Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,2. Nürnberg, 1679.[Spaltenumbruch] bis der Krieg angegangen: Da er auf der Maur gewandlet/ und geschryen/ Wehe der Stadt und dem Volk! und endlich beschlosse er mit den Worten/ Wehe auch mir! da er alsobald von einem Wurfgeschoß aus dem Lager getroffen und zu boden geschlagen worden. Alle diese Zeichen waren Bußprediger/ womit die Juden zur Bekehrung vermahnet worden: Wie dann GOtt nie zu straffen pfleget/ er habe dann vorher ein Gottloses Volk gewarnet. Aber es bliebe bey dem Ausspruch Christi: Ihr habet nicht gewollt. Nicht das geringste von diesen Zeichen ist/ daß GOtt die Apostel/ ihre Jünger und andere Christen/ vor den Anzug der Römer/ aus Jerusalem weichen heissen: Da sie dann über den Jordan in das Städtlein Pella/ unter Herodis Agrippae Botmässigkeit gehörig/ sich begeben/ auch daselbst ihre Sicherheit gefunden und erhalten worden. Jerusalem wird belägert. Im sechsten Jahr dieses Kriegs/ der Regirung Kais. Vespasiani im zweyten/ A. C. 73 den 14 Aprils/ um die Osterzeit/ ruckte Titus Vespasianus vor Jerusalem. Er hatte auch vorher seinem Vatter das Land erobern helfen: Da ihme einsmals das Pferd unter dem Leib erstochen worden/ und er dafür einen andern vom Pferd geschmissen/ um sich wieder beritten zu machen. Gott wolte im Judentum ein grosses Feuer anzünden: Darum spielte er es/ daß eine grosse Mänge Spreuer und Stoppeln nach Jerusalem sich versammlet. Dann es waren die Juden/ von allen enden der Welt/ dahin gekommen/ das Passah-Fest zu halten. Der Landpfleger Cestius Gallus hatte vorher dem Kaiser Nero, der diese Nation für nichts hielte/ die Anzahl der vornemsten Judenschaft benennen wollen/ und begehrte von den Hohenpriestern/ daß sie ihm solche verschaffen solten. Diese nun/ selbige auszuforschen/ zehlten am ersten Tag des Süßbrod-Festes/ die Osterlämmer/ und fanden 256500 derselben. Weil nun jedes Lamm wenigst von zehen/ oftmals von 20 Personen/ verzehrt worden/ so kame/ wann man zu jedem nur zwölfe rechnet/ eine Anzahl heraus ungefehr von 3000000 Juden. Weil nun damals ihrer soviele vorhanden gewesen/ so ist kein Zweifel/ die Zahl werde sich dißmal nicht minder erstreckt haben. So eine grosse Mänge muste/ den vor 40 Jahren an dem unschuldigen Gotteslamm begangenen Creutzmord/ büssen: und hat diese Belägerung bis in das fünfte Monat gewähret. Es ergienge ihnen/ nach der Weissagung Christi: Da die Römer um Jerusalem/ und ihre Kinder mit ihr/ (die darum aus der ferne kommen musten) eine Wagenburg geschlagen/ sie belägert und an allen Orten geängstet. Dann Titus (der auch selbst sieben Juden auf der Mauer mit Pfeilen erschossen) führte/ nur in drey Tagen/ eine Mauer um die Stadt von 39 Stadien/ welche 11/4 Teutsche Meile machen: Womit er dann gleich anfangs verwehret/ daß kein Mensch mehr heraus kommen können/ und also die Vögel alle auf einmal gefangen worden. Die Stadt ware an sich selber gar vest/ und schiene ganz unüberwindlich: Dann sie hatte vier Mauren/ und auf denselben achzig Thürne. Daher/ und weil sie mit Lebensmitteln [Spaltenumbruch] auf viel Jahre versehen/ waren die Juden ganz trotzig gegen die Römer/ spotteten ihrer/ und sagten: Sie würden in zwanzig Jahren nichts schaffen/ und/ wann sie auch Fittiche hätten/ ihre Mauren nicht überfliegen. Eroberung der neu- Titus machte sich erstlich an die so-genannte Neustadt / die vom Tempel gegen Mitternacht gelegen/ die er den 7 May/ mit der ersten Mauer daselbst/ erobert: Woraus den 16 diß die ganze untere und untern Stadt/ Stadt/ so auf den nidren Berg Acra gelegen/ samt der zweyten Mauer/ in seine Hände gerahten. Er ließe ihnen hierauf/ durch den Juden Josephum Frieden und Gnade anbieten/ wann sie sich ergeben würden. Aber sie waren ganz verstockt/ und hätten Josephum bald mit Pfeilen erschossen. Darauf wurde die dritte Maur gestürmet/ und den der mittel-Stadt/ 6 Julii selbiges Theil der Stadt/ samt der vesten Burg Antonia, erobert. Es gienge nun an den Tempel/ welcher auch ganz ümfestet war: da sie abermals/ wiewol Titus dieses schöne Gebäu gern verschonen wollen/ keinen Frieden annehmen wolten. Hierüber nun erzürnten sich die Kriegsleute/ des Tempels und worfen Feuer in den Tempel: Welcher sofort in Brand geriehte/ und halfe kein leschen/ daß er nicht den 6 Augusti sich ganz in die Asche gesetzet; An welchem Tag er vom König Salomo erstlich ausgebauet/ und vormals auch von den Assyrern war verbrennet worden. Fünf Tage hernach ergaben sich die Priester/ welche Titus alle niedermachen ließe/ und sagte: Weil der Tempel nun eingeäschert wäre/ hätte man ferner keines Priesters vonnöten. Er hat aber das köstliche Tempelgerähte zu sich genommen/ sehr bewundert/ und nachmals triumfirend in Rom mit eingeführet. Die und der Burg Sion. Davids-Stadt oder Burg Sion/ ward hierauf auch bestürmet/ und hat sich den 7 Septembr. ergeben müssen. III Haubtplagen der Jüden/ Die Juden wurden von Gott/ in diesem ihrem Untergang/ zugleich mit den dreyen Haupt- oder Landplagen/ nämlich mit Krieg/ Hunger und Krieg/ Pestilenz/ gezüchtigt. Sie hatten ja Krieg/ nicht allein drausen und vor der Stadt/ sondern auch zuhaus und in der Stadt. Dann eine grosse Anzahl Rauber und Buschklopfer hatten sich in Jerusalem versamlet/ und daselbst in drey Hauffen getheilet/ und ihrer dreyr/ nämlich Eleazarn/ Johannem und Simon/ zu Führern erwehlet. Der erste hatte sich in den Tempel/ der zweyte in die Untere/ und der dritte in die Obere Stadt gesetzet/ als Titus anzoge. Diese drey Drachenzähn-Brüder/ waren immer einer wider den andern/ und wurden also drey Rotten: Die die ganze Stadt unruhig und und Zwytracht/ dreyspältig gemacht. Wie dann im Kriege Uneinigkeit zu entstehen/ und aus der Zweytracht/ sonderlich in Städten/ das Verderben zu erfolgen pfleget. Also beraubte/ würgte und verfolgte einer den andern/ und wurden insonderheit 12000 der Edelsten hingerichtet (von welchen man gesagt/ daß sie den Römern die Stadt übergeben wolten) und ihre Güter den Raubern preis gegeben. unerhörte Hungersnoht/ Diese Rottirung gabe Anlaß/ daß auch der Hunger in die Stadt einzoge: Dann sie steckten/ [Spaltenumbruch] bis der Krieg angegangen: Da er auf der Maur gewandlet/ und geschryen/ Wehe der Stadt und dem Volk! und endlich beschlosse er mit den Worten/ Wehe auch mir! da er alsobald von einem Wurfgeschoß aus dem Lager getroffen und zu boden geschlagen worden. Alle diese Zeichen waren Bußprediger/ womit die Juden zur Bekehrung vermahnet worden: Wie dann GOtt nie zu straffen pfleget/ er habe dann vorher ein Gottloses Volk gewarnet. Aber es bliebe bey dem Ausspruch Christi: Ihr habet nicht gewollt. Nicht das geringste von diesen Zeichen ist/ daß GOtt die Apostel/ ihre Jünger und andere Christen/ vor den Anzug der Römer/ aus Jerusalem weichen heissen: Da sie dann über den Jordan in das Städtlein Pella/ unter Herodis Agrippae Botmässigkeit gehörig/ sich begeben/ auch daselbst ihre Sicherheit gefunden und erhalten worden. Jerusalem wird belägert. Im sechsten Jahr dieses Kriegs/ der Regirung Kais. Vespasiani im zweyten/ A. C. 73 den 14 Aprils/ um die Osterzeit/ ruckte Titus Vespasianus vor Jerusalem. Er hatte auch vorher seinem Vatter das Land erobern helfen: Da ihme einsmals das Pferd unter dem Leib erstochen worden/ und er dafür einen andern vom Pferd geschmissen/ um sich wieder beritten zu machen. Gott wolte im Judentum ein grosses Feuer anzünden: Darum spielte er es/ daß eine grosse Mänge Spreuer und Stoppeln nach Jerusalem sich versammlet. Dann es waren die Juden/ von allen enden der Welt/ dahin gekommen/ das Passah-Fest zu halten. Der Landpfleger Cestius Gallus hatte vorher dem Kaiser Nero, der diese Nation für nichts hielte/ die Anzahl der vornemsten Judenschaft benennen wollen/ und begehrte von den Hohenpriestern/ daß sie ihm solche verschaffen solten. Diese nun/ selbige auszuforschen/ zehlten am ersten Tag des Süßbrod-Festes/ die Osterlämmer/ und fanden 256500 derselben. Weil nun jedes Lamm wenigst von zehen/ oftmals von 20 Personen/ verzehrt worden/ so kame/ wann man zu jedem nur zwölfe rechnet/ eine Anzahl heraus ungefehr von 3000000 Juden. Weil nun damals ihrer soviele vorhanden gewesen/ so ist kein Zweifel/ die Zahl werde sich dißmal nicht minder erstreckt haben. So eine grosse Mänge muste/ den vor 40 Jahren an dem unschuldigen Gotteslamm begangenen Creutzmord/ büssen: und hat diese Belägerung bis in das fünfte Monat gewähret. Es ergienge ihnen/ nach der Weissagung Christi: Da die Römer um Jerusalem/ und ihre Kinder mit ihr/ (die darum aus der ferne kommen musten) eine Wagenburg geschlagen/ sie belägert und an allen Orten geängstet. Dann Titus (der auch selbst sieben Juden auf der Mauer mit Pfeilen erschossen) führte/ nur in drey Tagen/ eine Mauer um die Stadt von 39 Stadien/ welche 1¼ Teutsche Meile machen: Womit er dann gleich anfangs verwehret/ daß kein Mensch mehr heraus kommen können/ und also die Vögel alle auf einmal gefangen worden. Die Stadt ware an sich selber gar vest/ und schiene ganz unüberwindlich: Dann sie hatte vier Mauren/ und auf denselben achzig Thürne. Daher/ und weil sie mit Lebensmitteln [Spaltenumbruch] auf viel Jahre versehen/ waren die Juden ganz trotzig gegen die Römer/ spotteten ihrer/ und sagten: Sie würden in zwanzig Jahren nichts schaffen/ und/ wann sie auch Fittiche hätten/ ihre Mauren nicht überfliegen. Eroberung der neu- Titus machte sich erstlich an die so-genannte Neustadt / die vom Tempel gegen Mitternacht gelegen/ die er den 7 May/ mit der ersten Mauer daselbst/ erobert: Woraus den 16 diß die ganze untere und untern Stadt/ Stadt/ so auf den nidren Berg Acra gelegen/ samt der zweyten Mauer/ in seine Hände gerahten. Er ließe ihnen hierauf/ durch den Juden Josephum Frieden und Gnade anbieten/ wann sie sich ergeben würden. Aber sie waren ganz verstockt/ und hätten Josephum bald mit Pfeilen erschossen. Darauf wurde die dritte Maur gestürmet/ und den der mittel-Stadt/ 6 Julii selbiges Theil der Stadt/ samt der vesten Burg Antonia, erobert. Es gienge nun an den Tempel/ welcher auch ganz ümfestet war: da sie abermals/ wiewol Titus dieses schöne Gebäu gern verschonen wollen/ keinen Frieden annehmen wolten. Hierüber nun erzürnten sich die Kriegsleute/ des Tempels und worfen Feuer in den Tempel: Welcher sofort in Brand geriehte/ und halfe kein leschen/ daß er nicht den 6 Augusti sich ganz in die Asche gesetzet; An welchem Tag er vom König Salomo erstlich ausgebauet/ und vormals auch von den Assyrern war verbrennet worden. Fünf Tage hernach ergaben sich die Priester/ welche Titus alle niedermachen ließe/ und sagte: Weil der Tempel nun eingeäschert wäre/ hätte man ferner keines Priesters vonnöten. Er hat aber das köstliche Tempelgerähte zu sich genommen/ sehr bewundert/ und nachmals triumfirend in Rom mit eingeführet. Die und der Burg Sion. Davids-Stadt oder Burg Sion/ ward hierauf auch bestürmet/ und hat sich den 7 Septembr. ergeben müssen. III Haubtplagen der Jüden/ Die Juden wurden von Gott/ in diesem ihrem Untergang/ zugleich mit den dreyen Haupt- oder Landplagen/ nämlich mit Krieg/ Hunger und Krieg/ Pestilenz/ gezüchtigt. Sie hatten ja Krieg/ nicht allein drausen und vor der Stadt/ sondern auch zuhaus und in der Stadt. Dann eine grosse Anzahl Rauber und Buschklopfer hatten sich in Jerusalem versamlet/ und daselbst in drey Hauffen getheilet/ und ihrer dreyr/ nämlich Eleazarn/ Johannem und Simon/ zu Führern erwehlet. Der erste hatte sich in den Tempel/ der zweyte in die Untere/ und der dritte in die Obere Stadt gesetzet/ als Titus anzoge. Diese drey Drachenzähn-Brüder/ waren immer einer wider den andern/ und wurden also drey Rotten: Die die ganze Stadt unruhig und und Zwytracht/ dreyspältig gemacht. Wie dann im Kriege Uneinigkeit zu entstehen/ und aus der Zweytracht/ sonderlich in Städten/ das Verderben zu erfolgen pfleget. Also beraubte/ würgte und verfolgte einer den andern/ und wurden insonderheit 12000 der Edelsten hingerichtet (von welchen man gesagt/ daß sie den Römern die Stadt übergeben wolten) und ihre Güter den Raubern preis gegeben. unerhörte Hungersnoht/ Diese Rottirung gabe Anlaß/ daß auch der Hunger in die Stadt einzoge: Dann sie steckten/ <TEI> <text> <body> <div> <div xml:id="d0951"> <p xml:id="p952.3"><pb facs="#f0091" xml:id="pb-953" n="[II (Skulptur), S. 63]"/><cb/> bis der Krieg angegangen: Da er auf der Maur gewandlet/ und geschryen/ Wehe der Stadt und dem Volk! und endlich beschlosse er mit den Worten/ Wehe auch mir! da er alsobald von einem Wurfgeschoß aus dem Lager getroffen und zu boden geschlagen worden. Alle diese Zeichen waren Bußprediger/ womit die Juden zur Bekehrung vermahnet worden: Wie dann <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-204">GOtt</persName> nie zu straffen pfleget/ er habe dann vorher ein Gottloses Volk gewarnet. Aber es bliebe bey dem Ausspruch <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Christi</persName>: Ihr habet nicht gewollt. Nicht das geringste von diesen Zeichen ist/ daß <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-204">GOtt</persName> die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1340">Apostel</persName>/ ihre Jünger und andere Christen/ vor den Anzug der Römer/ aus <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-123 http://www.geonames.org/281184/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7001371">Jerusalem</placeName> weichen heissen: Da sie dann über den <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-427 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=1125225">Jordan</placeName> in das Städtlein <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-973">Pella</placeName>/ unter <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2413 http://d-nb.info/gnd/119143364 http://viaf.org/viaf/3274217">Herodis Agrippae</persName></hi> Botmässigkeit gehörig/ sich begeben/ auch daselbst ihre Sicherheit gefunden und erhalten worden.</p> <p xml:id="p953.1"><note place="right"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-123 http://www.geonames.org/281184/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7001371">Jerusalem</placeName> wird belägert.</note> Im sechsten Jahr dieses Kriegs/ der Regirung <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-289 http://d-nb.info/gnd/11862671X http://viaf.org/viaf/96539514">Kais. <hi rendition="#aq">Vespasiani</hi></persName> im zweyten/ <date when="0073-04-14"><hi rendition="#aq">A. C.</hi> 73 den 14 Aprils</date>/ um die Osterzeit/ ruckte <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1024 http://d-nb.info/gnd/118622951 http://viaf.org/viaf/83217593">Titus Vespasianus</persName></hi> vor <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-123 http://www.geonames.org/281184/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7001371">Jerusalem</placeName>. Er hatte auch vorher seinem Vatter das Land erobern helfen: Da ihme einsmals das Pferd unter dem Leib erstochen worden/ und er dafür einen andern vom Pferd geschmissen/ um sich wieder beritten zu machen. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-204">Gott</persName> wolte im Judentum ein grosses Feuer anzünden: Darum spielte er es/ daß eine grosse Mänge Spreuer und Stoppeln nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-123 http://www.geonames.org/281184/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7001371">Jerusalem</placeName> sich versammlet. Dann es waren die Juden/ von allen enden der Welt/ dahin gekommen/ das Passah-Fest zu halten. Der Landpfleger <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2390">Cestius Gallus</persName></hi> hatte vorher dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-219 http://d-nb.info/gnd/118586998 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500115696 http://viaf.org/viaf/84036175">Kaiser <hi rendition="#aq">Nero</hi></persName>, der diese <hi rendition="#aq">Nation</hi> für nichts hielte/ die Anzahl der vornemsten Judenschaft benennen wollen/ und begehrte von den Hohenpriestern/ daß sie ihm solche verschaffen solten. Diese nun/ selbige auszuforschen/ zehlten am ersten Tag des Süßbrod-Festes/ die Osterlämmer/ und fanden 256500 derselben. Weil nun jedes Lamm wenigst von zehen/ oftmals von 20 Personen/ verzehrt worden/ so kame/ wann man zu jedem nur zwölfe rechnet/ eine Anzahl heraus ungefehr von 3000000 Juden. Weil nun damals ihrer soviele vorhanden gewesen/ so ist kein Zweifel/ die Zahl werde sich dißmal nicht minder erstreckt haben. So eine grosse Mänge muste/ den vor 40 Jahren an dem unschuldigen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Gotteslamm</persName> begangenen Creutzmord/ büssen: und hat diese Belägerung bis in das fünfte Monat gewähret. Es ergienge ihnen/ nach der Weissagung <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Christi</persName>: Da die Römer um <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-123 http://www.geonames.org/281184/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7001371">Jerusalem</placeName>/ und ihre Kinder mit ihr/ (die darum aus der ferne kommen musten) eine Wagenburg geschlagen/ sie belägert und an allen Orten geängstet. Dann <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1024 http://d-nb.info/gnd/118622951 http://viaf.org/viaf/83217593">Titus</persName> (der auch selbst sieben Juden auf der Mauer mit Pfeilen erschossen) führte/ nur in drey Tagen/ eine Mauer um die Stadt von 39 <hi rendition="#aq">Stadi</hi>en/ welche 1¼ Teutsche Meile machen: Womit er dann gleich anfangs verwehret/ daß kein Mensch mehr heraus kommen können/ und also die Vögel alle auf einmal gefangen worden. Die Stadt ware an sich selber gar vest/ und schiene ganz unüberwindlich: Dann sie hatte vier Mauren/ und auf denselben achzig Thürne. Daher/ und weil sie mit Lebensmitteln <cb/> auf viel Jahre versehen/ waren die Juden ganz trotzig gegen die Römer/ spotteten ihrer/ und sagten: Sie würden in zwanzig Jahren nichts schaffen/ und/ wann sie auch Fittiche hätten/ ihre Mauren nicht überfliegen.</p> <p><note place="right">Eroberung der neu-</note><hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1024 http://d-nb.info/gnd/118622951 http://viaf.org/viaf/83217593">Titus</persName></hi> machte sich erstlich an die so-genannte Neustadt / die vom <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-917">Tempel</placeName> gegen Mitternacht gelegen/ die er den 7 May/ mit der ersten Mauer daselbst/ erobert: Woraus den 16 diß die ganze untere <note place="right">und untern Stadt/</note> Stadt/ so auf den nidren Berg <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1836">Acra</placeName> gelegen/ samt der zweyten Mauer/ in seine Hände gerahten. Er ließe ihnen hierauf/ durch den Juden <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-324 http://d-nb.info/gnd/118640003 http://viaf.org/viaf/22143666">Josephum</persName></hi> Frieden und Gnade anbieten/ wann sie sich ergeben würden. Aber sie waren ganz verstockt/ und hätten <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-324 http://d-nb.info/gnd/118640003 http://viaf.org/viaf/22143666">Josephum</persName></hi> bald mit Pfeilen erschossen. Darauf wurde die dritte Maur gestürmet/ und den <note place="right">der mittel-Stadt/</note> 6 <hi rendition="#aq">Julii</hi> selbiges Theil der Stadt/ samt der vesten <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231">Burg <hi rendition="#aq">Antonia</hi></placeName>, erobert. Es gienge nun an den <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-917">Tempel</placeName>/ welcher auch ganz ümfestet war: da sie abermals/ wiewol <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1024 http://d-nb.info/gnd/118622951 http://viaf.org/viaf/83217593">Titus</persName></hi> dieses schöne Gebäu gern verschonen wollen/ keinen Frieden annehmen wolten. Hierüber nun erzürnten sich die Kriegsleute/ <note place="right">des <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-917">Tempels</placeName></note> und worfen Feuer in den <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-917">Tempel</placeName>: Welcher sofort in Brand geriehte/ und halfe kein leschen/ daß er nicht den 6 <hi rendition="#aq">Augusti</hi> sich ganz in die Asche gesetzet; An welchem Tag er vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-445 http://d-nb.info/gnd/118605100 http://viaf.org/viaf/100963493">König Salomo</persName> erstlich ausgebauet/ und vormals auch von den Assyrern war verbrennet worden. Fünf Tage hernach ergaben sich die Priester/ welche <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1024 http://d-nb.info/gnd/118622951 http://viaf.org/viaf/83217593">Titus</persName></hi> alle niedermachen ließe/ und sagte: Weil der Tempel nun eingeäschert wäre/ hätte man ferner keines Priesters vonnöten. Er hat aber das köstliche Tempelgerähte zu sich genommen/ sehr bewundert/ und nachmals triumfirend in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000874">Rom</placeName> mit eingeführet. Die <note place="right">und der <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231">Burg Sion</placeName>.</note> <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231">Davids-Stadt</placeName> oder <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-2231">Burg Sion</placeName>/ ward hierauf auch bestürmet/ und hat sich den 7 <hi rendition="#aq">Septembr</hi>. ergeben müssen.</p> <p><note place="right">III Haubtplagen der Jüden/</note> Die Juden wurden von <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-204">Gott</persName>/ in diesem ihrem Untergang/ zugleich mit den dreyen Haupt- oder Landplagen/ nämlich mit Krieg/ Hunger und <note place="right">Krieg/</note> Pestilenz/ gezüchtigt. Sie hatten ja Krieg/ nicht allein drausen und vor der Stadt/ sondern auch zuhaus und in der Stadt. Dann eine grosse Anzahl Rauber und Buschklopfer hatten sich in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-123 http://www.geonames.org/281184/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7001371">Jerusalem</placeName> versamlet/ und daselbst in drey Hauffen getheilet/ und ihrer dreyr/ nämlich <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4937">Eleazarn</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2420 http://d-nb.info/gnd/133004848 http://viaf.org/viaf/15947751">Johannem</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4936">Simon</persName>/ zu Führern erwehlet. Der erste hatte sich in den <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-917">Tempel</placeName>/ der zweyte in die Untere/ und der dritte in die Obere Stadt gesetzet/ als <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1024 http://d-nb.info/gnd/118622951 http://viaf.org/viaf/83217593">Titus</persName></hi> anzoge. Diese drey Drachenzähn-Brüder/ waren immer einer wider den andern/ und wurden also drey Rotten: Die die ganze Stadt unruhig und <note place="right">und Zwytracht/</note> dreyspältig gemacht. Wie dann im Kriege Uneinigkeit zu entstehen/ und aus der Zweytracht/ sonderlich in Städten/ das Verderben zu erfolgen pfleget. Also beraubte/ würgte und verfolgte einer den andern/ und wurden insonderheit 12000 der Edelsten hingerichtet (von welchen man gesagt/ daß sie den Römern die Stadt übergeben wolten) und ihre Güter den Raubern preis gegeben.</p> <p xml:id="p953.4"><note place="right">unerhörte Hungersnoht/</note> Diese Rottirung gabe Anlaß/ daß auch der Hunger in die Stadt einzoge: Dann sie steckten/ </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[II (Skulptur), S. 63]/0091]
bis der Krieg angegangen: Da er auf der Maur gewandlet/ und geschryen/ Wehe der Stadt und dem Volk! und endlich beschlosse er mit den Worten/ Wehe auch mir! da er alsobald von einem Wurfgeschoß aus dem Lager getroffen und zu boden geschlagen worden. Alle diese Zeichen waren Bußprediger/ womit die Juden zur Bekehrung vermahnet worden: Wie dann GOtt nie zu straffen pfleget/ er habe dann vorher ein Gottloses Volk gewarnet. Aber es bliebe bey dem Ausspruch Christi: Ihr habet nicht gewollt. Nicht das geringste von diesen Zeichen ist/ daß GOtt die Apostel/ ihre Jünger und andere Christen/ vor den Anzug der Römer/ aus Jerusalem weichen heissen: Da sie dann über den Jordan in das Städtlein Pella/ unter Herodis Agrippae Botmässigkeit gehörig/ sich begeben/ auch daselbst ihre Sicherheit gefunden und erhalten worden.
Im sechsten Jahr dieses Kriegs/ der Regirung Kais. Vespasiani im zweyten/ A. C. 73 den 14 Aprils/ um die Osterzeit/ ruckte Titus Vespasianus vor Jerusalem. Er hatte auch vorher seinem Vatter das Land erobern helfen: Da ihme einsmals das Pferd unter dem Leib erstochen worden/ und er dafür einen andern vom Pferd geschmissen/ um sich wieder beritten zu machen. Gott wolte im Judentum ein grosses Feuer anzünden: Darum spielte er es/ daß eine grosse Mänge Spreuer und Stoppeln nach Jerusalem sich versammlet. Dann es waren die Juden/ von allen enden der Welt/ dahin gekommen/ das Passah-Fest zu halten. Der Landpfleger Cestius Gallus hatte vorher dem Kaiser Nero, der diese Nation für nichts hielte/ die Anzahl der vornemsten Judenschaft benennen wollen/ und begehrte von den Hohenpriestern/ daß sie ihm solche verschaffen solten. Diese nun/ selbige auszuforschen/ zehlten am ersten Tag des Süßbrod-Festes/ die Osterlämmer/ und fanden 256500 derselben. Weil nun jedes Lamm wenigst von zehen/ oftmals von 20 Personen/ verzehrt worden/ so kame/ wann man zu jedem nur zwölfe rechnet/ eine Anzahl heraus ungefehr von 3000000 Juden. Weil nun damals ihrer soviele vorhanden gewesen/ so ist kein Zweifel/ die Zahl werde sich dißmal nicht minder erstreckt haben. So eine grosse Mänge muste/ den vor 40 Jahren an dem unschuldigen Gotteslamm begangenen Creutzmord/ büssen: und hat diese Belägerung bis in das fünfte Monat gewähret. Es ergienge ihnen/ nach der Weissagung Christi: Da die Römer um Jerusalem/ und ihre Kinder mit ihr/ (die darum aus der ferne kommen musten) eine Wagenburg geschlagen/ sie belägert und an allen Orten geängstet. Dann Titus (der auch selbst sieben Juden auf der Mauer mit Pfeilen erschossen) führte/ nur in drey Tagen/ eine Mauer um die Stadt von 39 Stadien/ welche 1¼ Teutsche Meile machen: Womit er dann gleich anfangs verwehret/ daß kein Mensch mehr heraus kommen können/ und also die Vögel alle auf einmal gefangen worden. Die Stadt ware an sich selber gar vest/ und schiene ganz unüberwindlich: Dann sie hatte vier Mauren/ und auf denselben achzig Thürne. Daher/ und weil sie mit Lebensmitteln
auf viel Jahre versehen/ waren die Juden ganz trotzig gegen die Römer/ spotteten ihrer/ und sagten: Sie würden in zwanzig Jahren nichts schaffen/ und/ wann sie auch Fittiche hätten/ ihre Mauren nicht überfliegen.
Jerusalem wird belägert. Titus machte sich erstlich an die so-genannte Neustadt / die vom Tempel gegen Mitternacht gelegen/ die er den 7 May/ mit der ersten Mauer daselbst/ erobert: Woraus den 16 diß die ganze untere Stadt/ so auf den nidren Berg Acra gelegen/ samt der zweyten Mauer/ in seine Hände gerahten. Er ließe ihnen hierauf/ durch den Juden Josephum Frieden und Gnade anbieten/ wann sie sich ergeben würden. Aber sie waren ganz verstockt/ und hätten Josephum bald mit Pfeilen erschossen. Darauf wurde die dritte Maur gestürmet/ und den 6 Julii selbiges Theil der Stadt/ samt der vesten Burg Antonia, erobert. Es gienge nun an den Tempel/ welcher auch ganz ümfestet war: da sie abermals/ wiewol Titus dieses schöne Gebäu gern verschonen wollen/ keinen Frieden annehmen wolten. Hierüber nun erzürnten sich die Kriegsleute/ und worfen Feuer in den Tempel: Welcher sofort in Brand geriehte/ und halfe kein leschen/ daß er nicht den 6 Augusti sich ganz in die Asche gesetzet; An welchem Tag er vom König Salomo erstlich ausgebauet/ und vormals auch von den Assyrern war verbrennet worden. Fünf Tage hernach ergaben sich die Priester/ welche Titus alle niedermachen ließe/ und sagte: Weil der Tempel nun eingeäschert wäre/ hätte man ferner keines Priesters vonnöten. Er hat aber das köstliche Tempelgerähte zu sich genommen/ sehr bewundert/ und nachmals triumfirend in Rom mit eingeführet. Die Davids-Stadt oder Burg Sion/ ward hierauf auch bestürmet/ und hat sich den 7 Septembr. ergeben müssen.
Eroberung der neu-
und untern Stadt/
der mittel-Stadt/
des Tempels
und der Burg Sion. Die Juden wurden von Gott/ in diesem ihrem Untergang/ zugleich mit den dreyen Haupt- oder Landplagen/ nämlich mit Krieg/ Hunger und Pestilenz/ gezüchtigt. Sie hatten ja Krieg/ nicht allein drausen und vor der Stadt/ sondern auch zuhaus und in der Stadt. Dann eine grosse Anzahl Rauber und Buschklopfer hatten sich in Jerusalem versamlet/ und daselbst in drey Hauffen getheilet/ und ihrer dreyr/ nämlich Eleazarn/ Johannem und Simon/ zu Führern erwehlet. Der erste hatte sich in den Tempel/ der zweyte in die Untere/ und der dritte in die Obere Stadt gesetzet/ als Titus anzoge. Diese drey Drachenzähn-Brüder/ waren immer einer wider den andern/ und wurden also drey Rotten: Die die ganze Stadt unruhig und dreyspältig gemacht. Wie dann im Kriege Uneinigkeit zu entstehen/ und aus der Zweytracht/ sonderlich in Städten/ das Verderben zu erfolgen pfleget. Also beraubte/ würgte und verfolgte einer den andern/ und wurden insonderheit 12000 der Edelsten hingerichtet (von welchen man gesagt/ daß sie den Römern die Stadt übergeben wolten) und ihre Güter den Raubern preis gegeben.
III Haubtplagen der Jüden/
Krieg/
und Zwytracht/ Diese Rottirung gabe Anlaß/ daß auch der Hunger in die Stadt einzoge: Dann sie steckten/
unerhörte Hungersnoht/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0202_1679 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0202_1679/91 |
Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,2. Nürnberg, 1679, S. [II (Skulptur), S. 63]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0202_1679/91>, abgerufen am 05.07.2024. |