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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675.

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[Spaltenumbruch] Werke zeugen kan: Indem aber seine Kunst noch täglich durch die langwürige Erfahrung steiget/ und er in der bästen Zeit seines Lebens auch begierig ist/ sich je länger je mehr berühmt zu machen/ als hat man noch viel von dieser edlen Hand zu erwarten.

CCLXIX. Jacob Jordaens/ von Antorf.WAnn die Natur und Begierde zur Kunst bey der lieben Jugend sich befindet/ so durchgründet man bald die Geheimnußen einer Wißenschaft/ und wird durch solches Mittel die höchste Gabe eines fürtreflichen Verstands erreicht; dieses hat sich bald augenscheinlich befunden an unseren Jacob Jordans/ als welcher bey den berühmten von und zu Antorf seinen Anfang gemacht/ und sehr bald mit seinem großen meisterhaften Pensel geistliche und weltliche Historien/ Poesien und allerley tägliche Begebenheiten/ Lebens-groß/ meistens nach dem Leben/ gemahlt/ mit einem sehr stark erhobnen natürlichen Colorit/ und solcher guten Manier/ daß er keinem der allerberühmtesten zu weichen gehabt/ deßwegen er seines Lehrmeisters von Ort Tochter zur Ehe erhalten/ und also zu Antorf verblieben ist/ das ihme zwar zum Nachtheil gedeutet wird/ und dasjenige ist/ was man an seinen Werken getadelt/ Bleibet in Antorf ungereißt. daß er nämlich die Antichen mit den fürtrefflichsten Meistern und dern Werken in Italien nicht gesehen/ welches er auch selbsten erkennt und um so viel mehr sich befleist/ wo etwas von den bästen Meistern/ Titian, Verones, Caravaggio, Bassan, und andern anzutreffen/ daß er sich deßen zu seinem Studio bediene/ wie er sich dann auch solche merklich zu Nutzen gemacht hat. Dabey ist er ganz herzhaft und geschwinder Manier im mahlen/ ein rechter Meister der Farben und Pensel/ und gehet ihm alles nach eignem Sinn geschwind und hurtig von der Hand/ dannenhero er fast ganz Niderland mit seinen Kunststucken erfüllt/ die wol ein ganzes Buch bedörften/ so man jedes wolte gedenken/ deßwegen Seine Werke wir nur die fürnehmsten erwehnen werden.

Eines der ersten ware aus den Fablen Aesopi, wie ein Satyr im Wald mit einem Bauren Kundschaft macht/ und mit in seine Wohnung kommt/ aber wieder von selbigem weichet/ weil er ihn warm und kalt aus einem Mund blasen gesehen/ so ein fürtrefliches Werk/ und nachmals durch Lucas Vorstermann in Kupfer gestochen worden ist. Der berümt Brey-Eßer. Ferner mahlte er Christum im Oelgarten/ wie er durch Judas Kuß verrahten/ und darauf von der Juden Schaar wütig angefallen/ gebunden und herunter gezogen wird/ da entzwischen Petrus den Laternenträger Malchum darnider geworffen/ und in der Furie auf ihn hauet/ alles verwunderlich meisterhaft in die Nacht gebildet; diese und andere fürtreffliche Werke verursachten dem hoch-florirenden Streitet mit Rubens um den Vorzug. Ruben eifersichtige Gedanken/ daß ihm dieser Künstler so nahe in die Eisen kommen/ auch in etlichen Theilen der Natürlichkeit und Warheit vorgeschlagen/ wie dann beyder Arbeit von den Liebhabern oft gegeneinder gehalten und betrachtet/ auch dabey des Rubens Werken mehr Geist und reichere Invention, des Jordans aber mehr Ausführlichkeit und Warheit zugesprochen worden: Worüber sie beyde doch/ als hochvernünftige Männer/ in gutem Verstand verblieben/ und jeder sich[Spaltenumbruch] beflißen/ höhere Wißenschaft zu überkommen. Es will jedoch gesagt werden/ daß Rubens um den Jordans von solcher natürlichen guten Manier der Oelfarben/ als welche ihm sehr in die Augen gestochen/ abzuwenden/ dieses Mittel erdacht habe/ daß/ da ihm von dem König in Spanien große Teppiche zu denen Königlichen Zimmern zu Madrit angedinget worden/ er derselben große Cartonen Ein Oelmahler verderbet sich mit Waßerfarben. oder Modeln dem Jordans von Wasserfarben auf Papier zu zeichnen gegeben/ wornach die Teppichwirker arbeiten solten/ er aber habe selbst die Invention mit Oelfarben Modellen-weiß klein gemahlt. Da dann Jordans zwar diese Cartonen verwunderlich wol mit Waßerfarben vollzogen/ aber beynebens durch deren langen Gebrauch die hochgelobte wahre Natürlichkeit in Oelfarben/ worinnen er vorher floriret/ merklich geschwächet/ wie dann insgemein alle/ die viel in fresco oder naßen Kalch/ miniatur und aguazo oder mit Waßerfarben mahlen/ in Oelfarben diese Schwachheit unterlauffen laßen/ daß sie zu einer kalten grellen Waßerfarben Manier verführet werden/ wordurch dann Jordans hernach sehr verhindert worden. Mit seinen Studien setzte unser Künstler zwar immer fleißig fort/ doch gab er ihm selbsten auch Recreations-Zeit/ des Abends in guter Gesellschaft unter zierlichen Discursen/ bey einem Gläßlein Weins/ ohne Versaumnis seines täglichen Berufs/ sich frölich zu machen.

Er mahlte einsmal ins sechs Tagen Lebensgroß Noch etliche seiner Werke die Historie/ wie Siringa vor dem Pan in einem Busch fliehet/ so sehr Geist-reich und meisterhaft gebildet. In Lebens-Größe mahlte er auch/ wie die Satyren die Cornucopien aufhalten und tragen/ indem die drey Gratien selbige mit allerley schönen Früchten/ Obst/Trauben/ und andern/ erfüllen/ dern holdselige nakende wolverstandene Bilder/ in Zeichnung/ Colorit und geistreicher Manier der Farben mehr verwunderlich als gemein zu sehen/ so hat er auch in eines langen Saals Länge/ das große Uberfahrt-Schiff zu Antorf ausgebildet/ darinnen allerley Thiere und Leute/ dern jeder nach seinem Beruf arbeitet/ unvergleichlich wol vorstellet. Ferner mahlte er viele Historien in halbe Bilder Lebens-groß/ wie in einer Conversation alte Leute singen/ und die jungen ihnen solches artlich mit Pfeiffen nachahmen/ nach dem gemeinen Sprichwort: Wie die alten sungen/ also pfiffen die Jungen. Vielmals mahlte er auf besondere Weiß der Niderländer drey Könige Abend-Fest/ da der erwehlte Abend-König mit papierener Cron gezieret ein Pocal austrinket/ worunter die übrige Gesellschaft hell schreyet/ singet/ ruffet/ und auf den Kanten kleppert/ und dergleichen viel andere kommen noch täglich von seiner Hand herfür. So hat er auch eine große Galleria für Ihre Majest. Königen in Dennemark/ auch einen weiten Saal für Ihro Königliche Majestät in Schweden gemacht/ und sich durch diese hochberühmte Stuck zu hohen Ehren gebracht/ gleichwie er aber allezeit frölich/ freundlich und liebreich gewesen; also lebt er noch in gutem Wolstand zu Antorf/ im 78. Jahr seines Alters/ ganz ruhig/ und samlet benebens großen Reichtum und Ehre; deme ich ja von Herzen so

[Spaltenumbruch] Werke zeugen kan: Indem aber seine Kunst noch täglich durch die langwürige Erfahrung steiget/ und er in der bästen Zeit seines Lebens auch begierig ist/ sich je länger je mehr berühmt zu machen/ als hat man noch viel von dieser edlen Hand zu erwarten.

CCLXIX. Jacob Jordaens/ von Antorf.WAnn die Natur und Begierde zur Kunst bey der lieben Jugend sich befindet/ so durchgründet man bald die Geheimnußen einer Wißenschaft/ und wird durch solches Mittel die höchste Gabe eines fürtreflichen Verstands erreicht; dieses hat sich bald augenscheinlich befunden an unseren Jacob Jordans/ als welcher bey den berühmten von und zu Antorf seinen Anfang gemacht/ und sehr bald mit seinem großen meisterhaften Pensel geistliche und weltliche Historien/ Poësien und allerley tägliche Begebenheiten/ Lebens-groß/ meistens nach dem Leben/ gemahlt/ mit einem sehr stark erhobnen natürlichen Colorit/ und solcher guten Manier/ daß er keinem der allerberühmtesten zu weichen gehabt/ deßwegen er seines Lehrmeisters von Ort Tochter zur Ehe erhalten/ und also zu Antorf verblieben ist/ das ihme zwar zum Nachtheil gedeutet wird/ und dasjenige ist/ was man an seinen Werken getadelt/ Bleibet in Antorf ungereißt. daß er nämlich die Antichen mit den fürtrefflichsten Meistern und dern Werken in Italien nicht gesehen/ welches er auch selbsten erkennt und um so viel mehr sich befleist/ wo etwas von den bästen Meistern/ Titian, Verones, Caravaggio, Bassan, und andern anzutreffen/ daß er sich deßen zu seinem Studio bediene/ wie er sich dann auch solche merklich zu Nutzen gemacht hat. Dabey ist er ganz herzhaft und geschwinder Manier im mahlen/ ein rechter Meister der Farben und Pensel/ und gehet ihm alles nach eignem Sinn geschwind und hurtig von der Hand/ dannenhero er fast ganz Niderland mit seinen Kunststucken erfüllt/ die wol ein ganzes Buch bedörften/ so man jedes wolte gedenken/ deßwegen Seine Werke wir nur die fürnehmsten erwehnen werden.

Eines der ersten ware aus den Fablen Aesopi, wie ein Satyr im Wald mit einem Bauren Kundschaft macht/ und mit in seine Wohnung kommt/ aber wieder von selbigem weichet/ weil er ihn warm und kalt aus einem Mund blasen gesehen/ so ein fürtrefliches Werk/ und nachmals durch Lucas Vorstermann in Kupfer gestochen worden ist. Der berümt Brey-Eßer. Ferner mahlte er Christum im Oelgarten/ wie er durch Judas Kuß verrahten/ und darauf von der Juden Schaar wütig angefallen/ gebunden und herunter gezogen wird/ da entzwischen Petrus den Laternenträger Malchum darnider geworffen/ und in der Furie auf ihn hauet/ alles verwunderlich meisterhaft in die Nacht gebildet; diese und andere fürtreffliche Werke verursachten dem hoch-florirenden Streitet mit Rubens um den Vorzug. Ruben eifersichtige Gedanken/ daß ihm dieser Künstler so nahe in die Eisen kommen/ auch in etlichen Theilen der Natürlichkeit und Warheit vorgeschlagen/ wie dann beyder Arbeit von den Liebhabern oft gegeneinder gehalten und betrachtet/ auch dabey des Rubens Werken mehr Geist und reichere Invention, des Jordans aber mehr Ausführlichkeit und Warheit zugesprochen worden: Worüber sie beyde doch/ als hochvernünftige Männer/ in gutem Verstand verblieben/ und jeder sich[Spaltenumbruch] beflißen/ höhere Wißenschaft zu überkommen. Es will jedoch gesagt werden/ daß Rubens um den Jordans von solcher natürlichen guten Manier der Oelfarben/ als welche ihm sehr in die Augen gestochen/ abzuwenden/ dieses Mittel erdacht habe/ daß/ da ihm von dem König in Spanien große Teppiche zu denen Königlichen Zimmern zu Madrit angedinget worden/ er derselben große Cartonen Ein Oelmahler verderbet sich mit Waßerfarben. oder Modeln dem Jordans von Wasserfarben auf Papier zu zeichnen gegeben/ wornach die Teppichwirker arbeiten solten/ er aber habe selbst die Invention mit Oelfarben Modellen-weiß klein gemahlt. Da dann Jordans zwar diese Cartonen verwunderlich wol mit Waßerfarben vollzogen/ aber beynebens durch deren langen Gebrauch die hochgelobte wahre Natürlichkeit in Oelfarben/ worinnen er vorher floriret/ merklich geschwächet/ wie dann insgemein alle/ die viel in fresco oder naßen Kalch/ miniatur und aguazo oder mit Waßerfarben mahlen/ in Oelfarben diese Schwachheit unterlauffen laßen/ daß sie zu einer kalten grellen Waßerfarben Manier verführet werden/ wordurch dann Jordans hernach sehr verhindert worden. Mit seinen Studien setzte unser Künstler zwar immer fleißig fort/ doch gab er ihm selbsten auch Recreations-Zeit/ des Abends in guter Gesellschaft unter zierlichen Discursen/ bey einem Gläßlein Weins/ ohne Versaumnis seines täglichen Berufs/ sich frölich zu machen.

Er mahlte einsmal ins sechs Tagen Lebensgroß Noch etliche seiner Werke die Historie/ wie Siringa vor dem Pan in einem Busch fliehet/ so sehr Geist-reich und meisterhaft gebildet. In Lebens-Größe mahlte er auch/ wie die Satyren die Cornucopien aufhalten und tragen/ indem die drey Gratien selbige mit allerley schönen Früchten/ Obst/Trauben/ und andern/ erfüllen/ dern holdselige nakende wolverstandene Bilder/ in Zeichnung/ Colorit und geistreicher Manier der Farben mehr verwunderlich als gemein zu sehen/ so hat er auch in eines langen Saals Länge/ das große Uberfahrt-Schiff zu Antorf ausgebildet/ darinnen allerley Thiere und Leute/ dern jeder nach seinem Beruf arbeitet/ unvergleichlich wol vorstellet. Ferner mahlte er viele Historien in halbe Bilder Lebens-groß/ wie in einer Conversation alte Leute singen/ und die jungen ihnen solches artlich mit Pfeiffen nachahmen/ nach dem gemeinen Sprichwort: Wie die alten sungen/ also pfiffen die Jungen. Vielmals mahlte er auf besondere Weiß der Niderländer drey Könige Abend-Fest/ da der erwehlte Abend-König mit papierener Cron gezieret ein Pocal austrinket/ worunter die übrige Gesellschaft hell schreyet/ singet/ ruffet/ und auf den Kanten kleppert/ und dergleichen viel andere kommen noch täglich von seiner Hand herfür. So hat er auch eine große Galleria für Ihre Majest. Königen in Dennemark/ auch einen weiten Saal für Ihro Königliche Majestät in Schweden gemacht/ und sich durch diese hochberühmte Stuck zu hohen Ehren gebracht/ gleichwie er aber allezeit frölich/ freundlich und liebreich gewesen; also lebt er noch in gutem Wolstand zu Antorf/ im 78. Jahr seines Alters/ ganz ruhig/ und samlet benebens großen Reichtum und Ehre; deme ich ja von Herzen so

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[[II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 336]/0152] Werke zeugen kan: Indem aber seine Kunst noch täglich durch die langwürige Erfahrung steiget/ und er in der bästen Zeit seines Lebens auch begierig ist/ sich je länger je mehr berühmt zu machen/ als hat man noch viel von dieser edlen Hand zu erwarten. WAnn die Natur und Begierde zur Kunst bey der lieben Jugend sich befindet/ so durchgründet man bald die Geheimnußen einer Wißenschaft/ und wird durch solches Mittel die höchste Gabe eines fürtreflichen Verstands erreicht; dieses hat sich bald augenscheinlich befunden an unseren Jacob Jordans/ als welcher bey den berühmten von und zu Antorf seinen Anfang gemacht/ und sehr bald mit seinem großen meisterhaften Pensel geistliche und weltliche Historien/ Poësien und allerley tägliche Begebenheiten/ Lebens-groß/ meistens nach dem Leben/ gemahlt/ mit einem sehr stark erhobnen natürlichen Colorit/ und solcher guten Manier/ daß er keinem der allerberühmtesten zu weichen gehabt/ deßwegen er seines Lehrmeisters von Ort Tochter zur Ehe erhalten/ und also zu Antorf verblieben ist/ das ihme zwar zum Nachtheil gedeutet wird/ und dasjenige ist/ was man an seinen Werken getadelt/ daß er nämlich die Antichen mit den fürtrefflichsten Meistern und dern Werken in Italien nicht gesehen/ welches er auch selbsten erkennt und um so viel mehr sich befleist/ wo etwas von den bästen Meistern/ Titian, Verones, Caravaggio, Bassan, und andern anzutreffen/ daß er sich deßen zu seinem Studio bediene/ wie er sich dann auch solche merklich zu Nutzen gemacht hat. Dabey ist er ganz herzhaft und geschwinder Manier im mahlen/ ein rechter Meister der Farben und Pensel/ und gehet ihm alles nach eignem Sinn geschwind und hurtig von der Hand/ dannenhero er fast ganz Niderland mit seinen Kunststucken erfüllt/ die wol ein ganzes Buch bedörften/ so man jedes wolte gedenken/ deßwegen wir nur die fürnehmsten erwehnen werden. CCLXIX. Jacob Jordaens/ von Antorf. Bleibet in Antorf ungereißt. Seine Werke Eines der ersten ware aus den Fablen Aesopi, wie ein Satyr im Wald mit einem Bauren Kundschaft macht/ und mit in seine Wohnung kommt/ aber wieder von selbigem weichet/ weil er ihn warm und kalt aus einem Mund blasen gesehen/ so ein fürtrefliches Werk/ und nachmals durch Lucas Vorstermann in Kupfer gestochen worden ist. Ferner mahlte er Christum im Oelgarten/ wie er durch Judas Kuß verrahten/ und darauf von der Juden Schaar wütig angefallen/ gebunden und herunter gezogen wird/ da entzwischen Petrus den Laternenträger Malchum darnider geworffen/ und in der Furie auf ihn hauet/ alles verwunderlich meisterhaft in die Nacht gebildet; diese und andere fürtreffliche Werke verursachten dem hoch-florirenden Ruben eifersichtige Gedanken/ daß ihm dieser Künstler so nahe in die Eisen kommen/ auch in etlichen Theilen der Natürlichkeit und Warheit vorgeschlagen/ wie dann beyder Arbeit von den Liebhabern oft gegeneinder gehalten und betrachtet/ auch dabey des Rubens Werken mehr Geist und reichere Invention, des Jordans aber mehr Ausführlichkeit und Warheit zugesprochen worden: Worüber sie beyde doch/ als hochvernünftige Männer/ in gutem Verstand verblieben/ und jeder sich beflißen/ höhere Wißenschaft zu überkommen. Es will jedoch gesagt werden/ daß Rubens um den Jordans von solcher natürlichen guten Manier der Oelfarben/ als welche ihm sehr in die Augen gestochen/ abzuwenden/ dieses Mittel erdacht habe/ daß/ da ihm von dem König in Spanien große Teppiche zu denen Königlichen Zimmern zu Madrit angedinget worden/ er derselben große Cartonen oder Modeln dem Jordans von Wasserfarben auf Papier zu zeichnen gegeben/ wornach die Teppichwirker arbeiten solten/ er aber habe selbst die Invention mit Oelfarben Modellen-weiß klein gemahlt. Da dann Jordans zwar diese Cartonen verwunderlich wol mit Waßerfarben vollzogen/ aber beynebens durch deren langen Gebrauch die hochgelobte wahre Natürlichkeit in Oelfarben/ worinnen er vorher floriret/ merklich geschwächet/ wie dann insgemein alle/ die viel in fresco oder naßen Kalch/ miniatur und aguazo oder mit Waßerfarben mahlen/ in Oelfarben diese Schwachheit unterlauffen laßen/ daß sie zu einer kalten grellen Waßerfarben Manier verführet werden/ wordurch dann Jordans hernach sehr verhindert worden. Mit seinen Studien setzte unser Künstler zwar immer fleißig fort/ doch gab er ihm selbsten auch Recreations-Zeit/ des Abends in guter Gesellschaft unter zierlichen Discursen/ bey einem Gläßlein Weins/ ohne Versaumnis seines täglichen Berufs/ sich frölich zu machen. Der berümt Brey-Eßer. Streitet mit Rubens um den Vorzug. Ein Oelmahler verderbet sich mit Waßerfarben. Er mahlte einsmal ins sechs Tagen Lebensgroß die Historie/ wie Siringa vor dem Pan in einem Busch fliehet/ so sehr Geist-reich und meisterhaft gebildet. In Lebens-Größe mahlte er auch/ wie die Satyren die Cornucopien aufhalten und tragen/ indem die drey Gratien selbige mit allerley schönen Früchten/ Obst/Trauben/ und andern/ erfüllen/ dern holdselige nakende wolverstandene Bilder/ in Zeichnung/ Colorit und geistreicher Manier der Farben mehr verwunderlich als gemein zu sehen/ so hat er auch in eines langen Saals Länge/ das große Uberfahrt-Schiff zu Antorf ausgebildet/ darinnen allerley Thiere und Leute/ dern jeder nach seinem Beruf arbeitet/ unvergleichlich wol vorstellet. Ferner mahlte er viele Historien in halbe Bilder Lebens-groß/ wie in einer Conversation alte Leute singen/ und die jungen ihnen solches artlich mit Pfeiffen nachahmen/ nach dem gemeinen Sprichwort: Wie die alten sungen/ also pfiffen die Jungen. Vielmals mahlte er auf besondere Weiß der Niderländer drey Könige Abend-Fest/ da der erwehlte Abend-König mit papierener Cron gezieret ein Pocal austrinket/ worunter die übrige Gesellschaft hell schreyet/ singet/ ruffet/ und auf den Kanten kleppert/ und dergleichen viel andere kommen noch täglich von seiner Hand herfür. So hat er auch eine große Galleria für Ihre Majest. Königen in Dennemark/ auch einen weiten Saal für Ihro Königliche Majestät in Schweden gemacht/ und sich durch diese hochberühmte Stuck zu hohen Ehren gebracht/ gleichwie er aber allezeit frölich/ freundlich und liebreich gewesen; also lebt er noch in gutem Wolstand zu Antorf/ im 78. Jahr seines Alters/ ganz ruhig/ und samlet benebens großen Reichtum und Ehre; deme ich ja von Herzen so Noch etliche seiner Werke

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 336]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0103_1675/152>, abgerufen am 23.11.2024.