Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas hat kein gute Meynung/
Gefallen hat es dem Allmächtigen GOtt/ wie mehrmal Leopol-
dus
annoch glücklich regierender Römischer Kayser/ die andächti-
ge Wahlfahrt verrichtet hat zu Maria Zell in Steyermarckt/ allwo
noch das häuffige Silber/ Gold und Edel-Gestein so wohl den Oe-
sterreichischen Eiffer/ als dero Bodenlose Freygedigkeit an Tag
geben. Wann das Wallfahrten nicht ein Heiliges und heilsames
Werck wäre/ so hätte jener Bauer nicht augenblicklich den Fuß
verlohren/ welcher annoch zu Freysing in Bayern in der grossen
Thumb-Kirchen daselbst gezeigt wird/ umb weil er mit der Pro-
cession nicht wolte Wallfarthen gehen naher Freysing/ sondern
sich schimpfflich verlauten lassen/ er wolte ihme nicht ein Fuß zu
Freysing wünschen/ worüber augenblicklich der Fuß vom Leib sich
zertheilt/ und von einem Hund dahin getragen worden.

Wann das Wallfahrten nicht ein rechtes und an sich selbsten
ein löbliches Werck wäre/ so hätten jene zwey Capucciner | solche
grosse Gnad nicht gehabt/ von den da schreibet Lyraeus in Trisag.
Mari. l.
7. Als auf ein Zeit zwey fromme Religiosen, aus ge-
dachtem Orden mit Erlaubtnuß ihrer Obern nach Maria Loreto
in Jtalien/ Wallfahrten gangen/ weil sie aber von der Nacht über-
fallen worden/ und sie bereits in einem grossen Wald und dicken
Gehöltz befunden/ also haben sie sich entschlossen/ ihre Herberg
und Ligerstatt unter einem Baum zu nehmen: Da aber ein unver-
hofftes Ungewitter entstanden/ und ein häuffiger Platzregen gefal-
len/ musten sie noth halber ein Dach suchen/ worunter sie der Un-
gestümme des Himmels möchten entgehen/ wie sie dann in Mitte
des Walds bald ein sehr schöne und herrliche Behausung angetrof-
fen/ allwo sie nicht allein von der Haus-Frauen freundlich empfan-
gen/ sondern anbey gar wohl/ und mit gröster Lieb tractirt worden;
Da nun in aller Frühe die gute Religiosen ferners ihre Reiß wolten
fortsetzen/ und sich der grossen empfangenen Gutthaten halber be-
danckten/ da gab ihnen die Frau einen Brieff/ welcher in ein anders
Papier eingewicklet war/ daß sie denselben wolten zu Loreto an ge-
höriges Orth überliefferen. Wie nun die zwey Geistliche etliche
Schritt von dem Haus gewesen/ da wolten sie sehen/ wohin und

an

Judas hat kein gute Meynung/
Gefallen hat es dem Allmaͤchtigen GOtt/ wie mehrmal Leopol-
dus
annoch gluͤcklich regierender Roͤmiſcher Kayſer/ die andaͤchti-
ge Wahlfahrt verrichtet hat zu Maria Zell in Steyermarckt/ allwo
noch das haͤuffige Silber/ Gold und Edel-Geſtein ſo wohl den Oe-
ſterreichiſchen Eiffer/ als dero Bodenloſe Freygedigkeit an Tag
geben. Wann das Wallfahrten nicht ein Heiliges und heilſames
Werck waͤre/ ſo haͤtte jener Bauer nicht augenblicklich den Fuß
verlohren/ welcher annoch zu Freyſing in Bayern in der groſſen
Thumb-Kirchen daſelbſt gezeigt wird/ umb weil er mit der Pro-
ceſſion nicht wolte Wallfarthen gehen naher Freyſing/ ſondern
ſich ſchimpfflich verlauten laſſen/ er wolte ihme nicht ein Fuß zu
Freyſing wuͤnſchen/ woruͤber augenblicklich der Fuß vom Leib ſich
zertheilt/ und von einem Hund dahin getragen worden.

Wann das Wallfahrten nicht ein rechtes und an ſich ſelbſten
ein loͤbliches Werck waͤre/ ſo haͤtten jene zwey Capucciner | ſolche
groſſe Gnad nicht gehabt/ von den da ſchreibet Lyræus in Triſag.
Mari. l.
7. Als auf ein Zeit zwey fromme Religioſen, aus ge-
dachtem Orden mit Erlaubtnuß ihrer Obern nach Maria Loreto
in Jtalien/ Wallfahrten gangen/ weil ſie aber von der Nacht uͤber-
fallen worden/ und ſie bereits in einem groſſen Wald und dicken
Gehoͤltz befunden/ alſo haben ſie ſich entſchloſſen/ ihre Herberg
und Ligerſtatt unter einem Baum zu nehmen: Da aber ein unver-
hofftes Ungewitter entſtanden/ und ein haͤuffiger Platzregen gefal-
len/ muſten ſie noth halber ein Dach ſuchen/ worunter ſie der Un-
geſtuͤmme des Himmels moͤchten entgehen/ wie ſie dann in Mitte
des Walds bald ein ſehr ſchoͤne und herꝛliche Behauſung angetrof-
fen/ allwo ſie nicht allein von der Haus-Frauen freundlich empfan-
gen/ ſondern anbey gar wohl/ und mit groͤſter Lieb tractirt worden;
Da nun in aller Fruͤhe die gute Religioſen ferners ihre Reiß wolten
fortſetzen/ und ſich der groſſen empfangenen Gutthaten halber be-
danckten/ da gab ihnen die Frau einen Brieff/ welcher in ein anders
Papier eingewicklet war/ daß ſie denſelben wolten zu Loreto an ge-
hoͤriges Orth uͤberliefferen. Wie nun die zwey Geiſtliche etliche
Schritt von dem Haus geweſen/ da wolten ſie ſehen/ wohin und

an
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0174" n="162"/><fw type="header" place="top">Judas hat kein gute Meynung/</fw><lb/>
Gefallen hat es dem Allma&#x0364;chtigen GOtt/ wie mehrmal <hi rendition="#aq">Leopol-<lb/>
dus</hi> annoch glu&#x0364;cklich regierender Ro&#x0364;mi&#x017F;cher Kay&#x017F;er/ die anda&#x0364;chti-<lb/>
ge Wahlfahrt verrichtet hat zu Maria Zell in Steyermarckt/ allwo<lb/>
noch das ha&#x0364;uffige Silber/ Gold und Edel-Ge&#x017F;tein &#x017F;o wohl den Oe-<lb/>
&#x017F;terreichi&#x017F;chen Eiffer/ als dero Bodenlo&#x017F;e Freygedigkeit an Tag<lb/>
geben. Wann das Wallfahrten nicht ein Heiliges und heil&#x017F;ames<lb/>
Werck wa&#x0364;re/ &#x017F;o ha&#x0364;tte jener Bauer nicht augenblicklich den Fuß<lb/>
verlohren/ welcher annoch zu Frey&#x017F;ing in Bayern in der gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Thumb-Kirchen da&#x017F;elb&#x017F;t gezeigt wird/ umb weil er mit der Pro-<lb/>
ce&#x017F;&#x017F;ion nicht wolte Wallfarthen gehen naher Frey&#x017F;ing/ &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chimpfflich verlauten la&#x017F;&#x017F;en/ er wolte ihme nicht ein Fuß zu<lb/>
Frey&#x017F;ing wu&#x0364;n&#x017F;chen/ woru&#x0364;ber augenblicklich der Fuß vom Leib &#x017F;ich<lb/>
zertheilt/ und von einem Hund dahin getragen worden.</p><lb/>
        <p>Wann das Wallfahrten nicht ein rechtes und an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten<lb/>
ein lo&#x0364;bliches Werck wa&#x0364;re/ &#x017F;o ha&#x0364;tten jene zwey Capucciner | &#x017F;olche<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Gnad nicht gehabt/ von den da &#x017F;chreibet <hi rendition="#aq">Lyræus in Tri&#x017F;ag.<lb/>
Mari. l.</hi> 7. Als auf ein Zeit zwey fromme <hi rendition="#aq">Religio&#x017F;en,</hi> aus ge-<lb/>
dachtem Orden mit Erlaubtnuß ihrer Obern nach Maria Loreto<lb/>
in Jtalien/ Wallfahrten gangen/ weil &#x017F;ie aber von der Nacht u&#x0364;ber-<lb/>
fallen worden/ und &#x017F;ie bereits in einem gro&#x017F;&#x017F;en Wald und dicken<lb/>
Geho&#x0364;ltz befunden/ al&#x017F;o haben &#x017F;ie &#x017F;ich ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ ihre Herberg<lb/>
und Liger&#x017F;tatt unter einem Baum zu nehmen: Da aber ein unver-<lb/>
hofftes <hi rendition="#fr">U</hi>ngewitter ent&#x017F;tanden/ und ein ha&#x0364;uffiger Platzregen gefal-<lb/>
len/ mu&#x017F;ten &#x017F;ie noth halber ein Dach &#x017F;uchen/ worunter &#x017F;ie der Un-<lb/>
ge&#x017F;tu&#x0364;mme des Himmels mo&#x0364;chten entgehen/ wie &#x017F;ie dann in Mitte<lb/>
des Walds bald ein &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;ne und her&#xA75B;liche Behau&#x017F;ung angetrof-<lb/>
fen/ allwo &#x017F;ie nicht allein von der Haus-Frauen freundlich empfan-<lb/>
gen/ &#x017F;ondern anbey gar wohl/ und mit gro&#x0364;&#x017F;ter Lieb tractirt worden;<lb/>
Da nun in aller Fru&#x0364;he die gute Religio&#x017F;en ferners ihre Reiß wolten<lb/>
fort&#x017F;etzen/ und &#x017F;ich der gro&#x017F;&#x017F;en empfangenen Gutthaten halber be-<lb/>
danckten/ da gab ihnen die Frau einen Brieff/ welcher in ein anders<lb/>
Papier eingewicklet war/ daß &#x017F;ie den&#x017F;elben wolten zu Loreto an ge-<lb/>
ho&#x0364;riges Orth u&#x0364;berliefferen. Wie nun die zwey Gei&#x017F;tliche etliche<lb/>
Schritt von dem Haus gewe&#x017F;en/ da wolten &#x017F;ie &#x017F;ehen/ wohin und<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">an</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0174] Judas hat kein gute Meynung/ Gefallen hat es dem Allmaͤchtigen GOtt/ wie mehrmal Leopol- dus annoch gluͤcklich regierender Roͤmiſcher Kayſer/ die andaͤchti- ge Wahlfahrt verrichtet hat zu Maria Zell in Steyermarckt/ allwo noch das haͤuffige Silber/ Gold und Edel-Geſtein ſo wohl den Oe- ſterreichiſchen Eiffer/ als dero Bodenloſe Freygedigkeit an Tag geben. Wann das Wallfahrten nicht ein Heiliges und heilſames Werck waͤre/ ſo haͤtte jener Bauer nicht augenblicklich den Fuß verlohren/ welcher annoch zu Freyſing in Bayern in der groſſen Thumb-Kirchen daſelbſt gezeigt wird/ umb weil er mit der Pro- ceſſion nicht wolte Wallfarthen gehen naher Freyſing/ ſondern ſich ſchimpfflich verlauten laſſen/ er wolte ihme nicht ein Fuß zu Freyſing wuͤnſchen/ woruͤber augenblicklich der Fuß vom Leib ſich zertheilt/ und von einem Hund dahin getragen worden. Wann das Wallfahrten nicht ein rechtes und an ſich ſelbſten ein loͤbliches Werck waͤre/ ſo haͤtten jene zwey Capucciner | ſolche groſſe Gnad nicht gehabt/ von den da ſchreibet Lyræus in Triſag. Mari. l. 7. Als auf ein Zeit zwey fromme Religioſen, aus ge- dachtem Orden mit Erlaubtnuß ihrer Obern nach Maria Loreto in Jtalien/ Wallfahrten gangen/ weil ſie aber von der Nacht uͤber- fallen worden/ und ſie bereits in einem groſſen Wald und dicken Gehoͤltz befunden/ alſo haben ſie ſich entſchloſſen/ ihre Herberg und Ligerſtatt unter einem Baum zu nehmen: Da aber ein unver- hofftes Ungewitter entſtanden/ und ein haͤuffiger Platzregen gefal- len/ muſten ſie noth halber ein Dach ſuchen/ worunter ſie der Un- geſtuͤmme des Himmels moͤchten entgehen/ wie ſie dann in Mitte des Walds bald ein ſehr ſchoͤne und herꝛliche Behauſung angetrof- fen/ allwo ſie nicht allein von der Haus-Frauen freundlich empfan- gen/ ſondern anbey gar wohl/ und mit groͤſter Lieb tractirt worden; Da nun in aller Fruͤhe die gute Religioſen ferners ihre Reiß wolten fortſetzen/ und ſich der groſſen empfangenen Gutthaten halber be- danckten/ da gab ihnen die Frau einen Brieff/ welcher in ein anders Papier eingewicklet war/ daß ſie denſelben wolten zu Loreto an ge- hoͤriges Orth uͤberliefferen. Wie nun die zwey Geiſtliche etliche Schritt von dem Haus geweſen/ da wolten ſie ſehen/ wohin und an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/174
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/174>, abgerufen am 05.12.2024.