Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.Leich-Predig des verdammten Ertzschelm eben darumb vermaledeyt/ weil er ein gifftiger und zorniger Ge-sell gewest/ massen er damalen als Magdalena mit gantz kost- baren Salben den HERRN JESUM verehrt/ er der- gestalten ergrimmt und ihme die Salben also in die Nasen gero- chen/ daß/ wann es hätte seyn können/ er ihr die leere Alaba- ster Büxen hätte an Kopff geworffen/ von derselben Zeit an hat er den gefasten Grollen über Christum nimmermehr fallen las- sen/ sondern den gebenedeyten Heyland bey den Hohen-Prie- stern und anderwärts sehr verkleinert/ als wäre er ein Mann der sein Haut wol versorge/ und dem Leib keinen Stieffvatter ab- gebe: Rupertus in Matth. lib. 11. schreibt/ daß Judas ihn all- weg gesucht habe/ auch die andere Apostel in die Gefängnuß und Händ der Hencker zu bringen/ und weil ihme solche Anstalt mißlungen/ habe er sich dermassen hierüber erzürnt/ daß er ih- me selbst das Leben genommen: Gewiß ist es/ daß er ein zorni- ger Gesell gewest ist/ unangesehen der HERR gesagt hat: Seelig seynd die Sanffmüthigen; Ein gifftiger Kerl ist er ge- west/ obschon der HErr gesagt: Discite a me: Lernet von mir/ weil ich sanfftmütig bin/ und eines demüthigen Hertzen: Ein grimmiger Böswicht ist er gewest/ wann schon der HErr ge- sagt hat; vergieb uns unsere Schulden/ gleichwie wir vergeben unsern Schuldigern: Ein rachgieriger Mensch ist er gewest/ da doch der HErr gesagt: Diligite, liebet euere Feind: Ein Ti- ger ist er gewest/ indeme er doch an dem HErrn nichts als ein Lämmel Natur wahrgenommen. Vermaledeyt die Zung Judae/ Lingua oder die Zung wird ge-
Leich-Predig des verdammten Ertzſchelm eben darumb vermaledeyt/ weil er ein gifftiger und zorniger Ge-ſell geweſt/ maſſen er damalen als Magdalena mit gantz koſt- baren Salben den HERRN JESUM verehrt/ er der- geſtalten ergrimmt und ihme die Salben alſo in die Naſen gero- chen/ daß/ wann es haͤtte ſeyn koͤnnen/ er ihr die leere Alaba- ſter Buͤxen haͤtte an Kopff geworffen/ von derſelben Zeit an hat er den gefaſten Grollen uͤber Chriſtum nimmermehr fallen laſ- ſen/ ſondern den gebenedeyten Heyland bey den Hohen-Prie- ſtern und anderwaͤrts ſehr verkleinert/ als waͤre er ein Mann der ſein Haut wol verſorge/ und dem Leib keinen Stieffvatter ab- gebe: Rupertus in Matth. lib. 11. ſchreibt/ daß Judas ihn all- weg geſucht habe/ auch die andere Apoſtel in die Gefaͤngnuß und Haͤnd der Hencker zu bringen/ und weil ihme ſolche Anſtalt mißlungen/ habe er ſich dermaſſen hieruͤber erzuͤrnt/ daß er ih- me ſelbſt das Leben genommen: Gewiß iſt es/ daß er ein zorni- ger Geſell geweſt iſt/ unangeſehen der HERR geſagt hat: Seelig ſeynd die Sanffmuͤthigen; Ein gifftiger Kerl iſt er ge- weſt/ obſchon der HErꝛ geſagt: Diſcite à me: Lernet von mir/ weil ich ſanfftmuͤtig bin/ und eines demuͤthigen Hertzen: Ein grimmiger Boͤswicht iſt er geweſt/ wann ſchon der HErꝛ ge- ſagt hat; vergieb uns unſere Schulden/ gleichwie wir vergeben unſern Schuldigern: Ein rachgieriger Menſch iſt er geweſt/ da doch der HErꝛ geſagt: Diligite, liebet euere Feind: Ein Ti- ger iſt er geweſt/ indeme er doch an dem HErꝛn nichts als ein Laͤmmel Natur wahrgenommen. Vermaledeyt die Zung Judæ/ Lingua oder die Zung wird ge-
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Leich-Predig des verdammten Ertzſchelm
eben darumb vermaledeyt/ weil er ein gifftiger und zorniger Ge-
ſell geweſt/ maſſen er damalen als Magdalena mit gantz koſt-
baren Salben den HERRN JESUM verehrt/ er der-
geſtalten ergrimmt und ihme die Salben alſo in die Naſen gero-
chen/ daß/ wann es haͤtte ſeyn koͤnnen/ er ihr die leere Alaba-
ſter Buͤxen haͤtte an Kopff geworffen/ von derſelben Zeit an hat
er den gefaſten Grollen uͤber Chriſtum nimmermehr fallen laſ-
ſen/ ſondern den gebenedeyten Heyland bey den Hohen-Prie-
ſtern und anderwaͤrts ſehr verkleinert/ als waͤre er ein Mann der
ſein Haut wol verſorge/ und dem Leib keinen Stieffvatter ab-
gebe: Rupertus in Matth. lib. 11. ſchreibt/ daß Judas ihn all-
weg geſucht habe/ auch die andere Apoſtel in die Gefaͤngnuß
und Haͤnd der Hencker zu bringen/ und weil ihme ſolche Anſtalt
mißlungen/ habe er ſich dermaſſen hieruͤber erzuͤrnt/ daß er ih-
me ſelbſt das Leben genommen: Gewiß iſt es/ daß er ein zorni-
ger Geſell geweſt iſt/ unangeſehen der HERR geſagt hat:
Seelig ſeynd die Sanffmuͤthigen; Ein gifftiger Kerl iſt er ge-
weſt/ obſchon der HErꝛ geſagt: Diſcite à me: Lernet von mir/
weil ich ſanfftmuͤtig bin/ und eines demuͤthigen Hertzen: Ein
grimmiger Boͤswicht iſt er geweſt/ wann ſchon der HErꝛ ge-
ſagt hat; vergieb uns unſere Schulden/ gleichwie wir vergeben
unſern Schuldigern: Ein rachgieriger Menſch iſt er geweſt/ da
doch der HErꝛ geſagt: Diligite, liebet euere Feind: Ein Ti-
ger iſt er geweſt/ indeme er doch an dem HErꝛn nichts als ein
Laͤmmel Natur wahrgenommen.
Vermaledeyt die Zung Judæ/ Lingua oder die Zung wird
alſo genennt à lingendo, dann ſie iſt ein Inſtrument des Ko-
ſtens und des Redens. Wenig guts hat Judas geredt/ zumalen
kein einiger Evangeliſt ſchreibet/ daß er einmal etwas gutes haͤtte
geſagt/ wol aber war er der aͤrgſte Gottslaͤſterer/ dann alſo no-
tiret Janſenius in Concord. c. 128. daß er ſo ſpoͤttliche Reden
wider den Heyland JESUM ausgegoſſen/ daß ſo gar die E-
vangeliſten ſich geſchaͤmbt haben ſolche aufzuzeichnen/ abſonder-
lich hat der verruchte Menſch uͤbel geredt/ und Schandwort vor-
ge-
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Zitationshilfe: | Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 553[552]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/564>, abgerufen am 22.07.2024. |