Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] Hernach Titian, Verones. Barotio.Titian, Paul, Veronnes, auch Barotio und andere/ nach der löblichen Longobardischen guten Manier. Die alte Römer/ und noch viel mehr/ die weit Exempel in den Statuen. vortreflichere Antiche Griechen sind in ihren Statuen hochschätzbar/ weil sie absonderlich gesorget/ daß immer zu das Nackete unter den Gewantern vorspiele/ und die Glieder nicht beirren/ darum sie nur kleine dünne Falten gemacht/ die glat am Leibe ligen/ damit deren Grösse keine schwere Durchschnitte den Bildern verursache/ wie in Unserer/ zum Exempel Sibylla von Medices/ Ceres Flora Cleopatra. und viel Basso relieuen seyn wol bekleidt. bey gewidmeten/ Statue zu sehen/ die Sibylla von Medices/ die Ceres/ Flora/ Cleopatra/ und was dergleichen viel andere wahre Exempel-Bilder einer rechten Manier mehr sind. Auch die fliegende Gewanter in den Basse Relieuen allesamt führen keine grobe Falten oder Durchschnitte über zwerch/ als die über den Gliedmassen/ oder auf dem besten Liecht einen grossen Nicht zu nacket noch zu viel Gewanter an den Bildern. Schatten verursachen. Gewanter sollen also angelegt werden/ daß das Bild nicht bloß/ noch beraubt scheine; noch/ als wann es ein klumpen-weise Ursach der Falten und deren Brüchen. zusammen gelegtes Tuch wäre; auch daß sie nicht einer besondern Falte zu Gefallen ein gantzes Glied bedecken: noch/ als mit Wind gefüllt aufgeblasen/ scheinen; Auch Ausgang. auch allein die Brüche haben an denen Orten/ wo es die Zubiegung der Glieder/ oder Festhaltung/ nöthiget und erheischet. Die aber Sucht seine erste Gestalt wieder. von solchem Zwange weit entlegen seyn/ sollen wieder zu ihrer vorigen ersten Natur sehen (weil alles gern wieder/ zu seiner ersten Eigenschafft kehret) und also endlich alles sichtbarlich erkentlich darweisen/ daß sie zusammen vertraut gewesen und bleiben wollen: deswegen dann alle Falten eines Gewants auf einander correspondiren/ daß keine einschichtige Falten-Brüche/ sich ereignen.

Fernere Ordnung der Farben. Die Blumen Vögel/ Meermuscheln auch Regenbogen/ lernen coloriren.Die Farben also zierlich austheilen/ wie sie sich best zusammen schicken/ oder einander lieben/ auch einen Wol-oder Ubelstand geben/ ist in Warheit eine nöthige Lehr. Solche Wissenschafft zeigen uns die Blumen im Felde/ die Vögel/ unter dem Himmel/ die Meer-Muscheln/ und der Regenbogen. Ja die Natur selbst liebt eine mehr/ als die andere; Unterschiedliche grüne Farben stehen wol beysammen. Unter den grünen Farben/ die doch meist alle angenehm sind/ mögen wol etliche leicht-grüne/ gelbgrün/ bey einander leiden. Mit denen vertragen [Spaltenumbruch] Auch Rot und blau Purpur. auch Roht/ Blau/ Purpur und bleiche Milch-Farben. Weiß/ und grün/ lieben einander über die Massen. So weisen auch die Bäume an dem Laube ihrer grünen Blätter unterschiedliche Art: und wo solche gegen den Himmel angesehen werden/ zu aller Zeit des Tags/ wird man eine liebliche angenehme Ubereintreffung/ oder fügliche Beqvemung daran erblicken. Wie wann die guldene Sonne die gantze Welt erleuchtet/ auch Blau und gelb lieben einander sehr. Mond und Sternen in des Himmels-Blau azur fallen/ solches eine sonderbare Anmut und Lieblichkeit giebt: Also wol steht iederzeit blau und gelb Auch rot und grün. Purpur/ gelb und weis. beysammen. Mit diesen Farben in den Gewantern/ vereinigen sich auch rot und grün. Purpur steht wol bey gelb. Weiß zieret alle Farben/ und Welche Farben übel stehen. mag viel gebraucht werden. Bey den nacketen Leibern/ sind zu meiden alle gar zu liecht rohte Farben/ Die nackete Leiber werden verfinstert durch die lichte harte krehle Farben. oder Zinnober/ Liechtgelb/ und andere allzu Krehl liechte Farben/ die das nackete Fleisch erschrecken. Die höchst-angelegene schöne Carnationen lieben mehr die Gesellschafft des Grünen/ Blauen/ und Purpurs. In dem Verschiessen/ Die lieben Mehr/ grün/ blau und Parpur. oder Abweichen mag man wol rot bey rot/ auch gelb bey gelb/ etwas veränderlich zusammen spielen lassen/ und andere Farben mehr: Also/ daß sie sich Aller Farben Temperament zu einer Universal Harmonia zu beobachten. nach und nach verlieren/ auch/ wann sie alle zusammen gebracht/ von ihrer ersten natürlichen Härtigkeit temperirt, und dergestalt vermischt werden/ daß/ in einem gantz grossen Werck/ alle Farben eine völlige/ iedoch fröliche Harmonia zeigen/ und einander Zinnober/ Mennig/ Schitgelb behutsam zu gebrauchen und andere mehr/ von deren Art ab/ nach der Natürligkeit zu temperirn. zieren helffen. Deswegen dann mit dem Zinnober/ vorsichtig zugehen. Dann diese Farbe ist frech/ kalt/ und hart/ der Mennig/ auch/ und flieht endlich gar hinweg. Das Schitgelb ist eines schlechten Leibs/ nur von Graß-Safft gemacht/ hat keinen Bestand. So ist auch Bleygelb wenig zu gebrauchen. Grünspan/ und Operiment, sind wahres Gifft von Natur/ und völlig zu meiden. Im übrigen sind die Farben nur Dienerinnen des Meisters/ und Der Farben Entschluß. seinem Urtheil unterworffen:angemerckt/ er iedesmal hierinne die wahre Richtschnur/ in Beobachtung der Harmonie, suchen muß; um sein Werck/ nach Art der Natur/ und nicht eben nach der Färberey/ einzurichten.

Das VII. Capitel.
Giebt eine kurtze Anleitung zur
Landschafft-Mahlerey.

Innhalt.

Die Historien-Mahler sollen selbst ihre Landschafften mahlen. Wie diese Landschafften aus dem Grund zu lernen seyn. Kennzeichen ieder Gründen. Die Bäume in den Landschafften sind das vornehmst Stuck. Die beste Art/ natürliche Landschafften mahlen zu lernen. Die Berühmste in diesem Studio.

[Spaltenumbruch] Hernach Titian, Verones. Barotio.Titian, Paul, Veronnes, auch Barotio und andere/ nach der löblichen Longobardischen guten Manier. Die alte Römer/ und noch viel mehr/ die weit Exempel in den Statuen. vortreflichere Antiche Griechen sind in ihren Statuen hochschätzbar/ weil sie absonderlich gesorget/ daß immer zu das Nackete unter den Gewantern vorspiele/ und die Glieder nicht beirren/ darum sie nur kleine dünne Falten gemacht/ die glat am Leibe ligen/ damit deren Grösse keine schwere Durchschnitte den Bildern verursache/ wie in Unserer/ zum Exempel Sibylla von Medices/ Ceres Flora Cleopatra. und viel Basso relieuen seyn wol bekleidt. bey gewidmeten/ Statue zu sehen/ die Sibylla von Medices/ die Ceres/ Flora/ Cleopatra/ und was dergleichen viel andere wahre Exempel-Bilder einer rechten Manier mehr sind. Auch die fliegende Gewanter in den Basse Relieuen allesamt führen keine grobe Falten oder Durchschnitte über zwerch/ als die über den Gliedmassen/ oder auf dem besten Liecht einen grossen Nicht zu nacket noch zu viel Gewanter an den Bildern. Schatten verursachen. Gewanter sollen also angelegt werden/ daß das Bild nicht bloß/ noch beraubt scheine; noch/ als wann es ein klumpen-weise Ursach der Falten und deren Brüchen. zusammen gelegtes Tuch wäre; auch daß sie nicht einer besondern Falte zu Gefallen ein gantzes Glied bedecken: noch/ als mit Wind gefüllt aufgeblasen/ scheinen; Auch Ausgang. auch allein die Brüche haben an denen Orten/ wo es die Zubiegung der Glieder/ oder Festhaltung/ nöthiget und erheischet. Die aber Sucht seine erste Gestalt wieder. von solchem Zwange weit entlegen seyn/ sollen wieder zu ihrer vorigen ersten Natur sehen (weil alles gern wieder/ zu seiner ersten Eigenschafft kehret) und also endlich alles sichtbarlich erkentlich darweisen/ daß sie zusammen vertraut gewesen und bleiben wollen: deswegen dann alle Falten eines Gewants auf einander correspondiren/ daß keine einschichtige Falten-Brüche/ sich ereignen.

Fernere Ordnung der Farben. Die Blumen Vögel/ Meermuscheln auch Regenbogen/ lernen coloriren.Die Farben also zierlich austheilen/ wie sie sich best zusammen schicken/ oder einander lieben/ auch einen Wol-oder Ubelstand geben/ ist in Warheit eine nöthige Lehr. Solche Wissenschafft zeigen uns die Blumen im Felde/ die Vögel/ unter dem Himmel/ die Meer-Muscheln/ und der Regenbogen. Ja die Natur selbst liebt eine mehr/ als die andere; Unterschiedliche grüne Farben stehen wol beysammen. Unter den grünen Farben/ die doch meist alle angenehm sind/ mögen wol etliche leicht-grüne/ gelbgrün/ bey einander leiden. Mit denen vertragen [Spaltenumbruch] Auch Rot und blau Purpur. auch Roht/ Blau/ Purpur und bleiche Milch-Farben. Weiß/ und grün/ lieben einander über die Massen. So weisen auch die Bäume an dem Laube ihrer grünen Blätter unterschiedliche Art: und wo solche gegen den Himmel angesehen werden/ zu aller Zeit des Tags/ wird man eine liebliche angenehme Ubereintreffung/ oder fügliche Beqvemung daran erblicken. Wie wann die guldene Sonne die gantze Welt erleuchtet/ auch Blau und gelb lieben einander sehr. Mond und Sternen in des Himmels-Blau azur fallen/ solches eine sonderbare Anmut und Lieblichkeit giebt: Also wol steht iederzeit blau und gelb Auch rot und grün. Purpur/ gelb und weis. beysammen. Mit diesen Farben in den Gewantern/ vereinigen sich auch rot und grün. Purpur steht wol bey gelb. Weiß zieret alle Farben/ und Welche Farben übel stehen. mag viel gebraucht werden. Bey den nacketen Leibern/ sind zu meiden alle gar zu liecht rohte Farben/ Die nackete Leiber werden verfinstert durch die lichte harte krehle Farben. oder Zinnober/ Liechtgelb/ und andere allzu Krehl liechte Farben/ die das nackete Fleisch erschrecken. Die höchst-angelegene schöne Carnationen lieben mehr die Gesellschafft des Grünen/ Blauen/ und Purpurs. In dem Verschiessen/ Die lieben Mehr/ grün/ blau und Parpur. oder Abweichen mag man wol rot bey rot/ auch gelb bey gelb/ etwas veränderlich zusammen spielen lassen/ und andere Farben mehr: Also/ daß sie sich Aller Farben Temperament zu einer Universal Harmonia zu beobachten. nach und nach verlieren/ auch/ wann sie alle zusammen gebracht/ von ihrer ersten natürlichen Härtigkeit temperirt, und dergestalt vermischt werden/ daß/ in einem gantz grossen Werck/ alle Farben eine völlige/ iedoch fröliche Harmonia zeigen/ und einander Zinnober/ Mennig/ Schitgelb behutsam zu gebrauchen und andere mehr/ von deren Art ab/ nach der Natürligkeit zu temperirn. zieren helffen. Deswegen dann mit dem Zinnober/ vorsichtig zugehen. Dann diese Farbe ist frech/ kalt/ und hart/ der Mennig/ auch/ und flieht endlich gar hinweg. Das Schitgelb ist eines schlechten Leibs/ nur von Graß-Safft gemacht/ hat keinen Bestand. So ist auch Bleygelb wenig zu gebrauchen. Grünspan/ und Operiment, sind wahres Gifft von Natur/ und völlig zu meiden. Im übrigen sind die Farben nur Dienerinnen des Meisters/ und Der Farben Entschluß. seinem Urtheil unterworffen:angemerckt/ er iedesmal hierinne die wahre Richtschnur/ in Beobachtung der Harmonie, suchen muß; um sein Werck/ nach Art der Natur/ und nicht eben nach der Färberey/ einzurichten.

Das VII. Capitel.
Giebt eine kurtze Anleitung zur
Landschafft-Mahlerey.

Innhalt.

Die Historien-Mahler sollen selbst ihre Landschafften mahlen. Wie diese Landschafften aus dem Grund zu lernen seyn. Kennzeichen ieder Gründen. Die Bäume in den Landschafften sind das vornehmst Stuck. Die beste Art/ natürliche Landschafften mahlen zu lernen. Die Berühmste in diesem Studio.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div xml:id="d1008.1">
          <p xml:id="p1009.4"><pb facs="#f0027" xml:id="pb-1010" n="[III (Malerei), S. 21]"/><cb/><note place="right">Hernach <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-19 http://d-nb.info/gnd/118622994 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500031075 http://viaf.org/viaf/61533439">Titian</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1020 http://d-nb.info/gnd/118626647 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500021218 http://viaf.org/viaf/95162605">Verones</persName>. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-38 http://d-nb.info/gnd/119256908 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500115210 http://viaf.org/viaf/41865190">Barotio</persName></hi>.</note><hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-19 http://d-nb.info/gnd/118622994 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500031075 http://viaf.org/viaf/61533439">Titian</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1020 http://d-nb.info/gnd/118626647 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500021218 http://viaf.org/viaf/95162605">Paul, Veronnes</persName>,</hi> auch <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-38 http://d-nb.info/gnd/119256908 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500115210 http://viaf.org/viaf/41865190"><hi rendition="#aq">Barotio</hi></persName> und andere/ nach der löblichen Longobardischen guten Manier. Die alte Römer/ und noch viel mehr/ die weit <note place="right">Exempel in den Statuen.</note> vortreflichere Antiche Griechen sind in ihren <hi rendition="#aq">Statu</hi>en hochschätzbar/ weil sie absonderlich gesorget/ daß immer zu das Nackete unter den Gewantern vorspiele/ und die Glieder nicht beirren/ darum sie nur kleine dünne Falten gemacht/ die glat am Leibe ligen/ damit deren Grösse keine schwere Durchschnitte den Bildern verursache/ wie in Unserer/ zum Exempel <note place="right"><name ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-467" type="artificialWork">Sibylla <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1099 http://d-nb.info/gnd/118732455 http://viaf.org/viaf/13102402">von Medices</persName></name>/ <name ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-472" type="artificialWork"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-128 http://d-nb.info/gnd/118862294 http://viaf.org/viaf/15567160">Ceres</persName></name><name ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-656" type="artificialWork"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1048 http://d-nb.info/gnd/118691880 http://viaf.org/viaf/77110125">Flora</persName></name><name ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-367" type="artificialWork"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-320 http://d-nb.info/gnd/11856322X http://viaf.org/viaf/97737753">Cleopatra</persName></name>. und viel <hi rendition="#aq">Basso relieuen</hi> seyn wol bekleidt.</note> bey gewidmeten/ Statue zu sehen/ die <name ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-467" type="artificialWork">Sibylla <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1099 http://d-nb.info/gnd/118732455 http://viaf.org/viaf/13102402">von Medices</persName></name>/ die <name ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-472" type="artificialWork"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-128 http://d-nb.info/gnd/118862294 http://viaf.org/viaf/15567160">Ceres</persName></name>/ <name ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-656" type="artificialWork"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1048 http://d-nb.info/gnd/118691880 http://viaf.org/viaf/77110125">Flora</persName></name>/ <name ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-367" type="artificialWork"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-320 http://d-nb.info/gnd/11856322X http://viaf.org/viaf/97737753">Cleopatra</persName></name>/ und was dergleichen viel andere wahre Exempel-Bilder einer rechten Manier mehr sind. Auch die fliegende Gewanter in den <hi rendition="#aq">Basse Relieuen</hi> allesamt führen keine grobe Falten oder Durchschnitte über zwerch/ als die über den Gliedmassen/ oder auf dem besten Liecht einen grossen <note place="right">Nicht zu nacket noch zu viel Gewanter an den Bildern.</note> Schatten verursachen. Gewanter sollen also angelegt werden/ daß das Bild nicht bloß/ noch beraubt scheine; noch/ als wann es ein klumpen-weise <note place="right">Ursach der Falten und deren Brüchen.</note> zusammen gelegtes Tuch wäre; auch daß sie nicht einer besondern Falte zu Gefallen ein gantzes Glied bedecken: noch/ als mit Wind gefüllt aufgeblasen/ scheinen; <note place="right">Auch Ausgang.</note> auch allein die Brüche haben an denen Orten/ wo es die Zubiegung der Glieder/ oder Festhaltung/ nöthiget und erheischet. Die aber <note place="right">Sucht seine erste Gestalt wieder.</note> von solchem Zwange weit entlegen seyn/ sollen wieder zu ihrer vorigen ersten Natur sehen (weil alles gern wieder/ zu seiner ersten Eigenschafft kehret) und also endlich alles sichtbarlich erkentlich darweisen/ daß sie zusammen vertraut gewesen und bleiben wollen: deswegen dann alle Falten eines Gewants auf einander <hi rendition="#aq">correspondi</hi>ren/ daß keine einschichtige Falten-Brüche/ sich ereignen.</p>
          <p xml:id="p1010.1"><note place="right">Fernere Ordnung der Farben. Die Blumen Vögel/ Meermuscheln auch Regenbogen/ lernen <hi rendition="#aq">colori</hi>ren.</note>Die Farben also zierlich austheilen/ wie sie sich best zusammen schicken/ oder einander lieben/ auch einen Wol-oder Ubelstand geben/ ist in Warheit eine nöthige Lehr. Solche Wissenschafft zeigen uns die Blumen im Felde/ die Vögel/ unter dem Himmel/ die Meer-Muscheln/ und der Regenbogen. Ja die Natur selbst liebt eine mehr/ als die andere; <note place="right">Unterschiedliche grüne Farben stehen wol beysammen.</note> Unter den grünen Farben/ die doch meist alle angenehm sind/ mögen wol etliche leicht-grüne/ gelbgrün/ bey einander leiden. Mit denen vertragen <cb/>
<note place="right">Auch Rot und blau Purpur.</note> auch Roht/ Blau/ Purpur und bleiche Milch-Farben. Weiß/ und grün/ lieben einander über die Massen. So weisen auch die Bäume an dem Laube ihrer grünen Blätter unterschiedliche Art: und wo solche gegen den Himmel angesehen werden/ zu aller Zeit des Tags/ wird man eine liebliche angenehme Ubereintreffung/ oder fügliche Beqvemung daran erblicken. Wie wann die guldene Sonne die gantze Welt erleuchtet/ auch <note place="right">Blau und gelb lieben einander sehr.</note> Mond und Sternen in des Himmels-Blau <hi rendition="#aq">azur</hi> fallen/ solches eine sonderbare Anmut und Lieblichkeit giebt: Also wol steht iederzeit blau und gelb <note place="right">Auch rot und grün. Purpur/ gelb und weis.</note> beysammen. Mit diesen Farben in den Gewantern/ vereinigen sich auch rot und grün. Purpur steht wol bey gelb. Weiß zieret alle Farben/ und <note place="right">Welche Farben übel stehen.</note> mag viel gebraucht werden. Bey den nacketen Leibern/ sind zu meiden alle gar zu liecht rohte Farben/ <note place="right">Die nackete Leiber werden verfinstert durch die lichte harte krehle Farben.</note> oder Zinnober/ Liechtgelb/ und andere allzu Krehl liechte Farben/ die das nackete Fleisch erschrecken. Die höchst-angelegene schöne <hi rendition="#aq">Carnation</hi>en lieben mehr die Gesellschafft des Grünen/ Blauen/ und Purpurs. In dem Verschiessen/ <note place="right">Die lieben Mehr/ grün/ blau und Parpur.</note> oder Abweichen mag man wol rot bey rot/ auch gelb bey gelb/ etwas veränderlich zusammen spielen lassen/ und andere Farben mehr: Also/ daß sie sich <note place="right">Aller Farben Temperament zu einer Universal <hi rendition="#aq">Harmonia</hi> zu beobachten.</note> nach und nach verlieren/ auch/ wann sie alle zusammen gebracht/ von ihrer ersten natürlichen Härtigkeit <hi rendition="#aq">temperi</hi>rt, und dergestalt vermischt werden/ daß/ in einem gantz grossen Werck/ alle Farben eine völlige/ iedoch fröliche Harmonia zeigen/ und einander <note place="right">Zinnober/ Mennig/ Schitgelb behutsam zu gebrauchen und andere mehr/ von deren Art ab/ nach der Natürligkeit zu temperirn.</note> zieren helffen. Deswegen dann mit dem Zinnober/ vorsichtig zugehen. Dann diese Farbe ist frech/ kalt/ und hart/ der Mennig/ auch/ und flieht endlich gar hinweg. Das Schitgelb ist eines schlechten Leibs/ nur von Graß-Safft gemacht/ hat keinen Bestand. So ist auch Bleygelb wenig zu gebrauchen. Grünspan/ und <hi rendition="#aq">Operiment,</hi> sind wahres Gifft von Natur/ und völlig zu meiden. Im übrigen sind die Farben nur Dienerinnen des Meisters/ und <note place="right">Der Farben Entschluß.</note> seinem Urtheil unterworffen:angemerckt/ er iedesmal hierinne die wahre Richtschnur/ in Beobachtung der <hi rendition="#aq">Harmonie,</hi> suchen muß; um sein Werck/ nach Art der Natur/ und nicht eben nach der Färberey/ einzurichten.</p>
        </div>
        <div xml:id="d1010.1">
          <head xml:id="h1010.1"> Das <hi rendition="#aq">VII.</hi> Capitel.<lb/>
Giebt eine kurtze Anleitung zur<lb/>
Landschafft-Mahlerey. </head><lb/>
          <argument>
            <head xml:id="h1010.2">Innhalt.</head><lb/>
            <p xml:id="p1010.2">Die Historien-Mahler sollen selbst ihre Landschafften mahlen. Wie diese Landschafften aus dem Grund zu lernen seyn. Kennzeichen ieder Gründen. Die Bäume in den Landschafften sind das vornehmst Stuck. Die beste Art/ natürliche Landschafften mahlen zu lernen. Die Berühmste in diesem <hi rendition="#aq">Studio</hi>.</p>
          </argument>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[III (Malerei), S. 21]/0027] Titian, Paul, Veronnes, auch Barotio und andere/ nach der löblichen Longobardischen guten Manier. Die alte Römer/ und noch viel mehr/ die weit vortreflichere Antiche Griechen sind in ihren Statuen hochschätzbar/ weil sie absonderlich gesorget/ daß immer zu das Nackete unter den Gewantern vorspiele/ und die Glieder nicht beirren/ darum sie nur kleine dünne Falten gemacht/ die glat am Leibe ligen/ damit deren Grösse keine schwere Durchschnitte den Bildern verursache/ wie in Unserer/ zum Exempel bey gewidmeten/ Statue zu sehen/ die Sibylla von Medices/ die Ceres/ Flora/ Cleopatra/ und was dergleichen viel andere wahre Exempel-Bilder einer rechten Manier mehr sind. Auch die fliegende Gewanter in den Basse Relieuen allesamt führen keine grobe Falten oder Durchschnitte über zwerch/ als die über den Gliedmassen/ oder auf dem besten Liecht einen grossen Schatten verursachen. Gewanter sollen also angelegt werden/ daß das Bild nicht bloß/ noch beraubt scheine; noch/ als wann es ein klumpen-weise zusammen gelegtes Tuch wäre; auch daß sie nicht einer besondern Falte zu Gefallen ein gantzes Glied bedecken: noch/ als mit Wind gefüllt aufgeblasen/ scheinen; auch allein die Brüche haben an denen Orten/ wo es die Zubiegung der Glieder/ oder Festhaltung/ nöthiget und erheischet. Die aber von solchem Zwange weit entlegen seyn/ sollen wieder zu ihrer vorigen ersten Natur sehen (weil alles gern wieder/ zu seiner ersten Eigenschafft kehret) und also endlich alles sichtbarlich erkentlich darweisen/ daß sie zusammen vertraut gewesen und bleiben wollen: deswegen dann alle Falten eines Gewants auf einander correspondiren/ daß keine einschichtige Falten-Brüche/ sich ereignen. Hernach Titian, Verones. Barotio. Exempel in den Statuen. Sibylla von Medices/ Ceres Flora Cleopatra. und viel Basso relieuen seyn wol bekleidt. Nicht zu nacket noch zu viel Gewanter an den Bildern. Ursach der Falten und deren Brüchen. Auch Ausgang. Sucht seine erste Gestalt wieder. Die Farben also zierlich austheilen/ wie sie sich best zusammen schicken/ oder einander lieben/ auch einen Wol-oder Ubelstand geben/ ist in Warheit eine nöthige Lehr. Solche Wissenschafft zeigen uns die Blumen im Felde/ die Vögel/ unter dem Himmel/ die Meer-Muscheln/ und der Regenbogen. Ja die Natur selbst liebt eine mehr/ als die andere; Unter den grünen Farben/ die doch meist alle angenehm sind/ mögen wol etliche leicht-grüne/ gelbgrün/ bey einander leiden. Mit denen vertragen auch Roht/ Blau/ Purpur und bleiche Milch-Farben. Weiß/ und grün/ lieben einander über die Massen. So weisen auch die Bäume an dem Laube ihrer grünen Blätter unterschiedliche Art: und wo solche gegen den Himmel angesehen werden/ zu aller Zeit des Tags/ wird man eine liebliche angenehme Ubereintreffung/ oder fügliche Beqvemung daran erblicken. Wie wann die guldene Sonne die gantze Welt erleuchtet/ auch Mond und Sternen in des Himmels-Blau azur fallen/ solches eine sonderbare Anmut und Lieblichkeit giebt: Also wol steht iederzeit blau und gelb beysammen. Mit diesen Farben in den Gewantern/ vereinigen sich auch rot und grün. Purpur steht wol bey gelb. Weiß zieret alle Farben/ und mag viel gebraucht werden. Bey den nacketen Leibern/ sind zu meiden alle gar zu liecht rohte Farben/ oder Zinnober/ Liechtgelb/ und andere allzu Krehl liechte Farben/ die das nackete Fleisch erschrecken. Die höchst-angelegene schöne Carnationen lieben mehr die Gesellschafft des Grünen/ Blauen/ und Purpurs. In dem Verschiessen/ oder Abweichen mag man wol rot bey rot/ auch gelb bey gelb/ etwas veränderlich zusammen spielen lassen/ und andere Farben mehr: Also/ daß sie sich nach und nach verlieren/ auch/ wann sie alle zusammen gebracht/ von ihrer ersten natürlichen Härtigkeit temperirt, und dergestalt vermischt werden/ daß/ in einem gantz grossen Werck/ alle Farben eine völlige/ iedoch fröliche Harmonia zeigen/ und einander zieren helffen. Deswegen dann mit dem Zinnober/ vorsichtig zugehen. Dann diese Farbe ist frech/ kalt/ und hart/ der Mennig/ auch/ und flieht endlich gar hinweg. Das Schitgelb ist eines schlechten Leibs/ nur von Graß-Safft gemacht/ hat keinen Bestand. So ist auch Bleygelb wenig zu gebrauchen. Grünspan/ und Operiment, sind wahres Gifft von Natur/ und völlig zu meiden. Im übrigen sind die Farben nur Dienerinnen des Meisters/ und seinem Urtheil unterworffen:angemerckt/ er iedesmal hierinne die wahre Richtschnur/ in Beobachtung der Harmonie, suchen muß; um sein Werck/ nach Art der Natur/ und nicht eben nach der Färberey/ einzurichten. Fernere Ordnung der Farben. Die Blumen Vögel/ Meermuscheln auch Regenbogen/ lernen coloriren. Unterschiedliche grüne Farben stehen wol beysammen. Auch Rot und blau Purpur. Blau und gelb lieben einander sehr. Auch rot und grün. Purpur/ gelb und weis. Welche Farben übel stehen. Die nackete Leiber werden verfinstert durch die lichte harte krehle Farben. Die lieben Mehr/ grün/ blau und Parpur. Aller Farben Temperament zu einer Universal Harmonia zu beobachten. Zinnober/ Mennig/ Schitgelb behutsam zu gebrauchen und andere mehr/ von deren Art ab/ nach der Natürligkeit zu temperirn. Der Farben Entschluß. Das VII. Capitel. Giebt eine kurtze Anleitung zur Landschafft-Mahlerey. Innhalt. Die Historien-Mahler sollen selbst ihre Landschafften mahlen. Wie diese Landschafften aus dem Grund zu lernen seyn. Kennzeichen ieder Gründen. Die Bäume in den Landschafften sind das vornehmst Stuck. Die beste Art/ natürliche Landschafften mahlen zu lernen. Die Berühmste in diesem Studio.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/27
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [III (Malerei), S. 21]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/27>, abgerufen am 25.11.2024.