag nach ſeinem Todt
dem Biſchoff erſchienen/ und habe geſagt/ daß er ewiglich verdambt ſeye.
Selbigen hat der Biſchoff gefragt/ ob er ſeine vorige Wiſſenſchafft noch habe:
deme er alſo geantwortet: Jch weiß nichts/ als dieſe drey Dinge; daß ich
ewiglich verdambt bin; daß ein unwiderruffliches Urtheil uͤber mich ergan-
gen iſt; und daß ich wegen der leiblichen Wolluſten und weltlichen Ehren
der Anſchauung GOttes in alle Ewigkeit beraubt bin. Nach dieſem hat
er den Biſchoff hinwiderumb gefragt/ ob die Welt noch wuͤrcklich ſtehe?
und da ihn der Biſchoff gefragt hat/ warumb er dieſes zu wiſſen verlange;
hat er geantwortet/ und geſagt: Es ſeynd von der Zeit meines Abſterben
ſo viele Seelen in die Hoͤll gefahren/ daß ich ſchwaͤrlich glauben koͤnne/ daß
ſo viel Menſchen in der Welt haͤtten ſeyn koͤnnen. Mit ſolcher antwort
hat er auch einen grauſamen Geſtanck hinterlaſſen/ und iſt verſchwunden.
Selbiger Schribent meldet auch von einem Cantzler zu Pariß/ welcher bey
allen Menſchen ſo beliebt/ und ein ſo wohlredender Mann geweſen iſt; daß/
wann er von geiſtlichen Dingen geredet/ auch die Prediger/ Geiſtliche und
andere gelehrte Maͤnner zu ſeinen Ermahnungen haͤuffig kommen ſeynd.
Da er nun zum ſterben gelangt iſt/ hat ihn der Biſchoff der Stadt in die-
ſen ſeinen letzten Noͤthen fleiſſig beſucht/ und unter andern dieſe Wort ge-
ſagt: Wann ich dir zu befehlen hab/ ſo gebiete ich dir in Krafft deß Gehor-
ſambs/ daß du innerhalb dreyſſig Tagen mir erſcheineſt/ und mich uͤber
deinen Zuſtand berichteſt. Der Cantzler iſt bald hernach geſtorben/ und
dem gegebenen Befelch gemaͤß/ am dreyſſigſten Tag dem Biſchoff/ da
er in ſeinem Zimmer allein geſeſſen/ erſchienen; iſt aber mit einer ſchwartzen
Cappen gekleidet/ und mit einem grauſamen Geſtanck heran kommen/ und
hat geſagt: Jch ſtelle mich dir allhier gegenwaͤrtig/ wie du mir befohlen haſt.
Hieruͤber hat ſich der Biſchoff anfaͤnglich entſetzet/ und nachmahlen gefragt;
zu welchem Ort er verurtheilt ſeye. Jch bin armſeelig/ hat der Geiſt ge-
antwortet/ und ewiglich verdambt/ dieweilen ich meine gehabte Ehr und
Wiſſenſchafft/ nicht GOtt/ ſondern mir ſelbſt zugemeſſen hab/ und wann
ich die Mutter GOttes mit herrlichen Lob-Spruͤchen erhebt; hab ich eitele
Ehr gefiſchet: Neben dieſem hab ich nach fleiſchlichen Wolluͤſten getrachtet/
derhalben bin ich auß gerechtem Urtheil GOttes in alle Ewigkeit verdambt.
Nach erwehntem dieſem ſeinem Zuſtand hat er gefragt; wie viel Jahren
von
Diſcip.
Hiſtoria
Hiſtoria.
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 669. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/697>, abgerufen am 16.07.2024. |