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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] Ops. den Alten Ops genennet worden/ nemlich von ihrer Hülff-Leistung; dieweil nichts ist/ das denen Menschen das Leben zu erleichtern grössern Behuff giebt/ als die Erde/ welche vom Homerus zeidoron, das ist/ eine Lebens-Geberin benamset wird/ weil sie dasjenige/ worvon wir leben/ und allda wir uns füglich aufhalten können/ reichlich dargiebet/ auch uns in viel Weis und Wege/ als eine treue Mutter/ gutes thut. Wann sie Martianus beschreibet/ saget er unter andern/ daß sie eines hohen Wie sie vom Martianus beschrieben worden. Alters und starck vom Leibe sey; welches mit dem überein stimmet/ was Pausanias in Achaicis von einem Bilde deß Erdreichs erzehlet/ welches sie Eurysternon, das ist/ mit einer breiten Brust begabet/ nenneten. Ob diese nun gleich fruchtbar und mit Früchten umgeben ware/ hatte ihr doch der grüne Mantel ein blühend manchfärbiges Kleid angezogen/ worinnen alle Edelgesteine und Metalle/ wie auch aller Einkünfften und Früchte Uberfluß zu sehen war. Aus welcher Bildnus ein iedweder die Erde verstehen wird/ welche/ nach deß Augustinus Zeugnus/ Varro die Ops genennt haben will/ dieweil/ iemehr sie durch menschlichen Fleiß gebauet wird/ desto mehrere Früchte sie zu tragen pfleget. Eben diese/ sagt Varro/ wird auch Proserpina vom Hervorbringen genennet/ die weil aus ihr die herauswachsende Früchte hervor kriechen. Vesta wird sie genennet/ weil sie mit grünen Erklärung der Bildnis der Göttin Ops. Kräutern bekleidet wird. Boccatius im III. Buche von der Götter Stamm- oder GeburtsRegister drucket ihr Bildnus aus/ und erkläret was sie sey/ indem er saget/ sie habe auf dem Haupt eine Thurnformige Krone; dann der Umfang der Erden ist wie eine Krone mit Städten und Städtlein bezeichnet und umgeben. Uber dis wird das Kleid durch Einwebung allerley Zweigen und Kräuter unterschieden; wordurch die viele und mancherley Bäume/ Pflantzen und Kräuter ausgedruckt werden/ mit welchen der Erdboden bewachsen ist. In der Hand träget sie einen Scepter; wordurch Königreiche/ Reichthumb und menschliche Gewalt/ so auf Erden sind/ angedeutet werden. Die Paucken/ so bey ihr zu sehen/ zielen auf die Runde der Erden/ welche in zwey Halb-Kugeln getheilet wird/ deren eine die Obere in welcher wir leben/ die andere die Untere/ welche die jenige/ so uns die Füsse entgegen kehren/ bewohnen/ genennet wird. Sie fährt auf einem Wagen mit vier Rädern; dann ob sie wol unbeweglich stehet/ gehen doch die Wercke/ so in ihr geübet werden/ in einer gewissen Ordnung gleichsam durch die vier Jahrs-Zeiten fort/ daß immer eins auf das andere folget. Daß sie von Löwen gezogen wird/ bedeutet entweder der Acker-Leute Arbeit/ wann sie den Saamen in die Erde streuen; weil/ wie Solinus bezeuget/ die Löwen/ wenn sie über einen staubigen Grund oder Der Löwen Natur. Boden gehen/ mit dem Schwantz ihre Fußstapffen wiederum vertilgen/ damit sie von den[Spaltenumbruch] Jägern dardurch nicht ausgespüret werden: welches auch die Ackerleute/ nachdem sie den Saamen in die Erde geworffen/ von Stund an zu thun pflegen/ indem sie den Saamen wiederum verdecken/ damit er nicht von den Vögeln weggetragen und aufgefressen werde. Oder sie haben hierdurch/ weil die Beine der Löwen härter denn anderer Thiere sind/ zu verstehen geben wollen/ daß die Thiere/ so die Erde umpflügen sollen/ stärcker als andere seyn müssen. Oder aber/ es wird durch die Löwen/ welche wir unter den vierfüssigen Thieren die Könige nennen/ und dem Joch der Ops unterworffen sind/ angezeiget/ daß die Herren der Welt/ den Gesetzen deß Erdkreises unterworffen seyen. Wann wir aber die Fabel recht ansehen/ so befinden wir/ daß Hippomanes und Atalanta/ weil sie in dem der Götter-Mutter geheiligten Lustwald/ ohne Schaam und Scheu vor den Göttern/ sich fleischlich mit einander vermischt/ von ihr in Löwen verwandelt/ und vor ihren Wagen gespannet worden. Die ledige Sitze aber umb sie her bedeuten/ daß nicht allein die Häuser/ sondern auch die Städte/ welche der Einwohner Sitze sind/ sehr offt/ entweder durch grassirung einer Pest/ oder durch Krieg/ leer und öd gemacht werden: oder weil auf der Erde die meisten Oerter unbewohnet sind; oder weil der Erdboden iederzeit denen/ so noch geboren werden sollen/ ledige Stellen aufbehält. Von den Alten wurden ihr die Corybantes oder gewaffnete Priester zugeordnet/ die sie umbgaben; anzudeuten/ daß ein iedweder Mensch für sein Vatterland sich der Kriegs-Gefahr unterwerffen/ und die Waffen für desselben Wolfahrt ergreiffen solle.

Schlüssel in der Hand der grossen Mutter. Uberdiß schreibet Isidorus / es sey der Götter-Mutter ein Schlüssel in die Hand gegeben worden; uns dardurch zu verstehen zu geben/ daß die Erde im Winter verschlossen werde/ und den ausgestreueten Saamen in ihrem Schoße verberge/ biß er im Frühling wieder hervorbreche; dann alsdann wird/ wie Alexander Neapolitanus davor hält/ die Erde eröffnet. Die Alten haben sie unterweilen mit vier Kräntzen gezieret; dann die Menschen vor alten Zeiten von denen durch die Erde hervorgebrochenen Eicheln zu leben pflegten/ gleichwie wir anietzo vom Getraide und andern Früchten unsere Unterhaltung haben/ deren uns eben dieser Erdboden zur Gnüge darreichet. Ihre Kronen waren unterweilen von Kieffern- oder Zirnen-Bäumen: dann dieser Baum ihr heilig und gewidmet war/ wegen derselben grossen Menge/ so in Phrygien zu finden/ als woselbst sie am ersten vor eine Göttin gehalten/ und mit sonderbarem Dienste verehret worden/ also/ daß man sie Die Phrygische Göttin hiervon die Phrygische Göttin genennet hat; wie dann auch derselben Landschafft hohes Gebirge/ Berecynthus genannt/ ihr den Namen Berecynthia zu wegen gebracht/ massen sie Virgilius lib. VI. Aeneidos, da er ihr die

[Spaltenumbruch] Ops. den Alten Ops genennet worden/ nemlich von ihrer Hülff-Leistung; dieweil nichts ist/ das denen Menschen das Leben zu erleichtern grössern Behuff giebt/ als die Erde/ welche vom Homerus ζείδωρον, das ist/ eine Lebens-Geberin benamset wird/ weil sie dasjenige/ worvon wir leben/ und allda wir uns füglich aufhalten können/ reichlich dargiebet/ auch uns in viel Weis und Wege/ als eine treue Mutter/ gutes thut. Wann sie Martianus beschreibet/ saget er unter andern/ daß sie eines hohen Wie sie vom Martianus beschrieben worden. Alters und starck vom Leibe sey; welches mit dem überein stimmet/ was Pausanias in Achaicis von einem Bilde deß Erdreichs erzehlet/ welches sie Eurysternon, das ist/ mit einer breiten Brust begabet/ nenneten. Ob diese nun gleich fruchtbar und mit Früchten umgeben ware/ hatte ihr doch der grüne Mantel ein blühend manchfärbiges Kleid angezogen/ worinnen alle Edelgesteine und Metalle/ wie auch aller Einkünfften und Früchte Uberfluß zu sehen war. Aus welcher Bildnus ein iedweder die Erde verstehen wird/ welche/ nach deß Augustinus Zeugnus/ Varro die Ops genennt haben will/ dieweil/ iemehr sie durch menschlichen Fleiß gebauet wird/ desto mehrere Früchte sie zu tragen pfleget. Eben diese/ sagt Varro/ wird auch Proserpina vom Hervorbringen genennet/ die weil aus ihr die herauswachsende Früchte hervor kriechen. Vesta wird sie genennet/ weil sie mit grünen Erklärung der Bildnis der Göttin Ops. Kräutern bekleidet wird. Boccatius im III. Buche von der Götter Stamm- oder GeburtsRegister drucket ihr Bildnus aus/ und erkläret was sie sey/ indem er saget/ sie habe auf dem Haupt eine Thurnformige Krone; dann der Umfang der Erden ist wie eine Krone mit Städten und Städtlein bezeichnet und umgeben. Uber dis wird das Kleid durch Einwebung allerley Zweigen und Kräuter unterschieden; wordurch die viele und mancherley Bäume/ Pflantzen und Kräuter ausgedruckt werden/ mit welchen der Erdboden bewachsen ist. In der Hand träget sie einen Scepter; wordurch Königreiche/ Reichthumb und menschliche Gewalt/ so auf Erden sind/ angedeutet werden. Die Paucken/ so bey ihr zu sehen/ zielen auf die Runde der Erden/ welche in zwey Halb-Kugeln getheilet wird/ deren eine die Obere in welcher wir leben/ die andere die Untere/ welche die jenige/ so uns die Füsse entgegen kehren/ bewohnen/ genennet wird. Sie fährt auf einem Wagen mit vier Rädern; dann ob sie wol unbeweglich stehet/ gehen doch die Wercke/ so in ihr geübet werden/ in einer gewissen Ordnung gleichsam durch die vier Jahrs-Zeiten fort/ daß immer eins auf das andere folget. Daß sie von Löwen gezogen wird/ bedeutet entweder der Acker-Leute Arbeit/ wann sie den Saamen in die Erde streuen; weil/ wie Solinus bezeuget/ die Löwen/ wenn sie über einen staubigen Grund oder Der Löwen Natur. Boden gehen/ mit dem Schwantz ihre Fußstapffen wiederum vertilgen/ damit sie von den[Spaltenumbruch] Jägern dardurch nicht ausgespüret werden: welches auch die Ackerleute/ nachdem sie den Saamen in die Erde geworffen/ von Stund an zu thun pflegen/ indem sie den Saamen wiederum verdecken/ damit er nicht von den Vögeln weggetragen und aufgefressen werde. Oder sie haben hierdurch/ weil die Beine der Löwen härter denn anderer Thiere sind/ zu verstehen geben wollen/ daß die Thiere/ so die Erde umpflügen sollen/ stärcker als andere seyn müssen. Oder aber/ es wird durch die Löwen/ welche wir unter den vierfüssigen Thieren die Könige nennen/ und dem Joch der Ops unterworffen sind/ angezeiget/ daß die Herren der Welt/ den Gesetzen deß Erdkreises unterworffen seyen. Wann wir aber die Fabel recht ansehen/ so befinden wir/ daß Hippomanes und Atalanta/ weil sie in dem der Götter-Mutter geheiligten Lustwald/ ohne Schaam und Scheu vor den Göttern/ sich fleischlich mit einander vermischt/ von ihr in Löwen verwandelt/ und vor ihren Wagen gespannet worden. Die ledige Sitze aber umb sie her bedeuten/ daß nicht allein die Häuser/ sondern auch die Städte/ welche der Einwohner Sitze sind/ sehr offt/ entweder durch grassirung einer Pest/ oder durch Krieg/ leer und öd gemacht werden: oder weil auf der Erde die meisten Oerter unbewohnet sind; oder weil der Erdboden iederzeit denen/ so noch geboren werden sollen/ ledige Stellen aufbehält. Von den Alten wurden ihr die Corybantes oder gewaffnete Priester zugeordnet/ die sie umbgaben; anzudeuten/ daß ein iedweder Mensch für sein Vatterland sich der Kriegs-Gefahr unterwerffen/ und die Waffen für desselben Wolfahrt ergreiffen solle.

Schlüssel in der Hand der grossen Mutter. Uberdiß schreibet Isidorus / es sey der Götter-Mutter ein Schlüssel in die Hand gegeben worden; uns dardurch zu verstehen zu geben/ daß die Erde im Winter verschlossen werde/ und den ausgestreueten Saamen in ihrem Schoße verberge/ biß er im Frühling wieder hervorbreche; dann alsdann wird/ wie Alexander Neapolitanus davor hält/ die Erde eröffnet. Die Alten haben sie unterweilen mit vier Kräntzen gezieret; dann die Menschen vor alten Zeiten von denen durch die Erde hervorgebrochenen Eicheln zu leben pflegten/ gleichwie wir anietzo vom Getraide und andern Früchten unsere Unterhaltung haben/ deren uns eben dieser Erdboden zur Gnüge darreichet. Ihre Kronen waren unterweilen von Kieffern- oder Zirnen-Bäumen: dann dieser Baum ihr heilig und gewidmet war/ wegen derselben grossen Menge/ so in Phrygien zu finden/ als woselbst sie am ersten vor eine Göttin gehalten/ und mit sonderbarem Dienste verehret worden/ also/ daß man sie Die Phrygische Göttin hiervon die Phrygische Göttin genennet hat; wie dann auch derselben Landschafft hohes Gebirge/ Berecynthus genannt/ ihr den Namen Berecynthia zu wegen gebracht/ massen sie Virgilius lib. VI. Aeneidos, da er ihr die

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 73/0137] den Alten Ops genennet worden/ nemlich von ihrer Hülff-Leistung; dieweil nichts ist/ das denen Menschen das Leben zu erleichtern grössern Behuff giebt/ als die Erde/ welche vom Homerus ζείδωρον, das ist/ eine Lebens-Geberin benamset wird/ weil sie dasjenige/ worvon wir leben/ und allda wir uns füglich aufhalten können/ reichlich dargiebet/ auch uns in viel Weis und Wege/ als eine treue Mutter/ gutes thut. Wann sie Martianus beschreibet/ saget er unter andern/ daß sie eines hohen Alters und starck vom Leibe sey; welches mit dem überein stimmet/ was Pausanias in Achaicis von einem Bilde deß Erdreichs erzehlet/ welches sie Eurysternon, das ist/ mit einer breiten Brust begabet/ nenneten. Ob diese nun gleich fruchtbar und mit Früchten umgeben ware/ hatte ihr doch der grüne Mantel ein blühend manchfärbiges Kleid angezogen/ worinnen alle Edelgesteine und Metalle/ wie auch aller Einkünfften und Früchte Uberfluß zu sehen war. Aus welcher Bildnus ein iedweder die Erde verstehen wird/ welche/ nach deß Augustinus Zeugnus/ Varro die Ops genennt haben will/ dieweil/ iemehr sie durch menschlichen Fleiß gebauet wird/ desto mehrere Früchte sie zu tragen pfleget. Eben diese/ sagt Varro/ wird auch Proserpina vom Hervorbringen genennet/ die weil aus ihr die herauswachsende Früchte hervor kriechen. Vesta wird sie genennet/ weil sie mit grünen Kräutern bekleidet wird. Boccatius im III. Buche von der Götter Stamm- oder GeburtsRegister drucket ihr Bildnus aus/ und erkläret was sie sey/ indem er saget/ sie habe auf dem Haupt eine Thurnformige Krone; dann der Umfang der Erden ist wie eine Krone mit Städten und Städtlein bezeichnet und umgeben. Uber dis wird das Kleid durch Einwebung allerley Zweigen und Kräuter unterschieden; wordurch die viele und mancherley Bäume/ Pflantzen und Kräuter ausgedruckt werden/ mit welchen der Erdboden bewachsen ist. In der Hand träget sie einen Scepter; wordurch Königreiche/ Reichthumb und menschliche Gewalt/ so auf Erden sind/ angedeutet werden. Die Paucken/ so bey ihr zu sehen/ zielen auf die Runde der Erden/ welche in zwey Halb-Kugeln getheilet wird/ deren eine die Obere in welcher wir leben/ die andere die Untere/ welche die jenige/ so uns die Füsse entgegen kehren/ bewohnen/ genennet wird. Sie fährt auf einem Wagen mit vier Rädern; dann ob sie wol unbeweglich stehet/ gehen doch die Wercke/ so in ihr geübet werden/ in einer gewissen Ordnung gleichsam durch die vier Jahrs-Zeiten fort/ daß immer eins auf das andere folget. Daß sie von Löwen gezogen wird/ bedeutet entweder der Acker-Leute Arbeit/ wann sie den Saamen in die Erde streuen; weil/ wie Solinus bezeuget/ die Löwen/ wenn sie über einen staubigen Grund oder Boden gehen/ mit dem Schwantz ihre Fußstapffen wiederum vertilgen/ damit sie von den Jägern dardurch nicht ausgespüret werden: welches auch die Ackerleute/ nachdem sie den Saamen in die Erde geworffen/ von Stund an zu thun pflegen/ indem sie den Saamen wiederum verdecken/ damit er nicht von den Vögeln weggetragen und aufgefressen werde. Oder sie haben hierdurch/ weil die Beine der Löwen härter denn anderer Thiere sind/ zu verstehen geben wollen/ daß die Thiere/ so die Erde umpflügen sollen/ stärcker als andere seyn müssen. Oder aber/ es wird durch die Löwen/ welche wir unter den vierfüssigen Thieren die Könige nennen/ und dem Joch der Ops unterworffen sind/ angezeiget/ daß die Herren der Welt/ den Gesetzen deß Erdkreises unterworffen seyen. Wann wir aber die Fabel recht ansehen/ so befinden wir/ daß Hippomanes und Atalanta/ weil sie in dem der Götter-Mutter geheiligten Lustwald/ ohne Schaam und Scheu vor den Göttern/ sich fleischlich mit einander vermischt/ von ihr in Löwen verwandelt/ und vor ihren Wagen gespannet worden. Die ledige Sitze aber umb sie her bedeuten/ daß nicht allein die Häuser/ sondern auch die Städte/ welche der Einwohner Sitze sind/ sehr offt/ entweder durch grassirung einer Pest/ oder durch Krieg/ leer und öd gemacht werden: oder weil auf der Erde die meisten Oerter unbewohnet sind; oder weil der Erdboden iederzeit denen/ so noch geboren werden sollen/ ledige Stellen aufbehält. Von den Alten wurden ihr die Corybantes oder gewaffnete Priester zugeordnet/ die sie umbgaben; anzudeuten/ daß ein iedweder Mensch für sein Vatterland sich der Kriegs-Gefahr unterwerffen/ und die Waffen für desselben Wolfahrt ergreiffen solle. Ops. Wie sie vom Martianus beschrieben worden. Erklärung der Bildnis der Göttin Ops. Der Löwen Natur. Uberdiß schreibet Isidorus / es sey der Götter-Mutter ein Schlüssel in die Hand gegeben worden; uns dardurch zu verstehen zu geben/ daß die Erde im Winter verschlossen werde/ und den ausgestreueten Saamen in ihrem Schoße verberge/ biß er im Frühling wieder hervorbreche; dann alsdann wird/ wie Alexander Neapolitanus davor hält/ die Erde eröffnet. Die Alten haben sie unterweilen mit vier Kräntzen gezieret; dann die Menschen vor alten Zeiten von denen durch die Erde hervorgebrochenen Eicheln zu leben pflegten/ gleichwie wir anietzo vom Getraide und andern Früchten unsere Unterhaltung haben/ deren uns eben dieser Erdboden zur Gnüge darreichet. Ihre Kronen waren unterweilen von Kieffern- oder Zirnen-Bäumen: dann dieser Baum ihr heilig und gewidmet war/ wegen derselben grossen Menge/ so in Phrygien zu finden/ als woselbst sie am ersten vor eine Göttin gehalten/ und mit sonderbarem Dienste verehret worden/ also/ daß man sie hiervon die Phrygische Göttin genennet hat; wie dann auch derselben Landschafft hohes Gebirge/ Berecynthus genannt/ ihr den Namen Berecynthia zu wegen gebracht/ massen sie Virgilius lib. VI. Aeneidos, da er ihr die Schlüssel in der Hand der grossen Mutter. Die Phrygische Göttin

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/137>, abgerufen am 07.05.2024.