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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Dreyzehende Geistliche Lection
bemuhet hat auff Erden. Die Ursach aber dessen gibt uns der Geist-
Par. 1. c. 25reiche Di[a]acus Stella mu diesen Worten: Es ist ein beschwährliche Sach-
leben in hohen Würden/ und dennoch frey seyn von hochtrabenden Gedan-
cken. Weilen dann GOtt denen widerstehet/ so ein grosses auß sich selb-
sten machen; und die Chrsüchtige solche seynd: so kan man wohl schliessen/
daß selbige von GOtt in den Abgrund deß Elends werden verworffen wer-
den nach den Worten der ewigen Warheit: Vnd du Capharnaum/
Luc. 10.
v.
15.
die du biß an den Himmel erhoben bist/ wirst biß zur Höl-
len hinunter gesencket werden.
Dieß haben erfahren die jenige
Geistliche/ von denen der Antonius Senensis in der Chronic deß H. Predi-
ger-Ordens also meldet: umb das Jahr 1570. in einem sicheren Kloster ist
nach der gewöhnlichen Complet einer von den Brädern zum Reffenter hin-
Historia.gangen/ dieweilen ihme die Sorg desselben anbefohlen gewesen. So bald
er nun hinein kommen/ hat er selbiges zu allen Seiten mit Geistlichen Brü-
dern erfüllet gesehen/ so mit gewöhnlichen Kappen angekleidet/ sich zu Tisch
gesetzt/ und die annähende Zeit deß Abendmahls gleichsamb erwartet. Der
Bruder ist alsbald zum Prior gelauffen/ und hat ihm die Gegenwart der
frembden Gästen verkündiget. Dieser aber hat vermeinet/ der Geistliche seye
oder närrisch worden/ oder habe solches etwan getraumet/ und sich diesen
Traum allzufast eingebildet. Da er nun gleichsamb mit Gewalt zu kom-
men gezwungen worden; ist er dorthin gefolget/ und hat die Sach mit Ver-
wirrung seiner selbsten also befunden: nachmals die fürnehmste und ver-
ständigste deß Klosters zusammen beruffen/ und nach gepflogenem Rath/
den Priesterlichen Habit angelegt/ das Allerhochwürdigste Sacrament deß
Altars in Begleitung sämbtlicher Geistlichen Brüder/ zum Reffenter getra-
gen; und da er hinzu kommen ist/ hat er den jenigen/ so die fürnehmste Platz
besessen zum ersten angeredet/ und weiters die sämbtliche beschwohren/ anzu-
kündigen/ wer sie seyen/ und zu was End sie dahin kommen? und hat ihnen
auch im Nahmen deß jenigen HErrn/ den er in den Händen getragen/ be-
fohlen/ sie solten auff die gethane Fragen antworten: hierauff hat/ dem An-
sehen nach/ der fürnehmbste unter ihnen angefangen und bekennet; daß sie
alle gewesen seyen Geistliche desselben Ordens; der meiste Theil aber seyen
gewesen Magistri, Priores, Suppriores, Doctores, Baccalaurei, Lecto-
res
und mit andern Aembtern geehret; und daß sie alle die Sententz deß
ewigen Todts getroffen habe/ deren sie sich durch vielen Ehrgeitz/ Hoffarth/
Mißgunst und anderer dergleichen Laster würdig gemacht hätten. Sie

seyen

Die Dreyzehende Geiſtliche Lection
bemůhet hat auff Erden. Die Urſach aber deſſen gibt uns der Geiſt-
Par. 1. c. 25reiche Di[a]acus Stella mu dieſen Worten: Es iſt ein beſchwaͤhrliche Sach-
leben in hohen Wuͤrden/ und dennoch frey ſeyn von hochtrabenden Gedan-
cken. Weilen dann GOtt denen widerſtehet/ ſo ein groſſes auß ſich ſelb-
ſten machen; und die Chrſuͤchtige ſolche ſeynd: ſo kan man wohl ſchlieſſen/
daß ſelbige von GOtt in den Abgrund deß Elends werden verworffen wer-
den nach den Worten der ewigen Warheit: Vnd du Capharnaum/
Luc. 10.
v.
15.
die du biß an den Himmel erhoben biſt/ wirſt biß zur Hoͤl-
len hinunter geſencket werden.
Dieß haben erfahren die jenige
Geiſtliche/ von denen der Antonius Senenſis in der Chronic deß H. Predi-
ger-Ordens alſo meldet: umb das Jahr 1570. in einem ſicheren Kloſter iſt
nach der gewoͤhnlichen Complet einer von den Braͤdern zum Reffenter hin-
Hiſtoria.gangen/ dieweilen ihme die Sorg deſſelben anbefohlen geweſen. So bald
er nun hinein kommen/ hat er ſelbiges zu allen Seiten mit Geiſtlichen Bruͤ-
dern erfuͤllet geſehen/ ſo mit gewoͤhnlichen Kappen angekleidet/ ſich zu Tiſch
geſetzt/ und die annaͤhende Zeit deß Abendmahls gleichſamb erwartet. Der
Bruder iſt alsbald zum Prior gelauffen/ und hat ihm die Gegenwart der
frembden Gaͤſten verkuͤndiget. Dieſer aber hat vermeinet/ der Geiſtliche ſeye
oder naͤrriſch worden/ oder habe ſolches etwan getraumet/ und ſich dieſen
Traum allzufaſt eingebildet. Da er nun gleichſamb mit Gewalt zu kom-
men gezwungen worden; iſt er dorthin gefolget/ und hat die Sach mit Ver-
wirrung ſeiner ſelbſten alſo befunden: nachmals die fuͤrnehmſte und ver-
ſtaͤndigſte deß Kloſters zuſammen beruffen/ und nach gepflogenem Rath/
den Prieſterlichen Habit angelegt/ das Allerhochwuͤrdigſte Sacrament deß
Altars in Begleitung ſaͤmbtlicher Geiſtlichen Bruͤder/ zum Reffenter getra-
gen; und da er hinzu kommen iſt/ hat er den jenigen/ ſo die fuͤrnehmſte Platz
beſeſſen zum erſten angeredet/ und weiters die ſaͤmbtliche beſchwohren/ anzu-
kuͤndigen/ wer ſie ſeyen/ und zu was End ſie dahin kommen? und hat ihnen
auch im Nahmen deß jenigen HErrn/ den er in den Haͤnden getragen/ be-
fohlen/ ſie ſolten auff die gethane Fragen antworten: hierauff hat/ dem An-
ſehen nach/ der fuͤrnehmbſte unter ihnen angefangen und bekennet; daß ſie
alle geweſen ſeyen Geiſtliche deſſelben Ordens; der meiſte Theil aber ſeyen
geweſen Magiſtri, Priores, Suppriores, Doctores, Baccalaurei, Lecto-
res
und mit andern Aembtern geehret; und daß ſie alle die Sententz deß
ewigen Todts getroffen habe/ deren ſie ſich durch vielen Ehrgeitz/ Hoffarth/
Mißgunſt und anderer dergleichen Laſter wuͤrdig gemacht haͤtten. Sie

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[144/0172] Die Dreyzehende Geiſtliche Lection bemůhet hat auff Erden. Die Urſach aber deſſen gibt uns der Geiſt- reiche Diaacus Stella mu dieſen Worten: Es iſt ein beſchwaͤhrliche Sach- leben in hohen Wuͤrden/ und dennoch frey ſeyn von hochtrabenden Gedan- cken. Weilen dann GOtt denen widerſtehet/ ſo ein groſſes auß ſich ſelb- ſten machen; und die Chrſuͤchtige ſolche ſeynd: ſo kan man wohl ſchlieſſen/ daß ſelbige von GOtt in den Abgrund deß Elends werden verworffen wer- den nach den Worten der ewigen Warheit: Vnd du Capharnaum/ die du biß an den Himmel erhoben biſt/ wirſt biß zur Hoͤl- len hinunter geſencket werden. Dieß haben erfahren die jenige Geiſtliche/ von denen der Antonius Senenſis in der Chronic deß H. Predi- ger-Ordens alſo meldet: umb das Jahr 1570. in einem ſicheren Kloſter iſt nach der gewoͤhnlichen Complet einer von den Braͤdern zum Reffenter hin- gangen/ dieweilen ihme die Sorg deſſelben anbefohlen geweſen. So bald er nun hinein kommen/ hat er ſelbiges zu allen Seiten mit Geiſtlichen Bruͤ- dern erfuͤllet geſehen/ ſo mit gewoͤhnlichen Kappen angekleidet/ ſich zu Tiſch geſetzt/ und die annaͤhende Zeit deß Abendmahls gleichſamb erwartet. Der Bruder iſt alsbald zum Prior gelauffen/ und hat ihm die Gegenwart der frembden Gaͤſten verkuͤndiget. Dieſer aber hat vermeinet/ der Geiſtliche ſeye oder naͤrriſch worden/ oder habe ſolches etwan getraumet/ und ſich dieſen Traum allzufaſt eingebildet. Da er nun gleichſamb mit Gewalt zu kom- men gezwungen worden; iſt er dorthin gefolget/ und hat die Sach mit Ver- wirrung ſeiner ſelbſten alſo befunden: nachmals die fuͤrnehmſte und ver- ſtaͤndigſte deß Kloſters zuſammen beruffen/ und nach gepflogenem Rath/ den Prieſterlichen Habit angelegt/ das Allerhochwuͤrdigſte Sacrament deß Altars in Begleitung ſaͤmbtlicher Geiſtlichen Bruͤder/ zum Reffenter getra- gen; und da er hinzu kommen iſt/ hat er den jenigen/ ſo die fuͤrnehmſte Platz beſeſſen zum erſten angeredet/ und weiters die ſaͤmbtliche beſchwohren/ anzu- kuͤndigen/ wer ſie ſeyen/ und zu was End ſie dahin kommen? und hat ihnen auch im Nahmen deß jenigen HErrn/ den er in den Haͤnden getragen/ be- fohlen/ ſie ſolten auff die gethane Fragen antworten: hierauff hat/ dem An- ſehen nach/ der fuͤrnehmbſte unter ihnen angefangen und bekennet; daß ſie alle geweſen ſeyen Geiſtliche deſſelben Ordens; der meiſte Theil aber ſeyen geweſen Magiſtri, Priores, Suppriores, Doctores, Baccalaurei, Lecto- res und mit andern Aembtern geehret; und daß ſie alle die Sententz deß ewigen Todts getroffen habe/ deren ſie ſich durch vielen Ehrgeitz/ Hoffarth/ Mißgunſt und anderer dergleichen Laſter wuͤrdig gemacht haͤtten. Sie ſeyen Par. 1. c. 25 Luc. 10. v. 15. Hiſtoria.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/172>, abgerufen am 25.04.2024.