Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,3. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch] Sprichwort: Malitia tantum occasionis indiget, daß ein Dieb nur der Gelegenheit bedürftig seye. Alles dieses bekräftiget mit seinem unglücklichen Beyspiel unser Künstler Janson/ der an dem Sein Lebenswandel Stein einer unzeitigen Liebe alle seine Wolfahrt gestoßen/ dann als er sich mit einer schönen Jungfrauen unbedächtig vermählet/ ergabe er sich dem Spatziergang/ und erfüllte darauf sein Haus/ ohne vorgehabten Vorraht/ mit Kindern/ worüber er mit schwärmütigen Gedanken überhäuffet/ den Poetischen Gedichten oder sinnreichem Nachdenken wenig mehr Platz geben konte/ wordurch all sein Vornehmen geschwächt/ und er in allem seinem Thun irr gemacht worden/ daß er fast eilends von der bästen Arbeit aufgestanden/ und verdroßen in der Stadt herum gelauffen/ um zu sehen/ entweder ob nichts neues oder gutes von holländischen fremden Fischen und Italiänischen Speißen ankommen/ die er ihme selbst auf gute Manier praeparirte/ und mit andern Mit-Gesellen nachmalen bey einem guten Trunk verzehret/ womit dann die edle Zeit vorbey gestrichen/ und nichts in das Hauswesen geschaffet worden; also ist sein bästes Glück verschwunden und in die Schanz geschlagen worden/ da er doch das schöne Exempel des Peter Paul Rubens vor Augen hatte. Seine Manier zu mahlen. Er hat nicht gar viele/ aber sehr fürtreffliche große Werke/ zu Antorf und anderwärts/ so in den fürnehmsten Kirchen noch zu sehen/ gemahlt/ sein Geist ware zu großen Historien geneigt/ und bediente sich in allen des Lebens/ oder der Natur/ die er nach Erforderung der Gelegenheit gar zierlich zu mehren oder zu mindern gewust/ weil er ein guter Zeichner gewesen/ und die universal-Reglen wol verstanden; Auch rundete er seine Bilder wol/ ganz fleischachtig/ mit einem großen Gewalt und Stärke des Colorits/ der immer recht beständig geblieben/ ja fast je länger je bäßer worden/ worvon in seiner Geburts-Stadt/ wie gesagt/ viel schöne Exempel zu sehen/ aber hier in Teutschland wenig/ außer bey Sein Werk zu Kempten. Ihro Hochfürstl. Gnaden zu Kempten ist auf einem großen Altar-Blat (so zuvor in Herzogenbusch gestanden) die Abnehmung Christi vom Creutz/ welches hochermeldte Hochfürstl. Gnaden zwar für des Rubens Arbeit gehalten/ aber von diesem Abraham Janson gemahlt worden/ jenes Stucken jedoch an Kunst nicht nachzu setzen ist/ wie es dann mehr als Lebens-groß und meisterhaft gemahlt/ wol ordinirt/ und mit sehr schönen natürlichen Affecten ausgebildet ist. Und wäre zu wünschen/ daß in selbige große Kirche mehr von solcher oder anderer guten Substanz gemahlte Taflen gebracht würden/ und der herrliche Anfang also fortgeführet worden wäre/ wie gar wol geschehen können/ wann man rechte information angenommen hätte. Deßen unangesehen aber sihet man an diesem einigen Werk so viel lobwürdiges/ daß selbiges Gotteshaus deswegen berühmt/ und von den Kunst-verständigen/ zu immerwärendem Lob/ hoch gepriesen bleiben wird. CXLI. Gerhard Segers/ Mahler von Antorf.GErhard Segers war gleichfals ein geborner Antorffer/ und zu seiner Zeit ein fürtrefflicher[Spaltenumbruch] Mahler/ der sich um mehrere der Kunst Ergründung zu Rom auf Bartholomaei Manfredi Manier legte/ und in allen Dingen das Leben ganz ähnlich nachzubilden sich befliße. Er beschattete alles stark/ und hielte der Liechter Fläche ganz beysammen/ vermittelst deßen er seine Figuren rund heraus gebracht/ und mit einem wol fleischlichen guten Was nach der Zeichen-Kunst das fürnehmste in Histori-mahlen sey. Colorit/ mit Hindanlaßung aller scheckichten grellenharten Farben/ nämlich Zinober/ Schönblau/ hochgelb und grün erhoben/ mit allen Farben bey der Haltung oder harmonie bleibend/ wie hiervon anderwärtig geredt worden/ wodurch er des Manfredi Manier so nahe kommen/ daß es fast eine Hand schiene; Auf solche Weis hat er zu Antorf etliche Conversationen der Karten spielenden Soldaten/ Musicanten mit Instrumenten/ und andern Lebens-großen halben Bildern so wol nach dem Leben gefärtiget/ daß sie neben den berühmtetesten alda wol bestunden/ auch etliche andere dergestalt verfinsterten/ daß sie mehr flache Wasser-Farben oder illuminirt schienen/ als was die Natur erforderte. Hiemit wurde sein Lob groß und er fürtreflich erhoben/ wie er dann von seinem großen Gewinn und ansehlichen Heurat-Gut/ sich zu Antorf eine kostbare Wohnung mit gelegnen Zimmern zum mahlen/ dermaßen prächtig erbauet/ daß er in die 60000. Gulden daran gewendet. Hierauf mahlte er mehrere Kunstreiche Werke/ unter andern die ganze Passion Christi groß und also beweglich/ daß bey Betrachtung derselben fast männiglich Zähren vergießen muste/ wordurch sein Lob bey dem König in Spanien dermaßen vermehret worden/ daß er ihn beruffen und ihm viele fürnehme Stuck angedinget hat/ die er so wol gefärtiget/ daß er nicht allein darfür reichlich bezahlet/ sondern auch kostbar beschenket worden; wornach/ als sein Lob ferner erschollen/ er viel in Kirchen/ Klöster/ Lust-Zimmer und Palläste gemacht/ auch dern einige in Kupfer ausgehen laßen. Als aber unser berühmter Peter Rubens zu Antorf gestorben/ und der von Dick sich zu Londen niedergesetzt hatte/ als dern beeden Manier im mahlen allda vor allen beliebet ward/ wendete sich unser Seger von vorgehabter Natürlichkeit ab- und auf die Practic mit liechten schönen Farben/ den Augen zu belieben/ Ergreiffet zuletzt eine ganz andere Manier. gestalten er dann/ als ich ihn Anno 1645. zu Amsterdam besucht/ mir etliche seiner Stucke gewiesen/ die ich von seiner Hand zu seyn nicht mehr erkennet hätte/ wofern ich seinem Vorgeben nicht hätte glauben müßen/ und sagte er darbey/ daß diese des Rubens und von Dick Manier mehr den Leuten beliebig wäre/ daher muste er bey dieser expedienza verbleiben/ und seine Gedanken mehr um viel Geld zu machen/ als die Kunst zu erheben/ abrichten: Gleichwol war er auch in dieser Manier sehr Geistreich/ und ließe wol spüren/ daß er zuvor die Natur grundlich erkundiget hätte/ weil immerdar in seinen Werken viel der guten Natürlichkeit mit untergelauffen/ wie dann eine wahre Sach bleibet/ daß diejenige/ welche zur höchsten Vollkommenheit zu gelangen verhoffen/ nicht unterlaßen sollen/ viel nach dem Leben zu mahlen/ weil selbiger Gebrauch eine nöhtige Erkantnus und Mehrung des Verstands verursachet. Nach vielfältig-erlangtem [Spaltenumbruch] Sprichwort: Malitia tantum occasionis indiget, daß ein Dieb nur der Gelegenheit bedürftig seye. Alles dieses bekräftiget mit seinem unglücklichen Beyspiel unser Künstler Janson/ der an dem Sein Lebenswandel Stein einer unzeitigen Liebe alle seine Wolfahrt gestoßen/ dann als er sich mit einer schönen Jungfrauen unbedächtig vermählet/ ergabe er sich dem Spatziergang/ und erfüllte darauf sein Haus/ ohne vorgehabten Vorraht/ mit Kindern/ worüber er mit schwärmütigen Gedanken überhäuffet/ den Poetischen Gedichten oder sinnreichem Nachdenken wenig mehr Platz geben konte/ wordurch all sein Vornehmen geschwächt/ und er in allem seinem Thun irr gemacht worden/ daß er fast eilends von der bästen Arbeit aufgestanden/ und verdroßen in der Stadt herum gelauffen/ um zu sehen/ entweder ob nichts neues oder gutes von holländischen fremden Fischen und Italiänischen Speißen ankommen/ die er ihme selbst auf gute Manier praeparirte/ und mit andern Mit-Gesellen nachmalen bey einem guten Trunk verzehret/ womit dann die edle Zeit vorbey gestrichen/ und nichts in das Hauswesen geschaffet worden; also ist sein bästes Glück verschwunden und in die Schanz geschlagen worden/ da er doch das schöne Exempel des Peter Paul Rubens vor Augen hatte. Seine Manier zu mahlen. Er hat nicht gar viele/ aber sehr fürtreffliche große Werke/ zu Antorf und anderwärts/ so in den fürnehmsten Kirchen noch zu sehen/ gemahlt/ sein Geist ware zu großen Historien geneigt/ und bediente sich in allen des Lebens/ oder der Natur/ die er nach Erforderung der Gelegenheit gar zierlich zu mehren oder zu mindern gewust/ weil er ein guter Zeichner gewesen/ und die universal-Reglen wol verstanden; Auch rundete er seine Bilder wol/ ganz fleischachtig/ mit einem großen Gewalt und Stärke des Colorits/ der immer recht beständig geblieben/ ja fast je länger je bäßer worden/ worvon in seiner Geburts-Stadt/ wie gesagt/ viel schöne Exempel zu sehen/ aber hier in Teutschland wenig/ außer bey Sein Werk zu Kempten. Ihro Hochfürstl. Gnaden zu Kempten ist auf einem großen Altar-Blat (so zuvor in Herzogenbusch gestanden) die Abnehmung Christi vom Creutz/ welches hochermeldte Hochfürstl. Gnaden zwar für des Rubens Arbeit gehalten/ aber von diesem Abraham Janson gemahlt worden/ jenes Stucken jedoch an Kunst nicht nachzu setzen ist/ wie es dann mehr als Lebens-groß und meisterhaft gemahlt/ wol ordinirt/ und mit sehr schönen natürlichen Affecten ausgebildet ist. Und wäre zu wünschen/ daß in selbige große Kirche mehr von solcher oder anderer guten Substanz gemahlte Taflen gebracht würden/ und der herrliche Anfang also fortgeführet worden wäre/ wie gar wol geschehen können/ wann man rechte information angenommen hätte. Deßen unangesehen aber sihet man an diesem einigen Werk so viel lobwürdiges/ daß selbiges Gotteshaus deswegen berühmt/ und von den Kunst-verständigen/ zu immerwärendem Lob/ hoch gepriesen bleiben wird. CXLI. Gerhard Segers/ Mahler von Antorf.GErhard Segers war gleichfals ein geborner Antorffer/ und zu seiner Zeit ein fürtrefflicher[Spaltenumbruch] Mahler/ der sich um mehrere der Kunst Ergründung zu Rom auf Bartholomaei Manfredi Manier legte/ und in allen Dingen das Leben ganz ähnlich nachzubilden sich befliße. Er beschattete alles stark/ und hielte der Liechter Fläche ganz beysammen/ vermittelst deßen er seine Figuren rund heraus gebracht/ und mit einem wol fleischlichen guten Was nach der Zeichen-Kunst das fürnehmste in Histori-mahlen sey. Colorit/ mit Hindanlaßung aller scheckichten grellenharten Farben/ nämlich Zinober/ Schönblau/ hochgelb und grün erhoben/ mit allen Farben bey der Haltung oder harmonie bleibend/ wie hiervon anderwärtig geredt worden/ wodurch er des Manfredi Manier so nahe kommen/ daß es fast eine Hand schiene; Auf solche Weis hat er zu Antorf etliche Conversationen der Karten spielenden Soldaten/ Musicanten mit Instrumenten/ und andern Lebens-großen halben Bildern so wol nach dem Leben gefärtiget/ daß sie neben den berühmtetesten alda wol bestunden/ auch etliche andere dergestalt verfinsterten/ daß sie mehr flache Wasser-Farben oder illuminirt schienen/ als was die Natur erforderte. Hiemit wurde sein Lob groß und er fürtreflich erhoben/ wie er dann von seinem großen Gewinn und ansehlichen Heurat-Gut/ sich zu Antorf eine kostbare Wohnung mit gelegnen Zimmern zum mahlen/ dermaßen prächtig erbauet/ daß er in die 60000. Gulden daran gewendet. Hierauf mahlte er mehrere Kunstreiche Werke/ unter andern die ganze Passion Christi groß und also beweglich/ daß bey Betrachtung derselben fast männiglich Zähren vergießen muste/ wordurch sein Lob bey dem König in Spanien dermaßen vermehret worden/ daß er ihn beruffen und ihm viele fürnehme Stuck angedinget hat/ die er so wol gefärtiget/ daß er nicht allein darfür reichlich bezahlet/ sondern auch kostbar beschenket worden; wornach/ als sein Lob ferner erschollen/ er viel in Kirchen/ Klöster/ Lust-Zimmer und Palläste gemacht/ auch dern einige in Kupfer ausgehen laßen. Als aber unser berühmter Peter Rubens zu Antorf gestorben/ und der von Dick sich zu Londen niedergesetzt hatte/ als dern beeden Manier im mahlen allda vor allen beliebet ward/ wendete sich unser Seger von vorgehabter Natürlichkeit ab- und auf die Practic mit liechten schönen Farben/ den Augen zu belieben/ Ergreiffet zuletzt eine ganz andere Manier. gestalten er dann/ als ich ihn Anno 1645. zu Amsterdam besucht/ mir etliche seiner Stucke gewiesen/ die ich von seiner Hand zu seyn nicht mehr erkennet hätte/ wofern ich seinem Vorgeben nicht hätte glauben müßen/ und sagte er darbey/ daß diese des Rubens und von Dick Manier mehr den Leuten beliebig wäre/ daher muste er bey dieser expedienza verbleiben/ und seine Gedanken mehr um viel Geld zu machen/ als die Kunst zu erheben/ abrichten: Gleichwol war er auch in dieser Manier sehr Geistreich/ und ließe wol spüren/ daß er zuvor die Natur grundlich erkundiget hätte/ weil immerdar in seinen Werken viel der guten Natürlichkeit mit untergelauffen/ wie dann eine wahre Sach bleibet/ daß diejenige/ welche zur höchsten Vollkommenheit zu gelangen verhoffen/ nicht unterlaßen sollen/ viel nach dem Leben zu mahlen/ weil selbiger Gebrauch eine nöhtige Erkantnus und Mehrung des Verstands verursachet. 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Nach vielfältig-erlangtem </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[II, Buch 3 (niederl. u. dt. Künstler), S. 301]/0111]
Sprichwort: Malitia tantum occasionis indiget, daß ein Dieb nur der Gelegenheit bedürftig seye.
Alles dieses bekräftiget mit seinem unglücklichen Beyspiel unser Künstler Janson/ der an dem Stein einer unzeitigen Liebe alle seine Wolfahrt gestoßen/ dann als er sich mit einer schönen Jungfrauen unbedächtig vermählet/ ergabe er sich dem Spatziergang/ und erfüllte darauf sein Haus/ ohne vorgehabten Vorraht/ mit Kindern/ worüber er mit schwärmütigen Gedanken überhäuffet/ den Poetischen Gedichten oder sinnreichem Nachdenken wenig mehr Platz geben konte/ wordurch all sein Vornehmen geschwächt/ und er in allem seinem Thun irr gemacht worden/ daß er fast eilends von der bästen Arbeit aufgestanden/ und verdroßen in der Stadt herum gelauffen/ um zu sehen/ entweder ob nichts neues oder gutes von holländischen fremden Fischen und Italiänischen Speißen ankommen/ die er ihme selbst auf gute Manier praeparirte/ und mit andern Mit-Gesellen nachmalen bey einem guten Trunk verzehret/ womit dann die edle Zeit vorbey gestrichen/ und nichts in das Hauswesen geschaffet worden; also ist sein bästes Glück verschwunden und in die Schanz geschlagen worden/ da er doch das schöne Exempel des Peter Paul Rubens vor Augen hatte.
Sein Lebenswandel Er hat nicht gar viele/ aber sehr fürtreffliche große Werke/ zu Antorf und anderwärts/ so in den fürnehmsten Kirchen noch zu sehen/ gemahlt/ sein Geist ware zu großen Historien geneigt/ und bediente sich in allen des Lebens/ oder der Natur/ die er nach Erforderung der Gelegenheit gar zierlich zu mehren oder zu mindern gewust/ weil er ein guter Zeichner gewesen/ und die universal-Reglen wol verstanden; Auch rundete er seine Bilder wol/ ganz fleischachtig/ mit einem großen Gewalt und Stärke des Colorits/ der immer recht beständig geblieben/ ja fast je länger je bäßer worden/ worvon in seiner Geburts-Stadt/ wie gesagt/ viel schöne Exempel zu sehen/ aber hier in Teutschland wenig/ außer bey Ihro Hochfürstl. Gnaden zu Kempten ist auf einem großen Altar-Blat (so zuvor in Herzogenbusch gestanden) die Abnehmung Christi vom Creutz/ welches hochermeldte Hochfürstl. Gnaden zwar für des Rubens Arbeit gehalten/ aber von diesem Abraham Janson gemahlt worden/ jenes Stucken jedoch an Kunst nicht nachzu setzen ist/ wie es dann mehr als Lebens-groß und meisterhaft gemahlt/ wol ordinirt/ und mit sehr schönen natürlichen Affecten ausgebildet ist. Und wäre zu wünschen/ daß in selbige große Kirche mehr von solcher oder anderer guten Substanz gemahlte Taflen gebracht würden/ und der herrliche Anfang also fortgeführet worden wäre/ wie gar wol geschehen können/ wann man rechte information angenommen hätte. Deßen unangesehen aber sihet man an diesem einigen Werk so viel lobwürdiges/ daß selbiges Gotteshaus deswegen berühmt/ und von den Kunst-verständigen/ zu immerwärendem Lob/ hoch gepriesen bleiben wird.
Seine Manier zu mahlen.
Sein Werk zu Kempten. GErhard Segers war gleichfals ein geborner Antorffer/ und zu seiner Zeit ein fürtrefflicher
Mahler/ der sich um mehrere der Kunst Ergründung zu Rom auf Bartholomaei Manfredi Manier legte/ und in allen Dingen das Leben ganz ähnlich nachzubilden sich befliße. Er beschattete alles stark/ und hielte der Liechter Fläche ganz beysammen/ vermittelst deßen er seine Figuren rund heraus gebracht/ und mit einem wol fleischlichen guten Colorit/ mit Hindanlaßung aller scheckichten grellenharten Farben/ nämlich Zinober/ Schönblau/ hochgelb und grün erhoben/ mit allen Farben bey der Haltung oder harmonie bleibend/ wie hiervon anderwärtig geredt worden/ wodurch er des Manfredi Manier so nahe kommen/ daß es fast eine Hand schiene; Auf solche Weis hat er zu Antorf etliche Conversationen der Karten spielenden Soldaten/ Musicanten mit Instrumenten/ und andern Lebens-großen halben Bildern so wol nach dem Leben gefärtiget/ daß sie neben den berühmtetesten alda wol bestunden/ auch etliche andere dergestalt verfinsterten/ daß sie mehr flache Wasser-Farben oder illuminirt schienen/ als was die Natur erforderte. Hiemit wurde sein Lob groß und er fürtreflich erhoben/ wie er dann von seinem großen Gewinn und ansehlichen Heurat-Gut/ sich zu Antorf eine kostbare Wohnung mit gelegnen Zimmern zum mahlen/ dermaßen prächtig erbauet/ daß er in die 60000. Gulden daran gewendet.
CXLI. Gerhard Segers/ Mahler von Antorf.
Was nach der Zeichen-Kunst das fürnehmste in Histori-mahlen sey. Hierauf mahlte er mehrere Kunstreiche Werke/ unter andern die ganze Passion Christi groß und also beweglich/ daß bey Betrachtung derselben fast männiglich Zähren vergießen muste/ wordurch sein Lob bey dem König in Spanien dermaßen vermehret worden/ daß er ihn beruffen und ihm viele fürnehme Stuck angedinget hat/ die er so wol gefärtiget/ daß er nicht allein darfür reichlich bezahlet/ sondern auch kostbar beschenket worden; wornach/ als sein Lob ferner erschollen/ er viel in Kirchen/ Klöster/ Lust-Zimmer und Palläste gemacht/ auch dern einige in Kupfer ausgehen laßen. Als aber unser berühmter Peter Rubens zu Antorf gestorben/ und der von Dick sich zu Londen niedergesetzt hatte/ als dern beeden Manier im mahlen allda vor allen beliebet ward/ wendete sich unser Seger von vorgehabter Natürlichkeit ab- und auf die Practic mit liechten schönen Farben/ den Augen zu belieben/ gestalten er dann/ als ich ihn Anno 1645. zu Amsterdam besucht/ mir etliche seiner Stucke gewiesen/ die ich von seiner Hand zu seyn nicht mehr erkennet hätte/ wofern ich seinem Vorgeben nicht hätte glauben müßen/ und sagte er darbey/ daß diese des Rubens und von Dick Manier mehr den Leuten beliebig wäre/ daher muste er bey dieser expedienza verbleiben/ und seine Gedanken mehr um viel Geld zu machen/ als die Kunst zu erheben/ abrichten: Gleichwol war er auch in dieser Manier sehr Geistreich/ und ließe wol spüren/ daß er zuvor die Natur grundlich erkundiget hätte/ weil immerdar in seinen Werken viel der guten Natürlichkeit mit untergelauffen/ wie dann eine wahre Sach bleibet/ daß diejenige/ welche zur höchsten Vollkommenheit zu gelangen verhoffen/ nicht unterlaßen sollen/ viel nach dem Leben zu mahlen/ weil selbiger Gebrauch eine nöhtige Erkantnus und Mehrung des Verstands verursachet. Nach vielfältig-erlangtem
Ergreiffet zuletzt eine ganz andere Manier.
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