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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] zu heben/ werden ihre Kräfften angedeutet/ Dessen Flügel. dardurch unsere Geister die Göttliche Dinge zu betrachten erhaben werden. Die Pfeile/ sagen sie/ können auf die Strahlen deß Göttlichen Liechtes/ dardurch wir uns vielfältig berühret fühlen/ gedeutet werden/ daß wir durch dieselben ermuntert/ unsern Geist und Gemüt zu ihr wenden/ und durch ihre Schönheit wunderbarlich gefangen/ alles Irdisch und Menschliche so gar verschmähen/ daß wir es für anders nichts als für Staffeln zum Himmel gebrauchen. Welches Franciscus Petrarcha in einem Gedichte scheinet angedeutet zu haben/ worinnen er den von ihm vor Gericht geforderten Cupido sich zu verantworten also eingeführt:

Quodque magis cunctis miraberis;
utimur alis,

Vos quibus ad coelum contenditis,
hisce creatis

Utentes gradibus; quae si quis penderit
aequis

Momentis, homines recta ad sublimia
tollunt.

Die Flügel/ die du meist bewunderst/
führen wir/

zu zeigen euch/ daß durch dieselbe müsset
ihr

zum Himmel schwingen euch/ müsst nur als
Staffeln brauchen

die gantze Creatur; wer mit gerechten
Augen

dieselbe siehet an/ den führt sie über
sich

das zu betrachten stets/ wo er dort
ewiglich

zu seyn verordnet ist.

Aber ich trage Sorge/ es werden die jenige aus so einem schlüpffrigen Ort und Wege sich nicht erheben können/ welche/ dieser berühmten Autorum Meinung sich bedienend/ in dem schändlichen Koht der Weiber-/ oder der noch schändlicheren Knaben-Liebe sich umwältzen/ und dabey ihnen die Hoffnung machen/ sie wollen mit ihren von dannen genommenen Die Platonici machen den Cupido der Sonne gleich. Flügeln sich glücklich hinauf zu den obersten Theil deß Himmels schwingen. Von diesem ihren erdichteten Himmlischen Cupido melden sie noch ferner/ ihn dardurch gleichsam vollends auszuzieren/ er sey der Sonne gleich/ als welche ihre Strahlen durch die gantze Welt ausbreite/ und wann sie etwann auf leichte und Liecht-fähige Cörper falle/ ziehe sie die aus denselben heraus gelockte Strahlen an sich: Ja gleichwie die Sonne alles/ was sie mit ihrem Liecht berühret/ zu erwärmen pfleget/ also mache es auch dieser Cupido/ als welcher die jenigen Hertzen/ darinn er seinen Platz genommen/ mit grosser Inbrunst zu den himmlischen[Spaltenumbruch] Dingen (so ihnen wol zu wünschen) unglaublich entflamme; und aus dieser Ursache werde (wie sie sagen) der Cupido mit einer brennenden Fackel abgebildet. Damit auch alles ferner aufs genauste zutreffe/ sagen sie/ man solle allhier nur das jenige/ was in deß Cupido Fackel leuchet/ und die Augen belustiget/ betrachten/ das andere aber/ so da brennet/ und die Cörper derer/ die darvon ergriffen werden/ verletzet/ unbetrachtet vorbey streichen lassen; in welchem Stück er mit dem irdischen Cupido übereinstimmet/ der niemals einige reine Wollust verschaffet/ die von aller Bekümmernus frey seyn sollte/ sondern Wollust und Schmertzen also miteinander vermenget/ wie in der Fackel der Schein oder Glantz/ welcher belustiget und erfreuet/ und die Flamme/ so da brennet und Schmertzen verursachet/ miteinander verbunden sind.

Dieß ist die Meinung deß Plutarchus/ wie von dem Stobaeus angezogen wird in dem Capitel/ quod amor non sit judicium: Allwo er fraget/ warum die Poeten dem Cupido eine Fackel in die Hand gegeben/ und warum ihn die Bildhauer also vorgestellet haben? auch darauf selbst antwortet/ weil das Leuchtende am Feuer das Lieblichste; das aber so da brennet/ das Beschwehrlichste ist. Dieses hat Plutarchus von dem Plato entlehnet/ der in seinem Timaeo schreibet/ Es sey die Liebe in uns (so eben der Cupido ist) mit Wollust und Schmertzen vermischt/ welcher Cupido vom Vulcanus/ und der andern Venus/ die von Plato die gemeine/ weltliche und irdische genennet wird/ entsprungen/ und dannenhero auch selbst irdisch/ gemein und unzüchtig ist/ Wie Seneca den Cupido beschreibe. wie die Poeten von ihm fabuliren. Derohalben Seneca in der Octavia ihn also gleichsam mit seinen eigenen und lebhafften Farben abgemahlet:

Volucrem esse Amorem fingit,
immitem Deum,

Mortalis error, armat & telis man-
us,

Arcusque Sacros instruit saeva face.
Genitumque credit Venere, Vulca-
no
satum.

Vis magna mentis, blandus atque
animi calor

Amor est, juventa gignitur, luxu,
otio

Nutritur inter laeta fortunae bona.
Quam si fovere, atque alere desi-
stas, cadit,

Brevique vires perdit, extinctus
suas.

[Spaltenumbruch] zu heben/ werden ihre Kräfften angedeutet/ Dessen Flügel. dardurch unsere Geister die Göttliche Dinge zu betrachten erhaben werden. Die Pfeile/ sagen sie/ können auf die Strahlen deß Göttlichen Liechtes/ dardurch wir uns vielfältig berühret fühlen/ gedeutet werden/ daß wir durch dieselben ermuntert/ unsern Geist und Gemüt zu ihr wenden/ und durch ihre Schönheit wunderbarlich gefangen/ alles Irdisch und Menschliche so gar verschmähen/ daß wir es für anders nichts als für Staffeln zum Himmel gebrauchen. Welches Franciscus Petrarcha in einem Gedichte scheinet angedeutet zu haben/ worinnen er den von ihm vor Gericht geforderten Cupido sich zu verantworten also eingeführt:

Quodque magis cunctis miraberis;
utimur alis,

Vos quibus ad coelum contenditis,
hisce creatis

Utentes gradibus; quae si quis penderit
aequis

Momentis, homines recta ad sublimia
tollunt.

Die Flügel/ die du meist bewunderst/
führen wir/

zu zeigen euch/ daß durch dieselbe müsset
ihr

zum Himmel schwingen euch/ müsst nur als
Staffeln brauchen

die gantze Creatur; wer mit gerechten
Augen

dieselbe siehet an/ den führt sie über
sich

das zu betrachten stets/ wo er dort
ewiglich

zu seyn verordnet ist.

Aber ich trage Sorge/ es werden die jenige aus so einem schlüpffrigen Ort und Wege sich nicht erheben können/ welche/ dieser berühmten Autorum Meinung sich bedienend/ in dem schändlichen Koht der Weiber-/ oder der noch schändlicheren Knaben-Liebe sich umwältzen/ und dabey ihnen die Hoffnung machen/ sie wollen mit ihren von dannen genommenen Die Platonici machen den Cupido der Sonne gleich. Flügeln sich glücklich hinauf zu den obersten Theil deß Himmels schwingen. Von diesem ihren erdichteten Himmlischen Cupido melden sie noch ferner/ ihn dardurch gleichsam vollends auszuzieren/ er sey der Sonne gleich/ als welche ihre Strahlen durch die gantze Welt ausbreite/ und wann sie etwann auf leichte und Liecht-fähige Cörper falle/ ziehe sie die aus denselben heraus gelockte Strahlen an sich: Ja gleichwie die Sonne alles/ was sie mit ihrem Liecht berühret/ zu erwärmen pfleget/ also mache es auch dieser Cupido/ als welcher die jenigen Hertzen/ darinn er seinen Platz genommen/ mit grosser Inbrunst zu den himmlischen[Spaltenumbruch] Dingen (so ihnen wol zu wünschen) unglaublich entflamme; und aus dieser Ursache werde (wie sie sagen) der Cupido mit einer brennenden Fackel abgebildet. Damit auch alles ferner aufs genauste zutreffe/ sagen sie/ man solle allhier nur das jenige/ was in deß Cupido Fackel leuchet/ und die Augen belustiget/ betrachten/ das andere aber/ so da brennet/ und die Cörper derer/ die darvon ergriffen werden/ verletzet/ unbetrachtet vorbey streichen lassen; in welchem Stück er mit dem irdischen Cupido übereinstimmet/ der niemals einige reine Wollust verschaffet/ die von aller Bekümmernus frey seyn sollte/ sondern Wollust und Schmertzen also miteinander vermenget/ wie in der Fackel der Schein oder Glantz/ welcher belustiget und erfreuet/ und die Flamme/ so da brennet und Schmertzen verursachet/ miteinander verbunden sind.

Dieß ist die Meinung deß Plutarchus/ wie von dem Stobaeus angezogen wird in dem Capitel/ quod amor non sit judicium: Allwo er fraget/ warum die Poeten dem Cupido eine Fackel in die Hand gegeben/ und warum ihn die Bildhauer also vorgestellet haben? auch darauf selbst antwortet/ weil das Leuchtende am Feuer das Lieblichste; das aber so da brennet/ das Beschwehrlichste ist. Dieses hat Plutarchus von dem Plato entlehnet/ der in seinem Timaeo schreibet/ Es sey die Liebe in uns (so eben der Cupido ist) mit Wollust und Schmertzen vermischt/ welcher Cupido vom Vulcanus/ und der andern Venus/ die von Plato die gemeine/ weltliche und irdische genennet wird/ entsprungen/ und dannenhero auch selbst irdisch/ gemein und unzüchtig ist/ Wie Seneca den Cupido beschreibe. wie die Poeten von ihm fabuliren. Derohalben Seneca in der Octavia ihn also gleichsam mit seinen eigenen und lebhafften Farben abgemahlet:

Volucrem esse Amorem fingit,
immitem Deum,

Mortalis error, armat & telis man-
us,

Arcusque Sacros instruit saeva face.
Genitumque credit Venere, Vulca-
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satum.

Vis magna mentis, blandus atque
animi calor

Amor est, juventa gignitur, luxu,
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Nutritur inter laeta fortunae bona.
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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 172/0262] zu heben/ werden ihre Kräfften angedeutet/ dardurch unsere Geister die Göttliche Dinge zu betrachten erhaben werden. Die Pfeile/ sagen sie/ können auf die Strahlen deß Göttlichen Liechtes/ dardurch wir uns vielfältig berühret fühlen/ gedeutet werden/ daß wir durch dieselben ermuntert/ unsern Geist und Gemüt zu ihr wenden/ und durch ihre Schönheit wunderbarlich gefangen/ alles Irdisch und Menschliche so gar verschmähen/ daß wir es für anders nichts als für Staffeln zum Himmel gebrauchen. Welches Franciscus Petrarcha in einem Gedichte scheinet angedeutet zu haben/ worinnen er den von ihm vor Gericht geforderten Cupido sich zu verantworten also eingeführt: Dessen Flügel.Quodque magis cunctis miraberis; utimur alis, Vos quibus ad coelum contenditis, hisce creatis Utentes gradibus; quae si quis penderit aequis Momentis, homines recta ad sublimia tollunt. Die Flügel/ die du meist bewunderst/ führen wir/ zu zeigen euch/ daß durch dieselbe müsset ihr zum Himmel schwingen euch/ müsst nur als Staffeln brauchen die gantze Creatur; wer mit gerechten Augen dieselbe siehet an/ den führt sie über sich das zu betrachten stets/ wo er dort ewiglich zu seyn verordnet ist. Aber ich trage Sorge/ es werden die jenige aus so einem schlüpffrigen Ort und Wege sich nicht erheben können/ welche/ dieser berühmten Autorum Meinung sich bedienend/ in dem schändlichen Koht der Weiber-/ oder der noch schändlicheren Knaben-Liebe sich umwältzen/ und dabey ihnen die Hoffnung machen/ sie wollen mit ihren von dannen genommenen Flügeln sich glücklich hinauf zu den obersten Theil deß Himmels schwingen. Von diesem ihren erdichteten Himmlischen Cupido melden sie noch ferner/ ihn dardurch gleichsam vollends auszuzieren/ er sey der Sonne gleich/ als welche ihre Strahlen durch die gantze Welt ausbreite/ und wann sie etwann auf leichte und Liecht-fähige Cörper falle/ ziehe sie die aus denselben heraus gelockte Strahlen an sich: Ja gleichwie die Sonne alles/ was sie mit ihrem Liecht berühret/ zu erwärmen pfleget/ also mache es auch dieser Cupido/ als welcher die jenigen Hertzen/ darinn er seinen Platz genommen/ mit grosser Inbrunst zu den himmlischen Dingen (so ihnen wol zu wünschen) unglaublich entflamme; und aus dieser Ursache werde (wie sie sagen) der Cupido mit einer brennenden Fackel abgebildet. Damit auch alles ferner aufs genauste zutreffe/ sagen sie/ man solle allhier nur das jenige/ was in deß Cupido Fackel leuchet/ und die Augen belustiget/ betrachten/ das andere aber/ so da brennet/ und die Cörper derer/ die darvon ergriffen werden/ verletzet/ unbetrachtet vorbey streichen lassen; in welchem Stück er mit dem irdischen Cupido übereinstimmet/ der niemals einige reine Wollust verschaffet/ die von aller Bekümmernus frey seyn sollte/ sondern Wollust und Schmertzen also miteinander vermenget/ wie in der Fackel der Schein oder Glantz/ welcher belustiget und erfreuet/ und die Flamme/ so da brennet und Schmertzen verursachet/ miteinander verbunden sind. Die Platonici machen den Cupido der Sonne gleich.Dieß ist die Meinung deß Plutarchus/ wie von dem Stobaeus angezogen wird in dem Capitel/ quod amor non sit judicium: Allwo er fraget/ warum die Poeten dem Cupido eine Fackel in die Hand gegeben/ und warum ihn die Bildhauer also vorgestellet haben? auch darauf selbst antwortet/ weil das Leuchtende am Feuer das Lieblichste; das aber so da brennet/ das Beschwehrlichste ist. Dieses hat Plutarchus von dem Plato entlehnet/ der in seinem Timaeo schreibet/ Es sey die Liebe in uns (so eben der Cupido ist) mit Wollust und Schmertzen vermischt/ welcher Cupido vom Vulcanus/ und der andern Venus/ die von Plato die gemeine/ weltliche und irdische genennet wird/ entsprungen/ und dannenhero auch selbst irdisch/ gemein und unzüchtig ist/ wie die Poeten von ihm fabuliren. Derohalben Seneca in der Octavia ihn also gleichsam mit seinen eigenen und lebhafften Farben abgemahlet: Wie Seneca den Cupido beschreibe. Volucrem esse Amorem fingit, immitem Deum, Mortalis error, armat & telis man- us, Arcusque Sacros instruit saeva face. Genitumque credit Venere, Vulca- no satum. Vis magna mentis, blandus atque animi calor Amor est, juventa gignitur, luxu, otio Nutritur inter laeta fortunae bona. Quam si fovere, atque alere desi- stas, cadit, Brevique vires perdit, extinctus suas.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/262>, abgerufen am 24.11.2024.