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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von Anhörung und Lesung der geistlichen Dingen.
wollen; hat ihn der Pförtner deß Klosters etwan mit fürwitzigeren Au-
gen beschauet/ und vermerckt/ daß er Hörner auffin Kopff/ und an
den Händen und Füssen Klauen getragen: derhalben hat er ihn/ durch den
wahren GOTT und den heiligen Antonium/ dessen habit er fälsch-
lich truge/ beschwohren/ er solte ihm sagen/ warumb er als ein Ertz-
Feind alles Gutes/ die Menschen gleichwohl so eifferich zum Guten er-
mahnet habe. Als hierüber die Geistliche und andere benachbarte vor und
nach hinzu genahet/ hat der böse Geist das Beschwören nicht länger ge-
dulden wollen; sondern hat die menschliche Gestalt von sich geworffen/
und mit einem Grausen der Umbstehenden den lebendigen Teuffel präsen-
tiret: da hat er bekennet; daß er sein Predigen nicht GOTT/ son-
dern der Höllen und höllischen Geistern zu lieb verrichtet habe; nicht da-
mit er dem Menschen den Himmel dadurch verschaffen wollen; sondern
damit er selbige nachmahlen in der Höllen desto grausamer plagen mögte:
dieß allein habe er gesucht/ daß die Seuffzer und das Weinen der Zuhö-
rer/ denselben einsmahls zu grösserer Verdamnuß außschlagen dörfften.
Dieß war recht ein teuffelischer Arglist: zumahlen sichs also befunden
hat; daß/ so bald die Leuth vor die Kirchen hinauß kommen/ das Weinen
und Heulen sich geendigt habe/ und nunmehr nichts anders/ als nur
eitele Lob-Sprüch von dem tapffern Prediger zu hören gewesen. Die-
ser höllische Prediger hat sonderbahr gefrolocket und gesagt/ daß ihm die
Mühe seiner gehaltenen Predig gar reichlich werde belohnet werden; wann
er vor dem erschröcklichen Richter-Stuhl Christi einem jeden allein/ und alle
ins gesambt wegen ihrer grossen Bößheit und Hartnäckigkeit zu verkla-
gen und zu überzeugen Ursach haben werde/ daß sie sich auch durch die
Donnerschläg/ so da auß der Höllen selbst kommen waren/ von ihrem
sündhafften Leben nicht haben wollen abschröcken lassen. Nach diesen Wor-
ten hat sich der Teuffel gleich einem Sturm - Wind auß aller umbste-
henden Gegenwart hinweg gemacht.

6. Auß dieser wunderbarlichen und grausamben Geschicht er-
hellet/ daß es nicht gnug seye/ geistliche Ding gern hören und
gern lesen; und dasselbige auch keinen Nutzen bringen: ja so gar die
tieffe Seufftzer/ wie auch die brennende Begierden/ und gute Vor-
sätz/ welche unter dem Lesen und Predig hören gemacht werden/
nichts zu achten seyen/ wann selbige nachmahlen nicht be-

werck-
Z z z 3

Von Anhoͤrung und Leſung der geiſtlichen Dingen.
wollen; hat ihn der Pfoͤrtner deß Kloſters etwan mit fuͤrwitzigeren Au-
gen beſchauet/ und vermerckt/ daß er Hoͤrner auffin Kopff/ und an
den Haͤnden und Fuͤſſen Klauen getragen: derhalben hat er ihn/ durch den
wahren GOTT und den heiligen Antonium/ deſſen habit er faͤlſch-
lich truge/ beſchwohren/ er ſolte ihm ſagen/ warumb er als ein Ertz-
Feind alles Gutes/ die Menſchen gleichwohl ſo eifferich zum Guten er-
mahnet habe. Als hieruͤber die Geiſtliche und andere benachbarte vor und
nach hinzu genahet/ hat der boͤſe Geiſt das Beſchwoͤren nicht laͤnger ge-
dulden wollen; ſondern hat die menſchliche Geſtalt von ſich geworffen/
und mit einem Grauſen der Umbſtehenden den lebendigen Teuffel praͤſen-
tiret: da hat er bekennet; daß er ſein Predigen nicht GOTT/ ſon-
dern der Hoͤllen und hoͤlliſchen Geiſtern zu lieb verrichtet habe; nicht da-
mit er dem Menſchen den Himmel dadurch verſchaffen wollen; ſondern
damit er ſelbige nachmahlen in der Hoͤllen deſto grauſamer plagen moͤgte:
dieß allein habe er geſucht/ daß die Seuffzer und das Weinen der Zuhoͤ-
rer/ denſelben einsmahls zu groͤſſerer Verdamnuß außſchlagen doͤrfften.
Dieß war recht ein teuffeliſcher Argliſt: zumahlen ſichs alſo befunden
hat; daß/ ſo bald die Leuth vor die Kirchen hinauß kommen/ das Weinen
und Heulen ſich geendigt habe/ und nunmehr nichts anders/ als nur
eitele Lob-Spruͤch von dem tapffern Prediger zu hoͤren geweſen. Die-
ſer hoͤlliſche Prediger hat ſonderbahr gefrolocket und geſagt/ daß ihm die
Muͤhe ſeiner gehaltenen Predig gar reichlich werde belohnet werden; wann
er vor dem erſchroͤcklichen Richter-Stuhl Chriſti einem jeden allein/ und alle
ins geſambt wegen ihrer groſſen Boͤßheit und Hartnaͤckigkeit zu verkla-
gen und zu uͤberzeugen Urſach haben werde/ daß ſie ſich auch durch die
Donnerſchlaͤg/ ſo da auß der Hoͤllen ſelbſt kommen waren/ von ihrem
ſuͤndhafften Leben nicht haben wollen abſchroͤcken laſſen. Nach dieſen Wor-
ten hat ſich der Teuffel gleich einem Sturm - Wind auß aller umbſte-
henden Gegenwart hinweg gemacht.

6. Auß dieſer wunderbarlichen und grauſamben Geſchicht er-
hellet/ daß es nicht gnug ſeye/ geiſtliche Ding gern hoͤren und
gern leſen; und daſſelbige auch keinen Nutzen bringen: ja ſo gar die
tieffe Seufftzer/ wie auch die brennende Begierden/ und gute Vor-
ſaͤtz/ welche unter dem Leſen und Predig hoͤren gemacht werden/
nichts zu achten ſeyen/ wann ſelbige nachmahlen nicht be-

werck-
Z z z 3
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[549/0577] Von Anhoͤrung und Leſung der geiſtlichen Dingen. wollen; hat ihn der Pfoͤrtner deß Kloſters etwan mit fuͤrwitzigeren Au- gen beſchauet/ und vermerckt/ daß er Hoͤrner auffin Kopff/ und an den Haͤnden und Fuͤſſen Klauen getragen: derhalben hat er ihn/ durch den wahren GOTT und den heiligen Antonium/ deſſen habit er faͤlſch- lich truge/ beſchwohren/ er ſolte ihm ſagen/ warumb er als ein Ertz- Feind alles Gutes/ die Menſchen gleichwohl ſo eifferich zum Guten er- mahnet habe. Als hieruͤber die Geiſtliche und andere benachbarte vor und nach hinzu genahet/ hat der boͤſe Geiſt das Beſchwoͤren nicht laͤnger ge- dulden wollen; ſondern hat die menſchliche Geſtalt von ſich geworffen/ und mit einem Grauſen der Umbſtehenden den lebendigen Teuffel praͤſen- tiret: da hat er bekennet; daß er ſein Predigen nicht GOTT/ ſon- dern der Hoͤllen und hoͤlliſchen Geiſtern zu lieb verrichtet habe; nicht da- mit er dem Menſchen den Himmel dadurch verſchaffen wollen; ſondern damit er ſelbige nachmahlen in der Hoͤllen deſto grauſamer plagen moͤgte: dieß allein habe er geſucht/ daß die Seuffzer und das Weinen der Zuhoͤ- rer/ denſelben einsmahls zu groͤſſerer Verdamnuß außſchlagen doͤrfften. Dieß war recht ein teuffeliſcher Argliſt: zumahlen ſichs alſo befunden hat; daß/ ſo bald die Leuth vor die Kirchen hinauß kommen/ das Weinen und Heulen ſich geendigt habe/ und nunmehr nichts anders/ als nur eitele Lob-Spruͤch von dem tapffern Prediger zu hoͤren geweſen. Die- ſer hoͤlliſche Prediger hat ſonderbahr gefrolocket und geſagt/ daß ihm die Muͤhe ſeiner gehaltenen Predig gar reichlich werde belohnet werden; wann er vor dem erſchroͤcklichen Richter-Stuhl Chriſti einem jeden allein/ und alle ins geſambt wegen ihrer groſſen Boͤßheit und Hartnaͤckigkeit zu verkla- gen und zu uͤberzeugen Urſach haben werde/ daß ſie ſich auch durch die Donnerſchlaͤg/ ſo da auß der Hoͤllen ſelbſt kommen waren/ von ihrem ſuͤndhafften Leben nicht haben wollen abſchroͤcken laſſen. Nach dieſen Wor- ten hat ſich der Teuffel gleich einem Sturm - Wind auß aller umbſte- henden Gegenwart hinweg gemacht. 6. Auß dieſer wunderbarlichen und grauſamben Geſchicht er- hellet/ daß es nicht gnug ſeye/ geiſtliche Ding gern hoͤren und gern leſen; und daſſelbige auch keinen Nutzen bringen: ja ſo gar die tieffe Seufftzer/ wie auch die brennende Begierden/ und gute Vor- ſaͤtz/ welche unter dem Leſen und Predig hoͤren gemacht werden/ nichts zu achten ſeyen/ wann ſelbige nachmahlen nicht be- werck- Z z z 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/577>, abgerufen am 22.11.2024.