Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch] die/ durch ämsigen Fleiß und stätige übung/ solche Künste wieder in vorigen Wolstand und zu Ehren erhoben. Dann/ ob diese schon vor Augen gehabt/ die Triumf-Porten/ Statuen/ Bildnise und Ehren-Seulen/ welche/ erst nach Zerstörung und Verwüstung der Stadt Rom/ mit weniger Kunst aufgerichtet worden/ sind sie doch so klug und verständig gewesen/ daß sie das wenige gute heraus geklaubet/ den plumpen Gothischen Unform nach und nach verbannet/ und mit allem Eifer die Fußstapfen der vorigen Vollkommenheit gesuchet. Unterschied der Antichen: die sind Alte und recht gute/ Es ist aber ein Unterschied unter den Künstlern/ die man Antichen nennet. Die rechte gute Antichen sind/ die/ vor der Regierung Constantini, zu Corintho, Athen und Rom/ auch in andern berühmten Städten/ unter Nerone, Vespasiano, Trajano, Adriano und Antonino, vor und nach gelebet: Die andere aber/ welche von der Zeit Papsts Sylvestri I. bis auf die Zeit/ von der wir jezt reden/ gefolget/ und gemeine Alte. werden nur Alte genennet/ weil sie mehr dalken/ als mahlen konten. Dann die grosse Kriegs-Empörungen selbiger Zeiten/ haben die antiche fürnehme Künstler weggeraffet/ und allein diese alte Griechen/ mit etlichen wenig Linien und grossem Feld voll Farben/ hinterlassen: Dergleichen Werke/ von altem Mosaischem Schrot-Werk/ durch ganz Wälschland/ in allen alten Kirchen und unterschiedlichen Häusern/ absonderlich in dem Pisischen Gebiete/ wie auch bey S. Marco zu Venedig/ zu sehen sind. Der Alten schlechte Mahlerey Es finden sich auch viel Gemälde und Statuen/ welche sie mit frischen/ eifrigen/ Geistvollen Augen/ hingegen mit lahmen und hangenden Händen/ ohne gesto und Art gebildet: Als bey S. Miniato, auser der Stadt Florenz/ am Thor zur Sacristey und Convent, wie nicht minder bey der Kirche zum H. Geist daselbst/ an der ganzen Seite des Closters/ das gegen der Kirche sihet/ auch zu Arezzo bey S. Julian und S. Bartholomaeo, und zu Rom in der alten Peters-Kirche/ da um und um/ unter den Fenstern/ Historien gebildet sind/ so mehr einige Ungeheuer/ als erkentliche Bildnise praesentiren. Zu dieser nicht-künstlichen Mahlerey/ und Bildhauerey. gesellte sich auch ihre wenig-löbliche Scultur, als zu sehen auf dem Thor der Michaels-Kirche zu Florenz/ von Basso rilievo oder niderer Erhebung/ wie auch an allen Heiligen-Begräbnisen und Zierraten der Portalien/ welche alle so ungeschikt/ plump und unartig/daß[Spaltenumbruch] es unmöglich übler und schlimmer zu ersinnen wäre. Beschluß dieser Vorrede. Hiermit sey nun dieser mein discurs beschlossen: welcher zwar sich etwas länger und weitläuffiger erstrecket/ als mein Vorsatz gewesen/ aber bloß den Nutzen der Künstler und Kunstliebenden intendiret/ und gar nicht aus affection und unordentlicher Neigung gegen meiner Kunst entsprungen ist. Dieselbe werden nun hieraus ersehen können/ wie diese Künste/ von so geringem Anfang/ zu so herrlicher Vollkommenheit/ und nachmals von dieser edlen Höhe/ in äusersten Sturz-Fall gebracht worden; wie deren Eigenschaft mit der Natur Menschliches Leibes einstimme/ und ihnen/ gleichwie diesen/ die Geburt und Aufwachsung/ das Alter/ Abnehmen und Sterben/ verwandt sey; und endlich/ wie sie zu neuem Fortgang/ Wiedergeburt und jetziger Hoheit gelanget. Absehen und Zweck des Autoris in diesem seinem Werk. Mein Absehen und Zweck ist auch hierbey/ daß/ wann etwan mit der Zeit/ (welches der Himmel verhüten wolle) entweder aus Fahrlässigkeit der Menschen/ oder wegen der Welt verderblichen Zustandes/ durch sonderbare Straffe GOttes/ es wieder dahin gerahten solte/ daß diese Künste/ wie vordessen/ in Abgang und Vergessenheit kämen/ sie durch diese meine willig übernommene Mühwaltung sich mainteniren/ schützen und erhalten/ oder bässern fals/ die nachkommende subtile und edle Ingenien/ ein mehrers und bässers hierinn zu finden und aufzusuchen/ ermuntert werden Die Ordnung wird hierinn nach der Kunst/ und nicht nach den Jahren/ gehalten. mögen. Die Ordnung belangend/ werde ich mehr dahin sehen/ wie diese Kunst nach und nach zur Vortrefflichkeit und Vollkommenheit gelanget/ als wie die Künstlere nacheinander gelebet. Ich habe aber nicht allein deren Leben und Wandel/ auch was sie für sonderbare Werke hinterlassen/ sondern auch ihre Gestalt und Bildnise aufs aller-ähnlichste/ ohne Sparung einiger Kosten/ in dieses Buch verfasset: und wird/ wie groß hierbey meine Mühwaltung und Fleiß gewesen/ leichtlich erkennet werden/ wann man/ in Durchlesung dessen/ siehet und erwäget/ woher ich solches alles genommen/ und zu was Ende ich alles und jedes eingeführet. Was von den andern Künsten zu sagen noch übrig ist/ überlasse ich den verständigen Architectis und Bildhauern: massen ich mir schon genug/ ja mehr als zu viel/ aufgeladen/ und hiermit diese Reise antrette/ die ich/ mit Göttlicher Verleihung/ wol zu vollenden verhoffe. [Abbildung]
[Spaltenumbruch] die/ durch ämsigen Fleiß und stätige übung/ solche Künste wieder in vorigen Wolstand und zu Ehren erhoben. Dann/ ob diese schon vor Augen gehabt/ die Triumf-Porten/ Statuen/ Bildnise und Ehren-Seulen/ welche/ erst nach Zerstörung und Verwüstung der Stadt Rom/ mit weniger Kunst aufgerichtet worden/ sind sie doch so klug und verständig gewesen/ daß sie das wenige gute heraus geklaubet/ den plumpen Gothischen Unform nach und nach verbannet/ und mit allem Eifer die Fußstapfen der vorigen Vollkommenheit gesuchet. Unterschied der Antichen: die sind Alte und recht gute/ Es ist aber ein Unterschied unter den Künstlern/ die man Antichen nennet. Die rechte gute Antichen sind/ die/ vor der Regierung Constantini, zu Corintho, Athen und Rom/ auch in andern berühmten Städten/ unter Nerone, Vespasiano, Trajano, Adriano und Antonino, vor und nach gelebet: Die andere aber/ welche von der Zeit Papsts Sylvestri I. bis auf die Zeit/ von der wir jezt reden/ gefolget/ und gemeine Alte. werden nur Alte genennet/ weil sie mehr dalken/ als mahlen konten. Dann die grosse Kriegs-Empörungen selbiger Zeiten/ haben die antiche fürnehme Künstler weggeraffet/ und allein diese alte Griechen/ mit etlichen wenig Linien und grossem Feld voll Farben/ hinterlassen: Dergleichen Werke/ von altem Mosaischem Schrot-Werk/ durch ganz Wälschland/ in allen alten Kirchen und unterschiedlichen Häusern/ absonderlich in dem Pisischen Gebiete/ wie auch bey S. Marco zu Venedig/ zu sehen sind. Der Alten schlechte Mahlerey Es finden sich auch viel Gemälde und Statuen/ welche sie mit frischen/ eifrigen/ Geistvollen Augen/ hingegen mit lahmen und hangenden Händen/ ohne gesto und Art gebildet: Als bey S. Miniato, auser der Stadt Florenz/ am Thor zur Sacristey und Convent, wie nicht minder bey der Kirche zum H. Geist daselbst/ an der ganzen Seite des Closters/ das gegen der Kirche sihet/ auch zu Arezzo bey S. Julian und S. Bartholomaeo, und zu Rom in der alten Peters-Kirche/ da um und um/ unter den Fenstern/ Historien gebildet sind/ so mehr einige Ungeheuer/ als erkentliche Bildnise praesentiren. Zu dieser nicht-künstlichen Mahlerey/ und Bildhauerey. gesellte sich auch ihre wenig-löbliche Scultur, als zu sehen auf dem Thor der Michaëls-Kirche zu Florenz/ von Basso rilievo oder niderer Erhebung/ wie auch an allen Heiligen-Begräbnisen und Zierraten der Portalien/ welche alle so ungeschikt/ plump und unartig/daß[Spaltenumbruch] es unmöglich übler und schlimmer zu ersinnen wäre. Beschluß dieser Vorrede. Hiermit sey nun dieser mein discurs beschlossen: welcher zwar sich etwas länger und weitläuffiger erstrecket/ als mein Vorsatz gewesen/ aber bloß den Nutzen der Künstler und Kunstliebenden intendiret/ und gar nicht aus affection und unordentlicher Neigung gegen meiner Kunst entsprungen ist. Dieselbe werden nun hieraus ersehen können/ wie diese Künste/ von so geringem Anfang/ zu so herrlicher Vollkommenheit/ und nachmals von dieser edlen Höhe/ in äusersten Sturz-Fall gebracht worden; wie deren Eigenschaft mit der Natur Menschliches Leibes einstimme/ und ihnen/ gleichwie diesen/ die Geburt und Aufwachsung/ das Alter/ Abnehmen und Sterben/ verwandt sey; und endlich/ wie sie zu neuem Fortgang/ Wiedergeburt und jetziger Hoheit gelanget. Absehen und Zweck des Autoris in diesem seinem Werk. Mein Absehen und Zweck ist auch hierbey/ daß/ wann etwan mit der Zeit/ (welches der Himmel verhüten wolle) entweder aus Fahrlässigkeit der Menschen/ oder wegen der Welt verderblichen Zustandes/ durch sonderbare Straffe GOttes/ es wieder dahin gerahten solte/ daß diese Künste/ wie vordessen/ in Abgang und Vergessenheit kämen/ sie durch diese meine willig übernommene Mühwaltung sich mainteniren/ schützen und erhalten/ oder bässern fals/ die nachkommende subtile und edle Ingenien/ ein mehrers und bässers hierinn zu finden und aufzusuchen/ ermuntert werden Die Ordnung wird hierinn nach der Kunst/ und nicht nach den Jahren/ gehalten. mögen. Die Ordnung belangend/ werde ich mehr dahin sehen/ wie diese Kunst nach und nach zur Vortrefflichkeit und Vollkommenheit gelanget/ als wie die Künstlere nacheinander gelebet. Ich habe aber nicht allein deren Leben und Wandel/ auch was sie für sonderbare Werke hinterlassen/ sondern auch ihre Gestalt und Bildnise aufs aller-ähnlichste/ ohne Sparung einiger Kosten/ in dieses Buch verfasset: und wird/ wie groß hierbey meine Mühwaltung und Fleiß gewesen/ leichtlich erkennet werden/ wann man/ in Durchlesung dessen/ siehet und erwäget/ woher ich solches alles genommen/ und zu was Ende ich alles und jedes eingeführet. Was von den andern Künsten zu sagen noch übrig ist/ überlasse ich den verständigen Architectis und Bildhauern: massen ich mir schon genug/ ja mehr als zu viel/ aufgeladen/ und hiermit diese Reise antrette/ die ich/ mit Göttlicher Verleihung/ wol zu vollenden verhoffe. [Abbildung]
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die/ durch ämsigen Fleiß und stätige übung/ solche Künste wieder in vorigen Wolstand und zu Ehren erhoben. Dann/ ob diese schon vor Augen gehabt/ die Triumf-Porten/ Statuen/ Bildnise und Ehren-Seulen/ welche/ erst nach Zerstörung und Verwüstung der Stadt Rom/ mit weniger Kunst aufgerichtet worden/ sind sie doch so klug und verständig gewesen/ daß sie das wenige gute heraus geklaubet/ den plumpen Gothischen Unform nach und nach verbannet/ und mit allem Eifer die Fußstapfen der vorigen Vollkommenheit gesuchet.
Es ist aber ein Unterschied unter den Künstlern/ die man Antichen nennet. Die rechte gute Antichen sind/ die/ vor der Regierung Constantini, zu Corintho, Athen und Rom/ auch in andern berühmten Städten/ unter Nerone, Vespasiano, Trajano, Adriano und Antonino, vor und nach gelebet: Die andere aber/ welche von der Zeit Papsts Sylvestri I. bis auf die Zeit/ von der wir jezt reden/ gefolget/ werden nur Alte genennet/ weil sie mehr dalken/ als mahlen konten. Dann die grosse Kriegs-Empörungen selbiger Zeiten/ haben die antiche fürnehme Künstler weggeraffet/ und allein diese alte Griechen/ mit etlichen wenig Linien und grossem Feld voll Farben/ hinterlassen: Dergleichen Werke/ von altem Mosaischem Schrot-Werk/ durch ganz Wälschland/ in allen alten Kirchen und unterschiedlichen Häusern/ absonderlich in dem Pisischen Gebiete/ wie auch bey S. Marco zu Venedig/ zu sehen sind.
Unterschied der Antichen: die sind Alte und recht gute/
und gemeine Alte. Es finden sich auch viel Gemälde und Statuen/ welche sie mit frischen/ eifrigen/ Geistvollen Augen/ hingegen mit lahmen und hangenden Händen/ ohne gesto und Art gebildet: Als bey S. Miniato, auser der Stadt Florenz/ am Thor zur Sacristey und Convent, wie nicht minder bey der Kirche zum H. Geist daselbst/ an der ganzen Seite des Closters/ das gegen der Kirche sihet/ auch zu Arezzo bey S. Julian und S. Bartholomaeo, und zu Rom in der alten Peters-Kirche/ da um und um/ unter den Fenstern/ Historien gebildet sind/ so mehr einige Ungeheuer/ als erkentliche Bildnise praesentiren. Zu dieser nicht-künstlichen Mahlerey/ gesellte sich auch ihre wenig-löbliche Scultur, als zu sehen auf dem Thor der Michaëls-Kirche zu Florenz/ von Basso rilievo oder niderer Erhebung/ wie auch an allen Heiligen-Begräbnisen und Zierraten der Portalien/ welche alle so ungeschikt/ plump und unartig/daß
es unmöglich übler und schlimmer zu ersinnen wäre.
Der Alten schlechte Mahlerey
und Bildhauerey. Hiermit sey nun dieser mein discurs beschlossen: welcher zwar sich etwas länger und weitläuffiger erstrecket/ als mein Vorsatz gewesen/ aber bloß den Nutzen der Künstler und Kunstliebenden intendiret/ und gar nicht aus affection und unordentlicher Neigung gegen meiner Kunst entsprungen ist. Dieselbe werden nun hieraus ersehen können/ wie diese Künste/ von so geringem Anfang/ zu so herrlicher Vollkommenheit/ und nachmals von dieser edlen Höhe/ in äusersten Sturz-Fall gebracht worden; wie deren Eigenschaft mit der Natur Menschliches Leibes einstimme/ und ihnen/ gleichwie diesen/ die Geburt und Aufwachsung/ das Alter/ Abnehmen und Sterben/ verwandt sey; und endlich/ wie sie zu neuem Fortgang/ Wiedergeburt und jetziger Hoheit gelanget.
Beschluß dieser Vorrede. Mein Absehen und Zweck ist auch hierbey/ daß/ wann etwan mit der Zeit/ (welches der Himmel verhüten wolle) entweder aus Fahrlässigkeit der Menschen/ oder wegen der Welt verderblichen Zustandes/ durch sonderbare Straffe GOttes/ es wieder dahin gerahten solte/ daß diese Künste/ wie vordessen/ in Abgang und Vergessenheit kämen/ sie durch diese meine willig übernommene Mühwaltung sich mainteniren/ schützen und erhalten/ oder bässern fals/ die nachkommende subtile und edle Ingenien/ ein mehrers und bässers hierinn zu finden und aufzusuchen/ ermuntert werden mögen. Die Ordnung belangend/ werde ich mehr dahin sehen/ wie diese Kunst nach und nach zur Vortrefflichkeit und Vollkommenheit gelanget/ als wie die Künstlere nacheinander gelebet. Ich habe aber nicht allein deren Leben und Wandel/ auch was sie für sonderbare Werke hinterlassen/ sondern auch ihre Gestalt und Bildnise aufs aller-ähnlichste/ ohne Sparung einiger Kosten/ in dieses Buch verfasset: und wird/ wie groß hierbey meine Mühwaltung und Fleiß gewesen/ leichtlich erkennet werden/ wann man/ in Durchlesung dessen/ siehet und erwäget/ woher ich solches alles genommen/ und zu was Ende ich alles und jedes eingeführet. Was von den andern Künsten zu sagen noch übrig ist/ überlasse ich den verständigen Architectis und Bildhauern: massen ich mir schon genug/ ja mehr als zu viel/ aufgeladen/ und hiermit diese Reise antrette/ die ich/ mit Göttlicher Verleihung/ wol zu vollenden verhoffe.
Absehen und Zweck des Autoris in diesem seinem Werk.
Die Ordnung wird hierinn nach der Kunst/ und nicht nach den Jahren/ gehalten.
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