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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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Sponte portae crepuerunt Coeli, quas
custodiebant Horae,

Quibus commissum est magnum Coe-
lum, Olympusque,

Ut & aperiant densam nebulam, &
claudant.

Es haben sich von selbst die Pforten
aufgemacht

am blauen Himmels-Saal: allda die
schnelle Stunden/

als eine Wacht dafür/ durch dicke
Nebel-Nacht

zu öffnen sie/ und auch zu schließen/ sind
verbunden.

4. Zephyrus/ der Westwind. Das Band/ welches der nachfolgende Jüngling mit beyden Händen oberhalb des Haupts/ vom Wind angeblasen/ empor hält/ vergleichet sich den Figuren/ so die Winde vorstellen: und sind deren unterschiedliche in alten Marmor eingehauen zu sehen/ die der Lufft ihre Bewegung andeuten/ worvon Ovidius also redet:

Nam modo Threicio Borea, modo
currimus Euro,

Saepe tument Zephyro lintea,sae-
pe Noto.

Bald Boreas den Nord/ und Eurus
Ost-Wind bläst/

bald bleht der warme Sud das Tuch/
und bald der West.

Lucretius nennet den Zephyrum geflügelt: welches wol einen Zweifel verursachen möchte/ daß an stat der Flügel der Mantel/ in Form eines Segel-Tuchs ausgespannet/ dadurch die Windwehe anzuzeigen/ ihme zugeeignet wird/ an verschiedenen alten Figuren/ Medaglien/ und basso-rilieven, auch an diesem Bilde/ welches durch einen alten Meister in Agat gemacht/ und von mir nachgebildet worden/ zu sehen wäre.

5. Die Musa Erato oder Terpsychore Das folgende Bild ist Erato/ oder Terpsychore/ der Musen eine/ mit einer Harffen und Leyer/ welche aus einem antichen Plasma von Smeraldo entnommen/ die hier einen lustigen Dantz aufspielend vorgestellet wird. Virgilius beschreibet sie also:

Plectra gerens Erato, saltat pede,
carmine, vultu.

Die Harff rührt Erato/ der Fuß steht
auf dem Sprung/

darzu ein schönes Lied singt die gelehrte
Zung.

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6. Psyche oder die Seele. An dem Bild der Psyche sind die Flügel eines Sommervogels zu sehen/ als ein Zeichen der Unsterblichkeit der Seele: weil dieser Vogel von Natur in der Lufft sich aufhält/ auch von einem ewigen Samen herrühret. Die Seele wird hier vorgebildet/ als ein Slave/ mit denen Händen auf den Rucken gebunden/ und gleichsam durch die Gemüts-Regungen und fleischliche Passionen gefangen/ unaufgerichtet/ auf den Kniehen liegend/ als dem irdischen Weltwesen allerdings ergeben. Diese Psyche ist aus einem antichen Carniol gebildet/ und ein mehrers von ihr/ in des Apuleji Buch/ der guldene Esel genannt/ zu lesen. Virgilius schreibet von der Seele himmlischen Ursprung und deren Gefängnüs/ wie sie durch die Begierden vom Leibe gebunden werde/ sehr vernünftig und schön in folgenden Zeilen:

Igneus est olli vigor, & coelestis
origo

Seminibus,quantum non noxia cor-
pora tardant,

Terrenique hebetant artus, mori-
bundaque membra:

Hinc metuunt, cupiuntque, dolent,
gaudentque, nec auras

Respiciunt, clausae tenebris & car-
cere caeco.

Die Seel stammt Himmel-ab/ ist gei-
stig und voll Glut:

wann sie des Leibes Erd und Tod
nicht widerstrebet.

Furcht/ Hoffnung/ Leid und Freud/
dämpft darum ihren Muht/

daß sie nicht schaut im Liecht/ und
blind im Finstern lebet.

Nochmahls die Gratiae und Huld-Göttinnen. Von den dreyen Gratien/ sonderlich von deren Namen/ und Amts-Verrichtung/ haben wir in voriger Kupferplatten gnugsam PLATTE BB. gedacht/ deßwegen wir nur zu Liebe dieser vortrefflichen antichen Statuen solche hieher zu bringen uns angelegen seyn lassen. Diese drey durch Mercurium angeführte Huldgöttinnen lehren Uns so viel/ daß Gut- und Wolthätig seyn/ mit Vernunfft/ und zu rechter Zeit/ wie auch dem Würdigen ohne Hoffnung einiger Belohnung mit aufrichtigem Gemüt geschehen/ und daß der jenige/ so die Wolthat empfangen hat/ bey Gelegenheit sie wieder erstatten/ und also/ wo er nicht würcklich kan/ jedoch wenigst mit Worten erkenntlich seyn solle.

Horae. Wir haben auch schon in voriger Platte der Horen oder Stunden Abbildungen gedacht/ die von Etlichen auch Huldgöttinnen genennt/ und durch welche die vier Jahrzeiten/

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Sponte portae crepuerunt Coeli, quas
custodiebant Horae,

Quibus commissum est magnum Coe-
lum, Olympusque,

Ut & aperiant densam nebulam, &
claudant.

Es haben sich von selbst die Pforten
aufgemacht

am blauen Himmels-Saal: allda die
schnelle Stunden/

als eine Wacht dafür/ durch dicke
Nebel-Nacht

zu öffnen sie/ und auch zu schließen/ sind
verbunden.

4. Zephyrus/ der Westwind. Das Band/ welches der nachfolgende Jüngling mit beyden Händen oberhalb des Haupts/ vom Wind angeblasen/ empor hält/ vergleichet sich den Figuren/ so die Winde vorstellen: und sind deren unterschiedliche in alten Marmor eingehauen zu sehen/ die der Lufft ihre Bewegung andeuten/ worvon Ovidius also redet:

Nam modo Threicio Boreâ, modo
currimus Euro,

Saepè tument Zephyro lintea,sae-
pè Noto.

Bald Boreas den Nord/ und Eurus
Ost-Wind bläst/

bald bleht der warme Sud das Tuch/
und bald der West.

Lucretius nennet den Zephyrum geflügelt: welches wol einen Zweifel verursachen möchte/ daß an stat der Flügel der Mantel/ in Form eines Segel-Tuchs ausgespannet/ dadurch die Windwehe anzuzeigen/ ihme zugeeignet wird/ an verschiedenen alten Figuren/ Medaglien/ und basso-rilieven, auch an diesem Bilde/ welches durch einen alten Meister in Agat gemacht/ und von mir nachgebildet worden/ zu sehen wäre.

5. Die Musa Erato oder Terpsychore Das folgende Bild ist Erato/ oder Terpsychore/ der Musen eine/ mit einer Harffen und Leyer/ welche aus einem antichen Plasma von Smeraldo entnommen/ die hier einen lustigen Dantz aufspielend vorgestellet wird. Virgilius beschreibet sie also:

Plectra gerens Erato, saltat pede,
carmine, vultu.

Die Harff rührt Erato/ der Fuß steht
auf dem Sprung/

darzu ein schönes Lied singt die gelehrte
Zung.

[Spaltenumbruch]

6. Psyche oder die Seele. An dem Bild der Psyche sind die Flügel eines Sommervogels zu sehen/ als ein Zeichen der Unsterblichkeit der Seele: weil dieser Vogel von Natur in der Lufft sich aufhält/ auch von einem ewigen Samen herrühret. Die Seele wird hier vorgebildet/ als ein Slave/ mit denen Händen auf den Rucken gebunden/ und gleichsam durch die Gemüts-Regungen und fleischliche Passionen gefangen/ unaufgerichtet/ auf den Kniehen liegend/ als dem irdischen Weltwesen allerdings ergeben. Diese Psyche ist aus einem antichen Carniol gebildet/ und ein mehrers von ihr/ in des Apuleji Buch/ der guldene Esel genannt/ zu lesen. Virgilius schreibet von der Seele himmlischen Ursprung und deren Gefängnüs/ wie sie durch die Begierden vom Leibe gebunden werde/ sehr vernünftig und schön in folgenden Zeilen:

Igneus est olli vigor, & coelestis
origo

Seminibus,quantum non noxia cor-
pora tardant,

Terrenique hebetant artus, mori-
bundaque membra:

Hinc metuunt, cupiuntque, dolent,
gaudentque, nec auras

Respiciunt, clausae tenebris & car-
cere caeco.

Die Seel stammt Himmel-ab/ ist gei-
stig und voll Glut:

wann sie des Leibes Erd und Tod
nicht widerstrebet.

Furcht/ Hoffnung/ Leid und Freud/
dämpft darum ihren Muht/

daß sie nicht schaut im Liecht/ und
blind im Finstern lebet.

Nochmahls die Gratiae und Huld-Göttinnen. Von den dreyen Gratien/ sonderlich von deren Namen/ und Amts-Verrichtung/ haben wir in voriger Kupferplatten gnugsam PLATTE BB. gedacht/ deßwegen wir nur zu Liebe dieser vortrefflichen antichen Statuen solche hieher zu bringen uns angelegen seyn lassen. Diese drey durch Mercurium angeführte Huldgöttinnen lehren Uns so viel/ daß Gut- und Wolthätig seyn/ mit Vernunfft/ und zu rechter Zeit/ wie auch dem Würdigen ohne Hoffnung einiger Belohnung mit aufrichtigem Gemüt geschehen/ und daß der jenige/ so die Wolthat empfangen hat/ bey Gelegenheit sie wieder erstatten/ und also/ wo er nicht würcklich kan/ jedoch wenigst mit Worten erkenntlich seyn solle.

Horae. Wir haben auch schon in voriger Platte der Horen oder Stunden Abbildungen gedacht/ die von Etlichen auch Huldgöttinnen genennt/ und durch welche die vier Jahrzeiten/

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/295>, abgerufen am 11.05.2024.