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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Viertzigste Geistliche Lection
Sup. Bea-
ti Imma-
cul.
nommen. Dahero sagt recht der H. Ambrosius: Der sich ankla-
get/ und ob wohl ein Sunder ist/ so fangt er doch an ge-
recht zu seyn/ dieweilen er seiner nicht verschönet/ und die
Gerechtigkeiten GOttes bekennet: zumahlen die Göttli-
che Rach auffhöret/ wann die menschliche Beicht vorher-

Ps. 37. v. 9.gehet. Und der Königliche Prophet sagt: Jch will meine Vnge-
rechtigkeit anzeigen/ und Sorg tragen für meine Sün-
de:
Dann er wuste wohl/ daß kein besseres Mittel wider die Sünden
könte gefunden werden/ als eben die Beicht derselben; welches alles durch
folgende Histori bestättiget wird.

Caesar.
Dial.
apud
Disc.
Historia.

4. Da einsmahls ein Priester zur Fasten-Zeit in der Kirchen seiner Schaaf-
fen Beicht anhörete; stunde auch einer/ dem äusserlichen Ansehen nach/
starcker Jüngling/ und wartete der Ordnung zum Beichten ab. Demnach
alle gebeichtet hatten/ fienge er auch an/ und beichtete so grausame Sünden/
daß der Priester für Greuel und Abscheuen sagte: wann du Tausend Jahr
alt wärest/ so wären doch dieser Sünden viel zu viel. Worauff der Teuf-
fel antwortet: Jch bin mehr als tausend Jahr alt: der Priester aber entsetze-
te sich/ und sprach: wer bistu dann? Jch bin einer von denen/ gab er zur
Antwort/ so mit dem Lucifer gefallen seynd; ich hab dir meine Sünden noch
lang nit alle gebeichtet; wan du meine übrige Sünden wilst anhören/ siehe/ ich
bereit/ dieselbige zu beichten. Weilen nun der Priester wohl wuste/ daß
die Sünd deß Teuffels nicht zu heylen wäre/ fragte er ihn/ und sagte: was
hastu mit der Beicht zu schaffen? der Teuffel aber antwortete und sprach:
ich stunde gegen dir über/ und sahe/ daß die Sünder zu dir sich naheten/ und
gerechtfertiget von dir wiederkehreten; derhalben bin ich auch kommen in
Hoffuung solche Gnad zu erlangen. Da antwortete ihm der Priester/ und
sagte/ du kanst auch dergleichen Ablaß erhalten; wann du die von mir dir
aufferlegte Buß mit zerknirschtem Hertzen wirst verrichtet haben. Der Teuf-
fel antwortet: wann du mir eine erträgliche Buß wirst geben/ so will ich dir
gehorchen. Jch will dir/ sagt der Priester/ eine sehr geringe Gnugthuung
aufflegen/ nemblich diese: Gehe hin/ und werffe dich dreymal im Tag zur
Erden nieder/ und spreche: Mein HErr und GOtt/ und mein Erschöpf-
fer/ ich bin ein Sünder/ und hab dir gesündiget/ verzeyhe mir. Da sich
nun der Teuffel hierüber beklagte mit dem Vorwand/ daß diese Buß zu
schwär fiele/ fragte der Priester/ und sagte: warumb beschwerstu dich über
so gar geringe Buß? Der Teuffel gabe zur Antwort; er könte sich ihm in so

weit

Die Viertzigſte Geiſtliche Lection
Sup. Bea-
ti Imma-
cul.
nommen. Dahero ſagt recht der H. Ambroſius: Der ſich ankla-
get/ und ob wohl ein Sůnder iſt/ ſo fangt er doch an ge-
recht zu ſeyn/ dieweilen er ſeiner nicht verſchoͤnet/ und die
Gerechtigkeiten GOttes bekennet: zumahlen die Goͤttli-
che Rach auffhoͤret/ wann die menſchliche Beicht vorher-

Pſ. 37. v. 9.gehet. Und der Koͤnigliche Prophet ſagt: Jch will meine Vnge-
rechtigkeit anzeigen/ und Sorg tragen für meine Suͤn-
de:
Dann er wuſte wohl/ daß kein beſſeres Mittel wider die Suͤnden
koͤnte gefunden werden/ als eben die Beicht derſelben; welches alles durch
folgende Hiſtori beſtaͤttiget wird.

Cæſar.
Dial.
apud
Diſc.
Hiſtoria.

4. Da einsmahls ein Prieſter zur Faſten-Zeit in der Kirchen ſeiner Schaaf-
fen Beicht anhoͤrete; ſtunde auch einer/ dem aͤuſſerlichen Anſehen nach/
ſtarcker Juͤngling/ und wartete der Ordnung zum Beichten ab. Demnach
alle gebeichtet hatten/ fienge er auch an/ und beichtete ſo grauſame Suͤnden/
daß der Prieſter fuͤr Greuel und Abſcheuen ſagte: wann du Tauſend Jahr
alt waͤreſt/ ſo waͤren doch dieſer Suͤnden viel zu viel. Worauff der Teuf-
fel antwortet: Jch bin mehr als tauſend Jahr alt: der Prieſter aber entſetze-
te ſich/ und ſprach: wer biſtu dann? Jch bin einer von denen/ gab er zur
Antwort/ ſo mit dem Lucifer gefallen ſeynd; ich hab dir meine Suͤnden noch
lang nit alle gebeichtet; wan du meine uͤbrige Suͤnden wilſt anhoͤren/ ſiehe/ ich
bereit/ dieſelbige zu beichten. Weilen nun der Prieſter wohl wuſte/ daß
die Suͤnd deß Teuffels nicht zu heylen waͤre/ fragte er ihn/ und ſagte: was
haſtu mit der Beicht zu ſchaffen? der Teuffel aber antwortete und ſprach:
ich ſtunde gegen dir uͤber/ und ſahe/ daß die Suͤnder zu dir ſich naheten/ und
gerechtfertiget von dir wiederkehreten; derhalben bin ich auch kommen in
Hoffuung ſolche Gnad zu erlangen. Da antwortete ihm der Prieſter/ und
ſagte/ du kanſt auch dergleichen Ablaß erhalten; wann du die von mir dir
aufferlegte Buß mit zerknirſchtem Hertzen wirſt verrichtet haben. Der Teuf-
fel antwortet: wann du mir eine ertraͤgliche Buß wirſt geben/ ſo will ich dir
gehorchen. Jch will dir/ ſagt der Prieſter/ eine ſehr geringe Gnugthuung
aufflegen/ nemblich dieſe: Gehe hin/ und werffe dich dreymal im Tag zur
Erden nieder/ und ſpreche: Mein HErr und GOtt/ und mein Erſchoͤpf-
fer/ ich bin ein Suͤnder/ und hab dir geſuͤndiget/ verzeyhe mir. Da ſich
nun der Teuffel hieruͤber beklagte mit dem Vorwand/ daß dieſe Buß zu
ſchwaͤr fiele/ fragte der Prieſter/ und ſagte: warumb beſchwerſtu dich uͤber
ſo gar geringe Buß? Der Teuffel gabe zur Antwort; er koͤnte ſich ihm in ſo

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[504/0532] Die Viertzigſte Geiſtliche Lection nommen. Dahero ſagt recht der H. Ambroſius: Der ſich ankla- get/ und ob wohl ein Sůnder iſt/ ſo fangt er doch an ge- recht zu ſeyn/ dieweilen er ſeiner nicht verſchoͤnet/ und die Gerechtigkeiten GOttes bekennet: zumahlen die Goͤttli- che Rach auffhoͤret/ wann die menſchliche Beicht vorher- gehet. Und der Koͤnigliche Prophet ſagt: Jch will meine Vnge- rechtigkeit anzeigen/ und Sorg tragen für meine Suͤn- de: Dann er wuſte wohl/ daß kein beſſeres Mittel wider die Suͤnden koͤnte gefunden werden/ als eben die Beicht derſelben; welches alles durch folgende Hiſtori beſtaͤttiget wird. Sup. Bea- ti Imma- cul. Pſ. 37. v. 9. 4. Da einsmahls ein Prieſter zur Faſten-Zeit in der Kirchen ſeiner Schaaf- fen Beicht anhoͤrete; ſtunde auch einer/ dem aͤuſſerlichen Anſehen nach/ ſtarcker Juͤngling/ und wartete der Ordnung zum Beichten ab. Demnach alle gebeichtet hatten/ fienge er auch an/ und beichtete ſo grauſame Suͤnden/ daß der Prieſter fuͤr Greuel und Abſcheuen ſagte: wann du Tauſend Jahr alt waͤreſt/ ſo waͤren doch dieſer Suͤnden viel zu viel. Worauff der Teuf- fel antwortet: Jch bin mehr als tauſend Jahr alt: der Prieſter aber entſetze- te ſich/ und ſprach: wer biſtu dann? Jch bin einer von denen/ gab er zur Antwort/ ſo mit dem Lucifer gefallen ſeynd; ich hab dir meine Suͤnden noch lang nit alle gebeichtet; wan du meine uͤbrige Suͤnden wilſt anhoͤren/ ſiehe/ ich bereit/ dieſelbige zu beichten. Weilen nun der Prieſter wohl wuſte/ daß die Suͤnd deß Teuffels nicht zu heylen waͤre/ fragte er ihn/ und ſagte: was haſtu mit der Beicht zu ſchaffen? der Teuffel aber antwortete und ſprach: ich ſtunde gegen dir uͤber/ und ſahe/ daß die Suͤnder zu dir ſich naheten/ und gerechtfertiget von dir wiederkehreten; derhalben bin ich auch kommen in Hoffuung ſolche Gnad zu erlangen. Da antwortete ihm der Prieſter/ und ſagte/ du kanſt auch dergleichen Ablaß erhalten; wann du die von mir dir aufferlegte Buß mit zerknirſchtem Hertzen wirſt verrichtet haben. Der Teuf- fel antwortet: wann du mir eine ertraͤgliche Buß wirſt geben/ ſo will ich dir gehorchen. Jch will dir/ ſagt der Prieſter/ eine ſehr geringe Gnugthuung aufflegen/ nemblich dieſe: Gehe hin/ und werffe dich dreymal im Tag zur Erden nieder/ und ſpreche: Mein HErr und GOtt/ und mein Erſchoͤpf- fer/ ich bin ein Suͤnder/ und hab dir geſuͤndiget/ verzeyhe mir. Da ſich nun der Teuffel hieruͤber beklagte mit dem Vorwand/ daß dieſe Buß zu ſchwaͤr fiele/ fragte der Prieſter/ und ſagte: warumb beſchwerſtu dich uͤber ſo gar geringe Buß? Der Teuffel gabe zur Antwort; er koͤnte ſich ihm in ſo weit

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/532>, abgerufen am 18.05.2024.