Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch] das erste nämlichen/ junge sich liebende Kinder bey sammen;das mitlere einen jungen Hirten/ welchem eine Hirtin seine Pfeiffen reichet;das dritte aber in einer schönen Landschaft einen alten gebuckt- und gebogenen Mann mit einem Glatzkopf/ der bey einem Kirchhof einen Todenkopf in der Hand hält/ und denselben beschauet. Es ist aber dieses Stuck hernachmals der Königin Christina aus Schweden/ durch einen Kunstliebenden zu Augspurg wohnenden von Walperg/ dem es zugekommen/ per 1000. Reichsthaler verkauft worden/ welches sie noch zu Rom/ wie billich/ in grossem Werth halten. Für die Kirche zu S.Pantaleon in Venedig hat er ein Gemähl eines vom Creutz abgenommenen Christi/ der in seiner Mutter Schoß liget/ zu mahlen angefangen/ aber nicht völlig zu End gebracht/ sondern befohlen/ daß dieses Stuck Giacomo Palma, nach seinem Tod/ ausmachen solte: Derhalben ist er anfänglich ungeendet aufgerichtet/ nachgehends aber durch gedachten Palma ausgefärtiget worden/ doch so/ daß er dem Titian zu Ehren/ auf der Republic Befehl/ desselben Namen darauf zeichnen müßen. Er sandte auch dem König in Spanien noch ein Stuck von 7. Elen lang/ so das Abendmahl in sich hielte/ und durchaus köstlich und herrlich gemacht war; Endlich seynd auch in seinem Alter viel Ding unausgemacht verblieben/ als eine Magdalena bey Christo in Lebens-Grösse/ wiederum eine Begräbnus Christi/ und ein Marienbild/ aber diese Stuck/ und sein gemachtes selbst eignes Verändert in seinem Alter die Gemählde seiner Jugend. Contrafe/ waren die bäste/ die man in seinem Hause gefunden. Insgemein wurde von männiglich seine erste manier für die bäste geurtheilet; Er aber widersprach solches im hohen Alter/ und verderbte unterschiedliche gute Stücke/ durch seine Veränderung/ in seinem Alter/ die er zuvor in seiner Jugend gemacht: dannenhero die Seinige/ so oft er ein solches Werk verändern wollen/ ihme Baumöl unter die Farbe gemänget/ welches/ weil es nicht trucknen läst/ nachmals in Abwesenheit des Titians wieder hat können ausgewischet werden/ wordurch dann manches gute Stuck erhalten worden. Anno 1556. da er schon sehr alt/ doch von einer gesunden Natur und so glücklich/ als jemand seines gleichen jemahlen ware/ kamen in seine Behausung alle Künstler und erfahrne Männer/ um denselben zu besuchen/ weiln er zu Venedig schon den Ruf hatte/ daß er selbigen Orts alle Mahler übertreffe. Mit solchen nun erfreuete er sich/ und schätzte anbey sich glückseelig/ so anderst eine Glückseeligkeit in diesem sterblichen Leben/ das mit Verfolgung/ Haß und Neid/ auch andern menschlichen Gebrechen angefüllt/ zu finden ist; doch kan billig sich derjenige für glückseelig achten/ welcher mit wenigen zeitlichen Sorgen überhäuft und beladen ist/ gleich als jenem begegnet/ so um Kunst und Tugend willen von denen Magnaten geliebet/ von Freunden geehret/ und von der ganzen Welt verwundert werden. Jedoch weiln alles zeitliche Wesen zu einem zergänglichen Ende eilet/ und des Menschen Leben einer helleuchtenden Sonnen gleichet/ die vom ersten Anfang zum endlichen Untergang Stirbt an der Pest. hinrennet/ als hat auch Titian ehender nicht das gelobte Vatterland erreichen können/ ehe und bevor er durch den allgemeinen Menschen-Würger darzu gelangt/ welches beschehen in dem 96. Jahr seines Alters/ als das grosse Sterben Anno 1576. über Venedig kommen/ und obschon niemand bey seiner zur Erden Bestättigung/ aus Beysorge der Seuche/erschienen/ seynd doch demselben/ durch Anordnung der regierenden Herren/ herrliche Leich-Begängnissen in der Kirchen Dei Frari bey dem Creutz-Altar/ wie er es selbsten verlangt/ und selbige Zeiten es zugelassen/ gehalten worden; Und ist er daselbst mit dem Wappen eines Cavalliers begraben worden/ dessen Namen dann durch alle Zeiten/ bey allen Kunst-liebenden Monarchen auch mittel- und niedrigen Stands-Personen beständig blühen und grünen wird/ so/ daß Parca denselben/ ob sie gleich das Leben verkürzt/ ihme nimmermehr wird benehmen können: Unverdrossne Müh und Arbeit/ der unausgesezte Fleiß/ Die stets vorgenommne Ubung/ und zugleich der saure Schweiß Machen/ daß man Wunderding endlich kan ins Werke richten. Zarte Jugend! diß kan dich billig zur Nachfolg verpflichten. [Abbildung]
![]() [Spaltenumbruch] das erste nämlichen/ junge sich liebende Kinder bey sammen;das mitlere einen jungen Hirten/ welchem eine Hirtin seine Pfeiffen reichet;das dritte aber in einer schönen Landschaft einen alten gebuckt- und gebogenen Mann mit einem Glatzkopf/ der bey einem Kirchhof einen Todenkopf in der Hand hält/ und denselben beschauet. Es ist aber dieses Stuck hernachmals der Königin Christina aus Schweden/ durch einen Kunstliebenden zu Augspurg wohnenden von Walperg/ dem es zugekommen/ per 1000. Reichsthaler verkauft worden/ welches sie noch zu Rom/ wie billich/ in grossem Werth halten. Für die Kirche zu S.Pantaleon in Venedig hat er ein Gemähl eines vom Creutz abgenommenen Christi/ der in seiner Mutter Schoß liget/ zu mahlen angefangen/ aber nicht völlig zu End gebracht/ sondern befohlen/ daß dieses Stuck Giacomo Palma, nach seinem Tod/ ausmachen solte: Derhalben ist er anfänglich ungeendet aufgerichtet/ nachgehends aber durch gedachten Palma ausgefärtiget worden/ doch so/ daß er dem Titian zu Ehren/ auf der Republic Befehl/ desselben Namen darauf zeichnen müßen. Er sandte auch dem König in Spanien noch ein Stuck von 7. Elen lang/ so das Abendmahl in sich hielte/ und durchaus köstlich und herrlich gemacht war; Endlich seynd auch in seinem Alter viel Ding unausgemacht verblieben/ als eine Magdalena bey Christo in Lebens-Grösse/ wiederum eine Begräbnus Christi/ und ein Marienbild/ aber diese Stuck/ und sein gemachtes selbst eignes Verändert in seinem Alter die Gemählde seiner Jugend. Contrafe/ waren die bäste/ die man in seinem Hause gefunden. Insgemein wurde von männiglich seine erste manier für die bäste geurtheilet; Er aber widersprach solches im hohen Alter/ und verderbte unterschiedliche gute Stücke/ durch seine Veränderung/ in seinem Alter/ die er zuvor in seiner Jugend gemacht: dannenhero die Seinige/ so oft er ein solches Werk verändern wollen/ ihme Baumöl unter die Farbe gemänget/ welches/ weil es nicht trucknen läst/ nachmals in Abwesenheit des Titians wieder hat können ausgewischet werden/ wordurch dann manches gute Stuck erhalten worden. Anno 1556. da er schon sehr alt/ doch von einer gesunden Natur und so glücklich/ als jemand seines gleichen jemahlen ware/ kamen in seine Behausung alle Künstler und erfahrne Männer/ um denselben zu besuchen/ weiln er zu Venedig schon den Ruf hatte/ daß er selbigen Orts alle Mahler übertreffe. Mit solchen nun erfreuete er sich/ und schätzte anbey sich glückseelig/ so anderst eine Glückseeligkeit in diesem sterblichen Leben/ das mit Verfolgung/ Haß und Neid/ auch andern menschlichen Gebrechen angefüllt/ zu finden ist; doch kan billig sich derjenige für glückseelig achten/ welcher mit wenigen zeitlichen Sorgen überhäuft und beladen ist/ gleich als jenem begegnet/ so um Kunst und Tugend willen von denen Magnaten geliebet/ von Freunden geehret/ und von der ganzen Welt verwundert werden. Jedoch weiln alles zeitliche Wesen zu einem zergänglichen Ende eilet/ und des Menschen Leben einer helleuchtenden Sonnen gleichet/ die vom ersten Anfang zum endlichen Untergang Stirbt an der Pest. hinrennet/ als hat auch Titian ehender nicht das gelobte Vatterland erreichen können/ ehe und bevor er durch den allgemeinen Menschen-Würger darzu gelangt/ welches beschehen in dem 96. Jahr seines Alters/ als das grosse Sterben Anno 1576. über Venedig kommen/ und obschon niemand bey seiner zur Erden Bestättigung/ aus Beysorge der Seuche/erschienen/ seynd doch demselben/ durch Anordnung der regierenden Herren/ herrliche Leich-Begängnissen in der Kirchen Dei Frari bey dem Creutz-Altar/ wie er es selbsten verlangt/ und selbige Zeiten es zugelassen/ gehalten worden; Und ist er daselbst mit dem Wappen eines Cavalliers begraben worden/ dessen Namen dann durch alle Zeiten/ bey allen Kunst-liebenden Monarchen auch mittel- und niedrigen Stands-Personen beständig blühen und grünen wird/ so/ daß Parca denselben/ ob sie gleich das Leben verkürzt/ ihme nimmermehr wird benehmen können: Unverdrossne Müh und Arbeit/ der unausgesezte Fleiß/ Die stets vorgenommne Ubung/ und zugleich der saure Schweiß Machen/ daß man Wunderding endlich kan ins Werke richten. Zarte Jugend! diß kan dich billig zur Nachfolg verpflichten. [Abbildung]
![]() <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0199" xml:id="pb-378" n="[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 165]"/><cb/><name type="artificialWork" ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-1157">das erste nämlichen/ junge sich liebende Kinder bey sammen;das mitlere einen jungen Hirten/ welchem eine Hirtin seine Pfeiffen reichet;das dritte aber in einer schönen Landschaft einen alten gebuckt- und gebogenen Mann mit einem Glatzkopf/ der bey einem Kirchhof einen Todenkopf in der Hand hält/ und denselben beschauet. Es ist aber dieses Stuck hernachmals der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1429 http://d-nb.info/gnd/118520652 http://viaf.org/viaf/4931803">Königin Christina aus Schweden</persName>/ durch einen Kunstliebenden zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-145 http://www.geonames.org/2954172/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7004324">Augspurg</placeName> wohnenden <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2512 http://d-nb.info/gnd/118805967 http://viaf.org/viaf/35252892">von Walperg</persName>/ dem es zugekommen/ per 1000. Reichsthaler verkauft worden/ welches sie noch zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7000874">Rom</placeName>/ wie billich/ in grossem Werth halten.</name> Für die Kirche zu <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1019">S.Pantaleon</placeName></hi> in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1 http://www.geonames.org/3164603/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7018159">Venedig</placeName> hat er <name type="artificialWork" ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-3400">ein Gemähl eines vom Creutz abgenommenen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Christi</persName>/ der in seiner <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-203 http://d-nb.info/gnd/118640909 http://viaf.org/viaf/121008611">Mutter</persName> Schoß liget</name>/ zu mahlen angefangen/ aber nicht völlig zu End gebracht/ sondern befohlen/ daß dieses Stuck <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2508 http://d-nb.info/gnd/11878935X http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500027810 http://viaf.org/viaf/90630874">Giacomo Palma</persName>,</hi> nach seinem Tod/ ausmachen solte: Derhalben ist er anfänglich ungeendet aufgerichtet/ nachgehends aber durch gedachten <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2508 http://d-nb.info/gnd/11878935X http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500027810 http://viaf.org/viaf/90630874">Palma</persName></hi> ausgefärtiget worden/ doch so/ daß er dem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-19 http://d-nb.info/gnd/118622994 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500031075 http://viaf.org/viaf/61533439">Titian</persName></hi> zu Ehren/ auf der <hi rendition="#aq">Republic</hi> Befehl/ desselben Namen darauf zeichnen müßen. Er sandte auch dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-202 http://d-nb.info/gnd/118593862 http://viaf.org/viaf/88973996">König in Spanien</persName> noch ein Stuck von 7. Elen lang/ so <name type="artificialWork" ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-3401">das Abendmahl</name> in sich hielte/ und durchaus köstlich und herrlich gemacht war; Endlich seynd auch in seinem Alter viel Ding unausgemacht verblieben/ als <name type="artificialWork" ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-3653">eine <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-386 http://d-nb.info/gnd/118577840 http://viaf.org/viaf/25394709">Magdalena</persName> bey <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Christo</persName> in Lebens-Grösse</name>/ wiederum <name type="artificialWork" ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-3421">eine Begräbnus <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-15 http://d-nb.info/gnd/118557513 http://viaf.org/viaf/73945424">Christi</persName></name>/ und <name type="artificialWork" ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-4257">ein Marienbild</name>/ aber diese Stuck/ und <name type="artificialWork" ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-4256">sein gemachtes selbst eignes <note place="right">Verändert in seinem Alter die Gemählde seiner Jugend.</note> Contrafe</name>/ waren die bäste/ die man in seinem Hause gefunden. Insgemein wurde von männiglich seine erste manier für die bäste geurtheilet; Er aber widersprach solches im hohen Alter/ und verderbte unterschiedliche gute Stücke/ durch seine Veränderung/ in seinem Alter/ die er zuvor in seiner Jugend gemacht: dannenhero die Seinige/ so oft er ein solches Werk verändern wollen/ ihme Baumöl unter die Farbe gemänget/ welches/ weil es nicht trucknen läst/ nachmals in Abwesenheit des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-19 http://d-nb.info/gnd/118622994 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500031075 http://viaf.org/viaf/61533439">Titians</persName></hi> wieder hat können ausgewischet werden/ wordurch dann manches gute Stuck erhalten worden.</p> <cb/> <p><date when="1556">Anno 1556.</date> da er schon sehr alt/ doch von einer gesunden Natur und so glücklich/ als jemand seines gleichen jemahlen ware/ kamen in seine Behausung alle Künstler und erfahrne Männer/ um denselben zu besuchen/ weiln er zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1 http://www.geonames.org/3164603/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7018159">Venedig</placeName> schon den Ruf hatte/ daß er selbigen Orts alle Mahler übertreffe. Mit solchen nun erfreuete er sich/ und schätzte anbey sich glückseelig/ so anderst eine Glückseeligkeit in diesem sterblichen Leben/ das mit Verfolgung/ Haß und Neid/ auch andern menschlichen Gebrechen angefüllt/ zu finden ist; doch kan billig sich derjenige für glückseelig achten/ welcher mit wenigen zeitlichen Sorgen überhäuft und beladen ist/ gleich als jenem begegnet/ so um Kunst und Tugend willen von denen <hi rendition="#aq">Magnaten</hi> geliebet/ von Freunden geehret/ und von der ganzen Welt verwundert werden. Jedoch weiln alles zeitliche Wesen zu einem zergänglichen Ende eilet/ und des Menschen Leben einer helleuchtenden Sonnen gleichet/ die vom ersten Anfang zum endlichen Untergang <note place="right">Stirbt an der Pest.</note> hinrennet/ als hat auch <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-19 http://d-nb.info/gnd/118622994 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&role=&nation=&subjectid=500031075 http://viaf.org/viaf/61533439">Titian</persName></hi> ehender nicht das gelobte Vatterland erreichen können/ ehe und bevor er durch den allgemeinen Menschen-Würger darzu gelangt/ welches beschehen in dem 96. Jahr seines Alters/ als das grosse Sterben <date when="1576">Anno 1576.</date> über <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1 http://www.geonames.org/3164603/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&place=&nation=&subjectid=7018159">Venedig</placeName> kommen/ und obschon niemand bey seiner zur Erden Bestättigung/ aus Beysorge der Seuche/erschienen/ seynd doch demselben/ durch Anordnung der regierenden Herren/ herrliche Leich-Begängnissen in der Kirchen <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-976">Dei Frari</placeName></hi> bey dem Creutz-Altar/ wie er es selbsten verlangt/ und selbige Zeiten es zugelassen/ gehalten worden; Und ist er daselbst mit dem Wappen eines <hi rendition="#aq">Cavalliers</hi> begraben worden/ dessen Namen dann durch alle Zeiten/ bey allen Kunst-liebenden Monarchen auch mittel- und niedrigen Stands-Personen beständig blühen und grünen wird/ so/ daß <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4577">Parca</persName></hi> denselben/ ob sie gleich das Leben verkürzt/ ihme nimmermehr wird benehmen können:</p> <lg rendition="#aq #c" type="poem"> <l> <foreign xml:lang="lat">Nam aera quidem absumit tempus, sed<lb/> tempore nunquam</foreign> </l><lb/> <l> <foreign xml:lang="lat">Magni absumitur gloria <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2430 http://d-nb.info/gnd/12679197X http://viaf.org/viaf/28074035">Uccelii</persName>.</foreign> </l><lb/> </lg> <lg rendition="#c" type="poem"> <l>Unverdrossne Müh und Arbeit/ der unausgesezte Fleiß/</l><lb/> <l>Die stets vorgenommne Ubung/ und zugleich der saure Schweiß</l><lb/> <l>Machen/ daß man Wunderding endlich kan ins Werke richten.</l><lb/> <l>Zarte Jugend! diß kan dich billig zur Nachfolg verpflichten.</l><lb/> </lg> <figure rendition="#c" xml:id="figure-0378.1"> <figure facs="figure-0378-1.jpg"/> </figure> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 165]/0199]
das erste nämlichen/ junge sich liebende Kinder bey sammen;das mitlere einen jungen Hirten/ welchem eine Hirtin seine Pfeiffen reichet;das dritte aber in einer schönen Landschaft einen alten gebuckt- und gebogenen Mann mit einem Glatzkopf/ der bey einem Kirchhof einen Todenkopf in der Hand hält/ und denselben beschauet. Es ist aber dieses Stuck hernachmals der Königin Christina aus Schweden/ durch einen Kunstliebenden zu Augspurg wohnenden von Walperg/ dem es zugekommen/ per 1000. Reichsthaler verkauft worden/ welches sie noch zu Rom/ wie billich/ in grossem Werth halten. Für die Kirche zu S.Pantaleon in Venedig hat er ein Gemähl eines vom Creutz abgenommenen Christi/ der in seiner Mutter Schoß liget/ zu mahlen angefangen/ aber nicht völlig zu End gebracht/ sondern befohlen/ daß dieses Stuck Giacomo Palma, nach seinem Tod/ ausmachen solte: Derhalben ist er anfänglich ungeendet aufgerichtet/ nachgehends aber durch gedachten Palma ausgefärtiget worden/ doch so/ daß er dem Titian zu Ehren/ auf der Republic Befehl/ desselben Namen darauf zeichnen müßen. Er sandte auch dem König in Spanien noch ein Stuck von 7. Elen lang/ so das Abendmahl in sich hielte/ und durchaus köstlich und herrlich gemacht war; Endlich seynd auch in seinem Alter viel Ding unausgemacht verblieben/ als eine Magdalena bey Christo in Lebens-Grösse/ wiederum eine Begräbnus Christi/ und ein Marienbild/ aber diese Stuck/ und sein gemachtes selbst eignes Contrafe/ waren die bäste/ die man in seinem Hause gefunden. Insgemein wurde von männiglich seine erste manier für die bäste geurtheilet; Er aber widersprach solches im hohen Alter/ und verderbte unterschiedliche gute Stücke/ durch seine Veränderung/ in seinem Alter/ die er zuvor in seiner Jugend gemacht: dannenhero die Seinige/ so oft er ein solches Werk verändern wollen/ ihme Baumöl unter die Farbe gemänget/ welches/ weil es nicht trucknen läst/ nachmals in Abwesenheit des Titians wieder hat können ausgewischet werden/ wordurch dann manches gute Stuck erhalten worden.
Anno 1556. da er schon sehr alt/ doch von einer gesunden Natur und so glücklich/ als jemand seines gleichen jemahlen ware/ kamen in seine Behausung alle Künstler und erfahrne Männer/ um denselben zu besuchen/ weiln er zu Venedig schon den Ruf hatte/ daß er selbigen Orts alle Mahler übertreffe. Mit solchen nun erfreuete er sich/ und schätzte anbey sich glückseelig/ so anderst eine Glückseeligkeit in diesem sterblichen Leben/ das mit Verfolgung/ Haß und Neid/ auch andern menschlichen Gebrechen angefüllt/ zu finden ist; doch kan billig sich derjenige für glückseelig achten/ welcher mit wenigen zeitlichen Sorgen überhäuft und beladen ist/ gleich als jenem begegnet/ so um Kunst und Tugend willen von denen Magnaten geliebet/ von Freunden geehret/ und von der ganzen Welt verwundert werden. Jedoch weiln alles zeitliche Wesen zu einem zergänglichen Ende eilet/ und des Menschen Leben einer helleuchtenden Sonnen gleichet/ die vom ersten Anfang zum endlichen Untergang hinrennet/ als hat auch Titian ehender nicht das gelobte Vatterland erreichen können/ ehe und bevor er durch den allgemeinen Menschen-Würger darzu gelangt/ welches beschehen in dem 96. Jahr seines Alters/ als das grosse Sterben Anno 1576. über Venedig kommen/ und obschon niemand bey seiner zur Erden Bestättigung/ aus Beysorge der Seuche/erschienen/ seynd doch demselben/ durch Anordnung der regierenden Herren/ herrliche Leich-Begängnissen in der Kirchen Dei Frari bey dem Creutz-Altar/ wie er es selbsten verlangt/ und selbige Zeiten es zugelassen/ gehalten worden; Und ist er daselbst mit dem Wappen eines Cavalliers begraben worden/ dessen Namen dann durch alle Zeiten/ bey allen Kunst-liebenden Monarchen auch mittel- und niedrigen Stands-Personen beständig blühen und grünen wird/ so/ daß Parca denselben/ ob sie gleich das Leben verkürzt/ ihme nimmermehr wird benehmen können:
Stirbt an der Pest. Nam aera quidem absumit tempus, sed
tempore nunquam
Magni absumitur gloria Uccelii.
Unverdrossne Müh und Arbeit/ der unausgesezte Fleiß/
Die stets vorgenommne Ubung/ und zugleich der saure Schweiß
Machen/ daß man Wunderding endlich kan ins Werke richten.
Zarte Jugend! diß kan dich billig zur Nachfolg verpflichten.
[Abbildung
[Abbildung]
]
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/199 |
Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 165]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/199>, abgerufen am 16.07.2024. |