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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem Vngehorsamb.
fertigen Außlegung anzustreichen wuste/ daß er gleichsamb mit gutem Fug
dieselbige zu vernachlässigen/ und seinen eigenen Willen zu vollbringen sich
getrauete. Cs lasset aber/ wie gesagt ist/ der gerechte GOtt mit sich nit schär-
tzen/ derhalben dieser unglückseelige Geistliche in seinem Todtsbett die heylsa-
me Erinnerungen der Christlichen Bußfertigkeit und Vorbereitung ver-
worffen/ und gesagt hat: Jch bedarff keiner Sacramenten/ dieweilen ich mei-
ner Verdambnuß versichert bin: ich hab nichts gethan/ als was mir gefal-
len hat/ derowegen GOtt gefallen hat/ mich ewiglich zu verdammen. Und
obschon sich alle Umstehende eusserist bemühet haben/ sothane Verzweiffelung
durch die unendliche Barmhertzigkeit GOttes zu vermittlen/ so hat dan-
noch der Krancke sein voriges Lied gesungen; ich bin ewiglich verdammet/
und in diesen Worten den Geist auffgegeben. Also verfolget GOtt den
Ungehorsamb. Der wahre einfältige Gehorsamb will auch mit der gering-
sten Entschuldigung nichts zu schaffen haben; dahero der H. ColumbanusIn Reg.
p. 2. c.
8.

verordnet hat/ daß der jenige/ so auch mit einer Einfalt seine Entschuldi-
gung vorbringet/ und dieserthalben seine Schuld nicht alsbald erkennet/ und
umb Vergebung bittet/ mit fünfftzig Streichen solle hergenommen werden.

5. Weiters/ mein Christliche Seel/ wollen wir in Erfahrung kommen/
das auch vielmahl die gute Werck/ so auß eigenem Willen/ und ohne den
Gehorsamb geübet werden/ dem allmächtigen GOtt mißfallen. WasExod. 16.
ware doch süsser und geschmäckiger/ als eben das Himmel-Brod/ eine
Speiß deß Jsraelitischen Volcks in der Wüsten? Allen lieblichen Ge-
schmack hatte dieses Brod an sich; und dannoch verdurbe alles/ was von
selbigem gegen den Befelch GOttes biß auff den andern Tag auffbehal-
ten wurde; darauß wir dann gnugsamb abzun[e]hmen haben/ daß auch alle
Geist-reiche und heilige Werck/ so dem Willen der Obrigkeit zu wider ge-
schehen/ verderbet und zu Wasser werden; zumahlen ein jedes VerbrechenBouer.
Ann. Ca-
puc. 157.
Historia.

sein Ubel nach sich führet. Dieses hat erfahren ein sicher Novitius, welcher
von seinem Magister offt ermahnet wurde/ daß er ausser dem Gehorsamb
auch so gar nicht betten solte. Dieweiln er aber dieser Ermahnung nicht ge-
bürlich nachlebte/ sondern bey nächlicher Weil sein Gebet zu verrichten pfleg-
te[;] und über solchem Gebett einsmahls ertappet/ mit Worten scharff herge-
nommen/ und auß dem Chor zur Cellen hingewiesen wurde; gienge er zwar
hin/ aber nicht ohne Murren/ daß ihm nicht zugelassen wurde/ dem H. Gebett
abzuwarten; fienge derhalben in der Cellen wiederumb an zu betten wie vorhin.
Er hat aber für solches Gebett einen unvermuthlichen Lohn bekommen/ in
dem ihn der Höllische Sathan mie solcher Ungestümmigkeit angefallen/
daß er ihm ohne allen Zweiffel erwürget hätte/ wann ihm nicht sein
Geistlicher Vatter wäre zu Hülff kommen/ und ihn mit grosser

Mühe

Von dem Vngehorſamb.
fertigen Außlegung anzuſtreichen wuſte/ daß er gleichſamb mit gutem Fug
dieſelbige zu vernachlaͤſſigen/ und ſeinen eigenen Willen zu vollbringen ſich
getrauete. Cs laſſet aber/ wie geſagt iſt/ der gerechte GOtt mit ſich nit ſchaͤr-
tzen/ derhalben dieſer ungluͤckſeelige Geiſtliche in ſeinem Todtsbett die heylſa-
me Erinnerungen der Chriſtlichen Bußfertigkeit und Vorbereitung ver-
worffen/ und geſagt hat: Jch bedarff keiner Sacramenten/ dieweilen ich mei-
ner Verdambnuß verſichert bin: ich hab nichts gethan/ als was mir gefal-
len hat/ derowegen GOtt gefallen hat/ mich ewiglich zu verdammen. Und
obſchon ſich alle Umſtehende euſſeriſt bemuͤhet haben/ ſothane Verzweiffelung
durch die unendliche Barmhertzigkeit GOttes zu vermittlen/ ſo hat dan-
noch der Krancke ſein voriges Lied geſungen; ich bin ewiglich verdammet/
und in dieſen Worten den Geiſt auffgegeben. Alſo verfolget GOtt den
Ungehorſamb. Der wahre einfaͤltige Gehorſamb will auch mit der gering-
ſten Entſchuldigung nichts zu ſchaffen haben; dahero der H. ColumbanusIn Reg.
p. 2. c.
8.

verordnet hat/ daß der jenige/ ſo auch mit einer Einfalt ſeine Entſchuldi-
gung vorbringet/ und dieſerthalben ſeine Schuld nicht alsbald erkennet/ und
umb Vergebung bittet/ mit fuͤnfftzig Streichen ſolle hergenommen werden.

5. Weiters/ mein Chriſtliche Seel/ wollen wir in Erfahrung kommen/
das auch vielmahl die gute Werck/ ſo auß eigenem Willen/ und ohne den
Gehorſamb geuͤbet werden/ dem allmaͤchtigen GOtt mißfallen. WasExod. 16.
ware doch ſuͤſſer und geſchmaͤckiger/ als eben das Himmel-Brod/ eine
Speiß deß Jſraelitiſchen Volcks in der Wuͤſten? Allen lieblichen Ge-
ſchmack hatte dieſes Brod an ſich; und dannoch verdurbe alles/ was von
ſelbigem gegen den Befelch GOttes biß auff den andern Tag auffbehal-
ten wurde; darauß wir dann gnugſamb abzun[e]hmen haben/ daß auch alle
Geiſt-reiche und heilige Werck/ ſo dem Willen der Obrigkeit zu wider ge-
ſchehen/ verderbet und zu Waſſer werden; zumahlen ein jedes VerbrechenBouer.
Ann. Ca-
puc. 157.
Hiſtoria.

ſein Ubel nach ſich fuͤhret. Dieſes hat erfahren ein ſicher Novitius, welcher
von ſeinem Magiſter offt ermahnet wurde/ daß er auſſer dem Gehorſamb
auch ſo gar nicht betten ſolte. Dieweiln er aber dieſer Ermahnung nicht ge-
buͤrlich nachlebte/ ſondern bey naͤchlicher Weil ſein Gebet zu verrichten pfleg-
te[;] und uͤber ſolchem Gebett einsmahls ertappet/ mit Worten ſcharff herge-
nommen/ und auß dem Chor zur Cellen hingewieſen wurde; gienge er zwar
hin/ aber nicht ohne Murren/ daß ihm nicht zugelaſſen wurde/ dem H. Gebett
abzuwarten; fienge derhalben in der Cellen wiederumb an zu betten wie vorhin.
Er hat aber fuͤr ſolches Gebett einen unvermuthlichen Lohn bekommen/ in
dem ihn der Hoͤlliſche Sathan mie ſolcher Ungeſtuͤmmigkeit angefallen/
daß er ihm ohne allen Zweiffel erwuͤrget haͤtte/ wann ihm nicht ſein
Geiſtlicher Vatter waͤre zu Huͤlff kommen/ und ihn mit groſſer

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[271/0299] Von dem Vngehorſamb. fertigen Außlegung anzuſtreichen wuſte/ daß er gleichſamb mit gutem Fug dieſelbige zu vernachlaͤſſigen/ und ſeinen eigenen Willen zu vollbringen ſich getrauete. Cs laſſet aber/ wie geſagt iſt/ der gerechte GOtt mit ſich nit ſchaͤr- tzen/ derhalben dieſer ungluͤckſeelige Geiſtliche in ſeinem Todtsbett die heylſa- me Erinnerungen der Chriſtlichen Bußfertigkeit und Vorbereitung ver- worffen/ und geſagt hat: Jch bedarff keiner Sacramenten/ dieweilen ich mei- ner Verdambnuß verſichert bin: ich hab nichts gethan/ als was mir gefal- len hat/ derowegen GOtt gefallen hat/ mich ewiglich zu verdammen. Und obſchon ſich alle Umſtehende euſſeriſt bemuͤhet haben/ ſothane Verzweiffelung durch die unendliche Barmhertzigkeit GOttes zu vermittlen/ ſo hat dan- noch der Krancke ſein voriges Lied geſungen; ich bin ewiglich verdammet/ und in dieſen Worten den Geiſt auffgegeben. Alſo verfolget GOtt den Ungehorſamb. Der wahre einfaͤltige Gehorſamb will auch mit der gering- ſten Entſchuldigung nichts zu ſchaffen haben; dahero der H. Columbanus verordnet hat/ daß der jenige/ ſo auch mit einer Einfalt ſeine Entſchuldi- gung vorbringet/ und dieſerthalben ſeine Schuld nicht alsbald erkennet/ und umb Vergebung bittet/ mit fuͤnfftzig Streichen ſolle hergenommen werden. In Reg. p. 2. c. 8. 5. Weiters/ mein Chriſtliche Seel/ wollen wir in Erfahrung kommen/ das auch vielmahl die gute Werck/ ſo auß eigenem Willen/ und ohne den Gehorſamb geuͤbet werden/ dem allmaͤchtigen GOtt mißfallen. Was ware doch ſuͤſſer und geſchmaͤckiger/ als eben das Himmel-Brod/ eine Speiß deß Jſraelitiſchen Volcks in der Wuͤſten? Allen lieblichen Ge- ſchmack hatte dieſes Brod an ſich; und dannoch verdurbe alles/ was von ſelbigem gegen den Befelch GOttes biß auff den andern Tag auffbehal- ten wurde; darauß wir dann gnugſamb abzunehmen haben/ daß auch alle Geiſt-reiche und heilige Werck/ ſo dem Willen der Obrigkeit zu wider ge- ſchehen/ verderbet und zu Waſſer werden; zumahlen ein jedes Verbrechen ſein Ubel nach ſich fuͤhret. Dieſes hat erfahren ein ſicher Novitius, welcher von ſeinem Magiſter offt ermahnet wurde/ daß er auſſer dem Gehorſamb auch ſo gar nicht betten ſolte. Dieweiln er aber dieſer Ermahnung nicht ge- buͤrlich nachlebte/ ſondern bey naͤchlicher Weil ſein Gebet zu verrichten pfleg- te; und uͤber ſolchem Gebett einsmahls ertappet/ mit Worten ſcharff herge- nommen/ und auß dem Chor zur Cellen hingewieſen wurde; gienge er zwar hin/ aber nicht ohne Murren/ daß ihm nicht zugelaſſen wurde/ dem H. Gebett abzuwarten; fienge derhalben in der Cellen wiederumb an zu betten wie vorhin. Er hat aber fuͤr ſolches Gebett einen unvermuthlichen Lohn bekommen/ in dem ihn der Hoͤlliſche Sathan mie ſolcher Ungeſtuͤmmigkeit angefallen/ daß er ihm ohne allen Zweiffel erwuͤrget haͤtte/ wann ihm nicht ſein Geiſtlicher Vatter waͤre zu Huͤlff kommen/ und ihn mit groſſer Muͤhe Exod. 16. Bouer. Ann. Ca- puc. 157. Hiſtoria.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/299>, abgerufen am 24.11.2024.