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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas der verzweiffelte Verräther/ etc.
Welschland. Das Papier setzte hinwieder/ wie es gebraucht
werde zu der Heil. Schrifft/ zu allen Lehrer-Büchern: und wann
ich nit wäre/ antwortet das Pergament/ und thät nit allezeit über
dich ein Deck- und Schutz-Mantel abgeben/ wie gegenwärtige
Herren Buchbinder selbst bezeugen/ so wärest du wegen deiner
Schwachheit schon zu Grund gangen: Zu deme so lasse ich mich
gebrauchen zu Kayserlichen und Hoch-Fürstlichen Patenten/ da
unterdessen aus dir nur gemeine und gar offt verdrüßliche Aus-
Zügel gemacht werden. Wann schon/ sagt das Papier/ so bin
ich doch weit eines besseren Wandels/ und führ ein friedsames Le-
ben/ da du doch auf die Trummel gespannt wirst/ und nichts als
blutige Schlachten verursachen thust. Ho! ho! sagt das Per-
gamen/ dein Lob will ich mit kurtzen Worten einschrancken: du
kommst von Hadern und Lumpen her/ und machest auch das meiste
Hadern und Zancken/ wie auch die ärgste Lumpenhändel. Das
must du mir probieren/ schreyt das Papier/ oder ich will dir den
Hals brechen. Gar gern/ sagt das Pergament: Was seynd
die Spiel-Karten als Papier/ welches von denen Lateinern
charta genennt wird? Und was verursachet mehrer Hader/ Zan-
cken und Schläg/ was macht mehrer Ubel und Lumpen/ Sachen/
als die Karten? hierauf muste das Papier das Maul halten.

Es ist zwar/ wie es leicht zuereignen/ dieses ein Fabel und
Gedicht/ gleichwol ein verdeckte Warheit; dann ja kein Wur-
tzel ist/ woraus mehr Ubel und Unheil wachset/ als aus dem Spie-
len/ massen mit dergleichen Geschicht die gantze Welt voll/ unter
welchen folgende nit die Geringste.

Jn einem Dorff/ unweit Regenspurg/ ware ein vermessener
Baur/ welcher neben andern Untugenden auch dem Spielen sehr
ergeben gewest; weil er aber in solchem öffters den Kürtzern gezo-
gen/ also hat er durch Anleitung deß bösen Feinds allerhand unzu-
lässige Mittel gesucht/ sein Glück in Spielen zu befürdern. Un-
ter andern hatt der verruchte Gesell die Allerheiligste Hostien in
sein Fuß eingeheilt/ damit hiedurch sein Spielen besser von statten

gienge

Judas der verzweiffelte Verraͤther/ ꝛc.
Welſchland. Das Papier ſetzte hinwieder/ wie es gebraucht
werde zu der Heil. Schrifft/ zu allen Lehrer-Buͤchern: und wann
ich nit waͤre/ antwortet das Pergament/ und thaͤt nit allezeit uͤber
dich ein Deck- und Schutz-Mantel abgeben/ wie gegenwaͤrtige
Herren Buchbinder ſelbſt bezeugen/ ſo waͤreſt du wegen deiner
Schwachheit ſchon zu Grund gangen: Zu deme ſo laſſe ich mich
gebrauchen zu Kayſerlichen und Hoch-Fuͤrſtlichen Patenten/ da
unterdeſſen aus dir nur gemeine und gar offt verdruͤßliche Aus-
Zuͤgel gemacht werden. Wann ſchon/ ſagt das Papier/ ſo bin
ich doch weit eines beſſeren Wandels/ und fuͤhr ein friedſames Le-
ben/ da du doch auf die Trummel geſpannt wirſt/ und nichts als
blutige Schlachten verurſachen thuſt. Ho! ho! ſagt das Per-
gamen/ dein Lob will ich mit kurtzen Worten einſchrancken: du
kommſt von Hadern und Lumpen her/ und macheſt auch das meiſte
Hadern und Zancken/ wie auch die aͤrgſte Lumpenhaͤndel. Das
muſt du mir probieren/ ſchreyt das Papier/ oder ich will dir den
Hals brechen. Gar gern/ ſagt das Pergament: Was ſeynd
die Spiel-Karten als Papier/ welches von denen Lateinern
charta genennt wird? Und was verurſachet mehrer Hader/ Zan-
cken und Schlaͤg/ was macht mehrer Ubel und Lumpen/ Sachen/
als die Karten? hierauf muſte das Papier das Maul halten.

Es iſt zwar/ wie es leicht zuereignen/ dieſes ein Fabel und
Gedicht/ gleichwol ein verdeckte Warheit; dann ja kein Wur-
tzel iſt/ woraus mehr Ubel und Unheil wachſet/ als aus dem Spie-
len/ maſſen mit dergleichen Geſchicht die gantze Welt voll/ unter
welchen folgende nit die Geringſte.

Jn einem Dorff/ unweit Regenſpurg/ ware ein vermeſſener
Baur/ welcher neben andern Untugenden auch dem Spielen ſehr
ergeben geweſt; weil er aber in ſolchem oͤffters den Kuͤrtzern gezo-
gen/ alſo hat er durch Anleitung deß boͤſen Feinds allerhand unzu-
laͤſſige Mittel geſucht/ ſein Gluͤck in Spielen zu befuͤrdern. Un-
ter andern hatt der verruchte Geſell die Allerheiligſte Hoſtien in
ſein Fuß eingeheilt/ damit hiedurch ſein Spielen beſſer von ſtatten

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[50/0062] Judas der verzweiffelte Verraͤther/ ꝛc. Welſchland. Das Papier ſetzte hinwieder/ wie es gebraucht werde zu der Heil. Schrifft/ zu allen Lehrer-Buͤchern: und wann ich nit waͤre/ antwortet das Pergament/ und thaͤt nit allezeit uͤber dich ein Deck- und Schutz-Mantel abgeben/ wie gegenwaͤrtige Herren Buchbinder ſelbſt bezeugen/ ſo waͤreſt du wegen deiner Schwachheit ſchon zu Grund gangen: Zu deme ſo laſſe ich mich gebrauchen zu Kayſerlichen und Hoch-Fuͤrſtlichen Patenten/ da unterdeſſen aus dir nur gemeine und gar offt verdruͤßliche Aus- Zuͤgel gemacht werden. Wann ſchon/ ſagt das Papier/ ſo bin ich doch weit eines beſſeren Wandels/ und fuͤhr ein friedſames Le- ben/ da du doch auf die Trummel geſpannt wirſt/ und nichts als blutige Schlachten verurſachen thuſt. Ho! ho! ſagt das Per- gamen/ dein Lob will ich mit kurtzen Worten einſchrancken: du kommſt von Hadern und Lumpen her/ und macheſt auch das meiſte Hadern und Zancken/ wie auch die aͤrgſte Lumpenhaͤndel. Das muſt du mir probieren/ ſchreyt das Papier/ oder ich will dir den Hals brechen. Gar gern/ ſagt das Pergament: Was ſeynd die Spiel-Karten als Papier/ welches von denen Lateinern charta genennt wird? Und was verurſachet mehrer Hader/ Zan- cken und Schlaͤg/ was macht mehrer Ubel und Lumpen/ Sachen/ als die Karten? hierauf muſte das Papier das Maul halten. Es iſt zwar/ wie es leicht zuereignen/ dieſes ein Fabel und Gedicht/ gleichwol ein verdeckte Warheit; dann ja kein Wur- tzel iſt/ woraus mehr Ubel und Unheil wachſet/ als aus dem Spie- len/ maſſen mit dergleichen Geſchicht die gantze Welt voll/ unter welchen folgende nit die Geringſte. Jn einem Dorff/ unweit Regenſpurg/ ware ein vermeſſener Baur/ welcher neben andern Untugenden auch dem Spielen ſehr ergeben geweſt; weil er aber in ſolchem oͤffters den Kuͤrtzern gezo- gen/ alſo hat er durch Anleitung deß boͤſen Feinds allerhand unzu- laͤſſige Mittel geſucht/ ſein Gluͤck in Spielen zu befuͤrdern. Un- ter andern hatt der verruchte Geſell die Allerheiligſte Hoſtien in ſein Fuß eingeheilt/ damit hiedurch ſein Spielen beſſer von ſtatten gienge

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/62>, abgerufen am 29.03.2024.