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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem Stillschweigen.
von den Sünden und bösen Begirden gesaubert ist; nachmahls eingehet:
Es gehört aber zur Wanderung dieses Weges/ daß man die Tugenden
pflantze: darzu ein solcher Eyffer und Hitze vonnöthen ist/ der ohne dieDe Pas-
sione Domini
c.
21.

Stillschweigung mit nichten bestehen kan; wie der Hönig- fliessende Ber-
nardus mit dieser schönen Gleich nuß beweiset/ und sagt: gleich wie derjenige/
so die Warmbde in der Stuben erhalten will/ dieselbige selten/ und ohne Noth
nicht auffsperret; also muß die innerliche Hitze der Seclen mit genauer Be-
wahrung deß Stillschweigens erhalten werden. Derhalben soll sich ein
Tugend-ergebener Mensch die Verschweigung sonderbahr angelegen seyn
lässen; dieweilen Tugend sammlen ohne stete Ubung deß Stillschweigens/
nichts anders ist/ als Staub in den Wind tragen: und wie nöthig einem
Soldaten die Währ und Waffen seynd/ also seynd/ nach Meinung deßHom. 20.
de An-
nunt.

Geist- reichen Thalasu/ einer erleuchteten Seelen nöthig die Stillschwei-
gung und das Gebett: dann diese saubern und schärffen zugleich die Augen
derselben Seelen. Nun höre weiters/ mein Christliche Seel/ die grosseGrad. 11.
Nutzbarkeit dieser Ubung von dem Geist-erfahrnen Climaco: Der
Schweigens-Beflissene/ sagt er/ nahet GOtt hinzu; und
indem er im innersten seines Hertzen zu demselben getret-
ten/ wird ervon Jhme erlenchter.
Dieses bekräfftiget der see-Tr. de
Orat. c.
5.

lige Laurentius Justinianus und sagt: daß das WORT einem War-
tenden und Schweigenden sich gern eingiesse. Soll dir dieses alles noch
nicht ein gnugsamer Sporn zur Lieb der Stillschweigung seyn? so gedencke/
daß gleich wie der jenige/ so von einem anderen heimliche und wichtige Din-
ge hören will/ von dem Getümmell und Plaudern der Anwesenden sich
muß absöndern; also der die Einsprechungen und über Hönig süsse Gaben
GOttes zu empfahen verlanget; die Conversation und Gespräche der Men-
sehen fliehen müsse. Dahero hat dein Heyland nicht in der rasenden Unruhe
deß Tags/ sondern in der stillen Nacht/ zu deinem und meinem Trost/ der
Weltsich zeigen wollen/ auff daß wir lernen sollen/ wie angenehin ihm seye
die Tugend deß Stillschweigens.

15. Der dritte Weeg zur Vollkommenheit ist der Weeg der Vereini-
gung/ Krafft deren eine Christglaubige Seel in der Liebe GOttes zur Voll-
kommenheit gelänget. Es ist aber derselben auch nöthig die Stillschwei-
gung; sintemahlen dieselbe den Diener GOTTES zur Vereinigung
und Liebe nicht allein entzündet; sondern auch in dessen Hertzen eine Woh-Epist. 130
nung deß Heiligen Geistes bereitet/ wie der H. Petrus Damianus mit die-
sen Worten verzeichnet. Wann das Geröß und Getümmel der menschlt-

chen
D d 3

Von dem Stillſchweigen.
von den Suͤnden und boͤſen Begirden geſaubert iſt; nachmahls eingehet:
Es gehoͤrt aber zur Wanderung dieſes Weges/ daß man die Tugenden
pflantze: darzu ein ſolcher Eyffer und Hitze vonnoͤthen iſt/ der ohne dieDe Paſ-
ſione Domini
c.
21.

Stillſchweigung mit nichten beſtehen kan; wie der Hoͤnig- flieſſende Ber-
nardus mit dieſer ſchoͤnen Gleich nuß beweiſet/ und ſagt: gleich wie derjenige/
ſo die Warmbde in der Stuben erhalten will/ dieſelbige ſelten/ und ohne Noth
nicht auffſperret; alſo muß die innerliche Hitze der Seclen mit genauer Be-
wahrung deß Stillſchweigens erhalten werden. Derhalben ſoll ſich ein
Tugend-ergebener Menſch die Verſchweigung ſonderbahr angelegen ſeyn
laͤſſen; dieweilen Tugend ſammlen ohne ſtete Ubung deß Stillſchweigens/
nichts anders iſt/ als Staub in den Wind tragen: und wie noͤthig einem
Soldaten die Waͤhr und Waffen ſeynd/ alſo ſeynd/ nach Meinung deßHom. 20.
de An-
nunt.

Geiſt- reichen Thalaſu/ einer erleuchteten Seelen noͤthig die Stillſchwei-
gung und das Gebett: dann dieſe ſaubern und ſchaͤrffen zugleich die Augen
derſelben Seelen. Nun hoͤre weiters/ mein Chriſtliche Seel/ die groſſeGrad. 11.
Nutzbarkeit dieſer Ubung von dem Geiſt-erfahrnen Climaco: Der
Schweigens-Befliſſene/ ſagt er/ nahet GOtt hinzu; und
indem er im innerſten ſeines Hertzen zu demſelben getret-
ten/ wird ervon Jhme erlenchter.
Dieſes bekraͤfftiget der ſee-Tr. de
Orat. c.
5.

lige Laurentius Juſtinianus und ſagt: daß das WORT einem War-
tenden und Schweigenden ſich gern eingieſſe. Soll dir dieſes alles noch
nicht ein gnugſamer Sporn zur Lieb der Stillſchweigung ſeyn? ſo gedencke/
daß gleich wie der jenige/ ſo von einem anderen heimliche und wichtige Din-
ge hoͤren will/ von dem Getuͤmmell und Plaudern der Anweſenden ſich
muß abſoͤndern; alſo der die Einſprechungen und uͤber Hoͤnig ſuͤſſe Gaben
GOttes zu empfahen verlanget; die Converſation und Geſpraͤche der Men-
ſehen fliehen muͤſſe. Dahero hat dein Heyland nicht in der raſendèn Unruhe
deß Tags/ ſondern in der ſtillen Nacht/ zu deinem und meinem Troſt/ der
Weltſich zeigen wollen/ auff daß wir lernen ſollen/ wie angenehin ihm ſeye
die Tugend deß Stillſchweigens.

15. Der dritte Weeg zur Vollkommenhéit iſt der Weeg der Vereini-
gung/ Krafft deren eine Chriſtglaubige Seel in der Liebe GOttes zur Voll-
kommenheit gelaͤnget. Es iſt abér derſelbén auch noͤthig die Stillſchwei-
gung; ſintemahlen dieſelbe den Diener GOTTES zur Vereinigung
und Liebe nicht allein entzuͤndet; ſondern auch in deſſen Hertzen eine Woh-Epiſt. 130
nung deß Heiligen Geiſtes bereitet/ wie der H. Petrus Damianus mit die-
ſen Worten verzeichnet. Wann das Geroͤß und Getuͤmmel der menſchlt-

chen
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[213/0241] Von dem Stillſchweigen. von den Suͤnden und boͤſen Begirden geſaubert iſt; nachmahls eingehet: Es gehoͤrt aber zur Wanderung dieſes Weges/ daß man die Tugenden pflantze: darzu ein ſolcher Eyffer und Hitze vonnoͤthen iſt/ der ohne die Stillſchweigung mit nichten beſtehen kan; wie der Hoͤnig- flieſſende Ber- nardus mit dieſer ſchoͤnen Gleich nuß beweiſet/ und ſagt: gleich wie derjenige/ ſo die Warmbde in der Stuben erhalten will/ dieſelbige ſelten/ und ohne Noth nicht auffſperret; alſo muß die innerliche Hitze der Seclen mit genauer Be- wahrung deß Stillſchweigens erhalten werden. Derhalben ſoll ſich ein Tugend-ergebener Menſch die Verſchweigung ſonderbahr angelegen ſeyn laͤſſen; dieweilen Tugend ſammlen ohne ſtete Ubung deß Stillſchweigens/ nichts anders iſt/ als Staub in den Wind tragen: und wie noͤthig einem Soldaten die Waͤhr und Waffen ſeynd/ alſo ſeynd/ nach Meinung deß Geiſt- reichen Thalaſu/ einer erleuchteten Seelen noͤthig die Stillſchwei- gung und das Gebett: dann dieſe ſaubern und ſchaͤrffen zugleich die Augen derſelben Seelen. Nun hoͤre weiters/ mein Chriſtliche Seel/ die groſſe Nutzbarkeit dieſer Ubung von dem Geiſt-erfahrnen Climaco: Der Schweigens-Befliſſene/ ſagt er/ nahet GOtt hinzu; und indem er im innerſten ſeines Hertzen zu demſelben getret- ten/ wird ervon Jhme erlenchter. Dieſes bekraͤfftiget der ſee- lige Laurentius Juſtinianus und ſagt: daß das WORT einem War- tenden und Schweigenden ſich gern eingieſſe. Soll dir dieſes alles noch nicht ein gnugſamer Sporn zur Lieb der Stillſchweigung ſeyn? ſo gedencke/ daß gleich wie der jenige/ ſo von einem anderen heimliche und wichtige Din- ge hoͤren will/ von dem Getuͤmmell und Plaudern der Anweſenden ſich muß abſoͤndern; alſo der die Einſprechungen und uͤber Hoͤnig ſuͤſſe Gaben GOttes zu empfahen verlanget; die Converſation und Geſpraͤche der Men- ſehen fliehen muͤſſe. Dahero hat dein Heyland nicht in der raſendèn Unruhe deß Tags/ ſondern in der ſtillen Nacht/ zu deinem und meinem Troſt/ der Weltſich zeigen wollen/ auff daß wir lernen ſollen/ wie angenehin ihm ſeye die Tugend deß Stillſchweigens. De Paſ- ſione Domini c. 21. Hom. 20. de An- nunt. Grad. 11. Tr. de Orat. c. 5. 15. Der dritte Weeg zur Vollkommenhéit iſt der Weeg der Vereini- gung/ Krafft deren eine Chriſtglaubige Seel in der Liebe GOttes zur Voll- kommenheit gelaͤnget. Es iſt abér derſelbén auch noͤthig die Stillſchwei- gung; ſintemahlen dieſelbe den Diener GOTTES zur Vereinigung und Liebe nicht allein entzuͤndet; ſondern auch in deſſen Hertzen eine Woh- nung deß Heiligen Geiſtes bereitet/ wie der H. Petrus Damianus mit die- ſen Worten verzeichnet. Wann das Geroͤß und Getuͤmmel der menſchlt- chen Epiſt. 130 D d 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/241>, abgerufen am 24.04.2024.