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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Demuth.
Bischoff ware: und darüber hab ich mich beflissen/ so viel mir möglich gewe-
sen/ daß ich an einem niedrigen Orth mögte mein Seeligkeit erwerben/
und an einem hohen mich nicht in Gefahr der ewigen Verdambnuß setzete.
Wann nun/ mein Christliche Seel/ für diesem Feind also erschrecken die
Riesen deß außerwählten Volcks/ sollen wir arme Menschlein nicht billigere
Ursach zu förchten haben? wie die Pest sollen wir das Lob der Menschen
fliehen; alle Gelegenheit zu den Ehren meyden; der Gesellschafft deren
Weltlichen und anderer/ so in Würden seynd/ und durch deren Macht und
Hülff wir zu denselben gelangen können/ uns/ so viel möglich ist/ entschla-
gen; die Einsambkeit lieben; vor unnöthigen Reden uns fleissig hüten/
und lieber wollen veracht als gelobt seyn/ nach dem Exempel deß heiligen
Dominiei/ welcher zu Tolosa wegen seines Predigen sehr werth gehalten
wurde; derhalben er von dannen nach Carcasson sich verfügete: und da er
die Ursach dessen gefragt wurde/ gab er zur Antwort: zu Tolosa seynd
viele die mich ehren; zu Carcasson aber viele/ die mich verspotten/ und mir
zu wider reden.

15. Noch weiters verlanget ein wahrer Liebhaber der Demuth von an-
dern veracht zu werden auff die Art und Manier der Apostelen: welche
giengen fröhlich vom Angesicht deß Raths/ dieweil sie
Act. 1. 5.
wurdig geachtet worden fur den Nahmen JESVcap. 4. ex
§. 44.

Schmach zu leyden. Dann gleich wie die Weltliche Leuthe/ sagt
der heilige Ignatius Lojola, dem jenigen folgen/ was der Welt ist/ dassel-
bige lieben; das menschliche Lob/ Ehr und grossen Nahmen ohne Ver-
druß also suchen/ wie sie von der Welt gelehret werden: solcher massen die-
jenige/ so im Geist GOttes zunehmen/ und mit allem Ernst Christum
nachfolgen/ lieben und verlangen inbrünstig die Dinge/ so ihnen hefftig zu
wider seynd; dergestalt auch/ daß sie/ wann solches ohne Verletzung der
Göttlichen Majestät/ und ohne Sünd deß Nächsten geschehen könnte/ gern
alle Schmach/ alle falsche Zeugnuß/ und alles Unrecht wolten außstehen;
auch für unwitzige und unsinnge Menschen (ohne darzu gegebene Gelegen-
heit) gehalten werden; dieweil sie wünschen ihrem HErrn einiger massen
gleich zu seyn/ denselben zu folgen/ und mit dem Wappen und Kleidungen
JEsu Christi versehen zu werden. Wie hoch aber dieser Staffel zu schä-
tzen seye/ bedeutet uns gnugsamb der seelige Laurentius Justinianus mit
diesen Worten: Nicht so grosse Tugend ists/ die Ehren ver-In Vita e-
jus.

achten/ als die Verachtung suchen: dann ein grösser Sach
ist diese/ daß du nemblich nicht achtest/ wann du ubel ge-

hal-
Q 3

Von der Demuth.
Biſchoff ware: und daruͤber hab ich mich befliſſen/ ſo viel mir moͤglich gewe-
ſen/ daß ich an einem niedrigen Orth moͤgte mein Seeligkeit erwerben/
und an einem hohen mich nicht in Gefahr der ewigen Verdambnuß ſetzete.
Wann nun/ mein Chriſtliche Seel/ fuͤr dieſem Feind alſo erſchrecken die
Rieſen deß außerwaͤhlten Volcks/ ſollen wir arme Menſchlein nicht billigere
Urſach zu foͤrchten haben? wie die Peſt ſollen wir das Lob der Menſchen
fliehen; alle Gelegenheit zu den Ehren meyden; der Geſellſchafft deren
Weltlichen und anderer/ ſo in Wuͤrden ſeynd/ und durch deren Macht und
Huͤlff wir zu denſelben gelangen koͤnnen/ uns/ ſo viel moͤglich iſt/ entſchla-
gen; die Einſambkeit lieben; vor unnoͤthigen Reden uns fleiſſig huͤten/
und lieber wollen veracht als gelobt ſeyn/ nach dem Exempel deß heiligen
Dominiei/ welcher zu Toloſa wegen ſeines Predigen ſehr werth gehalten
wurde; derhalben er von dannen nach Carcaſſon ſich verfuͤgete: und da er
die Urſach deſſen gefragt wurde/ gab er zur Antwort: zu Toloſa ſeynd
viele die mich ehren; zu Carcaſſon aber viele/ die mich verſpotten/ und mir
zu wider reden.

15. Noch weiters verlanget ein wahrer Liebhaber der Demuth von an-
dern veracht zu werden auff die Art und Manier der Apoſtelen: welche
giengen froͤhlich vom Angeſicht deß Raths/ dieweil ſie
Act. 1. 5.
wůrdig geachtet worden fůr den Nahmen JESVcap. 4. ex
§. 44.

Schmach zu leyden. Dann gleich wie die Weltliche Leuthe/ ſagt
der heilige Ignatius Lojola, dem jenigen folgen/ was der Welt iſt/ daſſel-
bige lieben; das menſchliche Lob/ Ehr und groſſen Nahmen ohne Ver-
druß alſo ſuchen/ wie ſie von der Welt gelehret werden: ſolcher maſſen die-
jenige/ ſo im Geiſt GOttes zunehmen/ und mit allem Ernſt Chriſtum
nachfolgen/ lieben und verlangen inbruͤnſtig die Dinge/ ſo ihnen hefftig zu
wider ſeynd; dergeſtalt auch/ daß ſie/ wann ſolches ohne Verletzung der
Goͤttlichen Majeſtaͤt/ und ohne Suͤnd deß Naͤchſten geſchehen koͤnnte/ gern
alle Schmach/ alle falſche Zeugnuß/ und alles Unrecht wolten außſtehen;
auch fuͤr unwitzige und unſinnge Menſchen (ohne darzu gegebene Gelegen-
heit) gehalten werden; dieweil ſie wuͤnſchen ihrem HErrn einiger maſſen
gleich zu ſeyn/ denſelben zu folgen/ und mit dem Wappen und Kleidungen
JEſu Chriſti verſehen zu werden. Wie hoch aber dieſer Staffel zu ſchaͤ-
tzen ſeye/ bedeutet uns gnugſamb der ſeelige Laurentius Juſtinianus mit
dieſen Worten: Nicht ſo groſſe Tugend iſts/ die Ehren ver-In Vita e-
jus.

achten/ als die Verachtung ſuchen: dann ein groͤſſer Sach
iſt dieſe/ daß du nemblich nicht achteſt/ wann du ůbel ge-

hal-
Q 3
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[125/0153] Von der Demuth. Biſchoff ware: und daruͤber hab ich mich befliſſen/ ſo viel mir moͤglich gewe- ſen/ daß ich an einem niedrigen Orth moͤgte mein Seeligkeit erwerben/ und an einem hohen mich nicht in Gefahr der ewigen Verdambnuß ſetzete. Wann nun/ mein Chriſtliche Seel/ fuͤr dieſem Feind alſo erſchrecken die Rieſen deß außerwaͤhlten Volcks/ ſollen wir arme Menſchlein nicht billigere Urſach zu foͤrchten haben? wie die Peſt ſollen wir das Lob der Menſchen fliehen; alle Gelegenheit zu den Ehren meyden; der Geſellſchafft deren Weltlichen und anderer/ ſo in Wuͤrden ſeynd/ und durch deren Macht und Huͤlff wir zu denſelben gelangen koͤnnen/ uns/ ſo viel moͤglich iſt/ entſchla- gen; die Einſambkeit lieben; vor unnoͤthigen Reden uns fleiſſig huͤten/ und lieber wollen veracht als gelobt ſeyn/ nach dem Exempel deß heiligen Dominiei/ welcher zu Toloſa wegen ſeines Predigen ſehr werth gehalten wurde; derhalben er von dannen nach Carcaſſon ſich verfuͤgete: und da er die Urſach deſſen gefragt wurde/ gab er zur Antwort: zu Toloſa ſeynd viele die mich ehren; zu Carcaſſon aber viele/ die mich verſpotten/ und mir zu wider reden. 15. Noch weiters verlanget ein wahrer Liebhaber der Demuth von an- dern veracht zu werden auff die Art und Manier der Apoſtelen: welche giengen froͤhlich vom Angeſicht deß Raths/ dieweil ſie wůrdig geachtet worden fůr den Nahmen JESV Schmach zu leyden. Dann gleich wie die Weltliche Leuthe/ ſagt der heilige Ignatius Lojola, dem jenigen folgen/ was der Welt iſt/ daſſel- bige lieben; das menſchliche Lob/ Ehr und groſſen Nahmen ohne Ver- druß alſo ſuchen/ wie ſie von der Welt gelehret werden: ſolcher maſſen die- jenige/ ſo im Geiſt GOttes zunehmen/ und mit allem Ernſt Chriſtum nachfolgen/ lieben und verlangen inbruͤnſtig die Dinge/ ſo ihnen hefftig zu wider ſeynd; dergeſtalt auch/ daß ſie/ wann ſolches ohne Verletzung der Goͤttlichen Majeſtaͤt/ und ohne Suͤnd deß Naͤchſten geſchehen koͤnnte/ gern alle Schmach/ alle falſche Zeugnuß/ und alles Unrecht wolten außſtehen; auch fuͤr unwitzige und unſinnge Menſchen (ohne darzu gegebene Gelegen- heit) gehalten werden; dieweil ſie wuͤnſchen ihrem HErrn einiger maſſen gleich zu ſeyn/ denſelben zu folgen/ und mit dem Wappen und Kleidungen JEſu Chriſti verſehen zu werden. Wie hoch aber dieſer Staffel zu ſchaͤ- tzen ſeye/ bedeutet uns gnugſamb der ſeelige Laurentius Juſtinianus mit dieſen Worten: Nicht ſo groſſe Tugend iſts/ die Ehren ver- achten/ als die Verachtung ſuchen: dann ein groͤſſer Sach iſt dieſe/ daß du nemblich nicht achteſt/ wann du ůbel ge- hal- Act. 1. 5. cap. 4. ex §. 44. In Vita e- jus. Q 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/153>, abgerufen am 23.11.2024.