Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Gedult der Geistlichen. mit ihr den Spott triebe; ihr Gebett und Offenbahrungen wurden außge-lachet; einige wolten sich auch unterstehen/ den Teuffel/ von dem sie als be- sessen außgeschreyet wurde/ durch Beschwärungen außzutreiben: andere ver- klagten sie vor dem Gericht der Inquisition oder Untersuchung: dieses alles hat sie neben denen Widerwärtigkeiten/ so von ihrer eigenen Obrigkeit in Stiff- tung der Clöster hat leiden müssen/ mit ungemeiner Standhafftigkeit getra- gen. Der ehrwürdige P. Balthasar Alvarez auß der Societät Jesv, einVit. c. 40. § 1. Mann grosser Tugenden und Gelehrtheit wurde in der Provincialischen Versamblung über ein grobes Verbrechen fälschlich angeklagt/ und in Gegenwart aller bestraffet; hat sich aber weder heimlich weder öffentlich ver- thätiget; und ist wegen sothanes heroischen Stillschweigens mit vielen und grossen Gnaden von GOTT versehen worden: ein anders mahl ist dieser fromme Diener GOttes so wohl zu Rom/ als in Hispanien sehr übel ver- schreyet worden; und da ihm solches zu Ohren kommen/ hat er sich darüber gelächlet/ sich nicht wenig erfrewet/ und gesagt; nun sehe ich/ daß mir mein GOtt gewogen seye; weilen er mich durch den gewöhnlichen Weg seiner be- sten Freunde leitet/ der ich schon lang geförchtet hab/ Gott würde meiner ver- gessen seyn. 19. Also ists auch/ mein Christliche Seel; ein solche Beschaffen- ein O o
Von der Gedult der Geiſtlichen. mit ihr den Spott triebe; ihr Gebett und Offenbahrungen wurden außge-lachet; einige wolten ſich auch unterſtehen/ den Teuffel/ von dem ſie als be- ſeſſen außgeſchreyet wurde/ durch Beſchwaͤrungen außzutreiben: andere ver- klagten ſie vor dem Gericht der Inquiſition oder Unterſuchung: dieſes alles hat ſie neben denen Widerwaͤrtigkeiten/ ſo von ihrer eigenen Obrigkeit in Stiff- tung der Cloͤſter hat leiden muͤſſen/ mit ungemeiner Standhafftigkeit getra- gen. Der ehrwuͤrdige P. Balthaſar Alvarez auß der Societaͤt Jeſv, einVit. c. 40. § 1. Mann groſſer Tugenden und Gelehrtheit wurde in der Provincialiſchen Verſamblung uͤber ein grobes Verbrechen faͤlſchlich angeklagt/ und in Gegenwart aller beſtraffet; hat ſich aber weder heimlich weder oͤffentlich ver- thaͤtiget; und iſt wegen ſothanes heroiſchen Stillſchweigens mit vielen und groſſen Gnaden von GOTT verſehen worden: ein anders mahl iſt dieſer fromme Diener GOttes ſo wohl zu Rom/ als in Hiſpanien ſehr uͤbel ver- ſchreyet worden; und da ihm ſolches zu Ohren kommen/ hat er ſich daruͤber gelaͤchlet/ ſich nicht wenig erfrewet/ und geſagt; nun ſehe ich/ daß mir mein GOtt gewogen ſeye; weilen er mich durch den gewoͤhnlichen Weg ſeiner be- ſten Freunde leitet/ der ich ſchon lang gefoͤrchtet hab/ Gott wuͤrde meiner ver- geſſen ſeyn. 19. Alſo iſts auch/ mein Chriſtliche Seel; ein ſolche Beſchaffen- ein O o
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0317" n="289"/><fw place="top" type="header">Von der Gedult der Geiſtlichen.</fw><lb/> mit ihr den Spott triebe; ihr Gebett und Offenbahrungen wurden außge-<lb/> lachet; einige wolten ſich auch unterſtehen/ den Teuffel/ von dem ſie als be-<lb/> ſeſſen außgeſchreyet wurde/ durch Beſchwaͤrungen außzutreiben: andere ver-<lb/> klagten ſie vor dem Gericht der <hi rendition="#aq">Inquiſition</hi> oder Unterſuchung: dieſes alles hat<lb/> ſie neben denen Widerwaͤrtigkeiten/ ſo von ihrer eigenen Obrigkeit in Stiff-<lb/> tung der Cloͤſter hat leiden muͤſſen/ mit ungemeiner Standhafftigkeit getra-<lb/> gen. Der ehrwuͤrdige <hi rendition="#aq">P. Balthaſar Alvarez</hi> auß der <hi rendition="#aq">Societaͤt <hi rendition="#k">Jeſv</hi>,</hi> ein<note place="right"><hi rendition="#aq">Vit. c. 40.<lb/> §</hi> 1.</note><lb/> Mann groſſer Tugenden und Gelehrtheit wurde in der <hi rendition="#aq">Provinciali</hi>ſchen<lb/> Verſamblung uͤber ein grobes Verbrechen faͤlſchlich angeklagt/ und in<lb/> Gegenwart aller beſtraffet; hat ſich aber weder heimlich weder oͤffentlich ver-<lb/> thaͤtiget; und iſt wegen ſothanes heroiſchen Stillſchweigens mit vielen und<lb/> groſſen Gnaden von GOTT verſehen worden: ein anders mahl iſt dieſer<lb/> fromme Diener GOttes ſo wohl zu Rom/ als in Hiſpanien ſehr uͤbel ver-<lb/> ſchreyet worden; und da ihm ſolches zu Ohren kommen/ hat er ſich daruͤber<lb/> gelaͤchlet/ ſich nicht wenig erfrewet/ und geſagt; nun ſehe ich/ daß mir mein<lb/> GOtt gewogen ſeye; weilen er mich durch den gewoͤhnlichen Weg ſeiner be-<lb/> ſten Freunde leitet/ der ich ſchon lang gefoͤrchtet hab/ Gott wuͤrde meiner ver-<lb/> geſſen ſeyn.</p><lb/> <p>19. Alſo iſts auch/ mein Chriſtliche Seel; ein ſolche Beſchaffen-<lb/> heit hats mit dem Dienſt GOTTES: Wie mehr er ſeine Diener lie-<lb/> bet/ deſto freygebiger theilt er demſelben mit die Schmach ſeines Creutzes/<note place="right"><hi rendition="#aq">Rom. 8.<lb/> v.</hi> 29.</note><lb/> auff daß ihm ſelbige deſto gleichfoͤrmiger werden moͤgen; dann die er (wie der<lb/> Apoſtel ſagt) zuvor verſehen hat/ die hat er auch verordnet/ daß ſie gleichfoͤr-<lb/> mig werden ſollen dem Ebenbild ſeines Sohns; auff daß derſelbige der erſt-<lb/> gebohrne ſeye unter vielen Bruͤdern: das iſt (wie der gelehrte <hi rendition="#aq">Vaſquez</hi> und<note place="right"><hi rendition="#aq">Vaſq. 1. p.</hi><lb/> 23.</note><lb/><hi rendition="#aq">Cornelius à Lapide</hi> verdollmetſchen) die GOTT zuvor verſehen hat/ daß<lb/> ſeine Freunde und Geliebte durch ſeine Gnad werden ſolten; ſelbige hat er<lb/> darzu verordnet/ daß ſie leiden ſolten; und ſeinem Sohn gleichfoͤrmig wuͤr-<lb/> den in der Gedult/ der ſo viele Muͤhe und Armſeligkeit fuͤr uns erlitten hat.<lb/> Damit auch ein jeder uͤber die von andern ihm angethane Unbill nicht zuͤrnen<note place="right"><hi rendition="#aq">Hom. 4.<lb/> ad Pop.</hi></note><lb/> moͤge; ſo ſoll er den guͤldenen Spruch deß Heil. Chryſoſtomi in ſein Hertz<lb/> graben; in welcher er die ungerechte Verfolger gute Menſchen und Acker-<lb/> Leuth der Leidenden tauffet; zumahlen ſie die Gerechte durch ihre Verfol-<lb/> gung gleich wie mit einem Pflug außbawen und fruchtbar machen/ wie auß<lb/> zumahliger angezogenen <hi rendition="#aq">Lection</hi> gnugſamb zu verſtehen iſt. Jn dieſem beſte-<lb/> het derhalben die vollkommene Gedult/ daß nemblich ein Geiſtlicher einer<lb/> ſtummen Bildnuͤß aͤhnlich ſeye; und gleich wie ſelbige/ obſchon mit allerhand<lb/> erdencklichen Laͤſterungen geſchaͤndet wird/ hieruͤber nicht zuͤrnet; alſo muß<lb/> <fw place="bottom" type="sig">O o</fw><fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [289/0317]
Von der Gedult der Geiſtlichen.
mit ihr den Spott triebe; ihr Gebett und Offenbahrungen wurden außge-
lachet; einige wolten ſich auch unterſtehen/ den Teuffel/ von dem ſie als be-
ſeſſen außgeſchreyet wurde/ durch Beſchwaͤrungen außzutreiben: andere ver-
klagten ſie vor dem Gericht der Inquiſition oder Unterſuchung: dieſes alles hat
ſie neben denen Widerwaͤrtigkeiten/ ſo von ihrer eigenen Obrigkeit in Stiff-
tung der Cloͤſter hat leiden muͤſſen/ mit ungemeiner Standhafftigkeit getra-
gen. Der ehrwuͤrdige P. Balthaſar Alvarez auß der Societaͤt Jeſv, ein
Mann groſſer Tugenden und Gelehrtheit wurde in der Provincialiſchen
Verſamblung uͤber ein grobes Verbrechen faͤlſchlich angeklagt/ und in
Gegenwart aller beſtraffet; hat ſich aber weder heimlich weder oͤffentlich ver-
thaͤtiget; und iſt wegen ſothanes heroiſchen Stillſchweigens mit vielen und
groſſen Gnaden von GOTT verſehen worden: ein anders mahl iſt dieſer
fromme Diener GOttes ſo wohl zu Rom/ als in Hiſpanien ſehr uͤbel ver-
ſchreyet worden; und da ihm ſolches zu Ohren kommen/ hat er ſich daruͤber
gelaͤchlet/ ſich nicht wenig erfrewet/ und geſagt; nun ſehe ich/ daß mir mein
GOtt gewogen ſeye; weilen er mich durch den gewoͤhnlichen Weg ſeiner be-
ſten Freunde leitet/ der ich ſchon lang gefoͤrchtet hab/ Gott wuͤrde meiner ver-
geſſen ſeyn.
Vit. c. 40.
§ 1.
19. Alſo iſts auch/ mein Chriſtliche Seel; ein ſolche Beſchaffen-
heit hats mit dem Dienſt GOTTES: Wie mehr er ſeine Diener lie-
bet/ deſto freygebiger theilt er demſelben mit die Schmach ſeines Creutzes/
auff daß ihm ſelbige deſto gleichfoͤrmiger werden moͤgen; dann die er (wie der
Apoſtel ſagt) zuvor verſehen hat/ die hat er auch verordnet/ daß ſie gleichfoͤr-
mig werden ſollen dem Ebenbild ſeines Sohns; auff daß derſelbige der erſt-
gebohrne ſeye unter vielen Bruͤdern: das iſt (wie der gelehrte Vaſquez und
Cornelius à Lapide verdollmetſchen) die GOTT zuvor verſehen hat/ daß
ſeine Freunde und Geliebte durch ſeine Gnad werden ſolten; ſelbige hat er
darzu verordnet/ daß ſie leiden ſolten; und ſeinem Sohn gleichfoͤrmig wuͤr-
den in der Gedult/ der ſo viele Muͤhe und Armſeligkeit fuͤr uns erlitten hat.
Damit auch ein jeder uͤber die von andern ihm angethane Unbill nicht zuͤrnen
moͤge; ſo ſoll er den guͤldenen Spruch deß Heil. Chryſoſtomi in ſein Hertz
graben; in welcher er die ungerechte Verfolger gute Menſchen und Acker-
Leuth der Leidenden tauffet; zumahlen ſie die Gerechte durch ihre Verfol-
gung gleich wie mit einem Pflug außbawen und fruchtbar machen/ wie auß
zumahliger angezogenen Lection gnugſamb zu verſtehen iſt. Jn dieſem beſte-
het derhalben die vollkommene Gedult/ daß nemblich ein Geiſtlicher einer
ſtummen Bildnuͤß aͤhnlich ſeye; und gleich wie ſelbige/ obſchon mit allerhand
erdencklichen Laͤſterungen geſchaͤndet wird/ hieruͤber nicht zuͤrnet; alſo muß
ein
Rom. 8.
v. 29.
Vaſq. 1. p.
23.
Hom. 4.
ad Pop.
O o
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/317 |
Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/317>, abgerufen am 16.07.2024. |