Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Fünffzehende Geistliche Lection 8. Jm übrigen/ was dir/ mein Christliche Seel/ oben am sechsten Lilien Blat 9. Wie
Die Fuͤnffzehende Geiſtliche Lection 8. Jm uͤbrigen/ was dir/ mein Chriſtliche Seel/ oben am ſechſtẽ Lilien Blat 9. Wie
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Die Fuͤnffzehende Geiſtliche Lection
8. Jm uͤbrigen/ was dir/ mein Chriſtliche Seel/ oben am ſechſtẽ Lilien Blat
wohl-meinend iſt gerathen worden; das widerhole ich nun abermal/ und
ſtelle dir einige vor Augen/ ſo durch unbedachtſames Anruͤhren deß Frauen-
Zimmers/ nicht geringen Schaden an ihrer Wohlrichenden Blumen gelitten
habẽ. Und ob ſchon auch die jenige Weiber mit welchẽ ſie dergeſtalt umgehen/
wuͤrden heilig ſeyn; ſo ſoll uns doch in ſolcher Gelegenheit einfallen/ was
jener Vorſteher ſeinem untergebenen geiſtlichem Bruder zur Lehr gegeben/
welcher im Capitul ware verklagt worden/ daß er einer die Hand gegeben
habe: daruͤber er ſich dann entſchuldiget/ und geſagt/ daß ſelbiges Weib vor
heilig gehalten werde. Der Vorſteher aber hat ihme geantwortet: der Re-
gen iſt gut/ und die Erd iſt auch gut/ und gleichwohl auß dieſer beyden Ver-
miſchung entſtehet oͤffter ein Kot/ ſo die Menſchen beſchmitzet. Ein ver-
ſtaͤndiger und tugendſamer Mann/ ſo der ſeeligen Mariaͤ von Oegniaco ein
ſehr guter Freund geweſen/ hat einsmals auß uͤberauß groſſer geiſtlicher Af-
fection die Hand der gedachten Jungfrau gedrucket/ und hat alsbald die erſte
Bewegungen der boͤſen Begierde an ſich empfunden: derhalben hat ſich ei-
ne Stimm vom Himmel hoͤren laſſen/ mit welcher die H. Maria Magda-
lena von Chriſto angeredet worden: Noli me tangere. Růhr mich
nicht an. Der gemeldte Freund hat aber von ſelbiger Zeit der Behutſamb-
keit ſich befliſſen. Als am heiligen Oſterfeſt der H. Papſt Leo das hohe
Ambt der H. Meeß gehalten/ und dem Volck das heilige Nachtmahl ge-
reichet/ hat ein Weib deß Heiligen und hohen Prieſters Hand gekuͤſſet/
worauff den hoͤchſt-gedachten Papſt ein hefftige Verſuchung deß Fleiſches
ergriffen hat. Dieſe ſeine aͤrgerliche Hand hat der H. Mann abgehauen/ und
von ſich geworffen: und da inzwiſchen das Volck zu murmelen und zu
fragen anfienge/ warumb der Papſt dem Gebrauch gemaͤß das hohe Ambt
zu halten nicht erſcheine: hat ſich der H. Leo zu der Allerſeeligſten Mut-
ter deß Herrn gewendet/ und dero Fuͤrſichtigkeit ſich zumahlen ergeben.
Welche ihm erſchienen/ die abgehauene Hand mit ihren allerheiligſten Haͤn-
den gehoͤrigen Orts wiederumb eingeſetzt/ und befohlen/ er ſolle hingehen/
und das Ambt ihres Sohns verrichten: ſo auch geſchehen; und der Gott-
ſeelige Hirt hat allen ſeinen Schaͤfflein kund gemacht/ was ihm widerfahren/
und hat allen die angeheilete Hand gezeiget. Siehe/ mein Chriſtliche
Seel/ ſo viel vermag das Beruͤhren eines Weibs.
Jacob. de
Vitriaco
in Vita.
Hiſtoria.
Diſcip.
Hiſtoria.
9. Wie
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