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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Die dreyssig Silberling
ner über den andern trippelweiß über die Stiegen hinunter gefal-
len/ und als man hernach die Sach weiters erwegt/ und besser
nachgesucht/ so war der Geist nichts anders als ein gebratner
Apffel in dem Ofen-Rohr/ so wegen der Hitz angefangen zu
feufftzen und zu pfeiffen. Unangesehen/ viler solcher Phanta-
stischen Einbildungen/ oder andern frechen Bubenstück/ wor-
durch zuweilen vermessene Leuth andere suchen zu erschröcken/
das zu ihrem bösen Vortheil zugebrauchen/ kan ohne grosse
Thorheit nicht widersprochen werden/ daß nit mehrmal der-
gleichen warhaffte Eescheinungen der Geister sich begeben.

Kayser Ferdinandus, seeligster Gedächtnuß/ hatte stets
bey sich/ und umb sich einen geheimen Secretari, deme seine Ma-
jestät als einem allertreuesten Diener alles anvertrauet/ nach-
deme solcher auch die Schuld der Natur bezahlet/ und durch
den zeitlichen Hintritt in die Ewigkeit passiret/ ist er nit lang
hernach dem Kayser/ als seinem zuvor aller gnädigsten Herrn
gantz sichtbarlich erschienen/ welchen dann der fromme Kayser
mit unerschrockenem Gemüth angeredet und umb die Ursach
seiner Ankunfft aus jener Welt befraget/ weil aber hierüber
keine Antwort erfolget/ sondern an statt deß der Geist Jhro
Majestät seine Hand dargereicht/ welche der unerschrockene
Monarch auch nit gewaigert/ aber wegen übermässigen Hitze
seine Hand alsobald muste zuruck ziehen/ worauff auch der Geist
Joh. Nic.
Ex.
154.
verschwunden/ und nit mehr nachmals erschinen/ weil der mild-
hertzigste Kayser sehr vil heilige Messen für ihn hatte lesen lassen.

Nachdeme der Heil. Elisabeth einer Königlichen Tochter
in Ungarn/ ihr Frau Mutter mit Todt abgangen/ ist sie ein-
mahlen bey der Nacht besagter ihrer Tochter in schwartzem
Aufzug/ und betrübtem Angesicht erschinen/ sich zu dero Füssen
geworffen/ liebste Tochter sprach sie/ seufftzte sie: ich beschwöre
dich/ daß du mit deiner betrangten Mutter wollest ein Mitley-
den tragen/ dann ich leyde unermäßliche Qualen und Tormen-
ten in dem Fegfeuer/ dieweil ich etlichmal lau und nachlässig

gewe-

Die dreyſſig Silberling
ner uͤber dẽ andeꝛn trippelweiß uͤber die Stiegẽ hinunteꝛ gefal-
len/ und als man hernach die Sach weiters erwegt/ und beſſer
nachgeſucht/ ſo war der Geiſt nichts anders als ein gebratner
Apffel in dem Ofen-Rohr/ ſo wegen der Hitz angefangen zu
feufftzen und zu pfeiffen. Unangeſehen/ viler ſolcher Phanta-
ſtiſchen Einbildungen/ oder andern frechen Bubenſtuͤck/ wor-
durch zuweilen vermeſſene Leuth andere ſuchen zu erſchroͤcken/
das zu ihrem boͤſen Vortheil zugebrauchen/ kan ohne groſſe
Thorheit nicht widerſprochen werden/ daß nit mehrmal der-
gleichen warhaffte Eeſcheinungen der Geiſter ſich begeben.

Kayſer Ferdinandus, ſeeligſter Gedaͤchtnuß/ hatte ſtets
bey ſich/ und umb ſich einen geheimen Secretari, deme ſeine Ma-
jeſtaͤt als einem allertreueſten Diener alles anvertrauet/ nach-
deme ſolcher auch die Schuld der Natur bezahlet/ und durch
den zeitlichen Hintritt in die Ewigkeit paſſiret/ iſt er nit lang
hernach dem Kayſer/ als ſeinem zuvor aller gnaͤdigſten Herꝛn
gantz ſichtbarlich erſchienen/ welchen dann der fromme Kayſer
mit unerſchrockenem Gemuͤth angeredet und umb die Urſach
ſeiner Ankunfft aus jener Welt befraget/ weil aber hieruͤber
keine Antwort erfolget/ ſondern an ſtatt deß der Geiſt Jhro
Majeſtaͤt ſeine Hand dargereicht/ welche der unerſchrockene
Monarch auch nit gewaigert/ aber wegen uͤbermaͤſſigen Hitze
ſeine Hand alſobald muſte zuruck ziehen/ worauff auch der Geiſt
Joh. Nic.
Ex.
154.
verſchwunden/ und nit mehr nachmals eꝛſchinen/ weil der mild-
hertzigſte Kayſer ſehr vil heilige Meſſen fuͤr ihn hatte leſen laſſen.

Nachdeme der Heil. Eliſabeth einer Koͤniglichen Tochter
in Ungarn/ ihr Frau Mutter mit Todt abgangen/ iſt ſie ein-
mahlen bey der Nacht beſagter ihrer Tochter in ſchwartzem
Aufzug/ und betruͤbtem Angeſicht erſchinen/ ſich zu dero Fuͤſſen
geworffen/ liebſte Tochter ſprach ſie/ ſeufftzte ſie: ich beſchwoͤre
dich/ daß du mit deiner betrangten Mutter wolleſt eın Mitley-
den tragen/ dann ich leyde unermaͤßliche Qualen und Tormen-
ten in dem Fegfeuer/ dieweil ich etlichmal lau und nachlaͤſſig

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[294/0306] Die dreyſſig Silberling ner uͤber dẽ andeꝛn trippelweiß uͤber die Stiegẽ hinunteꝛ gefal- len/ und als man hernach die Sach weiters erwegt/ und beſſer nachgeſucht/ ſo war der Geiſt nichts anders als ein gebratner Apffel in dem Ofen-Rohr/ ſo wegen der Hitz angefangen zu feufftzen und zu pfeiffen. Unangeſehen/ viler ſolcher Phanta- ſtiſchen Einbildungen/ oder andern frechen Bubenſtuͤck/ wor- durch zuweilen vermeſſene Leuth andere ſuchen zu erſchroͤcken/ das zu ihrem boͤſen Vortheil zugebrauchen/ kan ohne groſſe Thorheit nicht widerſprochen werden/ daß nit mehrmal der- gleichen warhaffte Eeſcheinungen der Geiſter ſich begeben. Kayſer Ferdinandus, ſeeligſter Gedaͤchtnuß/ hatte ſtets bey ſich/ und umb ſich einen geheimen Secretari, deme ſeine Ma- jeſtaͤt als einem allertreueſten Diener alles anvertrauet/ nach- deme ſolcher auch die Schuld der Natur bezahlet/ und durch den zeitlichen Hintritt in die Ewigkeit paſſiret/ iſt er nit lang hernach dem Kayſer/ als ſeinem zuvor aller gnaͤdigſten Herꝛn gantz ſichtbarlich erſchienen/ welchen dann der fromme Kayſer mit unerſchrockenem Gemuͤth angeredet und umb die Urſach ſeiner Ankunfft aus jener Welt befraget/ weil aber hieruͤber keine Antwort erfolget/ ſondern an ſtatt deß der Geiſt Jhro Majeſtaͤt ſeine Hand dargereicht/ welche der unerſchrockene Monarch auch nit gewaigert/ aber wegen uͤbermaͤſſigen Hitze ſeine Hand alſobald muſte zuruck ziehen/ worauff auch der Geiſt verſchwunden/ und nit mehr nachmals eꝛſchinen/ weil der mild- hertzigſte Kayſer ſehr vil heilige Meſſen fuͤr ihn hatte leſen laſſen. Joh. Nic. Ex. 154. Nachdeme der Heil. Eliſabeth einer Koͤniglichen Tochter in Ungarn/ ihr Frau Mutter mit Todt abgangen/ iſt ſie ein- mahlen bey der Nacht beſagter ihrer Tochter in ſchwartzem Aufzug/ und betruͤbtem Angeſicht erſchinen/ ſich zu dero Fuͤſſen geworffen/ liebſte Tochter ſprach ſie/ ſeufftzte ſie: ich beſchwoͤre dich/ daß du mit deiner betrangten Mutter wolleſt eın Mitley- den tragen/ dann ich leyde unermaͤßliche Qualen und Tormen- ten in dem Fegfeuer/ dieweil ich etlichmal lau und nachlaͤſſig gewe-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/306>, abgerufen am 19.04.2024.