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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

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[Spaltenumbruch] Die Historie von den dreyen Weisen aus Morgenland. des ersten Groß-Herzogs Cosmi de Medices Contrafät vollkömlich praesentirte) küste dem neugebornen Jesus-Kindlein die Füße/ und zeiget gleichsam durch die Freundlichkeit seines Gesichtes/ daß ihn der weite Weg nicht verdroßen gemacht/ eine solche Ehrerbietigkeit demselben zu erweissen: Die andere beyde geben gleichfals in ihren Geberden zu erkennen die große Begierde/ so sie zu diesem Kindlein haben/ und waren auch zwey wolgleichende Contrafäte. Die Schönheit in den Gesichtern/ die wolgeartete Geberden von vornen und auf der Seiten/ die Stellungen über- und unter sich/ die Veränderung des Wesens und Alters/ und noch mehr andere fremde und bewunderliche Sachen/ die er in denen vorgestellten Personen ausgebildet/ neben der dreyfachen Gattung der Diener/ dern Unterschied allen Anschauenden zu erkennen gibt/ welcher Diener zu einem oder dem andern Herrn gehöre/ zeugen alle von des Meisters Vollkommenheit/ und reitzet eine so rare invention, Kunst-mäßige Zeichnung und sehr gute colorirung/ alle Künstlere zu höchster Verwunderung/ und nicht geringerer Erhebung des Meisters/ wie dann derselbe auch schon damals große Ehre damit erlanget/ und sein Lob biß nach Rom/ für Papst Sixtum den IV. kommen/ der von seiner Hand auch etwas in seiner Capell zu haben begehrte/ wie er dann solchem Begehren Genügen geleistet/ und ein ansehnliches Stuck Geldes damit verdienet hat.

Wird durch Müsiggang und liederliches Leben arm. Hierauf kam er wieder nach Florenz/ und ob er schon auch daselbst viel Geldes hätte gewinnen können/ so legte er sich doch lieber auf den Müßiggang/ seiner vorigen selbst-eigenen Meinung zuwider/ da er nur die zu lieben pflegte/ so der Kunst fleißig abwarteten/ ja er verthate so gar auch das jenige/ was er gewonnen/ sehr liederlich/ und verfärtigte mit hin die Auslegung über den Poeten Dantes, und arbeitete an den Figuren über seine Hölle/ welche er im Druck heraus zu geben Willens ware: Also gieng all sein Gewinn wieder mit ihme auf/ und war er zulezt alt und arm/ und nachdem er/ Schwachheit halber/ eine Zeit lang auf Krucken gehen muste/ starb er im 78sten seines Alters/ und nach unsers Seligmachers Geburt/ im 1515 Jahr.

XXV. ANDREA VEROCCHIO, ein Florentinischer Künstler in vielen Sachen.ES ist ANDREA VEROCCHIO zugleich ein Goldschmidt/ Geometra, Opticus, Bildschneider/ Kupferstecher/ Mahler und Musicant gewesen/ bürtig aus der Stadt Florenz/ doch muß man bekennen/ daß seine Werke im Mahlen und Bildhauen/ unfreundlich und hart seyen/ in der Zeichen-Kunst aber war er sehr vollkommen/ wie er dann mit der Feder einen Carton, und darinn eine Ist ein sehr guter Zeichner gewesen. Schlacht von nackenden Leuten/ gerissen/ welche sehr artlich ist/ neben noch vielen andern Sachen/ so er zu mahlen Willens ware/ aber unvollendet hinterlassen hat. Gleichesfals hat er unterschiedliche schöne Weiber-Gesichter/ mit artlichem Wesen/ und ungemeinen Umhüllungen/ gezeichnet/ welche sein Lehrling Leonardo de Vince, in seinen Werken immer/ wegen ihrer großen Zierde/ nachzuahmen suchte. So zeichnete er auch Pferde nach der proportion und Meß/ und wiese/ wie man dieselbe vergrößern könne: Obwol er aber viele seiner Cartonen[Spaltenumbruch] nicht zu Werk richtete/ so mahlte er doch auch etliche Sachen/ und unter andern die Tauff Christi/ worzu Leonardo den Engel gemacht.

Erfindet das Giessen in Gyps/ nach dem Leben. Er war der erste/ so in Gyps nach dem Leben gegossen/ dannenhero damals in Florenz sehr viele todte und lebendige Gesichter auf solche Weiß gebildet worden/ welche man/ noch heutiges Tages/ als natürliche Contrafäte/ über den Thüren/ Fenstern/ Bögen und Caminen sehen kan. Es ist aber das Gyps ein ganz weicher Stein/ der zu Volterno bey Siena, und an andern Orten in Italien gefunden wird/ welcher zuforderst gebrennet/ hernach zerstossen/ und also gepulvert mit warmen Wasser angemacht/ und zubereitet wird/ daß man etwas damit ab- und/ nachdem das Gyps wieder hart worden/ ganze figuren/ von anderer materi, darein gießen kan.

Wird nach Venedig beruffen. Dieser Verocchio wurde auf eine Zeit nach Venedig beruffen/ um daselbst von Metall ein Pferd einem ihrer Obristen/ Namens Bartholomaeo da Bergamo (der ihnen einen namhaften Sieg erhalten) zu gießen/ und auf den Platz S. Johannis und Pauli, zu seinem ewigen Ehren-Ruhm/ aufzurichten. Als nun unser Andreas dahin kommen ware/ auch allbereit das modell aus gewißer Erden oder Sand geformet hatte/ um das Pferd darein zu giessen/ vernahme er/ daß/ aus Gunst etlicher Edelleute/ Velano von Padua die figur darauf machen solte/ und zerbrach derowegen an seiner Form den Kopf und die Beine/ und machte sich voll Grimmes wieder hinweg. Die Herrschaft/ als sie dieses verstanden/ entbote ihm/ er solte ja nicht so frech seyn/ und wieder in dem Venedischen Gebiet sich betretten laßen/ dann sie seinen verübten Unfug an seinem Lindert der selben Herrschaft Zorn mit einer artliche Antwort. Kopf rächen wolten; Diesen Vortrag beantwortete er schriftlich: Er wolte sich freylich für ihrem Zorn hüten/ dann sein Kopf so gut wäre/ daß/ da sie ihm denselben einmal würden abschlagen/ sie mit aller ihrer Macht ihm keinen andern würden verschaffen können/ da hingegen er/ ohn einige Müh/ den von ihm zerbrochenen Pferds-Kopf wieder ansetzen/ oder wol bäßer machen könte. Diese Antwort gefiel der Herrschaft so wol/ daß sie ihn mit freundlichen Briefen aufs neue nach Venedig erforderten/ und ihme die Besoldung verdoppelten. Da er nun sein Werk wieder angefangen/ erhizte er sich im Gießen/ und erkältete sich wieder zu schnell darauf/ daß er also krank worden und gestorben ist im 56sten Jahr seines Alters/ Anno 1488.

XXVI. ANDREA MANTEGNA, Mahler von Mantua.VOn gar schlechtem und bäurischem Herkommen ware der fürtrefliche Mahler ANDREA MANTEGNA, als der in einem Dorf bey Mantua, woselbst er auch anfangs des Viehes gehütet/ geboren worden. Als er aber in etwas erwachsen/ und in die Stadt Mantua, zu einem Mahler/ Namens Jacob Squarzione, gekommen/ fienge sein Glück an zu blühen/ welches mit der Zeit ihne gar in den hohen Ehrn-Stand eines Ritters gesetzet. Dann/ als jeztgedachter Mahler des Mantegna guten Verstand und muntern Geist erkant/ hat er ihn zu seinen Erben gemacht/ und an Sohnes statt aufgenommen/ und weil er selbst wol merkte/ daß er der bästen Mahlere keiner wäre/ ließ er den Mantegna

[Spaltenumbruch] Die Historie von den dreyen Weisen aus Morgenland. des ersten Groß-Herzogs Cosmi de Medices Contrafät vollkömlich praesentirte) küste dem neugebornen Jesus-Kindlein die Füße/ und zeiget gleichsam durch die Freundlichkeit seines Gesichtes/ daß ihn der weite Weg nicht verdroßen gemacht/ eine solche Ehrerbietigkeit demselben zu erweissen: Die andere beyde geben gleichfals in ihren Geberden zu erkennen die große Begierde/ so sie zu diesem Kindlein haben/ und waren auch zwey wolgleichende Contrafäte. Die Schönheit in den Gesichtern/ die wolgeartete Geberden von vornen und auf der Seiten/ die Stellungen über- und unter sich/ die Veränderung des Wesens und Alters/ und noch mehr andere fremde und bewunderliche Sachen/ die er in denen vorgestellten Personen ausgebildet/ neben der dreyfachen Gattung der Diener/ dern Unterschied allen Anschauenden zu erkennen gibt/ welcher Diener zu einem oder dem andern Herrn gehöre/ zeugen alle von des Meisters Vollkommenheit/ und reitzet eine so rare invention, Kunst-mäßige Zeichnung und sehr gute colorirung/ alle Künstlere zu höchster Verwunderung/ und nicht geringerer Erhebung des Meisters/ wie dann derselbe auch schon damals große Ehre damit erlanget/ und sein Lob biß nach Rom/ für Papst Sixtum den IV. kommen/ der von seiner Hand auch etwas in seiner Capell zu haben begehrte/ wie er dann solchem Begehren Genügen geleistet/ und ein ansehnliches Stuck Geldes damit verdienet hat.

Wird durch Müsiggang und liederliches Leben arm. Hierauf kam er wieder nach Florenz/ und ob er schon auch daselbst viel Geldes hätte gewinnen können/ so legte er sich doch lieber auf den Müßiggang/ seiner vorigen selbst-eigenen Meinung zuwider/ da er nur die zu lieben pflegte/ so der Kunst fleißig abwarteten/ ja er verthate so gar auch das jenige/ was er gewonnen/ sehr liederlich/ und verfärtigte mit hin die Auslegung über den Poëten Dantes, und arbeitete an den Figuren über seine Hölle/ welche er im Druck heraus zu geben Willens ware: Also gieng all sein Gewinn wieder mit ihme auf/ und war er zulezt alt und arm/ und nachdem er/ Schwachheit halber/ eine Zeit lang auf Krucken gehen muste/ starb er im 78sten seines Alters/ und nach unsers Seligmachers Geburt/ im 1515 Jahr.

XXV. ANDREA VEROCCHIO, ein Florentinischer Künstler in vielen Sachen.ES ist ANDREA VEROCCHIO zugleich ein Goldschmidt/ Geometra, Opticus, Bildschneider/ Kupferstecher/ Mahler und Musicant gewesen/ bürtig aus der Stadt Florenz/ doch muß man bekennen/ daß seine Werke im Mahlen und Bildhauen/ unfreundlich und hart seyen/ in der Zeichen-Kunst aber war er sehr vollkommen/ wie er dann mit der Feder einen Carton, und darinn eine Ist ein sehr guter Zeichner gewesen. Schlacht von nackenden Leuten/ gerissen/ welche sehr artlich ist/ neben noch vielen andern Sachen/ so er zu mahlen Willens ware/ aber unvollendet hinterlassen hat. Gleichesfals hat er unterschiedliche schöne Weiber-Gesichter/ mit artlichem Wesen/ und ungemeinen Umhüllungen/ gezeichnet/ welche sein Lehrling Leonardo de Vince, in seinen Werken immer/ wegen ihrer großen Zierde/ nachzuahmen suchte. So zeichnete er auch Pferde nach der proportion und Meß/ und wiese/ wie man dieselbe vergrößern könne: Obwol er aber viele seiner Cartonen[Spaltenumbruch] nicht zu Werk richtete/ so mahlte er doch auch etliche Sachen/ und unter andern die Tauff Christi/ worzu Leonardo den Engel gemacht.

Erfindet das Giessen in Gyps/ nach dem Leben. Er war der erste/ so in Gyps nach dem Leben gegossen/ dannenhero damals in Florenz sehr viele todte und lebendige Gesichter auf solche Weiß gebildet worden/ welche man/ noch heutiges Tages/ als natürliche Contrafäte/ über den Thüren/ Fenstern/ Bögen und Caminen sehen kan. Es ist aber das Gyps ein ganz weicher Stein/ der zu Volterno bey Siena, und an andern Orten in Italien gefunden wird/ welcher zuforderst gebrennet/ hernach zerstossen/ und also gepulvert mit warmen Wasser angemacht/ und zubereitet wird/ daß man etwas damit ab- und/ nachdem das Gyps wieder hart worden/ ganze figuren/ von anderer materi, darein gießen kan.

Wird nach Venedig beruffen. Dieser Verocchio wurde auf eine Zeit nach Venedig beruffen/ um daselbst von Metall ein Pferd einem ihrer Obristen/ Namens Bartholomaeo da Bergamo (der ihnen einen namhaften Sieg erhalten) zu gießen/ und auf den Platz S. Johannis und Pauli, zu seinem ewigen Ehren-Ruhm/ aufzurichten. Als nun unser Andreas dahin kommen ware/ auch allbereit das modell aus gewißer Erden oder Sand geformet hatte/ um das Pferd darein zu giessen/ vernahme er/ daß/ aus Gunst etlicher Edelleute/ Velano von Padua die figur darauf machen solte/ und zerbrach derowegen an seiner Form den Kopf und die Beine/ und machte sich voll Grimmes wieder hinweg. Die Herrschaft/ als sie dieses verstanden/ entbote ihm/ er solte ja nicht so frech seyn/ und wieder in dem Venedischen Gebiet sich betretten laßen/ dann sie seinen verübten Unfug an seinem Lindert der selben Herrschaft Zorn mit einer artliche Antwort. Kopf rächen wolten; Diesen Vortrag beantwortete er schriftlich: Er wolte sich freylich für ihrem Zorn hüten/ dann sein Kopf so gut wäre/ daß/ da sie ihm denselben einmal würden abschlagen/ sie mit aller ihrer Macht ihm keinen andern würden verschaffen können/ da hingegen er/ ohn einige Müh/ den von ihm zerbrochenen Pferds-Kopf wieder ansetzen/ oder wol bäßer machen könte. Diese Antwort gefiel der Herrschaft so wol/ daß sie ihn mit freundlichen Briefen aufs neue nach Venedig erforderten/ und ihme die Besoldung verdoppelten. Da er nun sein Werk wieder angefangen/ erhizte er sich im Gießen/ und erkältete sich wieder zu schnell darauf/ daß er also krank worden und gestorben ist im 56sten Jahr seines Alters/ Anno 1488.

XXVI. ANDREA MANTEGNA, Mahler von Mantua.VOn gar schlechtem und bäurischem Herkommen ware der fürtrefliche Mahler ANDREA MANTEGNA, als der in einem Dorf bey Mantua, woselbst er auch anfangs des Viehes gehütet/ geboren worden. Als er aber in etwas erwachsen/ und in die Stadt Mantua, zu einem Mahler/ Namens Jacob Squarzione, gekommen/ fienge sein Glück an zu blühen/ welches mit der Zeit ihne gar in den hohen Ehrn-Stand eines Ritters gesetzet. Dann/ als jeztgedachter Mahler des Mantegna guten Verstand und muntern Geist erkant/ hat er ihn zu seinen Erben gemacht/ und an Sohnes statt aufgenommen/ und weil er selbst wol merkte/ daß er der bästen Mahlere keiner wäre/ ließ er den Mantegna

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[[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 75]/0097] des ersten Groß-Herzogs Cosmi de Medices Contrafät vollkömlich praesentirte) küste dem neugebornen Jesus-Kindlein die Füße/ und zeiget gleichsam durch die Freundlichkeit seines Gesichtes/ daß ihn der weite Weg nicht verdroßen gemacht/ eine solche Ehrerbietigkeit demselben zu erweissen: Die andere beyde geben gleichfals in ihren Geberden zu erkennen die große Begierde/ so sie zu diesem Kindlein haben/ und waren auch zwey wolgleichende Contrafäte. Die Schönheit in den Gesichtern/ die wolgeartete Geberden von vornen und auf der Seiten/ die Stellungen über- und unter sich/ die Veränderung des Wesens und Alters/ und noch mehr andere fremde und bewunderliche Sachen/ die er in denen vorgestellten Personen ausgebildet/ neben der dreyfachen Gattung der Diener/ dern Unterschied allen Anschauenden zu erkennen gibt/ welcher Diener zu einem oder dem andern Herrn gehöre/ zeugen alle von des Meisters Vollkommenheit/ und reitzet eine so rare invention, Kunst-mäßige Zeichnung und sehr gute colorirung/ alle Künstlere zu höchster Verwunderung/ und nicht geringerer Erhebung des Meisters/ wie dann derselbe auch schon damals große Ehre damit erlanget/ und sein Lob biß nach Rom/ für Papst Sixtum den IV. kommen/ der von seiner Hand auch etwas in seiner Capell zu haben begehrte/ wie er dann solchem Begehren Genügen geleistet/ und ein ansehnliches Stuck Geldes damit verdienet hat. Die Historie von den dreyen Weisen aus Morgenland. Hierauf kam er wieder nach Florenz/ und ob er schon auch daselbst viel Geldes hätte gewinnen können/ so legte er sich doch lieber auf den Müßiggang/ seiner vorigen selbst-eigenen Meinung zuwider/ da er nur die zu lieben pflegte/ so der Kunst fleißig abwarteten/ ja er verthate so gar auch das jenige/ was er gewonnen/ sehr liederlich/ und verfärtigte mit hin die Auslegung über den Poëten Dantes, und arbeitete an den Figuren über seine Hölle/ welche er im Druck heraus zu geben Willens ware: Also gieng all sein Gewinn wieder mit ihme auf/ und war er zulezt alt und arm/ und nachdem er/ Schwachheit halber/ eine Zeit lang auf Krucken gehen muste/ starb er im 78sten seines Alters/ und nach unsers Seligmachers Geburt/ im 1515 Jahr. Wird durch Müsiggang und liederliches Leben arm. ES ist ANDREA VEROCCHIO zugleich ein Goldschmidt/ Geometra, Opticus, Bildschneider/ Kupferstecher/ Mahler und Musicant gewesen/ bürtig aus der Stadt Florenz/ doch muß man bekennen/ daß seine Werke im Mahlen und Bildhauen/ unfreundlich und hart seyen/ in der Zeichen-Kunst aber war er sehr vollkommen/ wie er dann mit der Feder einen Carton, und darinn eine Schlacht von nackenden Leuten/ gerissen/ welche sehr artlich ist/ neben noch vielen andern Sachen/ so er zu mahlen Willens ware/ aber unvollendet hinterlassen hat. Gleichesfals hat er unterschiedliche schöne Weiber-Gesichter/ mit artlichem Wesen/ und ungemeinen Umhüllungen/ gezeichnet/ welche sein Lehrling Leonardo de Vince, in seinen Werken immer/ wegen ihrer großen Zierde/ nachzuahmen suchte. So zeichnete er auch Pferde nach der proportion und Meß/ und wiese/ wie man dieselbe vergrößern könne: Obwol er aber viele seiner Cartonen nicht zu Werk richtete/ so mahlte er doch auch etliche Sachen/ und unter andern die Tauff Christi/ worzu Leonardo den Engel gemacht. XXV. ANDREA VEROCCHIO, ein Florentinischer Künstler in vielen Sachen. Ist ein sehr guter Zeichner gewesen. Er war der erste/ so in Gyps nach dem Leben gegossen/ dannenhero damals in Florenz sehr viele todte und lebendige Gesichter auf solche Weiß gebildet worden/ welche man/ noch heutiges Tages/ als natürliche Contrafäte/ über den Thüren/ Fenstern/ Bögen und Caminen sehen kan. Es ist aber das Gyps ein ganz weicher Stein/ der zu Volterno bey Siena, und an andern Orten in Italien gefunden wird/ welcher zuforderst gebrennet/ hernach zerstossen/ und also gepulvert mit warmen Wasser angemacht/ und zubereitet wird/ daß man etwas damit ab- und/ nachdem das Gyps wieder hart worden/ ganze figuren/ von anderer materi, darein gießen kan. Erfindet das Giessen in Gyps/ nach dem Leben. Dieser Verocchio wurde auf eine Zeit nach Venedig beruffen/ um daselbst von Metall ein Pferd einem ihrer Obristen/ Namens Bartholomaeo da Bergamo (der ihnen einen namhaften Sieg erhalten) zu gießen/ und auf den Platz S. Johannis und Pauli, zu seinem ewigen Ehren-Ruhm/ aufzurichten. Als nun unser Andreas dahin kommen ware/ auch allbereit das modell aus gewißer Erden oder Sand geformet hatte/ um das Pferd darein zu giessen/ vernahme er/ daß/ aus Gunst etlicher Edelleute/ Velano von Padua die figur darauf machen solte/ und zerbrach derowegen an seiner Form den Kopf und die Beine/ und machte sich voll Grimmes wieder hinweg. Die Herrschaft/ als sie dieses verstanden/ entbote ihm/ er solte ja nicht so frech seyn/ und wieder in dem Venedischen Gebiet sich betretten laßen/ dann sie seinen verübten Unfug an seinem Kopf rächen wolten; Diesen Vortrag beantwortete er schriftlich: Er wolte sich freylich für ihrem Zorn hüten/ dann sein Kopf so gut wäre/ daß/ da sie ihm denselben einmal würden abschlagen/ sie mit aller ihrer Macht ihm keinen andern würden verschaffen können/ da hingegen er/ ohn einige Müh/ den von ihm zerbrochenen Pferds-Kopf wieder ansetzen/ oder wol bäßer machen könte. Diese Antwort gefiel der Herrschaft so wol/ daß sie ihn mit freundlichen Briefen aufs neue nach Venedig erforderten/ und ihme die Besoldung verdoppelten. Da er nun sein Werk wieder angefangen/ erhizte er sich im Gießen/ und erkältete sich wieder zu schnell darauf/ daß er also krank worden und gestorben ist im 56sten Jahr seines Alters/ Anno 1488. Wird nach Venedig beruffen. Lindert der selben Herrschaft Zorn mit einer artliche Antwort. VOn gar schlechtem und bäurischem Herkommen ware der fürtrefliche Mahler ANDREA MANTEGNA, als der in einem Dorf bey Mantua, woselbst er auch anfangs des Viehes gehütet/ geboren worden. Als er aber in etwas erwachsen/ und in die Stadt Mantua, zu einem Mahler/ Namens Jacob Squarzione, gekommen/ fienge sein Glück an zu blühen/ welches mit der Zeit ihne gar in den hohen Ehrn-Stand eines Ritters gesetzet. Dann/ als jeztgedachter Mahler des Mantegna guten Verstand und muntern Geist erkant/ hat er ihn zu seinen Erben gemacht/ und an Sohnes statt aufgenommen/ und weil er selbst wol merkte/ daß er der bästen Mahlere keiner wäre/ ließ er den Mantegna XXVI. ANDREA MANTEGNA, Mahler von Mantua.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 75]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/97>, abgerufen am 23.11.2024.