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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675.

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[Spaltenumbruch] Formen/ auch in Helfenbein überaus sauber und Ist ein guter Meister in klein. künstliche Bilder/ aber alle nur in klein; Er bildete auch etliche heilige Historien/ unter andern ein Marienbild mit einem todten Christus auf der Schoß klein/ mehr verwunderlich als gemein/ dann in kleinen war er ein Lob-würdiger Meister.

Deßwegen wurde ihme auch von Herrn Contarelli angeordnet eine Lebens-große Statua von des Apostels und Evangelisten Matthaeus Marmor/ solche in der Kirchen von S. Lovis der Franzosen Capell Aber in groß unerfahren. zu Rom aufzurichten/ aber Cope der brachte mit dieser Statua sein ganzes Leben zu/ und ließe seine Arbeit niemand sehen/ gebrauchte auch keines andern Raht/ obwolen er ganz keine Practic des Marmors hatte. Mitlerweil gerieht er in das Altertum von 80. Jahren/ und verließe also diese Statua unausgearbeitet/ wie noch zu sehen in der Kirchen della Trinita de Pellegrini, auf der rechten Hand/ der Engel aber mit dem Dintenfaß dabey ist von Pompejo Ferrucci, dann wie es der Contarelli besehen/ und da er ein großes Wunder und Rarität/ zu erlangen verhoft/ aber nur ein trocken Dürrers-Bild gefunden/ wolte er nicht/ daß es in der Kirchen aufgerichtet würde/ sondern an deßen Statt mahlte Michael Angelo da Caravagio eine Tafel von diesem Apostel Matthaeo . Cope aber hielte sich mit keinem einigen Menschen/ Sein seltsamer Lebenswandel. lebete eigensinnig allein/ ließe weder Mann- noch Weibsbild in sein Haus schmecken/ wann er krank ware/ ließe er an einem Strick aus seinem Fenster ein Körblein/ mit einem Zettelein seines Begehrens hinab/ oder ruffte zu sich einen Nachbar/ und sagte es/ was er einzukauffen verlangte/ und also verbleicht/ halb todt/ stets mit der Brillen auf der Nasen zog er sein Körblein zum Fenster hinauf/ und lebte also wie ein Feind der Conversation und Menschen-Gesellschaft/ endigte auch solcher Gestalt sein Leben zu Rom in circo Anno 1610.

XIX.Franciscus de Quesnoy, sonst Fiamengo genant/ Bildhauer.FRanciscus de Quesnoy, insgemein Fiamengo genannt/ wurde Anno 1592. zu Brüßel gebohren/ und weil er eines zimlich guten Bildhauers Sohn war/ ergriffe er bey demselben den Anfang in der Kunst/ ließe aber alsbald in seiner Jugend spüren/ was man von ihme zu hoffen hätte/ indem er damals schon die Kinder an die facciata der Jesuiter-Kirchen/ aus Marmel/ aufs bäste gebildet/ auch aus Helfenbein eine Passion gemacht/ welche dem Erz-Herzog Alberto so wol gefallen/ daß er Geld und alle Nohtdurft unserm Künstler verschaft/ darmit nach Rom zu reisen/ und daselbst die Antiche und andere Bildhauerey zu besehen/ Komt nach Rom. wie er dann auch gethan/ und die allerfürtreflichste Statuen/ als den Laocon, Antinous, den Rumpf des Hercules, den Nilus-Fluß und andere fleißig aus Erden nachgebildet.

Nach diesem hat er aus Helfenbein Seine Werke. einen am Creutz hangenden Christum/ anderthalb Schuh lang/ so künstlich verfärtiget/ daß/ als er dem Papst Urbano praesentiret worden/ selbiger sich über den großen Verstand dieser über die maßen wol ausgebreiteten herrlichen Zeichnung zum höchsten verwundert/ und unsern Künstler wehrt gehalten: Nächst diesen hat er auch sehr viele Basso[Spaltenumbruch] rilieven mit Kindern gemacht/ darunter sonderlich ein schlaffender Silenus, den/ nach Anleitung des Virgilii, etliche junge Knaben mit Wein-Reben gebunden halten/ bis er ihnen ein Liedlein singt/ sehr gelobet wird. In diesem Stuck hat er seinen schönen Geist stark verspüren laßen/ auch seine große Wißenschaft der nackenden Leiber/ besonderlich an Kindern und Knaben/ die er ganz anmutig und artig/ als ob es natürliches Fleisch wäre/ gemacht/ sehen laßen/ dann er dem Fleisch gleichsam ein bewegliches Leben gegeben/ und den Kindern pratschete feißt- und dick-backete Milch-Mäuler/ mit Grüblen auf den Knien/ Elenbogen und Fingern/ gestaltet/ der Natur so ähnlich/ daß niemals auch keiner von den Antichen diese Natürlichkeit erreichet. Daher dann jederman dergleichen posierte Kinder verlangt hatte/ die er vielfältig gar hurtig und geschwind gemacht.

Damit nun dieser gute Künstler sich auch in Marmorstein zu arbeiten berühmt machen möchte/ Wird von den Italiänern angefeindet. weil die Italiäner sonderlich von ihm aus gaben/ daß er damit nicht umzugehen wuste/ und nur in Erden/ Wachs und Bein gut wäre/ bildete er aus einem schönen weißen Marmorstein einen stehenden Cupido, der einen Bogen schneidet/ in Lebens-Größe/ worvon es allda viel Redens gegeben/ welchen aber doch die Italiänische Bildhauer nicht loben wolten/ sondern etliche Jahr lang veracht und unterdruckt hielten/ daß niemand diesen zukauffen Sein fürtreflicher Cupido. begehrte/ bis daß endlich/ bey meiner Ankunft zu Rom/ ich mit diesem beliebten Mann in gute Freundschaft gerahten/ und er mir selbigen gezeigt/ darbey klagend/ daß wegen der bösen Mäuler dieses Werk verschlagen/ und ihme auf dem Hals ligend verblieben/ so seinem sonst guten Ruff sehr hinderlich wäre/ da ich ihme/ vermittelst des Kunstliebenden Lucas von Uflen/ welchen ich zu Venedig verlaßen/ bald geholffen. Dann als ich denselben von solchem Kunststuck berichtet/ hat er mir gleich Ordre gegeben/ diesen Cupido zu kauffen/ der ihn hernachmals gar hoch geschätzt/ und allenthalben als ein sonderbare Rarität sehen laßen. Als nun solches zu Rom kund worden/ haben seine Neider erst angefangen wol davon zu reden/ mit großer Bereuung/ daß sie selbigen nicht vorgekauft/ und ein so fürtrefliches Werk aus Rom gelaßen. Dieses künstliche Stuck nun aber wurde noch viel mehr erhoben/ da nach Ableiben obgedachten Lucas von Uflen zu Amsterdam/ nach dem er sich daselbst mit seinem weitberühmten Kunst-Cabinet zu Ruh begeben/ und Anno 1637. verschieden/ die Prinzeßin von Oranien recreations-weiß zu Amsterdam angelanget/ und ihr alle Raritäten selbiger Stadt zeigen laßen. Da sie dann über alles diesen Cupido gelobet/ und eine sondere Affection und Neigung darzu erwiesen/ woraufhin auch der Magistrat selbigen um 6000. Holländische Gulden bezahlt/ und neben viel andern Köstlichkeiten von Perlen/ Diamanten/ Christall/ Ambre de Gry, und anderm/ dieser Prinzeßin praesentirt/ welchen sie auch/ vor allen andern Sachen/ ganz freudig angenommen/ und in Gravenhaag/ in ihrem Zier- und Lust-Gärtlein/ bäst-verwahrlich aufgerichtet.

Unterdeßen aber stiege des Quesnoy Lob zu

[Spaltenumbruch] Formen/ auch in Helfenbein überaus sauber und Ist ein guter Meister in klein. künstliche Bilder/ aber alle nur in klein; Er bildete auch etliche heilige Historien/ unter andern ein Marienbild mit einem todten Christus auf der Schoß klein/ mehr verwunderlich als gemein/ dann in kleinen war er ein Lob-würdiger Meister.

Deßwegen wurde ihme auch von Herrn Contarelli angeordnet eine Lebens-große Statua von des Apostels und Evangelisten Matthaeus Marmor/ solche in der Kirchen von S. Lovis der Franzosen Capell Aber in groß unerfahren. zu Rom aufzurichten/ aber Cope der brachte mit dieser Statua sein ganzes Leben zu/ und ließe seine Arbeit niemand sehen/ gebrauchte auch keines andern Raht/ obwolen er ganz keine Practic des Marmors hatte. Mitlerweil gerieht er in das Altertum von 80. Jahren/ und verließe also diese Statua unausgearbeitet/ wie noch zu sehen in der Kirchen della Trinita de Pellegrini, auf der rechten Hand/ der Engel aber mit dem Dintenfaß dabey ist von Pompejo Ferrucci, dann wie es der Contarelli besehen/ und da er ein großes Wunder und Rarität/ zu erlangen verhoft/ aber nur ein trocken Dürrers-Bild gefunden/ wolte er nicht/ daß es in der Kirchen aufgerichtet würde/ sondern an deßen Statt mahlte Michaël Angelo da Caravagio eine Tafel von diesem Apostel Matthaeo . Copè aber hielte sich mit keinem einigen Menschen/ Sein seltsamer Lebenswandel. lebete eigensinnig allein/ ließe weder Mann- noch Weibsbild in sein Haus schmecken/ wann er krank ware/ ließe er an einem Strick aus seinem Fenster ein Körblein/ mit einem Zettelein seines Begehrens hinab/ oder ruffte zu sich einen Nachbar/ und sagte es/ was er einzukauffen verlangte/ und also verbleicht/ halb todt/ stets mit der Brillen auf der Nasen zog er sein Körblein zum Fenster hinauf/ und lebte also wie ein Feind der Conversation und Menschen-Gesellschaft/ endigte auch solcher Gestalt sein Leben zu Rom in circo Anno 1610.

XIX.Franciscus de Quesnoy, sonst Fiamengo genant/ Bildhauer.FRanciscus de Quesnoy, insgemein Fiamengo genannt/ wurde Anno 1592. zu Brüßel gebohren/ und weil er eines zimlich guten Bildhauers Sohn war/ ergriffe er bey demselben den Anfang in der Kunst/ ließe aber alsbald in seiner Jugend spüren/ was man von ihme zu hoffen hätte/ indem er damals schon die Kinder an die facciata der Jesuiter-Kirchen/ aus Marmel/ aufs bäste gebildet/ auch aus Helfenbein eine Passion gemacht/ welche dem Erz-Herzog Alberto so wol gefallen/ daß er Geld und alle Nohtdurft unserm Künstler verschaft/ darmit nach Rom zu reisen/ und daselbst die Antiche und andere Bildhauerey zu besehen/ Komt nach Rom. wie er dann auch gethan/ und die allerfürtreflichste Statuen/ als den Laocon, Antinous, den Rumpf des Hercules, den Nilus-Fluß und andere fleißig aus Erden nachgebildet.

Nach diesem hat er aus Helfenbein Seine Werke. einen am Creutz hangenden Christum/ anderthalb Schuh lang/ so künstlich verfärtiget/ daß/ als er dem Papst Urbano praesentiret worden/ selbiger sich über den großen Verstand dieser über die maßen wol ausgebreiteten herrlichen Zeichnung zum höchsten verwundert/ und unsern Künstler wehrt gehalten: Nächst diesen hat er auch sehr viele Basso[Spaltenumbruch] rilieven mit Kindern gemacht/ darunter sonderlich ein schlaffender Silenus, den/ nach Anleitung des Virgilii, etliche junge Knaben mit Wein-Reben gebunden halten/ bis er ihnen ein Liedlein singt/ sehr gelobet wird. In diesem Stuck hat er seinen schönen Geist stark verspüren laßen/ auch seine große Wißenschaft der nackenden Leiber/ besonderlich an Kindern und Knaben/ die er ganz anmutig und artig/ als ob es natürliches Fleisch wäre/ gemacht/ sehen laßen/ dann er dem Fleisch gleichsam ein bewegliches Leben gegeben/ und den Kindern pratschete feißt- und dick-backete Milch-Mäuler/ mit Grüblen auf den Knien/ Elenbogen und Fingern/ gestaltet/ der Natur so ähnlich/ daß niemals auch keiner von den Antichen diese Natürlichkeit erreichet. Daher dann jederman dergleichen posierte Kinder verlangt hatte/ die er vielfältig gar hurtig und geschwind gemacht.

Damit nun dieser gute Künstler sich auch in Marmorstein zu arbeiten berühmt machen möchte/ Wird von den Italiänern angefeindet. weil die Italiäner sonderlich von ihm aus gaben/ daß er damit nicht umzugehen wuste/ und nur in Erden/ Wachs und Bein gut wäre/ bildete er aus einem schönen weißen Marmorstein einen stehenden Cupido, der einen Bogen schneidet/ in Lebens-Größe/ worvon es allda viel Redens gegeben/ welchen aber doch die Italiänische Bildhauer nicht loben wolten/ sondern etliche Jahr lang veracht und unterdruckt hielten/ daß niemand diesen zukauffen Sein fürtreflicher Cupido. begehrte/ bis daß endlich/ bey meiner Ankunft zu Rom/ ich mit diesem beliebten Mann in gute Freundschaft gerahten/ und er mir selbigen gezeigt/ darbey klagend/ daß wegen der bösen Mäuler dieses Werk verschlagen/ und ihme auf dem Hals ligend verblieben/ so seinem sonst guten Ruff sehr hinderlich wäre/ da ich ihme/ vermittelst des Kunstliebenden Lucas von Uflen/ welchen ich zu Venedig verlaßen/ bald geholffen. Dann als ich denselben von solchem Kunststuck berichtet/ hat er mir gleich Ordre gegeben/ diesen Cupido zu kauffen/ der ihn hernachmals gar hoch geschätzt/ und allenthalben als ein sonderbare Rarität sehen laßen. Als nun solches zu Rom kund worden/ haben seine Neider erst angefangen wol davon zu reden/ mit großer Bereuung/ daß sie selbigen nicht vorgekauft/ und ein so fürtrefliches Werk aus Rom gelaßen. Dieses künstliche Stuck nun aber wurde noch viel mehr erhoben/ da nach Ableiben obgedachten Lucas von Uflen zu Amsterdam/ nach dem er sich daselbst mit seinem weitberühmten Kunst-Cabinet zu Ruh begeben/ und Anno 1637. verschieden/ die Prinzeßin von Oranien recreations-weiß zu Amsterdam angelanget/ und ihr alle Raritäten selbiger Stadt zeigen laßen. Da sie dann über alles diesen Cupido gelobet/ und eine sondere Affection und Neigung darzu erwiesen/ woraufhin auch der Magistrat selbigen um 6000. Holländische Gulden bezahlt/ und neben viel andern Köstlichkeiten von Perlen/ Diamanten/ Christall/ Ambre de Gry, und anderm/ dieser Prinzeßin praesentirt/ welchen sie auch/ vor allen andern Sachen/ ganz freudig angenommen/ und in Gravenhaag/ in ihrem Zier- und Lust-Gärtlein/ bäst-verwahrlich aufgerichtet.

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            <p>Damit nun dieser gute Künstler sich auch in Marmorstein zu arbeiten berühmt machen möchte/ <note place="right">Wird von den Italiänern angefeindet.</note> weil die Italiäner sonderlich von ihm aus gaben/ daß er damit nicht umzugehen wuste/ und nur in Erden/ Wachs und Bein gut wäre/ bildete er aus einem schönen weißen Marmorstein <name type="artificialWork" ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-588">einen stehenden <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-573 http://d-nb.info/gnd/118677500 http://viaf.org/viaf/25396366"><hi rendition="#aq">Cupido</hi></persName>, der einen Bogen schneidet/ in Lebens-Größe/ worvon es allda viel Redens gegeben/ welchen aber doch die Italiänische Bildhauer nicht loben wolten/ sondern etliche Jahr lang veracht und unterdruckt hielten/ daß niemand diesen zukauffen <note place="right">Sein fürtreflicher <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-573 http://d-nb.info/gnd/118677500 http://viaf.org/viaf/25396366">Cupido</persName>.</note> begehrte/ bis daß endlich/ bey meiner Ankunft zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000874">Rom</placeName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> mit diesem beliebten Mann in gute Freundschaft gerahten/ und er <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">mir</persName> selbigen gezeigt/ darbey klagend/ daß wegen der bösen Mäuler dieses Werk verschlagen/ und ihme auf dem Hals ligend verblieben/ so seinem sonst guten Ruff sehr hinderlich wäre/ da <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> ihme/ vermittelst des Kunstliebenden <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1574">Lucas von Uflen</persName>/ welchen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1 http://www.geonames.org/3164603/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7018159">Venedig</placeName> verlaßen/ bald geholffen.</name> Dann als <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> denselben von solchem Kunststuck berichtet/ hat er <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">mir</persName> gleich Ordre gegeben/ diesen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-573 http://d-nb.info/gnd/118677500 http://viaf.org/viaf/25396366">Cupido</persName> zu kauffen/ der ihn hernachmals gar hoch geschätzt/ und allenthalben als ein sonderbare Rarität sehen laßen. 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Dieses künstliche Stuck nun aber wurde noch viel mehr erhoben/ da nach Ableiben obgedachten <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1574">Lucas von Uflen</persName> zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-13 http://www.geonames.org/2759794/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7006952">Amsterdam</placeName>/ nach dem er sich daselbst mit seinem weitberühmten <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1616">Kunst-Cabinet</placeName> zu Ruh begeben/ und <date when="1637">Anno 1637.</date> verschieden/ die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4293 http://d-nb.info/gnd/120219719 http://viaf.org/viaf/837905">Prinzeßin von Oranien</persName> <hi rendition="#aq">recreations</hi>-weiß zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-13 http://www.geonames.org/2759794/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7006952">Amsterdam</placeName> angelanget/ und ihr alle Raritäten selbiger Stadt zeigen laßen. 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            <p>Unterdeßen aber stiege des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-419 http://d-nb.info/gnd/122968840 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500115495 http://viaf.org/viaf/71667283"><hi rendition="#aq">Quesnoy</hi></persName> Lob zu
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[[II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 348]/0164] Formen/ auch in Helfenbein überaus sauber und künstliche Bilder/ aber alle nur in klein; Er bildete auch etliche heilige Historien/ unter andern ein Marienbild mit einem todten Christus auf der Schoß klein/ mehr verwunderlich als gemein/ dann in kleinen war er ein Lob-würdiger Meister. Ist ein guter Meister in klein. Deßwegen wurde ihme auch von Herrn Contarelli angeordnet eine Lebens-große Statua von des Apostels und Evangelisten Matthaeus Marmor/ solche in der Kirchen von S. Lovis der Franzosen Capell zu Rom aufzurichten/ aber Cope der brachte mit dieser Statua sein ganzes Leben zu/ und ließe seine Arbeit niemand sehen/ gebrauchte auch keines andern Raht/ obwolen er ganz keine Practic des Marmors hatte. Mitlerweil gerieht er in das Altertum von 80. Jahren/ und verließe also diese Statua unausgearbeitet/ wie noch zu sehen in der Kirchen della Trinita de Pellegrini, auf der rechten Hand/ der Engel aber mit dem Dintenfaß dabey ist von Pompejo Ferrucci, dann wie es der Contarelli besehen/ und da er ein großes Wunder und Rarität/ zu erlangen verhoft/ aber nur ein trocken Dürrers-Bild gefunden/ wolte er nicht/ daß es in der Kirchen aufgerichtet würde/ sondern an deßen Statt mahlte Michaël Angelo da Caravagio eine Tafel von diesem Apostel Matthaeo . Copè aber hielte sich mit keinem einigen Menschen/ lebete eigensinnig allein/ ließe weder Mann- noch Weibsbild in sein Haus schmecken/ wann er krank ware/ ließe er an einem Strick aus seinem Fenster ein Körblein/ mit einem Zettelein seines Begehrens hinab/ oder ruffte zu sich einen Nachbar/ und sagte es/ was er einzukauffen verlangte/ und also verbleicht/ halb todt/ stets mit der Brillen auf der Nasen zog er sein Körblein zum Fenster hinauf/ und lebte also wie ein Feind der Conversation und Menschen-Gesellschaft/ endigte auch solcher Gestalt sein Leben zu Rom in circo Anno 1610. Aber in groß unerfahren. Sein seltsamer Lebenswandel. FRanciscus de Quesnoy, insgemein Fiamengo genannt/ wurde Anno 1592. zu Brüßel gebohren/ und weil er eines zimlich guten Bildhauers Sohn war/ ergriffe er bey demselben den Anfang in der Kunst/ ließe aber alsbald in seiner Jugend spüren/ was man von ihme zu hoffen hätte/ indem er damals schon die Kinder an die facciata der Jesuiter-Kirchen/ aus Marmel/ aufs bäste gebildet/ auch aus Helfenbein eine Passion gemacht/ welche dem Erz-Herzog Alberto so wol gefallen/ daß er Geld und alle Nohtdurft unserm Künstler verschaft/ darmit nach Rom zu reisen/ und daselbst die Antiche und andere Bildhauerey zu besehen/ wie er dann auch gethan/ und die allerfürtreflichste Statuen/ als den Laocon, Antinous, den Rumpf des Hercules, den Nilus-Fluß und andere fleißig aus Erden nachgebildet. XIX.Franciscus de Quesnoy, sonst Fiamengo genant/ Bildhauer. Komt nach Rom. Nach diesem hat er aus Helfenbein einen am Creutz hangenden Christum/ anderthalb Schuh lang/ so künstlich verfärtiget/ daß/ als er dem Papst Urbano praesentiret worden/ selbiger sich über den großen Verstand dieser über die maßen wol ausgebreiteten herrlichen Zeichnung zum höchsten verwundert/ und unsern Künstler wehrt gehalten: Nächst diesen hat er auch sehr viele Basso rilieven mit Kindern gemacht/ darunter sonderlich ein schlaffender Silenus, den/ nach Anleitung des Virgilii, etliche junge Knaben mit Wein-Reben gebunden halten/ bis er ihnen ein Liedlein singt/ sehr gelobet wird. In diesem Stuck hat er seinen schönen Geist stark verspüren laßen/ auch seine große Wißenschaft der nackenden Leiber/ besonderlich an Kindern und Knaben/ die er ganz anmutig und artig/ als ob es natürliches Fleisch wäre/ gemacht/ sehen laßen/ dann er dem Fleisch gleichsam ein bewegliches Leben gegeben/ und den Kindern pratschete feißt- und dick-backete Milch-Mäuler/ mit Grüblen auf den Knien/ Elenbogen und Fingern/ gestaltet/ der Natur so ähnlich/ daß niemals auch keiner von den Antichen diese Natürlichkeit erreichet. Daher dann jederman dergleichen posierte Kinder verlangt hatte/ die er vielfältig gar hurtig und geschwind gemacht. Damit nun dieser gute Künstler sich auch in Marmorstein zu arbeiten berühmt machen möchte/ weil die Italiäner sonderlich von ihm aus gaben/ daß er damit nicht umzugehen wuste/ und nur in Erden/ Wachs und Bein gut wäre/ bildete er aus einem schönen weißen Marmorstein einen stehenden Cupido, der einen Bogen schneidet/ in Lebens-Größe/ worvon es allda viel Redens gegeben/ welchen aber doch die Italiänische Bildhauer nicht loben wolten/ sondern etliche Jahr lang veracht und unterdruckt hielten/ daß niemand diesen zukauffen begehrte/ bis daß endlich/ bey meiner Ankunft zu Rom/ ich mit diesem beliebten Mann in gute Freundschaft gerahten/ und er mir selbigen gezeigt/ darbey klagend/ daß wegen der bösen Mäuler dieses Werk verschlagen/ und ihme auf dem Hals ligend verblieben/ so seinem sonst guten Ruff sehr hinderlich wäre/ da ich ihme/ vermittelst des Kunstliebenden Lucas von Uflen/ welchen ich zu Venedig verlaßen/ bald geholffen. Dann als ich denselben von solchem Kunststuck berichtet/ hat er mir gleich Ordre gegeben/ diesen Cupido zu kauffen/ der ihn hernachmals gar hoch geschätzt/ und allenthalben als ein sonderbare Rarität sehen laßen. Als nun solches zu Rom kund worden/ haben seine Neider erst angefangen wol davon zu reden/ mit großer Bereuung/ daß sie selbigen nicht vorgekauft/ und ein so fürtrefliches Werk aus Rom gelaßen. Dieses künstliche Stuck nun aber wurde noch viel mehr erhoben/ da nach Ableiben obgedachten Lucas von Uflen zu Amsterdam/ nach dem er sich daselbst mit seinem weitberühmten Kunst-Cabinet zu Ruh begeben/ und Anno 1637. verschieden/ die Prinzeßin von Oranien recreations-weiß zu Amsterdam angelanget/ und ihr alle Raritäten selbiger Stadt zeigen laßen. Da sie dann über alles diesen Cupido gelobet/ und eine sondere Affection und Neigung darzu erwiesen/ woraufhin auch der Magistrat selbigen um 6000. Holländische Gulden bezahlt/ und neben viel andern Köstlichkeiten von Perlen/ Diamanten/ Christall/ Ambre de Gry, und anderm/ dieser Prinzeßin praesentirt/ welchen sie auch/ vor allen andern Sachen/ ganz freudig angenommen/ und in Gravenhaag/ in ihrem Zier- und Lust-Gärtlein/ bäst-verwahrlich aufgerichtet. Wird von den Italiänern angefeindet. Unterdeßen aber stiege des Quesnoy Lob zu

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 348]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0103_1675/164>, abgerufen am 17.05.2024.