Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,1. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch] in Geistreichheit; der von Dick/ in Zierlichkeit; Hundhorst/ in Wolgemälden; Rembrand / in Arbeitsamkeit; Perselles, in Schiffahrten und Wassern; Pulenburg/ in kleinen Bildlein; Bambotio, in Bildung der Bettler ; Botte, in Landschaften; auch der Gerhart Daro und Mires, hoch-preiswürdig in kleinen Oelfarben. Von des Autoris Werken/ in dieser Kunst.Was auch der Allmächtige/ in diesen Studien/ mir verliehen/ davon soll ich nichts sagen/ weil es der modestia zuwider wäre; und will ich bloß vermelden/ daß mein guter Wille allezeit größer/ als die Kräfte/ sich befunden. Ich überlasse aber dem Tugend-liebenden Leser das Urtheil von meinen Werken in den Galerien/Palazzen und Cabineten der Käyserl. Maj. Könige/ Chur- und Fürsten/ wie auch sonst in Kirchen und Kunst-Kammern zu Rom/ Wien/ Prag/ Madrit/ Florenz/ London/ Amsterdam/ München/ Salzburg/ Linz/ Brinn/ und absonderlich in der schönen und weitberühmten neu-erbauten Kirche in Ober-Oesterreich/ zu Lampach/ deren sieben große Altäre meine Hand verfärtiget: und können solche besehen werden. Die liebe Jugend wird hiemit nochmals vermahnet/ in diesen Studien ämsig zu verharren/ und zu ergreiffen/ was die Natur meist selber anbietet. Kan man nicht die Vollkommenheit/ wie schon gesagt/ in allem/ sonderlich in grossen Man lerne/ wo nicht alles/ doch etwas. Historien und fürnehmen Bildern/ergreiffen/ so sey es in Thieren/ Kuchen-Früchten/ Blumen/ Landschaften/ Gebäuen/ Perspectiven/ Comportimenten/ Nächten/ Brünsten/ Contrafäten/ Schiffen/ Seen/ Fischen und anderer Mahlerey . Sie sollen aber eifrig trachten/ zur höchsten Erfahrenheit zu gelangen/ welches ohne Gefahr/ Krieg und Blutvergiessen geschehen kan/ wann nur der milden Natur ernstlich nachgegangen wird. Wann die Jugend in den Schulen/ wie ingemein geschihet/ zuweilen auf ihr Papier Männlein/ Thiere/ Städte/ Schiffe und dergleichen Junges Sudeln der Kinder/ bezeugt nicht alsobald eine Fähigkeit zum Mahlen. sudlet/ und wol auch mit Farben zu klecken begirig ist/ nehmen hiervon die Eltern Ursach zu sagen: Mein Kind kan und soll mir ein Mahler werden! Sie solten aber sich bässer besinnen/ und bedenken/ daß das Vermögen hierzu/ nicht aus einem solchen Hand-sudeln/ sondern aus einem sonderbaren Verstand und Geist erscheinen müße/ und vieler Jahre Arbeit vonnöten sey/ bevor man sich solcher Geschicklichkeit versichern kan. Zwischen mahlen und wol-mahlen ist großer Unterschied. Es ist/ zwischen dem mahlen und wolmahlen/ ein großer Unterschied/ gehört viel Mühe darzu/ diesen letzern Berg zu ersteigen: und sind die/ so aus Ungeschicklichkeit dahinten bleiben/ wie die Mucken/ welche das Liecht verlangen/ aber darinn ihre Flügel verbrennen/ auch Zeit und Unkosten verlieren. Die Natur fähigt nicht alle zu allem. Wann die Mutter Natur dem Jüngling nicht ihre Milch einflößet und ihn mit Verstand begabet/ so ist/ auch mit unendlicher[Spaltenumbruch] Arbeitsamkeit/ wenig zu schaffen. Die Natur Ohne Förderung der Natur/ kan keiner diese Kunst lernen. machet nicht jeden Menschen zu allem/ sondern gemeinlich nur zu einer Sache/ recht tüchtig. Darum sollen vernünftige Eltern fleissig aufmerken/ um nicht zeit und Geld zu verspielen/ ob die Natur und Verstand der Kinder zu dieser Kunst/ mit nötigem Geist/ inclinire/ welches sich bald vermerken lässet. Wann/ mit Zunehmung der Jahre/ auch die Anmutung hierzu mit der Ubung erwächset/ alsdann hat man die Hoffnung zu machen/ daß sie zum Zweck hierinn gelangen mögen. Der Jüngling/ so mit dieser Fähigkeit Ein Kunstliebender Jüngling/ mus der Lastere müssig gehen. von Gott begabet ist/ mus die Venus, den Bacchus und Müßiggang/ als Feinde der Tugend/ meiden/ und die Zeit/ welche allein zur Vollkommenheit leitet/ nicht verlieren. Die Faulheit/ machet nur unglückselige Leute: wie dann alle Laster ihre Straffen mit Untugend straffet sich selber. sich auf dem Rucken tragen. Es vermeinen etliche unsere Teutsche/ auch theils alte Künstlere/ es sey ihnen rühmlich/ und fördere zu großem Namen/ wann sie große wilde Fantasten sind/ und durch verkehrtes Leben wilde würme im Kopf zeugen: womit sie dann ihre thörichte Einfalt zeigen/ und daß ihnen an Vernunft und Weisheit gar viel abgehe/ und nichts/ als Schaden/ neben der Schande/ erwerben/ verachtet und verlacht werden. Ein rechtschaffener Künstler/ strebet/ durch Tugend/ nach Ruhm und Ehre. Ein rechtschaffener Künstler/ der verständig ist/ hat nichts liebers/ als Ehre und Lob durch Tugend zu erlangen. Hieraus folget nun/ daß ein löbliches vernünftiges Leben/ neben dem studio, einen großen Künstler mache. Discretion und Höflichkeit/ zieret einen Kunst-Mahler. Damit er auch in respect bleibe/ und sein Glück fürdere/ mus er sich befleißen/ bey hohen Personen sich discret und süttsam zu verhalten. Beyspiele dessen/ haben wir/ an den aller fürnemsten alten und neuen Virtuosen/ welche dadurch guten Theils zu hohen Ehren erhoben worden/ und mit großem Lob zu sonderbarem Er mus sich weder groß achten noch verachten; Reichtum gelanget. Er mus ihme auch nicht zuviel einbilden/ noch sich seiner Kunst berühmen/ noch gegenüber sich selbst sich emendiren lassen/ verachten: sondern seine Fehler von guten Freunden gern vernehmen/ auch abstellen eigne Mängel abstellen/ und ändern. Er mus behutsamlich beobachten/ zu was Mängeln und Schwachheiten er von Natur inclinirt und geneigt ist: damit er sich in solche nicht verliere/ sondern selbige abthun und vermeiden lerne. Er hat auch insonderheit der höflichen Geschicklichkeit sich zu befleissigen/ weil durch ungeschickte Grobheit alles wieder kan umgestossen werden/ was durch vorgemeldte Tugenden erhoben worden. Kunst und zierlichen Wandel vereinigen. Kurz: ohne diese beyde Gaben der Kunst und zierlichen Wandels/ wird kein Künstler der wahren Vollkommenheit sich zu versehen haben. [Spaltenumbruch] in Geistreichheit; der von Dick/ in Zierlichkeit; Hundhorst/ in Wolgemälden; Rembrand / in Arbeitsamkeit; Perselles, in Schiffahrten und Wassern; Pulenburg/ in kleinen Bildlein; Bambotio, in Bildung der Bettler ; Botte, in Landschaften; auch der Gerhart Daro und Mires, hoch-preiswürdig in kleinen Oelfarben. Von des Autoris Werken/ in dieser Kunst.Was auch der Allmächtige/ in diesen Studien/ mir verliehen/ davon soll ich nichts sagen/ weil es der modestia zuwider wäre; und will ich bloß vermelden/ daß mein guter Wille allezeit größer/ als die Kräfte/ sich befunden. Ich überlasse aber dem Tugend-liebenden Leser das Urtheil von meinen Werken in den Galerien/Palazzen und Cabineten der Käyserl. Maj. Könige/ Chur- und Fürsten/ wie auch sonst in Kirchen und Kunst-Kammern zu Rom/ Wien/ Prag/ Madrit/ Florenz/ London/ Amsterdam/ München/ Salzburg/ Linz/ Brinn/ und absonderlich in der schönen und weitberühmten neu-erbauten Kirche in Ober-Oesterreich/ zu Lampach/ deren sieben große Altäre meine Hand verfärtiget: und können solche besehen werden. Die liebe Jugend wird hiemit nochmals vermahnet/ in diesen Studien ämsig zu verharren/ und zu ergreiffen/ was die Natur meist selber anbietet. Kan man nicht die Vollkommenheit/ wie schon gesagt/ in allem/ sonderlich in grossen Man lerne/ wo nicht alles/ doch etwas. Historien und fürnehmen Bildern/ergreiffen/ so sey es in Thieren/ Kuchen-Früchten/ Blumen/ Landschaften/ Gebäuen/ Perspectiven/ Comportimenten/ Nächten/ Brünsten/ Contrafäten/ Schiffen/ Seen/ Fischen und anderer Mahlerey . Sie sollen aber eifrig trachten/ zur höchsten Erfahrenheit zu gelangen/ welches ohne Gefahr/ Krieg und Blutvergiessen geschehen kan/ wann nur der milden Natur ernstlich nachgegangen wird. Wann die Jugend in den Schulen/ wie ingemein geschihet/ zuweilen auf ihr Papier Männlein/ Thiere/ Städte/ Schiffe und dergleichen Junges Sudeln der Kinder/ bezeugt nicht alsobald eine Fähigkeit zum Mahlen. sudlet/ und wol auch mit Farben zu klecken begirig ist/ nehmen hiervon die Eltern Ursach zu sagen: Mein Kind kan und soll mir ein Mahler werden! Sie solten aber sich bässer besinnen/ und bedenken/ daß das Vermögen hierzu/ nicht aus einem solchen Hand-sudeln/ sondern aus einem sonderbaren Verstand und Geist erscheinen müße/ und vieler Jahre Arbeit vonnöten sey/ bevor man sich solcher Geschicklichkeit versichern kan. Zwischen mahlen und wol-mahlen ist großer Unterschied. Es ist/ zwischen dem mahlen und wolmahlen/ ein großer Unterschied/ gehört viel Mühe darzu/ diesen letzern Berg zu ersteigen: und sind die/ so aus Ungeschicklichkeit dahinten bleiben/ wie die Mucken/ welche das Liecht verlangen/ aber darinn ihre Flügel verbrennen/ auch Zeit und Unkosten verlieren. Die Natur fähigt nicht alle zu allem. Wann die Mutter Natur dem Jüngling nicht ihre Milch einflößet und ihn mit Verstand begabet/ so ist/ auch mit unendlicher[Spaltenumbruch] Arbeitsamkeit/ wenig zu schaffen. Die Natur Ohne Förderung der Natur/ kan keiner diese Kunst lernen. machet nicht jeden Menschen zu allem/ sondern gemeinlich nur zu einer Sache/ recht tüchtig. Darum sollen vernünftige Eltern fleissig aufmerken/ um nicht zeit und Geld zu verspielen/ ob die Natur und Verstand der Kinder zu dieser Kunst/ mit nötigem Geist/ inclinire/ welches sich bald vermerken lässet. Wann/ mit Zunehmung der Jahre/ auch die Anmutung hierzu mit der Ubung erwächset/ alsdann hat man die Hoffnung zu machen/ daß sie zum Zweck hierinn gelangen mögen. Der Jüngling/ so mit dieser Fähigkeit Ein Kunstliebender Jüngling/ mus der Lastere müssig gehen. von Gott begabet ist/ mus die Venus, den Bacchus und Müßiggang/ als Feinde der Tugend/ meiden/ und die Zeit/ welche allein zur Vollkommenheit leitet/ nicht verlieren. Die Faulheit/ machet nur unglückselige Leute: wie dann alle Laster ihre Straffen mit Untugend straffet sich selber. sich auf dem Rucken tragen. Es vermeinen etliche unsere Teutsche/ auch theils alte Künstlere/ es sey ihnen rühmlich/ und fördere zu großem Namen/ wann sie große wilde Fantasten sind/ und durch verkehrtes Leben wilde würme im Kopf zeugen: womit sie dann ihre thörichte Einfalt zeigen/ und daß ihnen an Vernunft und Weisheit gar viel abgehe/ und nichts/ als Schaden/ neben der Schande/ erwerben/ verachtet und verlacht werden. Ein rechtschaffener Künstler/ strebet/ durch Tugend/ nach Ruhm und Ehre. Ein rechtschaffener Künstler/ der verständig ist/ hat nichts liebers/ als Ehre und Lob durch Tugend zu erlangen. Hieraus folget nun/ daß ein löbliches vernünftiges Leben/ neben dem studio, einen großen Künstler mache. Discretion und Höflichkeit/ zieret einen Kunst-Mahler. Damit er auch in respect bleibe/ und sein Glück fürdere/ mus er sich befleißen/ bey hohen Personen sich discret und süttsam zu verhalten. Beyspiele dessen/ haben wir/ an den aller fürnemsten alten und neuen Virtuosen/ welche dadurch guten Theils zu hohen Ehren erhoben worden/ und mit großem Lob zu sonderbarem Er mus sich weder groß achten noch verachten; Reichtum gelanget. Er mus ihme auch nicht zuviel einbilden/ noch sich seiner Kunst berühmen/ noch gegenüber sich selbst sich emendiren lassen/ verachten: sondern seine Fehler von guten Freunden gern vernehmen/ auch abstellen eigne Mängel abstellen/ und ändern. Er mus behutsamlich beobachten/ zu was Mängeln und Schwachheiten er von Natur inclinirt und geneigt ist: damit er sich in solche nicht verliere/ sondern selbige abthun und vermeiden lerne. Er hat auch insonderheit der höflichen Geschicklichkeit sich zu befleissigen/ weil durch ungeschickte Grobheit alles wieder kan umgestossen werden/ was durch vorgemeldte Tugenden erhoben worden. Kunst und zierlichen Wandel vereinigen. 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Sie solten aber sich bässer besinnen/ und bedenken/ daß das Vermögen hierzu/ nicht aus einem solchen Hand-sudeln/ sondern aus einem sonderbaren Verstand und Geist erscheinen müße/ und vieler Jahre Arbeit vonnöten sey/ bevor man sich solcher Geschicklichkeit versichern kan.</p> <p xml:id="p145.4"><note place="right">Zwischen mahlen und wol-mahlen ist großer Unterschied.</note> Es ist/ zwischen dem mahlen und wolmahlen/ ein großer Unterschied/ gehört viel Mühe darzu/ diesen letzern Berg zu ersteigen: und sind die/ so aus Ungeschicklichkeit dahinten bleiben/ wie die Mucken/ welche das Liecht verlangen/ aber darinn ihre Flügel verbrennen/ auch Zeit und Unkosten verlieren. <note place="right">Die Natur fähigt nicht alle zu allem.</note> Wann die Mutter Natur dem Jüngling nicht ihre Milch einflößet und ihn mit Verstand begabet/ so ist/ auch mit unendlicher<cb/> Arbeitsamkeit/ wenig zu schaffen. Die Natur <note place="right">Ohne Förderung der Natur/ kan keiner diese Kunst lernen.</note> machet nicht jeden Menschen zu allem/ sondern gemeinlich nur zu einer Sache/ recht tüchtig. Darum sollen vernünftige Eltern fleissig aufmerken/ um nicht zeit und Geld zu verspielen/ ob die Natur und Verstand der Kinder zu dieser Kunst/ mit nötigem Geist/ <hi rendition="#aq">inclini</hi>re/ welches sich bald vermerken lässet. 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Er mus ihme auch nicht zuviel einbilden/ noch sich seiner Kunst berühmen/ noch gegenüber sich selbst <note place="right">sich <hi rendition="#aq">emendi</hi>ren lassen/</note> verachten: sondern seine Fehler von guten Freunden gern vernehmen/ auch abstellen <note place="right">eigne Mängel abstellen/</note> und ändern. Er mus behutsamlich beobachten/ zu was Mängeln und Schwachheiten er von Natur <hi rendition="#aq">inclini</hi>rt und geneigt ist: damit er sich in solche nicht verliere/ sondern selbige abthun und vermeiden lerne. 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in Geistreichheit; der von Dick/ in Zierlichkeit; Hundhorst/ in Wolgemälden; Rembrand / in Arbeitsamkeit; Perselles, in Schiffahrten und Wassern; Pulenburg/ in kleinen Bildlein; Bambotio, in Bildung der Bettler ; Botte, in Landschaften; auch der Gerhart Daro und Mires, hoch-preiswürdig in kleinen Oelfarben.
Was auch der Allmächtige/ in diesen Studien/ mir verliehen/ davon soll ich nichts sagen/ weil es der modestia zuwider wäre; und will ich bloß vermelden/ daß mein guter Wille allezeit größer/ als die Kräfte/ sich befunden. Ich überlasse aber dem Tugend-liebenden Leser das Urtheil von meinen Werken in den Galerien/Palazzen und Cabineten der Käyserl. Maj. Könige/ Chur- und Fürsten/ wie auch sonst in Kirchen und Kunst-Kammern zu Rom/ Wien/ Prag/ Madrit/ Florenz/ London/ Amsterdam/ München/ Salzburg/ Linz/ Brinn/ und absonderlich in der schönen und weitberühmten neu-erbauten Kirche in Ober-Oesterreich/ zu Lampach/ deren sieben große Altäre meine Hand verfärtiget: und können solche besehen werden.
Von des Autoris Werken/ in dieser Kunst.Die liebe Jugend wird hiemit nochmals vermahnet/ in diesen Studien ämsig zu verharren/ und zu ergreiffen/ was die Natur meist selber anbietet. Kan man nicht die Vollkommenheit/ wie schon gesagt/ in allem/ sonderlich in grossen Historien und fürnehmen Bildern/ergreiffen/ so sey es in Thieren/ Kuchen-Früchten/ Blumen/ Landschaften/ Gebäuen/ Perspectiven/ Comportimenten/ Nächten/ Brünsten/ Contrafäten/ Schiffen/ Seen/ Fischen und anderer Mahlerey . Sie sollen aber eifrig trachten/ zur höchsten Erfahrenheit zu gelangen/ welches ohne Gefahr/ Krieg und Blutvergiessen geschehen kan/ wann nur der milden Natur ernstlich nachgegangen wird.
Man lerne/ wo nicht alles/ doch etwas.Wann die Jugend in den Schulen/ wie ingemein geschihet/ zuweilen auf ihr Papier Männlein/ Thiere/ Städte/ Schiffe und dergleichen sudlet/ und wol auch mit Farben zu klecken begirig ist/ nehmen hiervon die Eltern Ursach zu sagen: Mein Kind kan und soll mir ein Mahler werden! Sie solten aber sich bässer besinnen/ und bedenken/ daß das Vermögen hierzu/ nicht aus einem solchen Hand-sudeln/ sondern aus einem sonderbaren Verstand und Geist erscheinen müße/ und vieler Jahre Arbeit vonnöten sey/ bevor man sich solcher Geschicklichkeit versichern kan.
Junges Sudeln der Kinder/ bezeugt nicht alsobald eine Fähigkeit zum Mahlen. Es ist/ zwischen dem mahlen und wolmahlen/ ein großer Unterschied/ gehört viel Mühe darzu/ diesen letzern Berg zu ersteigen: und sind die/ so aus Ungeschicklichkeit dahinten bleiben/ wie die Mucken/ welche das Liecht verlangen/ aber darinn ihre Flügel verbrennen/ auch Zeit und Unkosten verlieren. Wann die Mutter Natur dem Jüngling nicht ihre Milch einflößet und ihn mit Verstand begabet/ so ist/ auch mit unendlicher
Arbeitsamkeit/ wenig zu schaffen. Die Natur machet nicht jeden Menschen zu allem/ sondern gemeinlich nur zu einer Sache/ recht tüchtig. Darum sollen vernünftige Eltern fleissig aufmerken/ um nicht zeit und Geld zu verspielen/ ob die Natur und Verstand der Kinder zu dieser Kunst/ mit nötigem Geist/ inclinire/ welches sich bald vermerken lässet. Wann/ mit Zunehmung der Jahre/ auch die Anmutung hierzu mit der Ubung erwächset/ alsdann hat man die Hoffnung zu machen/ daß sie zum Zweck hierinn gelangen mögen.
Zwischen mahlen und wol-mahlen ist großer Unterschied.
Die Natur fähigt nicht alle zu allem.
Ohne Förderung der Natur/ kan keiner diese Kunst lernen.Der Jüngling/ so mit dieser Fähigkeit von Gott begabet ist/ mus die Venus, den Bacchus und Müßiggang/ als Feinde der Tugend/ meiden/ und die Zeit/ welche allein zur Vollkommenheit leitet/ nicht verlieren. Die Faulheit/ machet nur unglückselige Leute: wie dann alle Laster ihre Straffen mit sich auf dem Rucken tragen. Es vermeinen etliche unsere Teutsche/ auch theils alte Künstlere/ es sey ihnen rühmlich/ und fördere zu großem Namen/ wann sie große wilde Fantasten sind/ und durch verkehrtes Leben wilde würme im Kopf zeugen: womit sie dann ihre thörichte Einfalt zeigen/ und daß ihnen an Vernunft und Weisheit gar viel abgehe/ und nichts/ als Schaden/ neben der Schande/ erwerben/ verachtet und verlacht werden.
Ein Kunstliebender Jüngling/ mus der Lastere müssig gehen.
Untugend straffet sich selber. Ein rechtschaffener Künstler/ der verständig ist/ hat nichts liebers/ als Ehre und Lob durch Tugend zu erlangen. Hieraus folget nun/ daß ein löbliches vernünftiges Leben/ neben dem studio, einen großen Künstler mache.
Ein rechtschaffener Künstler/ strebet/ durch Tugend/ nach Ruhm und Ehre. Damit er auch in respect bleibe/ und sein Glück fürdere/ mus er sich befleißen/ bey hohen Personen sich discret und süttsam zu verhalten. Beyspiele dessen/ haben wir/ an den aller fürnemsten alten und neuen Virtuosen/ welche dadurch guten Theils zu hohen Ehren erhoben worden/ und mit großem Lob zu sonderbarem Reichtum gelanget. Er mus ihme auch nicht zuviel einbilden/ noch sich seiner Kunst berühmen/ noch gegenüber sich selbst verachten: sondern seine Fehler von guten Freunden gern vernehmen/ auch abstellen und ändern. Er mus behutsamlich beobachten/ zu was Mängeln und Schwachheiten er von Natur inclinirt und geneigt ist: damit er sich in solche nicht verliere/ sondern selbige abthun und vermeiden lerne. Er hat auch insonderheit der höflichen Geschicklichkeit sich zu befleissigen/ weil durch ungeschickte Grobheit alles wieder kan umgestossen werden/ was durch vorgemeldte Tugenden erhoben worden. Kurz: ohne diese beyde Gaben der Kunst und zierlichen Wandels/ wird kein Künstler der wahren Vollkommenheit sich zu versehen haben.
Discretion und Höflichkeit/ zieret einen Kunst-Mahler.
Er mus sich weder groß achten noch verachten;
sich emendiren lassen/
eigne Mängel abstellen/
Kunst und zierlichen Wandel vereinigen.
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,1. Nürnberg, 1675, S. [I, Buch 3 (Malerei), S. 58]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0101_1675/237>, abgerufen am 27.07.2024. |