Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch]
Ohne Weißheit und Kunst-forschung/ wäre die Erde ein Wald voll wilder unvernünftiger Thiere.WAnn die hoch-erleuchtete Geister sich nicht jederzeit beflissen hätten/ solche Wissenschaften und Künste zu erfinden/ welche nicht allein zu einem wol-geordneten Wandel und tugendlichem Leben erbaulich/ sondern auch zur edlen Ergetzung des Menschlichen Gemütes dienen/ und dadurch sie/ ihren Himmel-ähnlichen Verstand und die mit Göttlicher Weißheit erfüllte Seele hervorlegend/ von der Tummheit des unvernünftigen wilden Viehes unterschieden werden: was würde dieses breite große Erd-Rund anders seyn/ als eine ungeheure struttichte Wildfuhr/ darinn soviel Thiere herumliefen/ als Menschen zur Welt kommen? Und was hätte der Mensch/ das Göttliche Ebenbild/ sich dessen zu berühmen/ daß ihn Gott über Pflanzen und Thiere gesetzet/ wann er dieselben nicht erkennen lernte/ mit seiner ihme von Gott eingehauchten Vernunft die geheimste Oerter der Natur durchwanderte/ und deren verborgenste Sachen ausforschete und entdeckte? Die Kunst-Erfindere/ wurden vor alters vergöttert. Um des willen/ wurden allemal die jenigen/ so etwas solches erfunden/ nicht allein in ihrer Lebens-Zeit/ sondern auch nach dem Tod/ verehret: sogar/ daß die von dem geoffenbarten Göttlichen Wort nicht-erleuchtete Heiden/ solche Erfindere zu Göttern gemacht und angebetet. Dergleichen Götzen waren/ Ceres, Bacchus, Pan, Apollo, Mercurius, Minerva, Diana, Vulcanus, Aeolus, weil sie den Getreid- und Wein-bau/ die Viehzucht/ die Arzney-Kunst/ die Kaufmanschaft und Rede-Kunst/ die Neh-Stick- und Web-Künste/ die Jagt/ das Schmied-Werk/ das Segel- und Meer-fahren/ und mehr anderes/ erfunden haben. Lob der Mahlerey-Kunst Die gröste Kunst bestehet darinn/ wann man/ gleichwie mit dem Gemüte/ also auch mit der von der Vernunft geführten Hand/ Gott und der Natur nachahmet/ und deren Geschöpfe nachbildet. Dieses verrichtet vor andern/ die Edle Mahlerey-Kunst: und ist darum wol würdig/ daß sie andren Künsten an die Seite gesetzet/ oder wol gar vorgezogen/ werde. Dann/ sie besaet ihr Feld ja so vielfärbig/ als die Natur mit Blumen die Erde. Sie bepflanzet eine Tafel/ mit den schönsten Gewächsen. Alle Thiere/ aller Pracht des Himmels/ der Erde und des Meeres/ muß aus dem Schopf ihres Pinsels/ wie Minerva aus Jovis Gehirne/ hervortretten. Ja sie verschönert alle Dinge/ durch ihr buntes Farb-mängen und angenehmes schattiren. Sie bildet den Menschen in seiner Vollkommenheit/ träget in ein Bild zusammen/ was die Natur unter viele vertheilet/ und verbirget die Mängel/ die diese mit hervor zu bringen pfleget: also wird sie gleichsam ein neuer Schöpfer desselben. Sie gibt[Spaltenumbruch] ihm auch eine wolständige Stellung/ und mahlet ihm das Gemüte an die Stirne. Billig wird sie demnach/ in den Schriften der Weißen/ genennet/ ein Begriff aller Dinge/ eine Schwester der Natur und Folge-Magd der himmlischen Weißheit. Wir überlassen andern die Bemühung/ daß sie diese Edle Kunst/ aus Africa und Egypten/ auch Assyrien und Babylon/ (deren Mauren/ die große Semiramis, mit schönen Jagten vermahlen lassen) ferner durch Griechenland in Italien/ und von dar in Hoch- und Nieder-Teutschland/ führen. Wir sagen dißorts allein/ daß unser Hoch-Teutschland/ In Teutschland/ ward dieses Kunst-Liecht durch Martis Pulverdampf verdunklet. zwar vorlängst mit seinem fürtrefflichen Albrecht Dürer und dessen Nachfolgern gepranget/ aber nachmals/ durch die leidige Kriegsläufte/ gleichwie fast aller anderer/ also auch dieser Zierde beraubet worden. Adam Elzheimer/ von Frankfurt bürtig/ wolte zwar diese fluchtfärtige Göttin bey dem Rock ergreifen/ an- und aufhalten: er ward aber bald durch den Tod hinweg gerissen/ und sahe man also/ gleichwie die Ubung/ also auch die Liebe dieser Kunst/ bey uns verathemen und verleschen. Die Königin Germania sahe ihre mit herrlichen Gemälden gezierte Paläste und Kirchen hin und wieder in der Lohe auffliegen/ und ihre Augen wurden von Rauch und Weinen dermaßen verdunkelt/ daß ihr keine Begierde oder Kraft übrig bleiben konte/ nach dieser Kunst zu sehen: von welcher nun schiene/ daß sie in eine lange und ewige Nacht wolte schlaffen gehen. Also geriethe solche in vergessenheit/ und die jenige/ so hiervon Beruff macheten/ in Armut und Verachtung: daher sie das Pollet fallen ließen/ und an statt des Pinsels/ den Spiß oder Bettelstab ergreiffen musten/ auch vornehme Personen sich schämeten/ ihre Kinder zu so verachteten Leuten in die Lehre zu schicken. welches H. Joachim von Sandrart/ wieder hervorgestellet. Das gnädige Schicksel erbarmete sich dieser Finsternis/ und ließe der Teutschen Kunst-Welt eine neue Sonne aufgehen: die die schlummerende Freulin Pictura wieder aufweckte/ die Nacht zertriebe und ihr den Tag anbrechen machte. Dieser ist/ der Wol-Edle und Gestrenge Herr Joachim von Sandrart/ auf Stockau/ Hoch-Fürstl. Pfalz-Neuburgischer Raht: welchen die Natur mit einem solchen Geist begabet/ der nicht anders als leuchten konte/ und/ durch seine Liecht-volle Vernunft-Strahlen/ die der Edlen Mahlerey-Kunst entgegenstehende schwarze Gewölke/ auszuheitern vermochte. Dieser erleuchtete Geist/ nahme wol recht an sich die eigenschaft der Sonne: welche nicht allein leuchtet/ sondern auch mit unverdrossenem Lauf die Häuser des Himmels durchkutschet/ und dieselben erleuchtet. Also Er/ nachdem Er diese Kunst aus dem Grund ergriffen/ durchzoge er ein großes Theil des Welt-Kreises von Europa, setzte/ beydes durch sein herrliches Kunstvermögen und durch seinen [Spaltenumbruch]
Ohne Weißheit und Kunst-forschung/ wäre die Erde ein Wald voll wilder unvernünftiger Thiere.WAnn die hoch-erleuchtete Geister sich nicht jederzeit beflissen hätten/ solche Wissenschaften und Künste zu erfinden/ welche nicht allein zu einem wol-geordneten Wandel und tugendlichem Leben erbaulich/ sondern auch zur edlen Ergetzung des Menschlichen Gemütes dienen/ und dadurch sie/ ihren Himmel-ähnlichen Verstand und die mit Göttlicher Weißheit erfüllte Seele hervorlegend/ von der Tummheit des unvernünftigen wilden Viehes unterschieden werden: was würde dieses breite große Erd-Rund anders seyn/ als eine ungeheure struttichte Wildfuhr/ darinn soviel Thiere herumliefen/ als Menschen zur Welt kommen? Und was hätte der Mensch/ das Göttliche Ebenbild/ sich dessen zu berühmen/ daß ihn Gott über Pflanzen und Thiere gesetzet/ wann er dieselben nicht erkennen lernte/ mit seiner ihme von Gott eingehauchten Vernunft die geheimste Oerter der Natur durchwanderte/ und deren verborgenste Sachen ausforschete und entdeckte? Die Kunst-Erfindere/ wurden vor alters vergöttert. Um des willen/ wurden allemal die jenigen/ so etwas solches erfunden/ nicht allein in ihrer Lebens-Zeit/ sondern auch nach dem Tod/ verehret: sogar/ daß die von dem geoffenbarten Göttlichen Wort nicht-erleuchtete Heiden/ solche Erfindere zu Göttern gemacht und angebetet. Dergleichen Götzen waren/ Ceres, Bacchus, Pan, Apollo, Mercurius, Minerva, Diana, Vulcanus, Aeolus, weil sie den Getreid- und Wein-bau/ die Viehzucht/ die Arzney-Kunst/ die Kaufmanschaft und Rede-Kunst/ die Neh-Stick- und Web-Künste/ die Jagt/ das Schmied-Werk/ das Segel- und Meer-fahren/ und mehr anderes/ erfunden haben. Lob der Mahlerey-Kunst Die gröste Kunst bestehet darinn/ wann man/ gleichwie mit dem Gemüte/ also auch mit der von der Vernunft geführten Hand/ Gott und der Natur nachahmet/ und deren Geschöpfe nachbildet. Dieses verrichtet vor andern/ die Edle Mahlerey-Kunst: und ist darum wol würdig/ daß sie andren Künsten an die Seite gesetzet/ oder wol gar vorgezogen/ werde. Dann/ sie besaet ihr Feld ja so vielfärbig/ als die Natur mit Blumen die Erde. Sie bepflanzet eine Tafel/ mit den schönsten Gewächsen. Alle Thiere/ aller Pracht des Himmels/ der Erde und des Meeres/ muß aus dem Schopf ihres Pinsels/ wie Minerva aus Jovis Gehirne/ hervortretten. Ja sie verschönert alle Dinge/ durch ihr buntes Farb-mängen und angenehmes schattiren. Sie bildet den Menschen in seiner Vollkommenheit/ träget in ein Bild zusammen/ was die Natur unter viele vertheilet/ und verbirget die Mängel/ die diese mit hervor zu bringen pfleget: also wird sie gleichsam ein neuer Schöpfer desselben. Sie gibt[Spaltenumbruch] ihm auch eine wolständige Stellung/ und mahlet ihm das Gemüte an die Stirne. Billig wird sie demnach/ in den Schriften der Weißen/ genennet/ ein Begriff aller Dinge/ eine Schwester der Natur und Folge-Magd der himmlischen Weißheit. Wir überlassen andern die Bemühung/ daß sie diese Edle Kunst/ aus Africa und Egypten/ auch Assyrien und Babylon/ (deren Mauren/ die große Semiramis, mit schönen Jagten vermahlen lassen) ferner durch Griechenland in Italien/ und von dar in Hoch- und Nieder-Teutschland/ führen. Wir sagen dißorts allein/ daß unser Hoch-Teutschland/ In Teutschland/ ward dieses Kunst-Liecht durch Martis Pulverdampf verdunklet. zwar vorlängst mit seinem fürtrefflichen Albrecht Dürer und dessen Nachfolgern gepranget/ aber nachmals/ durch die leidige Kriegsläufte/ gleichwie fast aller anderer/ also auch dieser Zierde beraubet worden. Adam Elzheimer/ von Frankfurt bürtig/ wolte zwar diese fluchtfärtige Göttin bey dem Rock ergreifen/ an- und aufhalten: er ward aber bald durch den Tod hinweg gerissen/ und sahe man also/ gleichwie die Ubung/ also auch die Liebe dieser Kunst/ bey uns verathemen und verleschen. Die Königin Germania sahe ihre mit herrlichen Gemälden gezierte Paläste und Kirchen hin und wieder in der Lohe auffliegen/ und ihre Augen wurden von Rauch und Weinen dermaßen verdunkelt/ daß ihr keine Begierde oder Kraft übrig bleiben konte/ nach dieser Kunst zu sehen: von welcher nun schiene/ daß sie in eine lange und ewige Nacht wolte schlaffen gehen. Also geriethe solche in vergessenheit/ und die jenige/ so hiervon Beruff macheten/ in Armut und Verachtung: daher sie das Pollet fallen ließen/ und an statt des Pinsels/ den Spiß oder Bettelstab ergreiffen musten/ auch vornehme Personen sich schämeten/ ihre Kinder zu so verachteten Leuten in die Lehre zu schicken. welches H. Joachim von Sandrart/ wieder hervorgestellet. Das gnädige Schicksel erbarmete sich dieser Finsternis/ und ließe der Teutschen Kunst-Welt eine neue Sonne aufgehen: die die schlummerende Freulin Pictura wieder aufweckte/ die Nacht zertriebe und ihr den Tag anbrechen machte. Dieser ist/ der Wol-Edle und Gestrenge Herr Joachim von Sandrart/ auf Stockau/ Hoch-Fürstl. Pfalz-Neuburgischer Raht: welchen die Natur mit einem solchen Geist begabet/ der nicht anders als leuchten konte/ und/ durch seine Liecht-volle Vernunft-Strahlen/ die der Edlen Mahlerey-Kunst entgegenstehende schwarze Gewölke/ auszuheitern vermochte. Dieser erleuchtete Geist/ nahme wol recht an sich die eigenschaft der Sonne: welche nicht allein leuchtet/ sondern auch mit unverdrossenem Lauf die Häuser des Himmels durchkutschet/ und dieselben erleuchtet. 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Also geriethe solche in vergessenheit/ und die jenige/ so hiervon Beruff macheten/ in Armut und Verachtung: daher sie das Pollet fallen ließen/ und an statt des Pinsels/ den Spiß oder Bettelstab ergreiffen musten/ auch vornehme Personen sich schämeten/ ihre Kinder zu so verachteten Leuten in die Lehre zu schicken.</p> <p xml:id="p621.5"><note place="right">welches <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4 http://d-nb.info/gnd/118794396 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500014974 http://viaf.org/viaf/66562250">H. Joachim von Sandrart</persName>/ wieder hervorgestellet.</note> Das gnädige Schicksel erbarmete sich dieser Finsternis/ und ließe der Teutschen Kunst-Welt eine neue Sonne aufgehen: die die schlummerende Freulin <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1650 http://d-nb.info/gnd/13259935X http://viaf.org/viaf/6099153">Pictura</persName></hi> wieder aufweckte/ die Nacht zertriebe und ihr den Tag anbrechen machte. 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WAnn die hoch-erleuchtete Geister sich nicht jederzeit beflissen hätten/ solche Wissenschaften und Künste zu erfinden/ welche nicht allein zu einem wol-geordneten Wandel und tugendlichem Leben erbaulich/ sondern auch zur edlen Ergetzung des Menschlichen Gemütes dienen/ und dadurch sie/ ihren Himmel-ähnlichen Verstand und die mit Göttlicher Weißheit erfüllte Seele hervorlegend/ von der Tummheit des unvernünftigen wilden Viehes unterschieden werden: was würde dieses breite große Erd-Rund anders seyn/ als eine ungeheure struttichte Wildfuhr/ darinn soviel Thiere herumliefen/ als Menschen zur Welt kommen? Und was hätte der Mensch/ das Göttliche Ebenbild/ sich dessen zu berühmen/ daß ihn Gott über Pflanzen und Thiere gesetzet/ wann er dieselben nicht erkennen lernte/ mit seiner ihme von Gott eingehauchten Vernunft die geheimste Oerter der Natur durchwanderte/ und deren verborgenste Sachen ausforschete und entdeckte?
Ohne Weißheit und Kunst-forschung/ wäre die Erde ein Wald voll wilder unvernünftiger Thiere. Um des willen/ wurden allemal die jenigen/ so etwas solches erfunden/ nicht allein in ihrer Lebens-Zeit/ sondern auch nach dem Tod/ verehret: sogar/ daß die von dem geoffenbarten Göttlichen Wort nicht-erleuchtete Heiden/ solche Erfindere zu Göttern gemacht und angebetet. Dergleichen Götzen waren/ Ceres, Bacchus, Pan, Apollo, Mercurius, Minerva, Diana, Vulcanus, Aeolus, weil sie den Getreid- und Wein-bau/ die Viehzucht/ die Arzney-Kunst/ die Kaufmanschaft und Rede-Kunst/ die Neh-Stick- und Web-Künste/ die Jagt/ das Schmied-Werk/ das Segel- und Meer-fahren/ und mehr anderes/ erfunden haben.
Die Kunst-Erfindere/ wurden vor alters vergöttert. Die gröste Kunst bestehet darinn/ wann man/ gleichwie mit dem Gemüte/ also auch mit der von der Vernunft geführten Hand/ Gott und der Natur nachahmet/ und deren Geschöpfe nachbildet. Dieses verrichtet vor andern/ die Edle Mahlerey-Kunst: und ist darum wol würdig/ daß sie andren Künsten an die Seite gesetzet/ oder wol gar vorgezogen/ werde. Dann/ sie besaet ihr Feld ja so vielfärbig/ als die Natur mit Blumen die Erde. Sie bepflanzet eine Tafel/ mit den schönsten Gewächsen. Alle Thiere/ aller Pracht des Himmels/ der Erde und des Meeres/ muß aus dem Schopf ihres Pinsels/ wie Minerva aus Jovis Gehirne/ hervortretten. Ja sie verschönert alle Dinge/ durch ihr buntes Farb-mängen und angenehmes schattiren. Sie bildet den Menschen in seiner Vollkommenheit/ träget in ein Bild zusammen/ was die Natur unter viele vertheilet/ und verbirget die Mängel/ die diese mit hervor zu bringen pfleget: also wird sie gleichsam ein neuer Schöpfer desselben. Sie gibt
ihm auch eine wolständige Stellung/ und mahlet ihm das Gemüte an die Stirne. Billig wird sie demnach/ in den Schriften der Weißen/ genennet/ ein Begriff aller Dinge/ eine Schwester der Natur und Folge-Magd der himmlischen Weißheit.
Lob der Mahlerey-Kunst Wir überlassen andern die Bemühung/ daß sie diese Edle Kunst/ aus Africa und Egypten/ auch Assyrien und Babylon/ (deren Mauren/ die große Semiramis, mit schönen Jagten vermahlen lassen) ferner durch Griechenland in Italien/ und von dar in Hoch- und Nieder-Teutschland/ führen. Wir sagen dißorts allein/ daß unser Hoch-Teutschland/ zwar vorlängst mit seinem fürtrefflichen Albrecht Dürer und dessen Nachfolgern gepranget/ aber nachmals/ durch die leidige Kriegsläufte/ gleichwie fast aller anderer/ also auch dieser Zierde beraubet worden. Adam Elzheimer/ von Frankfurt bürtig/ wolte zwar diese fluchtfärtige Göttin bey dem Rock ergreifen/ an- und aufhalten: er ward aber bald durch den Tod hinweg gerissen/ und sahe man also/ gleichwie die Ubung/ also auch die Liebe dieser Kunst/ bey uns verathemen und verleschen. Die Königin Germania sahe ihre mit herrlichen Gemälden gezierte Paläste und Kirchen hin und wieder in der Lohe auffliegen/ und ihre Augen wurden von Rauch und Weinen dermaßen verdunkelt/ daß ihr keine Begierde oder Kraft übrig bleiben konte/ nach dieser Kunst zu sehen: von welcher nun schiene/ daß sie in eine lange und ewige Nacht wolte schlaffen gehen. Also geriethe solche in vergessenheit/ und die jenige/ so hiervon Beruff macheten/ in Armut und Verachtung: daher sie das Pollet fallen ließen/ und an statt des Pinsels/ den Spiß oder Bettelstab ergreiffen musten/ auch vornehme Personen sich schämeten/ ihre Kinder zu so verachteten Leuten in die Lehre zu schicken.
In Teutschland/ ward dieses Kunst-Liecht durch Martis Pulverdampf verdunklet. Das gnädige Schicksel erbarmete sich dieser Finsternis/ und ließe der Teutschen Kunst-Welt eine neue Sonne aufgehen: die die schlummerende Freulin Pictura wieder aufweckte/ die Nacht zertriebe und ihr den Tag anbrechen machte. Dieser ist/ der Wol-Edle und Gestrenge Herr Joachim von Sandrart/ auf Stockau/ Hoch-Fürstl. Pfalz-Neuburgischer Raht: welchen die Natur mit einem solchen Geist begabet/ der nicht anders als leuchten konte/ und/ durch seine Liecht-volle Vernunft-Strahlen/ die der Edlen Mahlerey-Kunst entgegenstehende schwarze Gewölke/ auszuheitern vermochte. Dieser erleuchtete Geist/ nahme wol recht an sich die eigenschaft der Sonne: welche nicht allein leuchtet/ sondern auch mit unverdrossenem Lauf die Häuser des Himmels durchkutschet/ und dieselben erleuchtet. Also Er/ nachdem Er diese Kunst aus dem Grund ergriffen/ durchzoge er ein großes Theil des Welt-Kreises von Europa, setzte/ beydes durch sein herrliches Kunstvermögen und durch seinen
welches H. Joachim von Sandrart/ wieder hervorgestellet.
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URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0103_1675 |
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675, S. [Lebenslauf, S. 3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0103_1675/213>, abgerufen am 24.07.2024. |