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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas Jscarioth wegen der Leut ihrer Reden
Wüsten das Feur/ welches sie zum Göttlichen Opffer gebraucht/
Abulens
in c. 3.
Levit.
allezeit eingewickelter getragen/ in Purpur-Tuch/ welches doch
von dem Feur den wenigsten Schaden nicht gelitten.

Wir Menschen seynd gar nicht wie Pfann oder Kessel vol-
ler Wasser auf dem Feuer/ solches Geschirr wird allemahl kühl
und kalt seyn unter sich/ da es doch nächst beym Feuer ist: Wir
Menschen seynd nicht stärcker als die grosse Statua oder Bildnus
deß Königs Nabuchodonosor, welche ein kleines Steinel zu Bo-
den geworffen/ und gäntzlich zu Pulver gemacht: Wir Menschen
seynd nicht besser als das Manna oder Himmel Brod der Jsrae-
liter/ so über Nacht wurmstichig worden. Wir Menschen seynd
nicht beständiger als die Kürbes-Blätter deß Propheten Jonä/
welche durch den Biß eines wintzigen Würmels verdorret. Wir
Menschen seynd nicht besser als jener Feigen-Baum am Weg/
deme der HERR und Heyland mit wenig Worten die grüne Li-
vre ausgezogen. Wir Menschen seynd in statu naturae lapsae,
und haben allezeit rebellische Bauren im Quartier/ deß Adams
Erb-Portion/ so wir von diesem Vatter bekommen/ bleibt immer-
zu frisch und gantz/ dahero die mindeste Gelegenheit uns gleich
einen mercklichen Schaden zufügt.

Alexander ab Alexandro schreibt was Wunderliches/ daß
auf ein Zeit zwey Kriegs-Heer aneinander gerathen/ wordurch
ein so grosse Schlacht vorbey gangen/ daß man nicht Platz ge-
nug gefunden/ die so häuffige Cörper zu begraben; dahero die-
selbige gleich den Scheitteren aufeinander gelegt/ und vielen
Holtz/ Schaitten und Stauden gesucht zu verbrennen/ es wol-
te aber das Feur die blutige Cörper gar nicht angreiffen/ weni-
ger verzehren/ biß endlich ein erfahrner Officier sich angemeldt/
mit Versprechen; er wolle solches alles nach Wunsch/ und zwar
ohne Verzug vollziehen und werckstellig machen/ wie es dann
auch also geschehen/ so bald er zu zehen Manns Cörpern alle-
zeit ein Weibs-Cörper gelegt/ weil dazumal sehr viel Weibs-
Bilder auch niedergehaut worden/ und etliche wenige Schait-

ten

Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden
Wuͤſten das Feur/ welches ſie zum Goͤttlichen Opffer gebraucht/
Abulens
in c. 3.
Levit.
allezeit eingewickelter getragen/ in Purpur-Tuch/ welches doch
von dem Feur den wenigſten Schaden nicht gelitten.

Wir Menſchen ſeynd gar nicht wie Pfann oder Keſſel vol-
ler Waſſer auf dem Feuer/ ſolches Geſchirꝛ wird allemahl kuͤhl
und kalt ſeyn unter ſich/ da es doch naͤchſt beym Feuer iſt: Wir
Menſchen ſeynd nicht ſtaͤrcker als die groſſe Statua oder Bildnus
deß Koͤnigs Nabuchodonoſor, welche ein kleines Steinel zu Bo-
den geworffen/ und gaͤntzlich zu Pulver gemacht: Wir Menſchen
ſeynd nicht beſſer als das Manna oder Himmel Brod der Jſrae-
liter/ ſo uͤber Nacht wurmſtichig worden. Wir Menſchen ſeynd
nicht beſtaͤndiger als die Kuͤrbes-Blaͤtter deß Propheten Jonaͤ/
welche durch den Biß eines wintzigen Wuͤrmels verdorret. Wir
Menſchen ſeynd nicht beſſer als jener Feigen-Baum am Weg/
deme der HERR und Heyland mit wenıg Worten die gruͤne Li-
vre ausgezogen. Wir Menſchen ſeynd in ſtatu naturæ lapſæ,
und haben allezeit rebelliſche Bauren im Quartier/ deß Adams
Erb-Portion/ ſo wir von dieſem Vatter bekommen/ bleibt immer-
zu friſch und gantz/ dahero die mindeſte Gelegenheit uns gleich
einen mercklichen Schaden zufuͤgt.

Alexander ab Alexandro ſchreibt was Wunderliches/ daß
auf ein Zeit zwey Kriegs-Heer aneinander gerathen/ wordurch
ein ſo groſſe Schlacht vorbey gangen/ daß man nicht Platz ge-
nug gefunden/ dıe ſo haͤuffige Coͤrper zu begraben; dahero die-
ſelbige gleich den Scheitteren aufeinander gelegt/ und vielen
Holtz/ Schaitten und Stauden geſucht zu verbrennen/ es wol-
te aber das Feur die blutige Coͤrper gar nicht angreiffen/ weni-
ger verzehren/ biß endlich ein erfahrner Officier ſich angemeldt/
mit Verſprechen; er wolle ſolches alles nach Wunſch/ und zwar
ohne Verzug vollziehen und werckſtellig machen/ wie es dann
auch alſo geſchehen/ ſo bald er zu zehen Manns Coͤrpern alle-
zeit eın Weibs-Coͤrper gelegt/ weil dazumal ſehr viel Weibs-
Bilder auch niedergehaut worden/ und etliche wenige Schait-

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[412/0424] Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden Wuͤſten das Feur/ welches ſie zum Goͤttlichen Opffer gebraucht/ allezeit eingewickelter getragen/ in Purpur-Tuch/ welches doch von dem Feur den wenigſten Schaden nicht gelitten. Abulens in c. 3. Levit. Wir Menſchen ſeynd gar nicht wie Pfann oder Keſſel vol- ler Waſſer auf dem Feuer/ ſolches Geſchirꝛ wird allemahl kuͤhl und kalt ſeyn unter ſich/ da es doch naͤchſt beym Feuer iſt: Wir Menſchen ſeynd nicht ſtaͤrcker als die groſſe Statua oder Bildnus deß Koͤnigs Nabuchodonoſor, welche ein kleines Steinel zu Bo- den geworffen/ und gaͤntzlich zu Pulver gemacht: Wir Menſchen ſeynd nicht beſſer als das Manna oder Himmel Brod der Jſrae- liter/ ſo uͤber Nacht wurmſtichig worden. Wir Menſchen ſeynd nicht beſtaͤndiger als die Kuͤrbes-Blaͤtter deß Propheten Jonaͤ/ welche durch den Biß eines wintzigen Wuͤrmels verdorret. Wir Menſchen ſeynd nicht beſſer als jener Feigen-Baum am Weg/ deme der HERR und Heyland mit wenıg Worten die gruͤne Li- vre ausgezogen. Wir Menſchen ſeynd in ſtatu naturæ lapſæ, und haben allezeit rebelliſche Bauren im Quartier/ deß Adams Erb-Portion/ ſo wir von dieſem Vatter bekommen/ bleibt immer- zu friſch und gantz/ dahero die mindeſte Gelegenheit uns gleich einen mercklichen Schaden zufuͤgt. Alexander ab Alexandro ſchreibt was Wunderliches/ daß auf ein Zeit zwey Kriegs-Heer aneinander gerathen/ wordurch ein ſo groſſe Schlacht vorbey gangen/ daß man nicht Platz ge- nug gefunden/ dıe ſo haͤuffige Coͤrper zu begraben; dahero die- ſelbige gleich den Scheitteren aufeinander gelegt/ und vielen Holtz/ Schaitten und Stauden geſucht zu verbrennen/ es wol- te aber das Feur die blutige Coͤrper gar nicht angreiffen/ weni- ger verzehren/ biß endlich ein erfahrner Officier ſich angemeldt/ mit Verſprechen; er wolle ſolches alles nach Wunſch/ und zwar ohne Verzug vollziehen und werckſtellig machen/ wie es dann auch alſo geſchehen/ ſo bald er zu zehen Manns Coͤrpern alle- zeit eın Weibs-Coͤrper gelegt/ weil dazumal ſehr viel Weibs- Bilder auch niedergehaut worden/ und etliche wenige Schait- ten

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/424>, abgerufen am 25.04.2024.