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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] Streit begriffen. Uber dieser/ trat noch eine andere hervor/ so wegen des ansehnlichen Zierrahts und Liebligkeit einer Göttlichen Farbe/ vortrefflich schön war/ und die Venus bedeutete; eben in solcher Gestalt/ als sie noch in ihrer Jungfrauschafft war; also daß sie eine vollkommene Schönheit vorstellte. Sie tratt bloß und unbedecktes Leibes herein: ausser daß sie/ von vornen/ mit einem durchscheinendem seidenem Kleidlein/ verhüllete/ was die Natur verborgen haben will: wiewol dis weisse seidene Kleid/ von einem lieblichen Windlein/ hin und wieder gewehet wurde/ also daß zum öfftern der Natur Verborgenheit entblösset ward/ gestaltsam auch das Kleidlein/ durch gedachtes liebliches Windlein/ sich dermassen anlegte/ daß man alle Glieder dardurch beschauen konte. Die Farbe dieser Göttin war unterschieden: der Theil/ welcher vom Himmel/ war von Gestalt weiß/ und der/ so von der See stralte/ meergrün. Die Jungfrauen/ ihre Gespielinnen/ Die Gesellschafft der Juno/ und ihr Versprechen. so man für Göttinnen halten mögen/ giengen neben ihr. Aber/ bey der Juno/ dem Castor und Pollux: deren Häupter bedeckt mit Helmen/ so mit Kupffer beschlagen/ und/ mit subtilen Sternlein/ haupt-vortreflich gezieret waren: wiewol dieses auch nur verstellte Jünglinge. Besagte junge Persohn gieng/ immittelst ihr die holdselige und lieblichklingende Flöte unterschiedene Liedlein anstimmte/ gantz stille und unerdichteter Beständigkeit fort/ und versprach/ mit einem ehr-lieblichem Wincken/ dem Hirten/ daß sie ihme wolte geben das gantze Königreich Asien/ dafern er ihr den Preiß zueignete. Die streitbare Göttin Minerva ward bedient/ von ihren zween Schildträgern/ dem Schrecken und der Erblassung/ welche auf blossen Schwertern tantzeten. Hinder ihnen erschallte eine/ mit grossen Sausen und scharffen Klange untermischte/ Krieges-Posaune/ auf Art einer Trompete/ um eine frische muntere Geberde/ und freudigen Muht zu erwecken. Diese bequemte ihr sonst unruhiges Haupt/ schnell-flüchtiges Gesicht/ und erschreckliche Augen/ dannoch zu einem fröligem Blicke gegen dem Paris/ ihm damit anversprechend/ wann er ihr den Preiß der Schönheit zueignen würde/ daß er/ durch ihre Hülffe/ tapffer und berühmt in Siegen werden solte. Die Venus aber bliebe/ mit grosser Die Gesellschafft der lieblichen Venus und ihr Versprechen. Begünstigung aller Zuschauer/ lieblich-lächlend mitten im Schauplatze stehen/ umgeben mit sehr angenehmen kleinen Kindlein/ also daß/ wann man diese wolgestalte und schöne Kindlein siehet/ man die liebskinder zu sehen/ oder daß die warhafftigen liebe-Kindlein/ oder Cupidines/ aus dem Himmel/ und aus dem Meer/ alle dahin kommen zu seyn/ meinen solte: dann an Flügeln/ Pfeilen und anderer Gestaltnus des Gesichts/ sie einander alle gleich waren. Und gleich als ob sie ein Hochzeitmal bedienen wolten/ blinckten vor ihnen her/ die Jungfrauen/ mit helleuchtenden Fackelen: und allhier war das auserwehlte Geschlecht der Jungfrauen: die liebliche Gratien: die angenehmen Horae/ welche/ mit denen geflochtenen und gebundenen Blumen/ ihre Göttinnen verehrten/ und einen sehr artlichen Tantz thaten. Die schönhärige Venus/ als Göttin der Wollust/ gieng immittelst umher/ und spiete auf der Flöte viel schöne Lydische Liedlein: wordurch [Spaltenumbruch] sie der Zuhörer Hertzen sehr lieblich bewegte/ auch/ mit einem gravitätischen/ langsamen Schritt/ allmählich fortschritte/ durch die schwingende Flügelein/ und/ mit dem Haupte/ zu ihrem süssem Spiel/ sehr annehmlich die Maaß gab/ im Aufheben und Niedersetzen der Füsse/ sich artlich geberdete/ und/ mit den Augen/ allerley reitzende Blicke und Geberden zu geben wuste. Diese nun/ als sie ietzo dem Richter ins Gesicht kam/ schiene/ mit Beugung ihrer Arme/ aufs holdseeligste zu geloben/ daß/ wofern sie denen andern Göttinnen vorgezogen würde/ sie dem Paris die vortrefflichste/ und ihr selbst gleichende/ Venus bekommt den Apffel. Schönheit zum Weibe geben wolte. Worauf dann der Phrygische Jüngling dieser venerischen Schönheit den/ in der Hand habenden/ guldnen Apffel/ als eine Stimme/ oder Zuerkändtnus des Sieges/ und der Uberwindung/ von Stund an/ mit willigem Hertzen/ zugelangt und überreichet hat. Die Erklärung/ so Apulejus hierüber thut/ wollen wir noch ein wenig ruhen lassen. Pausanias sagt/ daß die Venus/ zur Zeit dieses Urtheils/ vergesellschafftet gewest mit denen dreyen Gratien/ oder Holdinnen/ wie auch ihren/ und des Bachus Töchtern/ als ohne deren Vorwissen/ weil sie ihr zugeeignet/ sie nichts zu thun pflegen: darbeneben habe sie auch zu sich kommen lassen den Hymenaeus/ den Cupido/ und die Liebeskindlein. Nachdem nun dieses Urtheil also ergangen; waren die Juno/ und Pallas mit dem leichtfertigen Richter Paris sehr übel zu frieden: welches nachgehends die schöne Stadt Troja/ mit ihrem endlichem Untergange/ entgelten/ und jämmerlich büssen müssen. Sintemal Helena/ welche dazumal die Schönste in gantz Griechenland war/ des Jupiters/ oder Tyndarus Tochter/ und des Menelaus/ Königs von Sparta/ oder Lacedaemonien/ Gemahlin/ vom Paris/ durch der Venus Anrahten/ entführet/ durch einen langwierigen Krieg/ und Verlust manchen edlen Heldens/ wiederum erobert wurde. Nun müssen wir vom Paris/ aus was vor Geschlechte nemlich er entsprungen/ und wer er gewest/ weiter handeln.

Vom Paris.

PAris war ein Sohn des Trojanischen Königs Priamus/ und der Königin Hecuba: welcher/ als sie/ mit diesem Kinde/ schwanger Vorsagung des Traums der Hecuba/ wegen des Paris. gieng/ traumete/ daß sie eine brennende Fackel/ die gantz Asien in Brand steckte/ geboren hätte. Als sie diesen Traum nun den Warsagern erzehlte/ weissagten sie/ der Sohn/ den sie trüge/ würde das Verderben/ und den Untergang seines Vatterlands/ verursachen. Weswegen König Priamus/ so bald das Kind zur Welt geboren ward/ solches seinem Hirten Archelaus befohlen zu übergeben/ der es den wilden Thieren im Walde vorwerffen solte: welches aber allda/ von einer Bärinn gefunden/ und gantzer fünff Tage gesäuget worden. Andere sagen/ Paris bey den Heyden erzogen. Hecuba habe ihn heimlich/ unter des Königs Hirten/ auf dem Berge Ida/ auferziehen lassen. Andere meinen/ Archelaus habe dis Kind/ als sein eignes/ auferzogen. Nachdem Paris aber zu seinem Jugend-Alter gelanget/ wurde er über die

[Spaltenumbruch] Streit begriffen. Uber dieser/ trat noch eine andere hervor/ so wegen des ansehnlichen Zierrahts und Liebligkeit einer Göttlichen Farbe/ vortrefflich schön war/ und die Venus bedeutete; eben in solcher Gestalt/ als sie noch in ihrer Jungfrauschafft war; also daß sie eine vollkommene Schönheit vorstellte. Sie tratt bloß und unbedecktes Leibes herein: ausser daß sie/ von vornen/ mit einem durchscheinendem seidenem Kleidlein/ verhüllete/ was die Natur verborgen haben will: wiewol dis weisse seidene Kleid/ von einem lieblichen Windlein/ hin und wieder gewehet wurde/ also daß zum öfftern der Natur Verborgenheit entblösset ward/ gestaltsam auch das Kleidlein/ durch gedachtes liebliches Windlein/ sich dermassen anlegte/ daß man alle Glieder dardurch beschauen konte. Die Farbe dieser Göttin war unterschieden: der Theil/ welcher vom Himmel/ war von Gestalt weiß/ und der/ so von der See stralte/ meergrün. Die Jungfrauen/ ihre Gespielinnen/ Die Gesellschafft der Juno/ und ihr Versprechen. so man für Göttinnen halten mögen/ giengen neben ihr. Aber/ bey der Juno/ dem Castor und Pollux: deren Häupter bedeckt mit Helmen/ so mit Kupffer beschlagen/ und/ mit subtilen Sternlein/ haupt-vortreflich gezieret waren: wiewol dieses auch nur verstellte Jünglinge. Besagte junge Persohn gieng/ immittelst ihr die holdselige und lieblichklingende Flöte unterschiedene Liedlein anstimmte/ gantz stille und unerdichteter Beständigkeit fort/ und versprach/ mit einem ehr-lieblichem Wincken/ dem Hirten/ daß sie ihme wolte geben das gantze Königreich Asien/ dafern er ihr den Preiß zueignete. Die streitbare Göttin Minerva ward bedient/ von ihren zween Schildträgern/ dem Schrecken und der Erblassung/ welche auf blossen Schwertern tantzeten. Hinder ihnen erschallte eine/ mit grossen Sausen und scharffen Klange untermischte/ Krieges-Posaune/ auf Art einer Trompete/ um eine frische muntere Geberde/ und freudigen Muht zu erwecken. Diese bequemte ihr sonst unruhiges Haupt/ schnell-flüchtiges Gesicht/ und erschreckliche Augen/ dannoch zu einem fröligem Blicke gegen dem Paris/ ihm damit anversprechend/ wann er ihr den Preiß der Schönheit zueignen würde/ daß er/ durch ihre Hülffe/ tapffer und berühmt in Siegen werden solte. Die Venus aber bliebe/ mit grosser Die Gesellschafft der lieblichen Venus und ihr Versprechen. Begünstigung aller Zuschauer/ lieblich-lächlend mitten im Schauplatze stehen/ umgeben mit sehr angenehmen kleinen Kindlein/ also daß/ wann man diese wolgestalte und schöne Kindlein siehet/ man die liebskinder zu sehen/ oder daß die warhafftigen liebe-Kindlein/ oder Cupidines/ aus dem Himmel/ und aus dem Meer/ alle dahin kommen zu seyn/ meinen solte: dann an Flügeln/ Pfeilen und anderer Gestaltnus des Gesichts/ sie einander alle gleich waren. Und gleich als ob sie ein Hochzeitmal bedienen wolten/ blinckten vor ihnen her/ die Jungfrauen/ mit helleuchtenden Fackelen: und allhier war das auserwehlte Geschlecht der Jungfrauen: die liebliche Gratien: die angenehmen Horae/ welche/ mit denen geflochtenen und gebundenen Blumen/ ihre Göttinnen verehrten/ und einen sehr artlichen Tantz thaten. Die schönhärige Venus/ als Göttin der Wollust/ gieng immittelst umher/ und spiete auf der Flöte viel schöne Lydische Liedlein: wordurch [Spaltenumbruch] sie der Zuhörer Hertzen sehr lieblich bewegte/ auch/ mit einem gravitätischen/ langsamen Schritt/ allmählich fortschritte/ durch die schwingende Flügelein/ und/ mit dem Haupte/ zu ihrem süssem Spiel/ sehr annehmlich die Maaß gab/ im Aufheben und Niedersetzen der Füsse/ sich artlich geberdete/ und/ mit den Augen/ allerley reitzende Blicke und Geberden zu geben wuste. Diese nun/ als sie ietzo dem Richter ins Gesicht kam/ schiene/ mit Beugung ihrer Arme/ aufs holdseeligste zu geloben/ daß/ wofern sie denen andern Göttinnen vorgezogen würde/ sie dem Paris die vortrefflichste/ und ihr selbst gleichende/ Venus bekommt den Apffel. Schönheit zum Weibe geben wolte. Worauf dann der Phrygische Jüngling dieser venerischen Schönheit den/ in der Hand habenden/ guldnen Apffel/ als eine Stimme/ oder Zuerkändtnus des Sieges/ und der Uberwindung/ von Stund an/ mit willigem Hertzen/ zugelangt und überreichet hat. Die Erklärung/ so Apulejus hierüber thut/ wollen wir noch ein wenig ruhen lassen. Pausanias sagt/ daß die Venus/ zur Zeit dieses Urtheils/ vergesellschafftet gewest mit denen dreyen Gratien/ oder Holdinnen/ wie auch ihren/ und des Bachus Töchtern/ als ohne deren Vorwissen/ weil sie ihr zugeeignet/ sie nichts zu thun pflegen: darbeneben habe sie auch zu sich kommen lassen den Hymenaeus/ den Cupido/ und die Liebeskindlein. Nachdem nun dieses Urtheil also ergangen; waren die Juno/ und Pallas mit dem leichtfertigen Richter Paris sehr übel zu frieden: welches nachgehends die schöne Stadt Troja/ mit ihrem endlichem Untergange/ entgelten/ und jämmerlich büssen müssen. Sintemal Helena/ welche dazumal die Schönste in gantz Griechenland war/ des Jupiters/ oder Tyndarus Tochter/ und des Menelaus/ Königs von Sparta/ oder Lacedaemonien/ Gemahlin/ vom Paris/ durch der Venus Anrahten/ entführet/ durch einen langwierigen Krieg/ und Verlust manchen edlen Heldens/ wiederum erobert wurde. Nun müssen wir vom Paris/ aus was vor Geschlechte nemlich er entsprungen/ und wer er gewest/ weiter handeln.

Vom Paris.

PAris war ein Sohn des Trojanischen Königs Priamus/ und der Königin Hecuba: welcher/ als sie/ mit diesem Kinde/ schwanger Vorsagung des Traums der Hecuba/ wegen des Paris. gieng/ traumete/ daß sie eine brennende Fackel/ die gantz Asien in Brand steckte/ geboren hätte. Als sie diesen Traum nun den Warsagern erzehlte/ weissagten sie/ der Sohn/ den sie trüge/ würde das Verderben/ und den Untergang seines Vatterlands/ verursachen. Weswegen König Priamus/ so bald das Kind zur Welt geboren ward/ solches seinem Hirten Archelaus befohlen zu übergeben/ der es den wilden Thieren im Walde vorwerffen solte: welches aber allda/ von einer Bärinn gefunden/ und gantzer fünff Tage gesäuget worden. Andere sagen/ Paris bey den Heyden erzogen. Hecuba habe ihn heimlich/ unter des Königs Hirten/ auf dem Berge Ida/ auferziehen lassen. Andere meinen/ Archelaus habe dis Kind/ als sein eignes/ auferzogen. Nachdem Paris aber zu seinem Jugend-Alter gelanget/ wurde er über die

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[[Metamorphosis, S. 128]/0304] Streit begriffen. Uber dieser/ trat noch eine andere hervor/ so wegen des ansehnlichen Zierrahts und Liebligkeit einer Göttlichen Farbe/ vortrefflich schön war/ und die Venus bedeutete; eben in solcher Gestalt/ als sie noch in ihrer Jungfrauschafft war; also daß sie eine vollkommene Schönheit vorstellte. Sie tratt bloß und unbedecktes Leibes herein: ausser daß sie/ von vornen/ mit einem durchscheinendem seidenem Kleidlein/ verhüllete/ was die Natur verborgen haben will: wiewol dis weisse seidene Kleid/ von einem lieblichen Windlein/ hin und wieder gewehet wurde/ also daß zum öfftern der Natur Verborgenheit entblösset ward/ gestaltsam auch das Kleidlein/ durch gedachtes liebliches Windlein/ sich dermassen anlegte/ daß man alle Glieder dardurch beschauen konte. Die Farbe dieser Göttin war unterschieden: der Theil/ welcher vom Himmel/ war von Gestalt weiß/ und der/ so von der See stralte/ meergrün. Die Jungfrauen/ ihre Gespielinnen/ so man für Göttinnen halten mögen/ giengen neben ihr. Aber/ bey der Juno/ dem Castor und Pollux: deren Häupter bedeckt mit Helmen/ so mit Kupffer beschlagen/ und/ mit subtilen Sternlein/ haupt-vortreflich gezieret waren: wiewol dieses auch nur verstellte Jünglinge. Besagte junge Persohn gieng/ immittelst ihr die holdselige und lieblichklingende Flöte unterschiedene Liedlein anstimmte/ gantz stille und unerdichteter Beständigkeit fort/ und versprach/ mit einem ehr-lieblichem Wincken/ dem Hirten/ daß sie ihme wolte geben das gantze Königreich Asien/ dafern er ihr den Preiß zueignete. Die streitbare Göttin Minerva ward bedient/ von ihren zween Schildträgern/ dem Schrecken und der Erblassung/ welche auf blossen Schwertern tantzeten. Hinder ihnen erschallte eine/ mit grossen Sausen und scharffen Klange untermischte/ Krieges-Posaune/ auf Art einer Trompete/ um eine frische muntere Geberde/ und freudigen Muht zu erwecken. Diese bequemte ihr sonst unruhiges Haupt/ schnell-flüchtiges Gesicht/ und erschreckliche Augen/ dannoch zu einem fröligem Blicke gegen dem Paris/ ihm damit anversprechend/ wann er ihr den Preiß der Schönheit zueignen würde/ daß er/ durch ihre Hülffe/ tapffer und berühmt in Siegen werden solte. Die Venus aber bliebe/ mit grosser Begünstigung aller Zuschauer/ lieblich-lächlend mitten im Schauplatze stehen/ umgeben mit sehr angenehmen kleinen Kindlein/ also daß/ wann man diese wolgestalte und schöne Kindlein siehet/ man die liebskinder zu sehen/ oder daß die warhafftigen liebe-Kindlein/ oder Cupidines/ aus dem Himmel/ und aus dem Meer/ alle dahin kommen zu seyn/ meinen solte: dann an Flügeln/ Pfeilen und anderer Gestaltnus des Gesichts/ sie einander alle gleich waren. Und gleich als ob sie ein Hochzeitmal bedienen wolten/ blinckten vor ihnen her/ die Jungfrauen/ mit helleuchtenden Fackelen: und allhier war das auserwehlte Geschlecht der Jungfrauen: die liebliche Gratien: die angenehmen Horae/ welche/ mit denen geflochtenen und gebundenen Blumen/ ihre Göttinnen verehrten/ und einen sehr artlichen Tantz thaten. Die schönhärige Venus/ als Göttin der Wollust/ gieng immittelst umher/ und spiete auf der Flöte viel schöne Lydische Liedlein: wordurch sie der Zuhörer Hertzen sehr lieblich bewegte/ auch/ mit einem gravitätischen/ langsamen Schritt/ allmählich fortschritte/ durch die schwingende Flügelein/ und/ mit dem Haupte/ zu ihrem süssem Spiel/ sehr annehmlich die Maaß gab/ im Aufheben und Niedersetzen der Füsse/ sich artlich geberdete/ und/ mit den Augen/ allerley reitzende Blicke und Geberden zu geben wuste. Diese nun/ als sie ietzo dem Richter ins Gesicht kam/ schiene/ mit Beugung ihrer Arme/ aufs holdseeligste zu geloben/ daß/ wofern sie denen andern Göttinnen vorgezogen würde/ sie dem Paris die vortrefflichste/ und ihr selbst gleichende/ Schönheit zum Weibe geben wolte. Worauf dann der Phrygische Jüngling dieser venerischen Schönheit den/ in der Hand habenden/ guldnen Apffel/ als eine Stimme/ oder Zuerkändtnus des Sieges/ und der Uberwindung/ von Stund an/ mit willigem Hertzen/ zugelangt und überreichet hat. Die Erklärung/ so Apulejus hierüber thut/ wollen wir noch ein wenig ruhen lassen. Pausanias sagt/ daß die Venus/ zur Zeit dieses Urtheils/ vergesellschafftet gewest mit denen dreyen Gratien/ oder Holdinnen/ wie auch ihren/ und des Bachus Töchtern/ als ohne deren Vorwissen/ weil sie ihr zugeeignet/ sie nichts zu thun pflegen: darbeneben habe sie auch zu sich kommen lassen den Hymenaeus/ den Cupido/ und die Liebeskindlein. Nachdem nun dieses Urtheil also ergangen; waren die Juno/ und Pallas mit dem leichtfertigen Richter Paris sehr übel zu frieden: welches nachgehends die schöne Stadt Troja/ mit ihrem endlichem Untergange/ entgelten/ und jämmerlich büssen müssen. Sintemal Helena/ welche dazumal die Schönste in gantz Griechenland war/ des Jupiters/ oder Tyndarus Tochter/ und des Menelaus/ Königs von Sparta/ oder Lacedaemonien/ Gemahlin/ vom Paris/ durch der Venus Anrahten/ entführet/ durch einen langwierigen Krieg/ und Verlust manchen edlen Heldens/ wiederum erobert wurde. Nun müssen wir vom Paris/ aus was vor Geschlechte nemlich er entsprungen/ und wer er gewest/ weiter handeln. Die Gesellschafft der Juno/ und ihr Versprechen. Die Gesellschafft der lieblichen Venus und ihr Versprechen. Venus bekommt den Apffel. Vom Paris. PAris war ein Sohn des Trojanischen Königs Priamus/ und der Königin Hecuba: welcher/ als sie/ mit diesem Kinde/ schwanger gieng/ traumete/ daß sie eine brennende Fackel/ die gantz Asien in Brand steckte/ geboren hätte. Als sie diesen Traum nun den Warsagern erzehlte/ weissagten sie/ der Sohn/ den sie trüge/ würde das Verderben/ und den Untergang seines Vatterlands/ verursachen. Weswegen König Priamus/ so bald das Kind zur Welt geboren ward/ solches seinem Hirten Archelaus befohlen zu übergeben/ der es den wilden Thieren im Walde vorwerffen solte: welches aber allda/ von einer Bärinn gefunden/ und gantzer fünff Tage gesäuget worden. Andere sagen/ Hecuba habe ihn heimlich/ unter des Königs Hirten/ auf dem Berge Ida/ auferziehen lassen. Andere meinen/ Archelaus habe dis Kind/ als sein eignes/ auferzogen. Nachdem Paris aber zu seinem Jugend-Alter gelanget/ wurde er über die Vorsagung des Traums der Hecuba/ wegen des Paris. Paris bey den Heyden erzogen.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 128]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/304>, abgerufen am 24.11.2024.