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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Fünff und Dreissigste Geistliche Lection
und ob schon diese Zerfetzung deß Leibs an den Blut-Zeugen Christi grausa-
mer ist/ als die Marter der Geistlichen; so dauret doch diese länger/ als die
In Ps. 18.erstere; und fallet dahero manchem auch zu ertragen beschwärlicher. Da-
hero/ sagt der Geistreiche Richardus Victorinus, hat der auch in den Au-
gen GOttes grössern Verdienst/ welcher offt stirbt/ als der nur einmahl
stirbt. Dieweilen nun die immerwährende Abtödtungen bey den Geistli-
chen gemeiniglich viele Jahren dauren; so ist auch billig/ daß sie mit den
Blut- Zeugen Christi gleichen Lohn empfangen. Derhalben hat die Heil.
Maria Magdalena de Pazzis von dem H. Aloysio überlaut geschrichen/
und gesagt: O wie grosse Herrligkeit hat der Aloysius, ein Sohn deß
Ignatii! Jch hätte das niemahlen geglaubet/ wann mir solches nicht ge-
zeigt hätte mein JEsus. Jch wolte/ daß ich die gantze Welt könnte durch-
reisen und verkündigen/ daß Aloysius ein grosser Heiliger seye; und wünschte/
daß ich einem jeden desselben Glory zeigen könnte/ auff daß mein GOtt da-
durch geehret würde. Diese grosse Herrligkeit ist ihm daher zu Theil worden/
weilen er innerlich gewircket hat. Wer wird doch jemahlen den Werth und
die Krafft der innerlichen Wercke gnugsamb entwerffen können? Die eus-
serliche Werck mögen mit den innerlichen nicht verglichen werden. Aloi-
sius
ist ein unbekännter Marter gewesen.

6. Jm übrigen beschreibt der H. Bernardus den herrlichen und viel-
fältigen Nutzen/ so auß dem geistlichen Stand entspriesset/ mit diesen Wor-
ten so zierlich als wahrlich: Jm geistlichen Stand lebt man
sauberer/ man fallet seltener/ hurtiger stehet man auff/
man ist in seinem Handel und Wandel behutsamer/ man
wird öffter mit der Gnad GOttes befeuchtiget/ man ru-
het sicherer; man stirbt auch verträulicher; der Mensch
wird im geistlichen Stand geschwinder gereiniget/ und
wird endlich auch besser und häuffiger belohnet. Reiner
und sauberer lebt man/
theils/ weilen der Mensch/ vermög der Pro-
fession,
als deß andern Tauffs von den begangenen Sünden gereiniget;
und theils/ weilen er durch öfftere Niessung der H. H. Sacramenten/ und
durch Lesung der geistlichen Bücher auff dem Weeg der Tugenden voll-
kommentlicher bestättiget werde. Er fält seltener; dieweilen er nicht so
vielen Gelegenheiten und Verführungen zur Sünden unterworffen ist; und
dann die Abscheuligkeit und Grobheit derselben durch öfftere Betrachtung
und Erforschungen besser erkennet: weilen er/ wann er unter vielen den rech-
ten Weeg verfehlet/ auff denselben gar leicht wiederumb kan gewiesen wer-
den. Der Mensch stehet hurtiger auff: theils weilen er vermittels

der

Die Fuͤnff und Dreiſſigſte Geiſtliche Lection
und ob ſchon dieſe Zerfetzung deß Leibs an den Blut-Zeugen Chriſti grauſa-
mer iſt/ als die Marter der Geiſtlichen; ſo dauret doch dieſe laͤnger/ als die
In Pſ. 18.erſtere; und fallet dahero manchem auch zu ertragen beſchwaͤrlicher. Da-
hero/ ſagt der Geiſtreiche Richardus Victorinus, hat der auch in den Au-
gen GOttes groͤſſern Verdienſt/ welcher offt ſtirbt/ als der nur einmahl
ſtirbt. Dieweilen nun die immerwaͤhrende Abtoͤdtungen bey den Geiſtli-
chen gemeiniglich viele Jahren dauren; ſo iſt auch billig/ daß ſie mit den
Blut- Zeugen Chriſti gleichen Lohn empfangen. Derhalben hat die Heil.
Maria Magdalena de Pazzis von dem H. Aloyſio uͤberlaut geſchrichen/
und geſagt: O wie groſſe Herrligkeit hat der Aloyſius, ein Sohn deß
Ignatii! Jch haͤtte das niemahlen geglaubet/ wann mir ſolches nicht ge-
zeigt haͤtte mein JEſus. Jch wolte/ daß ich die gantze Welt koͤnnte durch-
reiſen und verkuͤndigen/ daß Aloyſius ein groſſer Heiliger ſeye; und wuͤnſchte/
daß ich einem jeden deſſelben Glory zeigen koͤnnte/ auff daß mein GOtt da-
durch geehret wuͤrde. Dieſe groſſe Herrligkeit iſt ihm daher zu Theil worden/
weilen er innerlich gewircket hat. Wer wird doch jemahlen den Werth und
die Krafft der innerlichen Wercke gnugſamb entwerffen koͤnnen? Die euſ-
ſerliche Werck moͤgen mit den innerlichen nicht verglichen werden. Aloi-
ſius
iſt ein unbekaͤnnter Marter geweſen.

6. Jm uͤbrigen beſchreibt der H. Bernardus den herrlichen und viel-
faͤltigen Nutzen/ ſo auß dem geiſtlichen Stand entſprieſſet/ mit dieſen Wor-
ten ſo zierlich als wahrlich: Jm geiſtlichen Stand lebt man
ſauberer/ man fallet ſeltener/ hurtiger ſtehet man auff/
man iſt in ſeinem Handel und Wandel behutſamer/ man
wird oͤffter mit der Gnad GOttes befeuchtiget/ man ru-
het ſicherer; man ſtirbt auch vertraͤulicher; der Menſch
wird im geiſtlichen Stand geſchwinder gereiniget/ und
wird endlich auch beſſer und haͤuffiger belohnet. Reiner
und ſauberer lebt man/
theils/ weilen der Menſch/ vermoͤg der Pro-
feſſion,
als deß andern Tauffs von den begangenen Suͤnden gereiniget;
und theils/ weilen er durch oͤfftere Nieſſung der H. H. Sacramenten/ und
durch Leſung der geiſtlichen Buͤcher auff dem Weeg der Tugenden voll-
kommentlicher beſtaͤttiget werde. Er faͤlt ſeltener; dieweilen er nicht ſo
vielen Gelegenheiten und Verfuͤhrungen zur Suͤnden unterworffen iſt; und
dann die Abſcheuligkeit und Grobheit derſelben durch oͤfftere Betrachtung
und Erforſchungen beſſer erkennet: weilen er/ wann er unter vielen den rech-
ten Weeg verfehlet/ auff denſelben gar leicht wiederumb kan gewieſen wer-
den. Der Menſch ſtehet hurtiger auff: theils weilen er vermittels

der
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[430/0458] Die Fuͤnff und Dreiſſigſte Geiſtliche Lection und ob ſchon dieſe Zerfetzung deß Leibs an den Blut-Zeugen Chriſti grauſa- mer iſt/ als die Marter der Geiſtlichen; ſo dauret doch dieſe laͤnger/ als die erſtere; und fallet dahero manchem auch zu ertragen beſchwaͤrlicher. Da- hero/ ſagt der Geiſtreiche Richardus Victorinus, hat der auch in den Au- gen GOttes groͤſſern Verdienſt/ welcher offt ſtirbt/ als der nur einmahl ſtirbt. Dieweilen nun die immerwaͤhrende Abtoͤdtungen bey den Geiſtli- chen gemeiniglich viele Jahren dauren; ſo iſt auch billig/ daß ſie mit den Blut- Zeugen Chriſti gleichen Lohn empfangen. Derhalben hat die Heil. Maria Magdalena de Pazzis von dem H. Aloyſio uͤberlaut geſchrichen/ und geſagt: O wie groſſe Herrligkeit hat der Aloyſius, ein Sohn deß Ignatii! Jch haͤtte das niemahlen geglaubet/ wann mir ſolches nicht ge- zeigt haͤtte mein JEſus. Jch wolte/ daß ich die gantze Welt koͤnnte durch- reiſen und verkuͤndigen/ daß Aloyſius ein groſſer Heiliger ſeye; und wuͤnſchte/ daß ich einem jeden deſſelben Glory zeigen koͤnnte/ auff daß mein GOtt da- durch geehret wuͤrde. Dieſe groſſe Herrligkeit iſt ihm daher zu Theil worden/ weilen er innerlich gewircket hat. Wer wird doch jemahlen den Werth und die Krafft der innerlichen Wercke gnugſamb entwerffen koͤnnen? Die euſ- ſerliche Werck moͤgen mit den innerlichen nicht verglichen werden. Aloi- ſius iſt ein unbekaͤnnter Marter geweſen. In Pſ. 18. 6. Jm uͤbrigen beſchreibt der H. Bernardus den herrlichen und viel- faͤltigen Nutzen/ ſo auß dem geiſtlichen Stand entſprieſſet/ mit dieſen Wor- ten ſo zierlich als wahrlich: Jm geiſtlichen Stand lebt man ſauberer/ man fallet ſeltener/ hurtiger ſtehet man auff/ man iſt in ſeinem Handel und Wandel behutſamer/ man wird oͤffter mit der Gnad GOttes befeuchtiget/ man ru- het ſicherer; man ſtirbt auch vertraͤulicher; der Menſch wird im geiſtlichen Stand geſchwinder gereiniget/ und wird endlich auch beſſer und haͤuffiger belohnet. Reiner und ſauberer lebt man/ theils/ weilen der Menſch/ vermoͤg der Pro- feſſion, als deß andern Tauffs von den begangenen Suͤnden gereiniget; und theils/ weilen er durch oͤfftere Nieſſung der H. H. Sacramenten/ und durch Leſung der geiſtlichen Buͤcher auff dem Weeg der Tugenden voll- kommentlicher beſtaͤttiget werde. Er faͤlt ſeltener; dieweilen er nicht ſo vielen Gelegenheiten und Verfuͤhrungen zur Suͤnden unterworffen iſt; und dann die Abſcheuligkeit und Grobheit derſelben durch oͤfftere Betrachtung und Erforſchungen beſſer erkennet: weilen er/ wann er unter vielen den rech- ten Weeg verfehlet/ auff denſelben gar leicht wiederumb kan gewieſen wer- den. Der Menſch ſtehet hurtiger auff: theils weilen er vermittels der

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/458>, abgerufen am 22.11.2024.