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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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Von der Gesellen Schaar hieß er nur ei-
nen gehen

den Viergefüßten vor/ der Pavor hies
und Graus;

weil er sonst keinen kont aus dem Geleit er-
sehen/

der Furcht in das Gemüht/ und Warheit
brächt heraus.

Er hat unzehlig viel so Händ als falsche
Stimmen/

verstellet sein Gesicht/ so offt es ihm ge-
fällt;

Kan wässern Stadt und Land/ und wieder
machen glimmen/

wann er durch seine Red zwey Sonnen
vorgestellt/

und sagte/ daß die Stern und Erde werd
zerfallen/

so glaubt man ihm doch mehr als andern
Weisen allen.

Pausanias erzehlet/ daß der Schrecken von den Alten auf zweyerley Weise gebildet worden/ dann er schreibet in Eliacis prioribus, er sey in deß Agamemnons Schilde mit einem Löwen-Kopffe ausgedruckt gewesen. In Corinthiis aber meldet er/ es sey Pavor, oder der Graus/ in Weibs-Habit/ nahe beym Schrecken abgebildet gestanden/ und diese Bildnus hätten die Corinthier den Söhnen der Medea gewidmet/ so von ihnen mit Steinen bedeckt worden/ wegen der schädlichen Geschencke/ die ihre Mutter deß Creons Tochter beygebracht/ welche ihr | das Verderben/ und ihrem gantzen Hause den Untergang verursacht. Die Furcht für einen Gott gehalten. Die Lacedämonier haben auch die Furcht/ wie Plutarchus in Cleomene zeiget/ verehret/ und zwar nicht wie andere Geister oder Daemones, die sie/ als ihnen höchstschädlich/ weit von ihrer Stadt weg zu bringen wünschten: Dann sie vermeinten/ es könne das Gemeine Wesen am bästen erhalten werden/ wann man nämlich die Gesetze und Obrigkeit fürchtete. Dannenhero sie/ wie Aristoteles erzehlet/ sobald sie die oberkeitliche Amts-Stelle antraten/ durch einen Herold öffentlich außruffen liessen/ daß iedermann den Bart abscheren/ und den Gesetzen gehorsame Folge leisten sollte/ damit sie nicht iemanden zu straffen genöhtiget würden: und dieses thaten sie darumb/ damit sie junge Leute/ auch in den geringsten Dingen/ den Oberkeitlichen Befehlen nachzuleben angewöhnten. Wie dann bey den Alten vor keine wahre Gemühts-Tapfferkeit gehalten wurde/ wann sich iemand Wahre Tapfferkeit. vorsetzte/ nichts überall mehr zu fürchten/ sondern vielmehr war dis bey ihnen das Kennzeichen eines recht tapffern Menschen/ wann einer/ damit er ja nichts unanständiges leiden dürffte/ sich aufs äuserste zu fürchten pflegte/ von dem hielten sie sehr viel/ und waren in der Meinung/ daß ein solcher Mensch wider den Feind weit tapferer und unverzagter im Streit seyn würde/ der sich für den Gesetzen fürchtete/ [Spaltenumbruch] als welcher vor denselben keine Furcht hätte/ zumahlen die Furcht für Verlust deß ehrlichen Namens einen Menschen alles zu leiden und auszustehen beherzt mache. Dahero lieset man/ daß bey den Lacedämoniern von den Obersten die Capelle der Furcht neben dem jenigen Ort gebauet gewesen/ wo sie ihren Gerichtsstuhl hatten/ damit sie ihren Unterthanen einen desto grösseren Schrecken machen möchten. Dahin hat vielleicht der Römische König Tullus Hostilius gesehen/ als er den Schrecken/ und das Erblassen neben einander zu verehren verordnet/ wie Lactantius im I Buche erzehlet; dann sich selten zutragen wird/ daß der/ so einen Schrecken hat/ nicht auch drüber erblassen sollte: welcher Stiffter dann gewißlich wehrt gewesen/ wie an eben diesem Orte Lactantius redet/ dieselben seine Götter allezeit umb sich zu haben.

Wir müssen uns aber wieder zur Minerva kehren/ als welche/ wann sie den Spieß schwinget/ ihren Schild emporhebet/ und mit ihrem Comitat, den ihr Apulejus in seinem X Buche zugibt/ nichts als Kriegs-Betrohungen vorbildet. Wo wir sie aber als eine Friedliebende betrachten wollen/ so bedeckte der Schild/ welcher von Kristall war/ den ganzen Leib für aller Gefahr; dardurch anzudeuten/ es sey eines weisen Menschen Gemüht (oder Seel) mit diesem sterblichen Leibe deßwegen bedeckt/ umb dasselbe zu schützen und zu bewahren/ nicht aber daß er dem Verstand-Auge verhinderlich fallen sollte/ die Warheit zu sehen. Dieweil aber die Schilde insgemein von Gestalt rund sind (wiewohl wir den jenigen/ den die Minerva trug/ bisweilen anders gebildet sehen/) als ist Martianus Capella Schild der Minerva. in der Meinung/ es habe der Schild/ welchen die Minerva trug/ diese Bedeutung/ daß die rundgestalte Welt durch die Göttliche Vorsichtigkeit regiret werde/ und nicht von ohngefehr bestehe/ wie etwan Democritus Spieß der Minerva. und Epicurus darvor gehalten haben. Der Spieß oder die Lantze aber bemercket/ daß ein weiser und kluger Mann andern auch von fernen schaden könne; oder daß die Weißheit von solchem Vermögen sey/ daß nichts so rauch und hart/ welches sie nicht durchdringen oder bewältigen solte; ja daß sie sich unterweilen dergestalt empor schwinge/ daß sie auch den Himmel selbst berühre. Dannenhero hat Claudianus die Lanze oder den Spieß der Minerva so lang gemacht/ daß er in die Wolcken zu reichen schiene.

Homerus hat lib. I. Odyss. gedichtet/ daß die Minerva/ als sie zum Telemachus gereist/ den Ulysses/ als ihren Vatter/ auszuforschen/ auf Erinnerung/ güldne Fersen-Flügel/ (von welchen wir in Beschreibung deß Mercurius geredet) und anders nichts/ als den Spieß oder die Lantzen getragen habe. Beym Cicero/ im dritten Buch von Natur der Götter

[Spaltenumbruch]
Von der Gesellen Schaar hieß er nur ei-
nen gehen

den Viergefüßten vor/ der Pavor hies
und Graus;

weil er sonst keinen kont aus dem Geleit er-
sehen/

der Furcht in das Gemüht/ und Warheit
brächt heraus.

Er hat unzehlig viel so Händ als falsche
Stimmen/

verstellet sein Gesicht/ so offt es ihm ge-
fällt;

Kan wässern Stadt und Land/ und wieder
machen glimmen/

wann er durch seine Red zwey Sonnen
vorgestellt/

und sagte/ daß die Stern und Erde werd
zerfallen/

so glaubt man ihm doch mehr als andern
Weisen allen.

Pausanias erzehlet/ daß der Schrecken von den Alten auf zweyerley Weise gebildet worden/ dann er schreibet in Eliacis prioribus, er sey in deß Agamemnons Schilde mit einem Löwen-Kopffe ausgedruckt gewesen. In Corinthiis aber meldet er/ es sey Pavor, oder der Graus/ in Weibs-Habit/ nahe beym Schrecken abgebildet gestanden/ und diese Bildnus hätten die Corinthier den Söhnen der Medea gewidmet/ so von ihnen mit Steinen bedeckt worden/ wegen der schädlichen Geschencke/ die ihre Mutter deß Creons Tochter beygebracht/ welche ihr | das Verderben/ und ihrem gantzen Hause den Untergang verursacht. Die Furcht für einen Gott gehalten. Die Lacedämonier haben auch die Furcht/ wie Plutarchus in Cleomene zeiget/ verehret/ und zwar nicht wie andere Geister oder Daemones, die sie/ als ihnen höchstschädlich/ weit von ihrer Stadt weg zu bringen wünschten: Dann sie vermeinten/ es könne das Gemeine Wesen am bästen erhalten werden/ wann man nämlich die Gesetze und Obrigkeit fürchtete. Dannenhero sie/ wie Aristoteles erzehlet/ sobald sie die oberkeitliche Amts-Stelle antraten/ durch einen Herold öffentlich außruffen liessen/ daß iedermann den Bart abscheren/ und den Gesetzen gehorsame Folge leisten sollte/ damit sie nicht iemanden zu straffen genöhtiget würden: und dieses thaten sie darumb/ damit sie junge Leute/ auch in den geringsten Dingen/ den Oberkeitlichen Befehlen nachzuleben angewöhnten. Wie dann bey den Alten vor keine wahre Gemühts-Tapfferkeit gehalten wurde/ wann sich iemand Wahre Tapfferkeit. vorsetzte/ nichts überall mehr zu fürchten/ sondern vielmehr war dis bey ihnen das Kennzeichen eines recht tapffern Menschen/ wann einer/ damit er ja nichts unanständiges leiden dürffte/ sich aufs äuserste zu fürchten pflegte/ von dem hielten sie sehr viel/ und waren in der Meinung/ daß ein solcher Mensch wider den Feind weit tapferer und unverzagter im Streit seyn würde/ der sich für den Gesetzen fürchtete/ [Spaltenumbruch] als welcher vor denselben keine Furcht hätte/ zumahlen die Furcht für Verlust deß ehrlichen Namens einen Menschen alles zu leiden und auszustehen beherzt mache. Dahero lieset man/ daß bey den Lacedämoniern von den Obersten die Capelle der Furcht neben dem jenigen Ort gebauet gewesen/ wo sie ihren Gerichtsstuhl hatten/ damit sie ihren Unterthanen einen desto grösseren Schrecken machen möchten. Dahin hat vielleicht der Römische König Tullus Hostilius gesehen/ als er den Schrecken/ und das Erblassen neben einander zu verehren verordnet/ wie Lactantius im I Buche erzehlet; dann sich selten zutragen wird/ daß der/ so einen Schrecken hat/ nicht auch drüber erblassen sollte: welcher Stiffter dann gewißlich wehrt gewesen/ wie an eben diesem Orte Lactantius redet/ dieselben seine Götter allezeit umb sich zu haben.

Wir müssen uns aber wieder zur Minerva kehren/ als welche/ wann sie den Spieß schwinget/ ihren Schild emporhebet/ und mit ihrem Comitat, den ihr Apulejus in seinem X Buche zugibt/ nichts als Kriegs-Betrohungen vorbildet. Wo wir sie aber als eine Friedliebende betrachten wollen/ so bedeckte der Schild/ welcher von Kristall war/ den ganzen Leib für aller Gefahr; dardurch anzudeuten/ es sey eines weisen Menschen Gemüht (oder Seel) mit diesem sterblichen Leibe deßwegen bedeckt/ umb dasselbe zu schützen und zu bewahren/ nicht aber daß er dem Verstand-Auge verhinderlich fallen sollte/ die Warheit zu sehen. Dieweil aber die Schilde insgemein von Gestalt rund sind (wiewohl wir den jenigen/ den die Minerva trug/ bisweilen anders gebildet sehen/) als ist Martianus Capella Schild der Minerva. in der Meinung/ es habe der Schild/ welchen die Minerva trug/ diese Bedeutung/ daß die rundgestalte Welt durch die Göttliche Vorsichtigkeit regiret werde/ und nicht von ohngefehr bestehe/ wie etwan Democritus Spieß der Minerva. und Epicurus darvor gehalten haben. Der Spieß oder die Lantze aber bemercket/ daß ein weiser und kluger Mann andern auch von fernen schaden könne; oder daß die Weißheit von solchem Vermögen sey/ daß nichts so rauch und hart/ welches sie nicht durchdringen oder bewältigen solte; ja daß sie sich unterweilen dergestalt empor schwinge/ daß sie auch den Himmel selbst berühre. Dannenhero hat Claudianus die Lanze oder den Spieß der Minerva so lang gemacht/ daß er in die Wolcken zu reichen schiene.

Homerus hat lib. I. Odyss. gedichtet/ daß die Minerva/ als sie zum Telemachus gereist/ den Ulysses/ als ihren Vatter/ auszuforschen/ auf Erinnerung/ güldne Fersen-Flügel/ (von welchen wir in Beschreibung deß Mercurius geredet) und anders nichts/ als den Spieß oder die Lantzen getragen habe. Beym Cicero/ im dritten Buch von Natur der Götter

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In Corinthiis aber meldet er/ es sey Pavor, oder der Graus/ in Weibs-Habit/ nahe beym Schrecken abgebildet gestanden/ und diese Bildnus hätten die Corinthier den Söhnen der Medea gewidmet/ so von ihnen mit Steinen bedeckt worden/ wegen der schädlichen Geschencke/ die ihre Mutter deß Creons Tochter beygebracht/ welche ihr | das Verderben/ und ihrem gantzen Hause den Untergang verursacht. Die Lacedämonier haben auch die Furcht/ wie Plutarchus in Cleomene zeiget/ verehret/ und zwar nicht wie andere Geister oder Daemones, die sie/ als ihnen höchstschädlich/ weit von ihrer Stadt weg zu bringen wünschten: Dann sie vermeinten/ es könne das Gemeine Wesen am bästen erhalten werden/ wann man nämlich die Gesetze und Obrigkeit fürchtete. Dannenhero sie/ wie Aristoteles erzehlet/ sobald sie die oberkeitliche Amts-Stelle antraten/ durch einen Herold öffentlich außruffen liessen/ daß iedermann den Bart abscheren/ und den Gesetzen gehorsame Folge leisten sollte/ damit sie nicht iemanden zu straffen genöhtiget würden: und dieses thaten sie darumb/ damit sie junge Leute/ auch in den geringsten Dingen/ den Oberkeitlichen Befehlen nachzuleben angewöhnten. 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Dahin hat vielleicht der Römische König Tullus Hostilius gesehen/ als er den Schrecken/ und das Erblassen neben einander zu verehren verordnet/ wie Lactantius im I Buche erzehlet; dann sich selten zutragen wird/ daß der/ so einen Schrecken hat/ nicht auch drüber erblassen sollte: welcher Stiffter dann gewißlich wehrt gewesen/ wie an eben diesem Orte Lactantius redet/ dieselben seine Götter allezeit umb sich zu haben. Die Furcht für einen Gott gehalten. Wahre Tapfferkeit.Wir müssen uns aber wieder zur Minerva kehren/ als welche/ wann sie den Spieß schwinget/ ihren Schild emporhebet/ und mit ihrem Comitat, den ihr Apulejus in seinem X Buche zugibt/ nichts als Kriegs-Betrohungen vorbildet. Wo wir sie aber als eine Friedliebende betrachten wollen/ so bedeckte der Schild/ welcher von Kristall war/ den ganzen Leib für aller Gefahr; dardurch anzudeuten/ es sey eines weisen Menschen Gemüht (oder Seel) mit diesem sterblichen Leibe deßwegen bedeckt/ umb dasselbe zu schützen und zu bewahren/ nicht aber daß er dem Verstand-Auge verhinderlich fallen sollte/ die Warheit zu sehen. Dieweil aber die Schilde insgemein von Gestalt rund sind (wiewohl wir den jenigen/ den die Minerva trug/ bisweilen anders gebildet sehen/) als ist Martianus Capella in der Meinung/ es habe der Schild/ welchen die Minerva trug/ diese Bedeutung/ daß die rundgestalte Welt durch die Göttliche Vorsichtigkeit regiret werde/ und nicht von ohngefehr bestehe/ wie etwan Democritus und Epicurus darvor gehalten haben. Der Spieß oder die Lantze aber bemercket/ daß ein weiser und kluger Mann andern auch von fernen schaden könne; oder daß die Weißheit von solchem Vermögen sey/ daß nichts so rauch und hart/ welches sie nicht durchdringen oder bewältigen solte; ja daß sie sich unterweilen dergestalt empor schwinge/ daß sie auch den Himmel selbst berühre. Dannenhero hat Claudianus die Lanze oder den Spieß der Minerva so lang gemacht/ daß er in die Wolcken zu reichen schiene. Schild der Minerva. Spieß der Minerva.Homerus hat lib. I. Odyss. gedichtet/ daß die Minerva/ als sie zum Telemachus gereist/ den Ulysses/ als ihren Vatter/ auszuforschen/ auf Erinnerung/ güldne Fersen-Flügel/ (von welchen wir in Beschreibung deß Mercurius geredet) und anders nichts/ als den Spieß oder die Lantzen getragen habe. Beym Cicero/ im dritten Buch von Natur der Götter

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  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/211>, abgerufen am 30.04.2024.