Sanders, Daniel: Aus der Werkstatt eines Wörterbuchschreibers. Plaudereien. Berlin, 1889.Herwägen schwer in die Wagschale zu Gunsten des Versate diu, quid ferre recusent, erkennen und würdigen gelernt, und, als ich michquid valeant humeri*) schließlich entscheiden musste, entschied ich mich, zwar nicht leichten Herzens, aber doch getrosten Muthes für das Wörterbuch. Bei einem derartigen Entschluss wirken in der *) Wäget wohl vorher, was eure Schultern
Vermögen oder nicht, eh' ihr die Last Zu tragen übernehmt. Übersetzung von Wieland. Herwägen ſchwer in die Wagſchale zu Gunſten des Versate diu, quid ferre recusent, erkennen und würdigen gelernt, und, als ich michquid valeant humeri*) ſchließlich entſcheiden muſste, entſchied ich mich, zwar nicht leichten Herzens, aber doch getroſten Muthes für das Wörterbuch. Bei einem derartigen Entſchluſs wirken in der *) Wäget wohl vorher, was eure Schultern
Vermögen oder nicht, eh’ ihr die Laſt Zu tragen übernehmt. Überſetzung von Wieland. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="18"/> Herwägen ſchwer in die Wagſchale zu Gunſten des<lb/> Wörterbuches, während für die Gegenſchale ſich die<lb/> Erwägung geltend machte, daſs ich nach den bis-<lb/> herigen Erfahrungen und Erfolgen ganz zweifellos<lb/> mich der Frankfurter Stelle vollkommen gewachſen<lb/> fühlen durfte, daſs ich in derſelben nur eine mir<lb/> ihrer Art nach bereits bekannte und jedenfalls weit<lb/> weniger ſchwere und drückende Laſt auf die Schulter<lb/> nahm und daſs ſie, wie geſagt, mir und den Meinen<lb/> eine ſichere Zukunft verbürgte. Ich habe lange hin-<lb/> und hergeſchwankt und in jener Zeit gründlich das<lb/> horaziſche:<lb/><lg xml:lang="lat" type="poem"><l><hi rendition="#aq">Versate diu, quid ferre recusent,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">quid valeant humeri</hi><note place="foot" n="*)">Wäget wohl vorher, was eure Schultern<lb/> Vermögen oder nicht, eh’ ihr die Laſt<lb/> Zu tragen übernehmt. Überſetzung von Wieland.</note></l></lg><lb/> erkennen und würdigen gelernt, und, als ich mich<lb/> ſchließlich entſcheiden muſste, entſchied ich mich, zwar<lb/> nicht leichten Herzens, aber doch getroſten Muthes<lb/> für das Wörterbuch.</p><lb/> <p>Bei einem derartigen Entſchluſs wirken in der<lb/> Regel eine Menge verſchiedenartige, dem Menſchen<lb/> ſelbſt nicht alle zum klaren Bewuſſtſein kommende<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [18/0046]
Herwägen ſchwer in die Wagſchale zu Gunſten des
Wörterbuches, während für die Gegenſchale ſich die
Erwägung geltend machte, daſs ich nach den bis-
herigen Erfahrungen und Erfolgen ganz zweifellos
mich der Frankfurter Stelle vollkommen gewachſen
fühlen durfte, daſs ich in derſelben nur eine mir
ihrer Art nach bereits bekannte und jedenfalls weit
weniger ſchwere und drückende Laſt auf die Schulter
nahm und daſs ſie, wie geſagt, mir und den Meinen
eine ſichere Zukunft verbürgte. Ich habe lange hin-
und hergeſchwankt und in jener Zeit gründlich das
horaziſche:
Versate diu, quid ferre recusent,
quid valeant humeri *)
erkennen und würdigen gelernt, und, als ich mich
ſchließlich entſcheiden muſste, entſchied ich mich, zwar
nicht leichten Herzens, aber doch getroſten Muthes
für das Wörterbuch.
Bei einem derartigen Entſchluſs wirken in der
Regel eine Menge verſchiedenartige, dem Menſchen
ſelbſt nicht alle zum klaren Bewuſſtſein kommende
*) Wäget wohl vorher, was eure Schultern
Vermögen oder nicht, eh’ ihr die Laſt
Zu tragen übernehmt. Überſetzung von Wieland.
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Zitationshilfe: | Sanders, Daniel: Aus der Werkstatt eines Wörterbuchschreibers. Plaudereien. Berlin, 1889, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_woerterbuchschreiber_1889/46>, abgerufen am 16.02.2025. |